Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.05.2010, Az. I ZR 158/08

1. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 6499

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Gegenstand

Wettbewerbsrecht: Unlautere Rufausbeutung durch Übernahme eines Nummernsystems des Marktführers in einem Nachschlagewerk für Briefmarken; Schutzfähigkeit einer Datensammlung als Datenbankwerk - Markenheftchen


Leitsatz

Markenheftchen

1. Der für eine unlautere Rufausbeutung erforderliche Imagetransfer kann nicht allein damit begründet werden, dass ein Wettbewerber in seinem über eine eigenständige Systematik verfügenden Nachschlagewerk für Briefmarken als Referenz die im Verkehr durchgesetzte Systematik aus dem Konkurrenzprodukt des Marktführers übernimmt und jedem Eintrag zuordnet, um es dem Benutzer auf diese Weise zu ermöglichen, im Verkehr mit Dritten auch ohne Erwerb des Konkurrenzprodukts auf dessen als Standard akzeptierte Referenznummern Bezug zu nehmen .

2. Die Schutzfähigkeit einer Datensammlung als Datenbankwerk kann nicht schon deshalb verneint werden, weil keine individuelle eigenschöpferische Auswahlentscheidung hinsichtlich der aufgenommenen Daten getroffen worden ist .

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 29. Zivilsenats des [X.] vom 4. September 2008 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger und die Beklagte zu 1 (nachfolgend: die Beklagte) sind Verlage, in denen Briefmarkenkataloge für Briefmarkensammler, Händler und Auktionshäuser erscheinen. Sie verwenden in ihren Katalogen jeweils ein Nummernsystem, das es den Sammlern ermöglicht, die einzelnen Briefmarken allein anhand einer individuellen Nummer zuzuordnen. Der Beklagte zu 2 ist im Unternehmen der [X.] für den Vertrieb der Kataloge verantwortlich.

2

Im Verlag des [X.] erscheinen die Briefmarkenkataloge "M.". Diese Kataloge sind unter Philatelisten sehr bekannt und erreichen für die [X.] Sammelgebiete nach den Behauptungen des [X.] einen Marktanteil von 60% bis 70%. Das Nummernsystem der Kataloge wurde bereits in dem ersten, 1910 publizierten M.-Katalog verwendet, der wiederum - in zwischen den Parteien streitigem Umfang - auf Vorarbeiten vom Ende des 19. Jahrhunderts zurückgriff. Der Kläger hat sein Nummernsystem laufend ergänzt und nach seinem Vortrag stetig fortentwickelt.

3

Im M.-Nummernsystem wird eine Hauptnummer aus einer für jedes Sammelgebiet fortlaufenden [X.] Ziffer gebildet, der gegebenenfalls weitere [X.] aus Groß- und Kleinbuchstaben sowie aus [X.] Ziffern zur Bezeichnung von [X.], [X.], [X.], Papier- und Gummierungsunterschieden, [X.], [X.] etc. zugeordnet werden. Auf dem Sammelgebiet der Markenheftchen aus der [X.] verwendet der Kläger ein abweichendes Nummernsystem, das mit den Buchstaben "[X.]" beginnt. Bis Mitte 2006 wurde das Sammelgebiet Markenheftchen in den allgemeinen Katalogen des [X.] mitbehandelt.

4

Die Beklagte verwendet ein abweichendes Nummernsystem, bei dem eine Buchstabenfolge für das [X.] vorangestellt wird und sich eine fortlaufende Nummer aus [X.] Ziffern anschließt. Teilweise folgen für Unterarten weitere Nummern aus [X.] Ziffern, die durch einen Bindestrich getrennt werden. Weitere Unterarten werden durch einen Großbuchstaben ergänzt.

5

Im Juli 2006 veröffentlichte die Beklagte in erster Auflage ihren "[X.] 2006". In diesem Katalog findet sich hinter ihrer Klassifizierungsnummer für das jeweilige Markenheftchen (z.B. "[X.]" auf [X.]) die in [X.]n gesetzte [X.] aus dem im Frühsommer 2006 erstmals vom Kläger veröffentlichten "M. Handbuch-Katalog Markenheftchen Bundesrepublik und [X.] 2006/2007 (im Folgenden: M. [X.])" (im Beispiel: "[X.] 63"). Für die in den Markenheftchen enthaltenen Briefmarken gibt die Beklagte nach ihrer Klassifizierungsnummer (im Beispiel: "10 x [X.] 2405") ebenfalls jeweils die Nummer des [X.] an (im Beispiel: "2537").

