Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.07.2013, Az. XII ZR 104/12

12. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 3876

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Gegenstand

Gewerberaummiete: Schriftformerfordernis im Hinblick auf den Beginn des Mietverhältnisses


Leitsatz

Eine Bestimmung in einem Mietvertrag über den Beginn des Mietverhältnisses genügt dann der Schriftform des § 550 BGB, wenn die Kriterien, an die die Vertragsparteien den Vertragsbeginn knüpfen dessen eindeutige Bestimmung ermöglichen.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 30. Zivilsenats des [X.] vom 13. Juli 2012 aufgehoben.

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des [X.] vom 7. September 2011 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.951,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. März 2010 abzüglich am 20. Dezember 2012 aufgerechneter 1.205,49 €, sowie weitere 13.279,50 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 1.475,50 € seit dem 6. April 2010, 6. Mai 2010, 6. Juni 2010, 6. Juli 2010, 6. August 2010, 6. September 2010, 6. Oktober 2010, 6. November 2010 und 6. Dezember 2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 10 % und der Beklagte 90 %. Ausgenommen hiervon sind die außergerichtlichen Kosten des Streithelfers der Klägerin, welche der Beklagte

zu 90 % trägt; im Übrigen trägt der Streithelfer der Klägerin seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Rahmen der vorliegenden Zahlungsklage um die Wirksamkeit der vom [X.]n ausgesprochenen Kündigung eines gewerblichen Mietvertrages.

2

Der [X.] mietete von der Klägerin Geschäftsräume in einem Gewerbeobjekt, das vor Bezug durch die Mieter umfassend saniert werden sollte. Der am 1. Dezember 2006 auf die Dauer von zunächst zehn Jahren abgeschlossene Mietvertrag enthält in § 4 Ziffer 1 folgende Bestimmung:

3

"Das Mietverhältnis und damit die Pflicht zur Zahlung des Mietzinses gemäß § 6 beginnt mit der Übergabe/Übernahme der Mietsache gemäß § 3.

4

Verzögert sich die Übergabe/Übernahme durch Änderungswünsche des Mieters […] oder durch nicht rechtzeitige Vorlage der für den [X.] […] oder durch nicht rechtzeitige Leistung der Sicherheit […], beginnt das Mietverhältnis mit dem Tag, an dem das Objekt ohne diese Änderungswünsche bzw. bei rechtzeitigem Vorliegen der Unterlagen und Pläne bzw. der Bankbürgschaft übergeben worden wäre. Gerät der Mieter mit der Übernahme des Mietobjekts in Verzug, so beginnt das Mietverhältnis mit Eintritt des Annahmeverzuges."

5

Die Übergabe der Mieträume an den [X.]n erfolgte am 16. Oktober 2007.

6

Mit Schreiben vom 10. Februar 2010 erklärte der [X.] die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigem Grund, weil die Klägerin entgegen ihrer vertraglichen Zusicherung keinen direkten Zugang von dem angrenzenden Parkplatz eines großen Einkaufmarktes zu den Geschäftsräumen des [X.]n geschaffen habe. Obwohl die Klägerin die Kündigung nicht akzeptierte, räumte der [X.] am 16. Februar 2010 die Mieträume und gab die Schlüssel an die Klägerin zurück.

7

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin die Miete einschließlich vereinbarter Vorauszahlungen auf die Betriebskosten für die Monate Februar bis Dezember 2010. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Klägerin das landgerichtliche Urteil abgeändert, den [X.]n zur Zahlung der Miete für die Monate Februar bis September 2010 verurteilt und die Klage hinsichtlich der begehrten Vorauszahlungen auf die Betriebskosten abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision möchte die Klägerin auch eine Verurteilung des [X.]n zur Zahlung der (Netto-)Miete für die Monate Oktober bis Dezember 2010 erreichen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision hat Erfolg.

I.

9

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

Der Mietvertrag sei nicht aufgrund einer wirksamen außerordentlichen Kündigung zum 10. Februar 2010 beendet worden. Es fehle an einem wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung. Der beweisbelastete Beklagte habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit ausreichender Sicherheit nachweisen können, dass der Zeuge S. während der Vertragsverhandlungen verbindlich zugesagt habe, dass ein freier Zugang von dem benachbarten Parkplatz des [X.] zu den Gewerberäumen des [X.] geschaffen werde.

