Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.04.2019, Az. 3 StR 35/19

3. Strafsenat | REWIS RS 2019, 8049

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Gegenstand

Erpresserischer Menschenraub: Funktionaler Zusammenhang zwischen Bemächtigungslage und beabsichtigter Erpressung


Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 18. Juli 2018 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils aufgrund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Ergänzend bemerkt der Senat:

Zu Recht hat das [X.] die tatbestandlichen Voraussetzungen des erpresserischen Menschenraubs nach § 239a Abs. 1 Alternative 1 StGB als erfüllt angesehen. Dem steht nicht entgegen, dass der Nebenkläger nach dem - im Verlauf der [X.] konkretisierten - [X.] zwei Computerspielekonsolen aus dem Elektronikmarkt entwenden sollte, während der Angeklagte und der Mitangeklagte [X.]nicht vor Ort waren, sondern im PKW auf seine Rückkunft mit der [X.] warteten, deren Verkaufserlös beide untereinander aufteilen wollten. Hierdurch entfällt nicht der von § 239a Abs. 1 StGB geforderte funktionale und zeitliche Zusammenhang zwischen der verfestigten [X.] und der beabsichtigten Erpressung.

Eine [X.] entsteht, wenn der Täter die physische Herrschaft über das Opfer erlangt (vgl. [X.], Beschlüsse vom 28. November 1995 - 4 [X.], [X.]R StGB § 239a Abs. 1 Sichbemächtigen 5; vom 22. August 1996 - 5 [X.], [X.]R StGB § 239b Ausnutzen 1; MüKoStGB/[X.], 3. Aufl., § 239a Rn. 31). Deren finaler und zeitlicher Zusammenhang mit der beabsichtigten Erpressung setzt voraus, dass aus Sicht des [X.] dem Opfer noch während der Zwangslage die erstrebte Vermögensverfügung abgenötigt werden soll, wohingegen der Tatbestand des § 239a Abs. 1 StGB nicht verwirklicht ist, wenn das Opfer die erzwungene Handlung erst nach der Freilassung vornehmen soll (vgl. [X.], Beschlüsse vom 20. September 2007 - 4 [X.], [X.], 109, 110; vom 8. Juni 2017 - 4 StR 19/17, [X.], 372; MüKoStGB/[X.] aaO, Rn. 44 f. mwN).

Nach den Urteilsfeststellungen waren der Angeklagte und [X.]übereingekommen, dass sie den Nebenkläger erst "laufen lassen" würden, wenn er die von ihnen der Wahrheit zuwider behaupteten "Geldschulden beglichen" habe ([X.], 38). Die von beiden geschaffene [X.] sollte somit den unbeaufsichtigten Diebstahl der Spielekonsolen überdauern. Auch als der Nebenkläger den PKW verlassen hatte, wirkte sich das vorausgegangene Sichbemächtigen in Form einer psychisch vermittelten Zwangslage aus: Der Nebenkläger fühlte sich ohnmächtig, hilflos, überwacht und verfolgt, weil er zuvor der Freiheit beraubt und über drei Tage hinweg durch die wiederholte Anwendung massiver Gewalt sowie durch Drohungen und Demütigungen psychisch destabilisiert und gefügig gemacht worden war (s. [X.] ff.). Nach dem [X.] sollte er die Vermögensverfügung vornehmen, wenn der Angeklagte und [X.]auch die physische Herrschaft über ihn zurückerlangt haben würden; erst nach der vollständigen, von beiden akzeptierten Erfüllung der Forderungen, derer sie sich berühmten, sollten die Misshandlungen enden und der Nebenkläger tatsächlich aus der [X.] entlassen werden.

[X.]     

        

     Spaniol     

        

Wimmer

        

Ri[X.] Dr. Tiemann
ist wegen einer
Erkrankung gehindert
zu unterschreiben.

        

Berg     

        
        

[X.]

                          

Meta

3 StR 35/19

16.04.2019

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Duisburg, 18. Juli 2018, Az: 33 KLs 5/18

§ 239a Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.04.2019, Az. 3 StR 35/19 (REWIS RS 2019, 8049)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 8049

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