6

Auf der dritten Innenseite des Katalogs der [X.] findet sich folgender Text:

Quellenhinweis: Referenz Nummer in [X.] aufgeführt stammt aus der Veröffentlichung des [X.], Tel. ...

7

Der Kläger hält die [X.]zusätze mit seinen Nummern in dem [X.] der [X.] für urheber- und wettbewerbsrechtlich unzulässig. Er hat beantragt,

den [X.] zu untersagen, die Briefmarkennummerierung der M.-Deutschland-Kataloge und die Nummerierung der Markenheftchen im M.-Handbuch Katalog Markenheftchen Bundesrepublik und [X.] 2006/2007 im geschäftlichen Verkehr zu verwenden, insbesondere durch Wiedergabe und Vervielfältigung in dem von ihr neu herausgegebenen "[X.], [X.], 1. Auflage".

8

Der Kläger begehrt ferner die Erstattung von Abmahnkosten. Vom [X.] zu 2 verlangt er darüber hinaus im Wege der Stufenklage Auskunft, eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit der zu erteilenden Auskunft sowie Schadensersatz.

9

Das [X.] hat durch Teil- und Endurteil den Unterlassungsanspruch unter Beschränkung auf die konkrete Verletzungsform zuerkannt, den Auskunftsanspruch auf die Angabe gewerblicher Empfänger beschränkt und die Abmahnkosten zugesprochen. Die Berufung der [X.] ist ohne Erfolg geblieben.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die [X.] ihre Klageabweisungsanträge weiter. Der Kläger tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

Dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch aus Urheberrecht nach § 97 Abs. 1 [X.] zu. Das Nummernsystem des [X.] weise keine für einen Schutz als Sprachwerk erforderliche Gestaltungshöhe auf (§ 2 Abs. 2 [X.]). Es sei auch kein [X.] von § 4 Abs. 2 [X.], weil es nicht das Ergebnis einer individuellen, eigenschöpferischen Auswahlentscheidung sei, sondern die von den einzelnen Ländern amtlich herausgegebenen Briefmarken vollständig erfasse.

Hinsichtlich der Übernahme der Nummern aus dem "M. [X.]" sei der Unterlassungsanspruch des [X.] aber aus § 87a Abs. 1 Satz 1, § 87b Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 Satz 1 [X.] begründet. Die [X.] habe insoweit in das Recht des [X.] als [X.] eingegriffen. Das Nummernsystem der Markenheftchen in diesem Katalog sei eine nach § 87a Abs. 1 [X.] schutzfähige Datenbank, da es weit über eine schlichte fortlaufende Nummerierung hinausgehe. Die [X.] habe in das Schutzrecht des [X.] als [X.] eingegriffen, indem sie die kompletten Nummern des "M. [X.]" in den angegriffenen "[X.] 2006" in Form von [X.] übernommen habe. Hingegen könne nicht festgestellt werden, dass die [X.] auch das Nummernsystem des [X.] für Briefmarken rechtswidrig entnommen habe. Die M.-Briefmarkendatenbank beziehe sich nach dem Vortrag des [X.] auf mehrere hunderttausend Briefmarken. Davon sei unstreitig nur ein geringer Teil von der [X.] übernommen worden, ohne dass dessen qualitative Wesentlichkeit oder eine Gefährdung langjähriger Investitionen des [X.] erkennbar sei.

Die [X.] im Katalog der [X.] seien aber, auch soweit sie sich auf Briefmarken bezögen, eine unlautere Rufausbeutung i.S. von §§ 3, 4 Nr. 9 lit. [X.]. Die Nummernsysteme für die Briefmarken und die Markenheftchen besäßen wettbewerbliche Eigenart. Die [X.] hätten die Nummern des [X.] durch unveränderte Übernahme in ihren Katalog zum Gegenstand ihrer eigenen Leistung gemacht und dadurch nachgeahmt. Für die unlautere Rufausbeutung reiche ein Imagetransfer aus. Entscheidend sei dabei, dass im Streitfall dem angesprochenen Verkehr vermittelt werde, aufgrund der [X.] in dem Katalog der [X.] in gewohnter Weise "arbeiten" zu können, ohne das teurere Produkt des [X.] erwerben zu müssen.

Der [X.] zu 2 sei als verantwortlicher Vertriebsleiter selbst Täter eines Wettbewerbsverstoßes. Auch die Verurteilung zur Auskunftserteilung und zur Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten sei zu Recht erfolgt.

