Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2010, Az. X ZR 29/07

X. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 4633

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[X.]BESCHLUSS X ZR 29/07 vom 20. Juli 2010 in der [X.] - 2 - [X.] hat am 20. Juli 2010 durch [X.] Scharen, [X.], die Richterin Mühlens und [X.] und [X.] beschlossen: Die Anhörungsrüge der Beklagten wird auf ihre Kosten zurückge-wiesen.

Gründe: [X.] Mit Urteil vom 13. April 2010 hat der [X.] auf die Berufung der Kläge-rin das am 30. November 2006 verkündete Urteil des [X.] abgeändert und das [X.] Patent 42 03 820 im Umfang seiner [X.] und 2 für nichtig erklärt. Das Urteil wurde den Beklagten am 17. Mai 2010 zugestellt. 1 2 Mit ihrer am 27. Mai 2010 erhobenen Anhörungsrüge machen die [X.] geltend, die Entscheidung des [X.] verletze ihren Anspruch auf rechtliches Gehör, weil Elemente der Erwägungen, mit denen der [X.] die von den Beklagten hilfsweise verteidigte Fassung des [X.] zurückgewiesen habe, überraschend gewesen seien. Sie seien in der mündlichen Verhandlung zu erörtern gewesen und zu ihnen sei den Beklagten Gelegenheit zur Stellung-nahme zu gewähren gewesen. Der [X.] habe die von den Beklagten hilfswei-- 3 - se verteidigte Fassung des [X.], wonach in Patentanspruch 1 das zu-sätzliche Merkmal aufgenommen worden sei, dass die [X.] aller [X.] in Fahrtrichtung hinter dem [X.] angeordnet seien, mit [X.] Erwägungen zurückgewiesen: a) dem erteilten Patentanspruch 1 sei nur ein konstruktives Detail hinzugefügt worden, dem kein eigenständiger erfinderi-scher Gehalt zukomme; b) dies entspreche dem eigenem Vorbringen der [X.]; c) es sei bereits zum Anmeldezeitpunkt bei fahrbaren Betonpumpen üblich gewesen, den [X.] hinter dem Fahrerhaus anzuordnen und d) als Beispiele für den Stand der Technik zeigten eine solche Anordnung etwa die [X.] [X.] 38 30 315 (Anlage 4) in Figur 2 sowie der Prospekt der [X.] "[X.]" (Anlage 13, [X.]). Es treffe zwar zu, dass bei fahrbaren Betonpumpen der [X.] regel-mäßig hinter dem Fahrerhaus angeordnet sei. Darin erschöpfe sich jedoch nicht die technische Bedeutung des durch den Hilfsantrag zusätzlich aufgenomme-nen Merkmals. Dass der [X.] hinter dem Fahrerhaus angeordnet sei, [X.] nicht, dass alle [X.] hinter dem [X.] lägen. Dass der [X.] zu dem Ergebnis gelange, dieses Merkmal sei immer dann erfüllt, wenn bei [X.] der [X.] hinter dem Fahrerhaus angeordnet sei, werde seinem Wortsinn nicht gerecht und sei überraschend. Der wiederge-gebene Stand der Technik zeige das im Hilfsantrag zusätzlich [X.] Merkmal nicht. Dies sei auch nicht erörtert worden. 3 Auch der Beurteilungsgegenstand und -maßstab hätte erörtert werden müssen. Statt die Prüfung der Rechtsfrage, ob der Gegenstand einer Erfindung am [X.] durch den Stand der Technik nahegelegt gewesen sei, anhand der Gesamtheit der Lösungsmerkmale der Erfindung in ihrem technischen [X.] vorzunehmen, habe der [X.] die Frage aufgeworfen, ob dem im Hilfsantrag zusätzlich aufgenommenen Merkmal ein eigenständiger [X.] - 4 - scher Gehalt zukomme. Dies sei als mit der bisherigen Rechtsprechung des [X.] unvereinbar anzusehen. Die Beklagten beantragen, das Berufungsverfahren fortzuführen und über die von den Beklagten hilfsweise verteidigte Fassung des [X.] zu verhandeln. 