Die unwirksame außerordentliche Kündigung des [X.] sei jedoch in eine ordentliche Kündigung umzudeuten, die zu einer Beendigung des Mietverhältnisses mit Ablauf des 30. September 2010 geführt habe. Die Umdeutung einer unwirksamen fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung gemäß § 140 BGB sei anerkannt, wenn anzunehmen sei, dass der Kündigende sich bei Ausspruch der Kündigung des Mietverhältnisses auch unabhängig vom Vorliegen eines Grundes zur fristlosen Kündigung vom [X.] wolle. Angesichts der kurz nach [X.] erfolgten Übergabe der Mieträume und Rückgabe der Schlüssel an die Klägerin stehe ein derartiger Wille des [X.] außer Frage. Der Feststellung, dass das Mietverhältnis aufgrund einer ordentlichen Kündigung beendet worden sei, stehe auch nicht entgegen, dass sich der Beklagte bis zum Termin der Berufungsverhandlung nicht auf ein derartiges Kündigungsrecht berufen habe.

Eine ordentliche Kündigung des [X.] sei zulässig gewesen, weil der befristete Mietvertrag aufgrund einer Verletzung des Schriftformerfordernisses gemäß §§ 550, 578 BGB als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gelte. Von den Vertragsparteien sei in dem schriftlichen Mietvertrag vom 1. Dezember 2006 keine hinreichend bestimmte Vereinbarung über die Vertragsdauer getroffen worden. Zwar bestünden hinsichtlich der Bestimmtheit/Bestimmbarkeit der zum Mietbeginn und damit zur konkreten Vertragsdauer getroffenen Regelung keine Bedenken, wenn sich die Parteien insoweit auf die in § 4 Abs. 1 des Vertrages niedergelegte Vereinbarung beschränkt hätten, wonach das Mietverhältnis mit der Übergabe/Übernahme der Mietsache beginne. Aus dem weiteren Text in § 4 des [X.] ergebe sich jedoch, dass das Mietverhältnis möglicherweise ab dem Zeitpunkt einer fiktiven Übergabe zu laufen beginne. Diese zusätzliche Vereinbarung lasse den Beginn des Mietverhältnisses nicht mehr als bestimmbar erscheinen. Insoweit fehle es hinsichtlich des [X.] an einem vereinbarten Sachverhalt, der so genau bestimmt worden sei, dass bei seiner Verwirklichung keine Zweifel blieben. Insbesondere werde ein Erwerber, der gemäß § 566 BGB an die Bestimmungen des [X.] gebunden sei, bei dem Versuch, den Tag des [X.] festzustellen, möglicherweise vor erhebliche tatsächliche Schwierigkeiten gestellt. Die verbleibende Ungewissheit im Hinblick auf die zeitliche Abweichung des [X.], von dem Zeitpunkt der Übergabe des Objekts könne auch nicht als nur unwesentlich bewertet werden. Schließlich stehe einer Berufung des [X.] auf den Mangel der Schriftform auch nicht der Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegen.

Vorauszahlungen auf die Betriebskosten für den Zeitraum Februar bis Dezember 2010 könne die Klägerin wegen der inzwischen eingetretenen Abrechnungsreife nicht mehr verlangen.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Die Klägerin kann vom [X.] gemäß § 535 Abs. 2 BGB die Zahlung der ([X.] auch für die Monate Oktober bis Dezember 2010 verlangen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die vom [X.] am 10. Februar 2010 erklärte Kündigung nicht zur Beendigung des Mietvertrags geführt.

1. Soweit das Berufungsgericht nach durchgeführter Beweisaufnahme die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung des [X.] aus wichtigem Grund gemäß § 543 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB verneint hat, ist hiergegen revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Auch die Revision erhebt gegen dieses für sie günstige Ergebnis keine Einwendungen.