II. Diese Beurteilung hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts kann dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch weder wegen Verletzung eines [X.]rechts (§§ 87a, 87b, 97 Abs. 1 Satz 1 [X.]) noch aufgrund unlauterer Rufausbeutung (§ 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 9 lit. [X.]) zugesprochen werden. Das Berufungsurteil kann ohne weitere Feststellungen auch nicht wegen Verletzung des Rechts an einem [X.] (§ 4 Abs. 2, §§ 16, 17, 97 Abs. 1 Satz 1 [X.]) bestätigt werden.

1. Das Berufungsgericht hat dem Kläger den Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Nummernsystems für die Markenheftchen nach § 97 Abs. 1 Satz 1 [X.] gewährt, weil die [X.] in das Recht des [X.] als [X.] (§ 87a Abs. 1 Satz 1, § 87b Abs. 1 Satz 1 [X.]) eingegriffen habe. Dies hält revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen seine Annahme nicht, bei dem Nummernsystem des [X.] handele es sich um eine schutzfähige Datenbank i.S. von § 87a Abs. 1 [X.].

a) [X.] können für Datenbanken, die vor dem 1. Januar 1983 hergestellt worden sind, keinen Schutz beanspruchen. Das folgt aus der Bestimmung des § 137g [X.], nach der die am 1. Januar 1998 in [X.] getretenen Vorschriften zum Schutz des [X.]s auch auf Datenbanken Anwendung finden, die zwischen dem 1. Januar 1983 und dem 31. Dezember 1997 hergestellt worden sind. Diese Regelung ist im Streitfall entscheidungserheblich. Entgegen der Auffassung des [X.] kommt es für die Frage, wann sein Nummernsystem für Markenheftchen als Datenbank hergestellt worden ist, nicht darauf an, dass er einen eigenständigen [X.] erstmals im [X.] veröffentlichte. Denn er hat sein Nummernsystem für Markenheftchen bereits lange Zeit zuvor entwickelt.

Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Feststellungen des [X.], das wiederum auf den schriftsätzlichen Vortrag des [X.] verwiesen hat, entstand das Nummernsystem des [X.] für Markenheftchen ab Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Das auf diese Weise gesondert katalogisierte Sammelgebiet der Markenheftchen wurde vom Kläger in die üblichen allgemeinen Kataloge eingeordnet, bis im Frühsommer 2006 erstmals der M. [X.] erschien. Dieser vom Berufungsgericht in Bezug genommene Katalog des [X.] befasst sich überwiegend mit vor 1983 erschienenen Markenheftchen. Auch solange das Sammelgebiet der Markenheftchen in die üblichen allgemeinen Kataloge eingeordnet wurde, lag dieser Einordnung bereits das Nummernsystem des [X.] zugrunde. Das Nummernsystem für Markenheftchen als Datenbank war damit bereits lange vor dem [X.] etabliert.

b) Unter diesen Umständen hat der Kläger nur dann nach § 87a Abs. 1 Satz 2 [X.] Schutz für sein schon vor 1983 hergestelltes Nummernsystem für Markenheftchen erlangt, wenn es in seinem Inhalt nach Art oder Umfang nach dem 31. Dezember 1982 wesentlich verändert worden ist und die Änderung eine wesentliche Investition erfordert hat. Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen.

Die Art des Inhalts der Datenbank des [X.], ein Nummernsystem für Markenheftchen, ist unverändert geblieben. Ob diese bis Ende 1982 schon über viele Jahre entwickelte Datenbank nach diesem Zeitpunkt in ihrem Umfang unter Einsatz wesentlicher Investitionen erheblich geändert wurde, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Die Ergänzung der Datenbank um später erschienene Markenheftchen und darin enthaltene Briefmarken reicht dafür nicht ohne weiteres aus. Es kommt vielmehr darauf an, ob diese Ergänzung im Verhältnis zu den bereits Ende 1982 vorhandenen Daten quantitativ wesentlich war und erhebliche Investitionen des [X.] erforderte. Um ein gesondertes Recht des [X.]s an den Markenheftchennummern zu begründen, ist nach 1982 entstandener Aufwand des [X.] zudem nur erheblich, soweit er sich speziell auf die Markenheftchennummern bezieht. Auf Investitionen zur Fortführung des M.-Nummernsystems für Briefmarken kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht dem Kläger den Unterlassungsanspruch wegen unlauterer Rufausbeutung (§ 4 Nr. 9 lit. [X.]) gewährt. Der angegriffene Katalog der [X.] enthält zwar eine Nachahmung des Nummernsystems des [X.], dem auch wettbewerbliche Eigenart zukommt. Es fehlt aber an zusätzlichen Umständen, die erforderlich sind, um dieses Verhalten als unlauter anzusehen.