5 Der Klägerin ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Sie widerspricht dem Vortrag der Beklagten, das rechtliche Gehör sei hinsichtlich des mit den Parteien erörterten [X.] nicht gewahrt worden, und [X.], die Anhörungsrüge kostenpflichtig zurückzuweisen. 6 I[X.] Die statthafte (§ 122 a [X.], § 321 a Abs. 2-5 ZPO) und auch im Übri-gen zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet. Sie könnte nur dann Erfolg ha-ben, wenn der Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör in entscheidungs-erheblicher Weise verletzt worden wäre. Daran fehlt es. 7 1. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] sind die Gerichte verpflichtet, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot des rechtlichen Gehörs soll sicherstellen, dass die von den Gerichten zu treffenden Entscheidungen frei von Verfahrensfehlern ergehen, welche ihren Grund in unterlassener [X.] und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Parteien haben ([X.] 60, 250, 252; 69, 141, 142 f.; [X.] NJW-RR 2004, 1150, 1151). 8 2. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten ist der Hilfsantrag in der mündlichen Verhandlung gegen Ende der Anhörung des gerichtlichen Sachver-ständigen mit den Parteien erörtert worden. [X.] Sinn dieser Erörterung war - wie bei der hauptsächlichen Verteidigung des [X.] - die Klärung des erfinderischen Gehalts der insoweit verteidigten Merkmalskombination und 9 - 5 - damit auch, ob dieser durch das hinzugefügte Merkmal ein solcher Gehalt zu-kommt. Einen solchen hat die Beklagte gleichwohl auch im Rahmen dieser Er-örterung nicht reklamiert. Darüber hinaus ist das mit dem Hilfsantrag aus dem erteilten [X.] 3 in den Patentanspruch 1 übernommene Merkmal, dass die Schwenk-lager aller [X.] in Fahrtrichtung hinter dem [X.] angeordnet sind, zuvor schon Thema der Verhandlung gewesen, wie auch den [X.] vom 13. April 2010 zu entnehmen ist. Bereits in seinen Ein-gangsausführungen hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten dieses durch den Hilfsantrag aufgegriffene zusätzliche Merkmal schon im Hinblick auf die Auslegung des Merkmals e des Patentanspruchs 1 angesprochen, wonach die [X.] der vorderen [X.] in unmittelbarer Nähe der Schwenk-lager für die hinteren [X.] angeordnet sind. Der [X.] hat sich in den Entscheidungsgründen mit diesen Ausführungen wie folgt auseinandergesetzt (Urteil S. 9 [X.]. 16): 10 "Soweit die Beklagten ausgeführt haben, dass mit dem Merkmal der '[X.] Nähe' auch jene Positionierung des [X.]s hinter dem Fahrerhaus in einem Zusammenhang stehe, wie sie von [X.] 3 in der erteilten Fassung des [X.] erfasst ist und mit dem Hilfsan-trag aufgegriffen wird, ist weder aus der [X.]chrift ersichtlich noch von den Beklagten nachvollziehbar dargelegt worden, weshalb die vorge-nannte bei Betonpumpen dem Stand der Technik entsprechende Platzie-rung des [X.]s erst durch die vorgeschlagene Anordnung der [X.] ermöglicht wird. Wie gerade die [X.] 31 24 029 (Anlage 3) in Figur 2 zeigt, findet sich für einen hinter dem [X.] angeordneten [X.] auch bei einer dort ebenfalls erfolgenden Anlenkung der vorderen [X.] hinreichend Platz. (–)." Des Weiteren hat in der Berufungsverhandlung die Anordnung der [X.] hinter dem [X.] entsprechend der [X.] Fassung des Patentanspruchs 1 auch im Zusammenhang mit den [X.] aus dem Stand der Technik bei den [X.] eine Rolle gespielt, was ebenfalls 11 - 6 - in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 13. April 2010 Niederschlag ge-funden hat. Dort heißt es u.a. (Urteil [X.] [X.]