2. Nicht gefolgt werden kann dagegen dem Berufungsgericht, soweit es annimmt, das Mietverhältnis sei durch die mit Schreiben des [X.] vom 10. Februar 2010 erfolgte Kündigung zum 30. September 2010 beendet worden.

a) Entgegen der Auffassung der Revision ist allerdings nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die vom [X.] erklärte fristlose Kündigung gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses umgedeutet hat. Zwar kann wegen der unterschiedlichen Rechtsfolgen eine fristlose Kündigung nicht in jedem Falle in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, wenn die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nicht vorliegen (vgl. [X.]surteil vom 15. Januar 2003 - [X.] - ZIP 2003, 667, 669). Eine Umdeutung ist aber dann zulässig und angebracht, wenn - für den [X.] erkennbar - nach dem Willen des Kündigenden das Vertragsverhältnis in jedem Falle zum nächstmöglichen Termin beendet werden soll (vgl. [X.] Urteil vom 12. Januar 1981 - [X.] - NJW 1981, 976, 977).

Im vorliegenden Fall bestehen gegen die Umdeutung in eine ordentliche Kündigung keine rechtlichen Bedenken. Der Beklagte hatte bereits vor seiner Kündigungserklärung der Klägerin schriftlich mitgeteilt, welche entscheidende Bedeutung er einem direkten Zugang von dem Parkplatz des [X.] zu seinen Geschäftsräumen für den Erfolg seiner Geschäftstätigkeit beimesse und dass er den Mietvertrag kündigen werde, falls die Klägerin den Zugang nicht herstelle. Aus dem [X.] vom 10. Februar 2010 ergibt sich, dass der Beklagte davon ausging, die Klägerin werde auch in Zukunft keinen direkten Zugang von dem Parkplatz des [X.] zu den gemieteten Gewerberäumen herstellen. Außerdem kündigte der Beklagte in diesem Schreiben bereits die Rückgabe der Schlüssel an. Die Klägerin konnte daher aus dem Inhalt des Schreibens den Willen des [X.] erkennen (§ 133 BGB), das Mietverhältnis in jedem Fall beenden zu wollen, zumal der Beklagte unmittelbar nach seiner Kündigungserklärung das Mietobjekt geräumt und die Schlüssel an die Klägern zurückgegeben hat (vgl. hierzu [X.], 29).

b) Nicht frei von [X.] ist dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, der zwischen den Parteien abgeschlossene Mietvertrag wahre nicht die erforderliche Schriftform der §§ 578 Abs. 1 und 2, 550 Satz 1 BGB und könne daher nach § 580 a Abs. 2 BGB mit Wirkung zum 30. September 2010 ordentlich gekündigt werden.

aa) Der Mietvertrag vom 1. Dezember 2006 enthält in § 4 Ziffer 2 die Vereinbarung, das Mietverhältnis werde auf die Dauer von zehn Jahren fest abgeschlossen. Diese Befristung des [X.] schließt die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung nach § 580 a Abs. 2 BGB während der vereinbarten Laufzeit aus (§ 542 Abs. 2 Nr. 1 BGB), wenn die vertragliche Regelung über den Beginn der Mietzeit der erforderlichen Schriftform der §§ 578 Abs. 2 und 1, 550 BGB genügt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist diese Voraussetzung vorliegend erfüllt.

bb) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es zur Wahrung der Schriftform des § 550 BGB grundsätzlich erforderlich ist, dass sich die wesentlichen Vertragsbedingungen - insbesondere Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des Mietverhältnisses - aus der Vertragsurkunde ergeben (vgl. [X.]surteile vom 7. Juli 1999 - [X.] - NJW 1999, 3257, 3258; vom 7. März 2007 - [X.] - NJW 2007, 1817 Rn. 12 und vom 24. Februar 2010 - [X.]/06 - NJW 2010, 1518 Rn. 11 jeweils mwN). Regelungen zur Dauer der Mietzeit wahren nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s dann die Schriftform, wenn sich Beginn und Ende der Mietzeit im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in hinreichend bestimmbarer Weise aus der Vertragsurkunde ergeben ([X.]surteil vom 24. Februar 2010 - [X.]/06 - NJW 2010, 1518 Rn. 11 mwN). Unerheblich ist dabei, ob zwischen den Parteien im weiteren Verlauf Streit über den festgelegten Zeitpunkt des [X.] entsteht. Für die Frage, ob eine Urkunde die Schriftform wahrt oder nicht, ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt ihrer Unterzeichnung abzustellen. Spätere tatsächliche Geschehnisse können die Wahrung der Form nicht mehr in Frage stellen ([X.]surteil vom 7. Juli 1999 - [X.] - NJW 1999, 3257, 3259).