a) Auf das in die Zukunft gerichtete Unterlassungsbegehren sind die Bestimmungen des [X.] in der Fassung des am 30. Dezember 2008 in [X.] getretenen [X.] zur Änderung des [X.] vom 22. Dezember 2008 ([X.] I S. 2949; im Folgenden: UWG 2008) anzuwenden. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte Unterlassungsanspruch besteht allerdings nur, wenn das beanstandete Verhalten auch schon zur [X.] im Juli 2006 nach der am 8. Juli 2004 in [X.] getretenen Fassung des [X.] vom 3. Juli 2004 ([X.] I S. 1414; im Folgenden: UWG 2004) wettbewerbswidrig war. Eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Änderung der Rechtslage ist jedoch nicht eingetreten, so dass im Folgenden zwischen dem alten und dem neuen Recht nicht unterschieden zu werden braucht.

Die Änderungen in § 2 Abs. 1 Nr. 1 und § 3 UWG sind für den Streitfall ohne Bedeutung. Die Veröffentlichung des beanstandeten Katalogs der [X.] erfüllt sowohl die Voraussetzungen einer Wettbewerbshandlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UWG 2004 als auch einer geschäftlichen Handlung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 UWG 2008. Die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs (§ 8 Abs. 1 UWG) und des Schadensersatzanspruchs (§ 9 Satz 1 UWG) sind gleich geblieben. Die Vorschrift des § 4 Nr. 9 UWG über den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gilt ebenfalls unverändert fort. Die Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken steht einer Anwendung des § 4 Nr. 9 UWG nicht entgegen (vgl. [X.], [X.]. v. 15.4.2010 - I ZR 145/08, BeckRS 24535 [X.]. 18 - Femur-Teil, m.w.N.).

b) Zutreffend hat das Berufungsgericht den Nummernsystemen des [X.] für Briefmarken und Markenheftchen wettbewerbliche Eigenart zuerkannt. Seine Beurteilung, beim Briefmarken-Nummernsystem des [X.] handele es sich um ein in [X.] durchgesetztes Nummernsystem, mit dem der angesprochene Verkehr eine besondere Gütevorstellung verbinde und das ihm aus dem Hause der Rechtsvorgänger des [X.] bekannt sei, lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Wie das Berufungsgericht weiter festgestellt hat, lehnt sich das Nummernsystem des [X.] für Markenheftchen an sein allseits bekanntes Nummernsystem für Briefmarken an, so dass es aufgrund seiner konkreten Ausgestaltung und seiner damit verbundenen typischen Merkmalsstruktur auf die Herkunft aus dem Unternehmen der Klägerin hinweist.

c) Die [X.] haben das Nummernsystem des [X.] für Markenheftchen durch die [X.] in den angegriffenen Katalog vollständig und unverändert übernommen und damit die Nachahmung der Leistung eines Mitbewerbers als Teil einer eigenen Ware angeboten.

aa) Die Nummernsysteme des [X.] für Briefmarken und Markenheftchen sind gegenüber den von ihm herausgegebenen Briefmarkenkatalogen eigenständige, marktfähige Leistungen.

bb) Die [X.] hat diese Leistung vollständig übernommen, indem sie das gesamte Nummernsystem des [X.] für Markenheftchen in dem angegriffenen Katalog verwendet hat.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts brachte die [X.] die erste Auflage dieses Katalogs im Juli 2006 auf den Markt. In dem Katalog befand sich hinter der jeweiligen Klassifizierungsnummer der [X.] jeweils in Klammern die Markenheftchen-Nummer des im Frühsommer 2006 erstmals vom Kläger veröffentlichten M. [X.]s, wobei diese Übernahme das komplette Nummernsystem des M. [X.]s betraf.

cc) Ohne Erfolg macht die Revision hiergegen geltend, der M. [X.] habe bei Herstellung des angegriffenen Katalogs der [X.] noch nicht existiert. Darauf kommt es für die Entscheidung des Streitfalls nicht an. Der Unterlassungsantrag des [X.] bezieht sich nicht auf eine Nachahmung seines [X.]s, sondern auf die Verwendung seines Nummernsystems für Markenheftchen durch die [X.]. Dieses Nummernsystem hatte der Kläger unstreitig schon vor dem Juli 2006 entwickelt.

