Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 18.03.2021, Az. 13 K 1190/20

13. Kammer | REWIS RS 2021, 7692

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Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 11. Februar 2020 (Geschäftsz. 000000000000000). (*1)

Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen.

Entscheidungsgründe

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Verwarnung durch den Beklagten gegenüber dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) nach der Datenschutzgrundverordnung, der die Erhebung einer postalischen Anschrift in einem IFG-Verfahren zugrunde liegt.

In dem Verfahren 0000000000000000 stellte der Antragsteller per E-Mail vom 2. Juni 2019 über die Plattform „fragdenstaat.de“ unter Berufung u.a. auf das IFG einen Auskunftsantrag. Die Internetplattform „fragdenstaat.de“ generiert einem antragstellenden Bürger eine E-Mail-Adresse, unter der er einen IFG-Antrag bei der Behörde stellen kann. Die Korrespondenz wird über diese generierte E-Mail-Adresse abgewickelt und automatisch im Internet veröffentlicht. Über den Eingang einer Nachricht bei „fragdenstaat.de“ wird der Antragsteller über seine im Rahmen der Registrierung hinterlegte E-Mail-Adresse informiert. Mit E-Mail vom 3. Juni 2019 bat das BMI den Antragsteller um Mitteilung seiner Postanschrift bzw. einer persönlichen E-Mail-Adresse und verwies auf § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes an den Antragsteller persönlich sei bei einer Übermittlung an die angegebene E-Mail-Adresse der Plattform nicht sichergestellt. Zudem sei der Zeitpunkt der Bekanntgabe für die Behörde nicht erkennbar, weshalb die Beantwortung eines Informationsgesuchs nur in Schriftform an die Postanschrift erfolge, sofern der Antragsteller keine persönliche E-Mail-Adresse mitteile. Der Antragsteller übermittelte eine weitere E-Mail-Adresse und wies hinsichtlich der von dem BMI vorgebrachten Zugangsproblematik darauf hin, dass der E-Mail Server auf der Gegenseite mit einem SMTP-Code bestätige, dass eine E-Mail eingegangen und auch angenommen worden sei. Anschließend informiere die Plattform den Antragsteller über den Zugang der E-Mail. In der weiteren Korrespondenz nannte der Antragsteller eine weitere E-Mail-Adresse sowie seine Postanschrift. Gleichzeitig wies er auf § 1 Abs. 2 IFG hin und wünschte eine Antwort an die angegebene E-Mail-Adresse. Mit formlosen Schreiben vom 12. Juni 2019 teilte das BMI dem Antragsteller mit, dass zu seiner Anfrage keine Informationen bei dem BMI vorlägen. „Ein Informationszugang sei daher nicht möglich.“ Daraufhin wandte sich der Antragsteller an den Beklagten mit der Bitte um Vermittlung nach § 12 Abs. 1 IFG, da er der Ansicht war, dass seine Anfrage zu „Unrecht auf diese Weise bearbeitet“ worden sei, da das BMI auch nach Nennung alternativer E-Mail-Adressen die Antwort per Post versendet habe und daher „vorsätzlich § 1 Abs. 2 IFG“ ignoriert habe.

In seiner Stellungnahme teilte das BMI dem Beklagten mit, dass § 1 Abs. 2 IFG die Arten des Informationszugangs regele. Die Entscheidung, auf welchem Weg dem Antragsteller die Entscheidung übermittelt werde, habe die Behörde nach pflichtgemäßen Ermessen zu treffen. Das BMI habe sich für eine schriftliche Antwort entschieden, da ihm die elektronische Antwort wegen der E-Mail-Adressangaben nicht plausibel erschienen sei. Die Anforderung der Postadresse sei erforderlich gewesen, da für die Bekanntgabe des IFG-Bescheids nach § 41 VwVfG eine konkrete Person als Empfänger erforderlich sei. Jedenfalls bedürfe es einer privaten E-Mail-Adresse des Antragstellers. Der Beklagte hörte das BMI zur beabsichtigten Verwarnung nach Art. 58 Abs. 2 lit. b) DSGVO an, da das BMI den Antragsteller ohne rechtliche Grundlage um Übersendung einer Postadresse gebeten und dieses Datum verarbeitet habe. In der Stellungnahme verwies das BMI darauf, dass die Durchführung eines IFG-Verfahrens ein Rechtsverhältnis zwischen Antragsteller und Behörde entstehen lasse, das eine hinreichende Sicherheit über die Identität des Antragstellers voraussetze. Das IFG sehe keine anonyme bzw. pseudonyme Antragsstellung vor. Erst nach Mitteilung von Klarnamen und zustellungsfähiger Postadresse entstehe ein Rechtsanspruch auf Bearbeitung und Beantwortung. Bescheide, die an die Plattform gesandt würden, seien nicht dem Antragsteller bekanntgegeben, sondern würden von der Plattform für den Antragsteller aufbewahrt und dieser vom Eingang informiert.