cc) Soweit das Berufungsgericht jedoch meint, die Form der §§ 578 Abs. 1 und 2, 550 BGB sei vorliegend nicht gewahrt, weil der Mietbeginn nicht hinreichend bestimmbar vereinbart worden sei, kann dem nicht gefolgt werden. Das Berufungsgericht stellt zu hohe Anforderungen an den Begriff der Bestimmbarkeit. Der [X.] hat bereits entschieden, dass für die Bestimmbarkeit des [X.] eine abstrakte Beschreibung genügt, die es ermöglicht, den Mietbeginn zu ermitteln (vgl. [X.]surteile vom 2. November 2005 - [X.]/03 - NJW 2006, 139, 140 und vom 29. April 2009 - [X.] - NJW 2009, 2195 Rn. 28). Ausreichend, aber auch erforderlich ist, dass der Sachverhalt, an den die Vertragsparteien den Vertragsbeginn knüpfen, so genau bestimmt wird, dass bei seiner Verwirklichung kein Zweifel am Vertragsbeginn verbleibt. Der [X.] hat deshalb in der Vereinbarung, dass das Mietverhältnis "mit der Übergabe der Mieträume" beginnen solle, einen hinreichend bestimmbaren Beginn des Mietverhältnisses gesehen ([X.]surteil vom 2. November 2005 - [X.]/03 - NJW 2006, 139, 140).

Auch im vorliegenden Fall haben sich die Parteien in § 4 Ziffer 1 Satz 1 des [X.] zunächst darauf geeinigt, dass das Mietverhältnis "mit der Übergabe/Übernahme der Mietsache" beginnen sollte. Auf Grund dieser Beschreibung steht der Beginn des Mietverhältnisses - nach erfolgter Übergabe - eindeutig fest.

dd) Die hinreichende Bestimmbarkeit des [X.] wird auch nicht durch die weiteren Regelungen in § 4 Ziffer 1 Satz 2 und 3 des [X.] in Frage gestellt. Dort haben die Parteien genaue Regelungen dazu getroffen, unter welchen Voraussetzungen das Mietverhältnis bereits vor der tatsächlichen Übergabe beginnen sollte und den dann maßgeblichen Zeitpunkt für den Beginn des Mietverhältnisses festgelegt. Damit haben die Vertragsparteien das, was sie über den Beginn des Mietverhältnisses vereinbart haben, vollständig und richtig in der Vertragsurkunde niedergelegt. Der Vertragsbeginn ist dadurch für einen möglichen Erwerber der Mietsache bestimmbar. Er kann aus der Vertragsurkunde erkennen, in welchen Fällen der Mietvertrag bereits vor der tatsächlichen Übergabe beginnen sollte und es ist für ihn ersichtlich, welcher Zeitpunkt für den Vertragsbeginn an die Stelle der tatsächlichen Übergabe treten sollte. Dies genügt, um das Schriftformerfordernis zu erfüllen. Die Schriftform wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Vereinbarung über den Vertragsbeginn auslegungsbedürftige Begriffe enthält oder die Feststellung, ob die Umstände, an die die Parteien den Vertragsbeginn geknüpft haben, tatsächlich auch eingetreten sind. Ausreichend ist, dass für einen möglichen Erwerber der Mietsache aus der schriftlich niedergelegten Vereinbarung die für den Vertragsbeginn maßgeblichen Umstände so genau zu entnehmen sind, dass er beim Vermieter oder Mieter entsprechende Nachforschungen anstellen kann.