dd) Entgegen der Ansicht der Revision ist eine Nachahmung im Streitfall auch nicht deswegen zu verneinen, weil die [X.] nicht die Leistung eines [X.] vermarktet, sondern eine andersartige eigene Leistung angeboten hat (vgl. [X.]Z 156, 1, 18 - Paperboy; [X.]Z 181, 77 [X.]. 43 - [X.]). Im vorliegenden Fall verwendet die [X.] das von dem Kläger geschaffene [X.] unmittelbar und unverändert bei der Vermarktung ihres eigenen [X.]systems und ihres eigenen Katalogs, die in Konkurrenz zu den entsprechenden Produkten des [X.] stehen. In der von der [X.] angebotenen Leistung ist damit zugleich die Leistung des [X.] enthalten. Die Käufer des Produkts der [X.] benötigen nicht mehr den Katalog des [X.], um mit dessen Nummernsystem arbeiten zu können.

d) Die [X.] mit den [X.] des [X.] in den Katalogen der [X.] stellen jedoch keine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung des Nummernsystems des [X.] für Markenheftchen dar.

aa) Die Annahme einer unlauteren Rufausnutzung ist allerdings nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die [X.] nach der Richtlinie 2006/114/[X.] über irreführende und vergleichende Werbung zulässig sind (vgl. [X.] in [X.]/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 [X.]. 9.5). Eine vergleichende Werbung liegt nicht vor. Der Streitfall ist nicht mit den Fällen der Bestellnummernübernahme vergleichbar, in denen das Angebot des Werbenden dem Angebot eines anderen Unternehmens als gleichwertig gegenübergestellt wird und zu diesem Zweck die Bestellnummer des anderen Unternehmens in Formularen, Katalogen und Ähnlichem der eigenen Bestellnummer des Werbenden hinzugefügt wird (vgl. [X.], [X.]. v. 25.10.2001 - [X.]/99, [X.]. 2001, [X.] = GRUR 2002, 354 [X.]. 35 ff. - [X.]/[X.]; [X.]. v. 23.2.2006 - [X.], [X.]. 2006, [X.] = [X.], 345 [X.]. 17 ff.; [X.], [X.]. v. 2.12.2004 - I ZR 273/01, [X.], 348 - Bestellnummernübernahme). Vielmehr ist die Markenheftchen-Nummer des [X.] als solche wesentlicher Bestandteil der von der [X.] angebotenen Leistung. Sie dient nicht einem Vergleich zwischen den Leistungen der Parteien.

bb) Die Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht den für eine Rufausbeutung erforderlichen Imagetransfer begründet, sind jedoch nicht frei von [X.]. Es trifft zwar zu, dass insofern eine offene oder verdeckte Anlehnung an die fremde Leistung genügt. Anders als das Berufungsgericht meint, kommt dabei aber dem Umstand keine Bedeutung zu, dass dem Verkehr aufgrund der [X.] im angegriffenen Katalog vermittelt wird, er könne mit ihm weiterhin in der aus dem M.-Katalog gewohnten Weise "arbeiten", so dass es nicht erforderlich sei, das teurere Produkt des [X.] zu erwerben.

Der Senat hat in der Entscheidung "Tele-Info-CD" ([X.]Z 141, 329, 342 f.) zwar ausgeführt, dass es ein weiterer für eine unlautere Behinderung sprechender Gesichtspunkt ist, wenn ein Unternehmen aufgrund der systematischen Übernahme seiner Leistung dem Preiswettbewerb eines Konkurrenzprodukts ausgesetzt ist, das ohne entsprechenden Herstellungsaufwand auf der unmittelbar übernommenen Leistung aufbaut. Die für den Tatbestand des § 4 Nr. 9 lit. [X.] erforderliche Rufausbeutung hat der Senat jedoch nicht aufgrund dieser Erwägung angenommen. Vielmehr war dafür entscheidend, dass das Angebot der dortigen [X.] auf den Gütevorstellungen des Verkehrs von der übernommenen Leistung beruhte, weil der Verkehr mit Recht erwartete, dass sich die Verzeichnisse der dortigen [X.] nicht auf eigene Recherchen stützen konnten, sondern auf die "amtlichen" Daten der seinerzeitigen Klägerin. Damit ist der Streitfall indes nicht vergleichbar. Denn die [X.] hat selbst ein Nummernsystem entwickelt, das sie in einem eigenen, gegenüber dem Katalog des [X.] deutlich abweichend gestalteten Katalog vertreibt. Sie hat zudem ein berechtigtes Interesse, aufgrund der Referenzen auf die Nummern des [X.] ihr eigenes Nummernsystem überhaupt erst verkehrsfähig zu machen (vgl. [X.] GRUR 2002, 354 [X.]. 54 - [X.]/[X.]).