. 35): "Die Beklagten machen gegenüber einer Berücksichtigung der Stützvor-richtungen bei Mobilkrane geltend, dass bei den im Streitfall entgegenge-haltenen Konstruktionen der [X.] für den Kranausleger jeweils zent-ral in dem durch die vier [X.] gebildeten [X.] liegt und sich die [X.] für die vorderen [X.] daher nicht in un-mittelbarer Nähe der [X.] für die hinteren [X.] befinden. (–)." 3. Soweit die Beklagten meinen, dass sich aus den [X.] zur hilfsweise verteidigten Fassung des Patentanspruchs 1 ergebe, dass der [X.] die technische Bedeutung des aus [X.] übernommenen Merkmals darauf reduziere, dass der [X.] hinter dem Fahrerhaus [X.] sei, unterliegen die Beklagten offensichtlich einem Fehlverständnis: Ausweislich der Entscheidungsgründe in [X.]. 28 des [X.]urteils folgt aus den Merkmalen c und e des Patentanspruchs 1, dass die [X.] nah [X.] etwa in [X.] angelenkt sind. Diese schon durch [X.] vorgegebene Positionierung der [X.] wird durch das zusätz-liche Merkmal aus [X.] nur um die Zuordnung des [X.]s er-gänzt, der so zu platzieren ist, dass die [X.] in Fahrtrichtung hinter diesem angeordnet sein sollen. Dies führt zu der mit den Parteien in der münd-lichen Verhandlung erörterten Anordnung des [X.]s hinter dem Fahrer-haus. Eine solche Anordnung des [X.]s ist allerdings durch das in den Entscheidungsgründen angeführte Material aus dem Stand der Technik [X.] gewesen, wie auch die Beklagten nicht in Abrede stellen. 12 4. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der [X.] bei der Entschei-dung über den Hilfsantrag auch nicht von seiner bisherigen Rechtsprechung abgewichen, wonach die Prüfung einer erfinderischen Tätigkeit anhand der [X.] der Lösungsmerkmale der Erfindung in ihrem technischen Zusam-menhang vorzunehmen ist. Mit der durch die Anhörungsrüge angegriffenen 13 - 7 - Formulierung, dass das im Hilfsantrag zusätzlich aufgenommene Merkmal dem erteilten Patentanspruch 1 ein konstruktives Detail hinzufügt, wird auch auf die Merkmale des Patentanspruchs 1 Bezug genommen. Dass es im Streitfall [X.] gegeben hätte, neben der negativen Einschätzung des erfinderischen [X.] des zusätzlichen Merkmals unter Hinweis auf die Darlegungen zur haupt-sächlich verteidigten Fassung noch ausdrücklich anzugeben, dass daher auch die hilfsweise Kombination nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhend angese-hen werde, tragen die Beklagten selbst nicht vor. In derartigen Konstellationen hat der [X.] auch schon bisher in den Entscheidungsgründen seiner Urteile die vorgenommene Prüfung eines erfinderischen Gehalts von hilfsweise vertei-digten Patentansprüchen oder von Unteransprüchen als solchen durch Ausfüh-rungen zusammengefasst, die sich nur auf das zusätzlich zu der zuvor bereits bewerteten technischen Lehre hinzutretende Merkmal beschränkt haben (vgl. zuletzt etwa Urt. v. 17.11.2009 - [X.]; Urt. v. 12.01.2010 - [X.]; Urt. [X.] - [X.]/06; Urt. v. 23.03.2010 - [X.]). - 8 - II[X.] [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwen-dung von § 91 Abs. 1 ZPO i.V.m. [X.] Nr. 1700 zum GKG. 14 Scharen [X.] Mühlens

[X.] Grabinski Vorinstanz: [X.], Entscheidung vom [X.] - 3 Ni 42/05 -

Meta

X ZR 29/07

20.07.2010

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2010, Az. X ZR 29/07 (REWIS RS 2010, 4633)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4633

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