ee) Auch der Schutzgedanke des § 550 BGB erfordert nicht, dass sich der konkrete Zeitpunkt des Beginns des Mietverhältnisses unmittelbar aus der Vertragsurkunde entnehmen lässt. Der [X.] hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass es zahlreiche Fallgestaltungen gibt, in denen § 550 BGB den Zweck, einem späteren [X.] Klarheit über die Bedingungen eines langfristigen Mietvertrags zu verschaffen, in den er kraft Gesetzes eintritt, nicht umfassend gewährleisten kann (vgl. [X.]surteile [X.]Z 154, 171 = NJW 2003, 2158, 2160; [X.]Z 136, 357 = NJW 1998, 58, 61 und vom 2. Mai 2007 - [X.]/04 - NJW 2007, 3273 Rn. 27). Dies gilt auch hinsichtlich der für einen [X.] wichtigen Kenntnis, zu welchem Zeitpunkt ein langfristiges Mietverhältnis beginnt. Wenn die Mietvertragsurkunde etwa eine Verlängerungsoption zu Gunsten des Mieters vorsieht, kann der [X.] der Urkunde nicht entnehmen, ob der Mieter diese Option vor dem Eigentumsübergang ausgeübt hat oder nicht, so dass Ungewissheit darüber bestehen kann, ob das Mietverhältnis bald enden oder gegebenenfalls noch jahrelang fortbestehen wird ([X.]surteil vom 2. Mai 2007 - [X.]/04 - NJW 2007, 3273 Rn. 27). Auch bei einem langfristigen Mietvertrag, der vorsieht, dass er nur bei Eintritt einer künftigen Bedingung wirksam wird, steht der Umstand, dass deren Eintritt aus der Vertragsurkunde selbst nicht ersichtlich ist und der [X.] anstellen muss, um zu erfahren, ob die Bedingung eingetreten ist, der Wahrung der Schriftform nicht entgegen (vgl. [X.]surteil [X.]Z 154, 171 = NJW 2003, 2158, 2160). Selbst wenn die Mietvertragsparteien den Mietbeginn an den Zeitpunkt der Übergabe knüpfen, ergibt sich der Mietbeginn nicht aus der Vertragsurkunde selbst. Haben die Parteien ein Übernahmeprotokoll erstellt, aus dem sich der Zeitpunkt der Übergabe ersehen ließe, verlangt das Schriftformerfordernis nach §§ 578 Abs. 1 und 2, 550 BGB nicht, dass dieses Protokoll der Mietvertragsurkunde angeheftet wird. In all diesen Fällen ist der [X.] aber durch die aus der Urkunde ersichtlichen Regelungen zum Vertragsbeginn hinreichend gewarnt, so dass es ihm zuzumuten ist, sich gegebenenfalls bei dem Verkäufer oder bei dem Mieter zu erkundigen.

ff) So liegt der Fall hier. Aus § 4 Ziffer 1 des Mietvertrags ist für einen möglichen Erwerber des Mietobjekts ersichtlich, dass der Mietbeginn und damit auch das Mietende entweder von der tatsächlichen Übergabe der Mietsache oder davon abhängig ist, ob es zu einer Verzögerung der tatsächlichen Übergabe durch die in der Vereinbarung konkret benannten Umstände gekommen ist. Er weiß daher, dass das Mietverhältnis nicht bereits 10 Jahre nach Abschluss des Vertrags enden wird, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, über den er sich erst noch auf andere Weise Gewissheit verschaffen muss und regelmäßig auch kann ([X.]surteil vom 2. Mai 2007 - [X.]/04 - NJW 2007, 3273 Rn. 28).

3. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Der [X.] kann in der Sache abschließend entscheiden, da weitere tatsächliche Feststellungen, die für die Entscheidung von Bedeutung sein könnten, weder zu erwarten noch erforderlich sind (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Dose     

        

Klinkhammer     

        

     Schilling

        

Günter     

        

Ri[X.] Dr. Nedden-Boeger
hat Urlaub und kann deswegen
nicht unterschreiben.

        
                          

Dose   

        

Meta

XII ZR 104/12

24.07.2013

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Hamm, 13. Juli 2012, Az: I-30 U 171/11

§ 542 Abs 2 Nr 1 BGB, § 550 S 1 BGB, § 578 Abs 1 BGB, § 580a Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.07.2013, Az. XII ZR 104/12 (REWIS RS 2013, 3876)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3876

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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