cc) Auf andere Umstände, aus denen sich ein Imagetransfer vom Kläger auf die [X.] ergeben könnte, stützt sich das Berufungsgericht nicht. Sie sind auch nicht ersichtlich. Der mündige, von dem Angebot der [X.] angesprochene Verbraucher, also der Philatelist, Briefmarkenhändler und Auktionator, wird die [X.] im Katalog der [X.] als Arbeitshilfe auffassen, die ihm die Kommunikation in den Fachkreisen aufgrund der dort weithin durchgesetzten M.-Nummern erst ermöglicht oder jedenfalls deutlich erleichtert. Auch vor dem Hintergrund des in dem angegriffenen Katalog enthaltenen Quellenhinweises wird der Verbraucher die Nummernsysteme der Parteien weiterhin als nebeneinanderstehend und eigenständig begreifen, ohne die Gütevorstellungen, die sich mit dem System des [X.] verbinden, auf das Nummernsystem der [X.] zu übertragen.

3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Es kommt zwar ein Unterlassungsanspruch des [X.] wegen Verletzung von Rechten an einem [X.] (§ 4 Abs. 1, 2, §§ 16, 17 [X.]) in Betracht, weil die [X.] mit dem angegriffenen Katalog das gesamte Nummernsystem des [X.] für Markenheftchen vervielfältigt und der Öffentlichkeit angeboten hat. Die dafür erforderlichen Feststellungen hat das Berufungsgericht aber nicht getroffen.

a) Das Berufungsgericht durfte dem Nummernsystem des [X.] für Markenheftchen die Schutzfähigkeit als [X.] nicht allein mit der Erwägung versagen, für die auf Vollständigkeit ausgerichteten Datenbanken des [X.] werde keine individuelle, eigenschöpferische Auswahlentscheidung getroffen. Bei der Auslegung von § 4 Abs. 1, 2 [X.] ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 96/9/[X.] über den rechtlichen Schutz von Datenbanken maßgeblich zu berücksichtigen. Nach dieser Vorschrift sind Datenbanken, die aufgrund der Auswahl oder Anordnung des Stoffes eine eigene geistige Schöpfung ihres Urhebers darstellen, als solche urheberrechtlich geschützt, wobei für die Bestimmung, ob sie für diesen Schutz in Betracht kommen, keine anderen Kriterien anzuwenden sind. Daraus folgt aber, dass sich die Schutzfähigkeit alternativ aus der Auswahl oder der Anordnung des Stoffes ergeben kann. Die Schutzfähigkeit der Nummernsysteme des [X.] als [X.] konnte deshalb nicht schon mit der Begründung verneint werden, es werde keine individuelle, eigenschöpferische Auswahlentscheidung getroffen. Das Berufungsgericht hätte vielmehr noch prüfen müssen, ob sich die Schutzfähigkeit nicht aus der Anordnung des Stoffes in dem Nummernsystem des [X.] ergibt (vgl. [X.], [X.]. v. [X.], [X.], 685 [X.]. 16, 21 = [X.], 989 - Gedichttitelliste I).

b) Das Berufungsgericht hat im Übrigen - aus seiner Sicht folgerichtig - noch keine Feststellungen dazu getroffen, ob der klagende Verlag berechtigt ist, die etwa für den Urheber aus § 4 Abs. 1, 2, §§ 16, 17 [X.] entstandenen Rechte an dem Nummernsystem für Markenheftchen geltend zu machen.

4. Die Sache ist daher zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Bornkamm                                        Büscher                                      Schaffert

                           Kirchhoff                                           Koch

Meta

I ZR 158/08

19.05.2010

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 4. September 2008, Az: 29 U 4480/07, Urteil

§ 4 Nr 9 Buchst b UWG, § 4 Abs 1 UrhG, § 4 Abs 2 UrhG, Art 3 Abs 1 EGRL 9/96

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.05.2010, Az. I ZR 158/08 (REWIS RS 2010, 6499)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 6499

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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