Mit Bescheid vom 11. Februar 2020 verwarnte der Beklagte das BMI gem. Art. 58 Abs. 2 lit. b) DSGVO, da in dem unter dem Az. 0000000000000000 geführten Verfahren der Antragsteller ohne rechtliche Grundlage zur Angabe einer postalischen Adresse aufgefordert worden und dieses Datum durch das BMI unberechtigt weiter verarbeitet worden sei. Die Anforderung einer Postanschrift sei nicht erforderlich und mangels Rechtsgrundlage die Verarbeitung unzulässig gewesen. Der Hinweis, dass keine Informationen vorgelegen hätten, hätte über die von der Plattform „fragdenstaat.de“ generierte E-Mail-Adresse versandt werden können. Bei dem Schreiben vom 12. Juni 2019 an den Antragsteller handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35 VwVfG, da die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtete Entscheidung fehle. Es handele sich um einen Hinweis und keine formale Ablehnung; eine Bekanntgabe nach § 41 Abs. 1 VwVfG sei nicht erforderlich gewesen.

Am 6. März 2020 hat das BMI Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland erhoben.

Zur Begründung trägt es vor, die Nutzungsbedingungen der Plattform „fragdenstaat.de“ seien nicht ausreichend zur Verhinderung von Missbrauch. Ein und dieselbe Person könne sich mit mehrfachen E-Mail-Adressen dort registrieren lassen. Der Beklagte habe sich nicht auf die Befugnisse aus Art 58 Abs. 2 lit. b) DSGVO berufen können, da es um eine IFG-rechtliche Frage gehe. Der IFG-Antragsteller habe den Beklagten nach § 12 IFG angerufen. Die Befugnisse seien in § 12 Abs. 3 IFG abschließend und konstitutiv aufgeführt. Der Beklagte habe nur ein Recht zur Beanstandung, nicht zur Verwarnung. Zur Begründetheit der Klage führt das BMI an, die Erhebung der postalischen Anschrift sei eine zulässige Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. e) DSGVO i.V.m. § 3 BDSG. Der Erlaubnistatbestand des  Art. 6  Abs. 1 UAbs. 1 lit. c) DSGVO sei ebenfalls erfüllt. Die Datenverarbeitung sei für die Erfüllung der dem BMI obliegende Aufgabe erforderlich. Die Beantwortung von IFG-Anträgen liege im öffentlichen Interesse und obliege dem BMI gem. § 1 Abs. 1 IFG als hoheitliche Aufgabe. Die Datenverarbeitung sei auch im vorliegenden Fall erforderlich gewesen, damit das BMI seiner Pflicht zur Bekanntgabe seiner Entscheidung nach § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG genügen könne. Das Schreiben vom 12. Juni 2019 stelle einen Verwaltungsakt dar. Die Regelung sei darin zu sehen, dass das BMI das durch den IFG-Antrag begründete Verwaltungsrechtsverhältnis mit der Entscheidung habe beenden wollen. Die Bekanntgabe erfolge üblicherweise durch Übersendung des Schreibens per Post, da die Nutzung der von einer Plattform generierten E-Mail-Adresse für die Bekanntgabe nicht ausreiche. Die Bekanntgabe sei nicht im hinreichenden Maße gesichert, da sie vom Willen des Betreibers des Internetportals abhänge, auch wenn er hier als Empfangsbote auftrete. Es bestehe auch keine Pflicht, einen elektronischen Verwaltungsakt zu wählen. Zudem bedürfe es keines wichtigen Grundes nach § 1 Abs. 2 Satz 2 IFG, da sich das Wahlrecht des Antragstellers auf die Form der Informationsgewährung, nicht auf die Form der behördlichen Entscheidung über die Informationsgewährung bzw. Ablehnung beziehe.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 11.02.2020 (Geschäftsz. 000000000000000) aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

                            die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, die Klage sei bereits unzulässig. Die Klage sei gegen ihn als Aufsichtsbehörde und nicht gegen die Bundesrepublik Deutschland zu richten. Die Klage sei auch unbegründet. Die Ermächtigungsgrundlage für die Verwarnung liege in § 16 Abs. 1 Satz 1 BDSG i.V.m. Art. 58 Abs. 2 lit. b) DSGVO. Es sei irrelevant, ob er anlässlich eines IFG-Verfahrens von einem Datenschutzverstoß Kenntnis erlangt habe, da er auch von Amts wegen von seinen Befugnissen nach Art. 58 Abs. 2 DSGVO Gebrauch machen könne. Die Datenverarbeitung sei mangels Erforderlichkeit rechtswidrig. Die Rechtmäßigkeit ergebe sich weder aus  Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c) DSGVO noch aus  Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. e) DSGVO. Für die Anforderung einer postalischen Anschrift fehle es an einer nationalen Rechtsgrundlage. Es könnten weder § 7 Abs. 1 IFG noch § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG oder allgemeine Vorschriften des VwVfG herangezogen werden. Der Grundsatz der Datenminimierung verlange, dass die Datenverarbeitung auf das absolut Notwendige beschränkt werde. Die Erforderlichkeit ergebe sich hier nicht aus § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG, da die Mitteilung des BMI an den Antragsteller über nicht vorhandene Informationen keinen Verwaltungsakt darstelle, sondern ein informatorisches Schreiben ohne Regelungswirkung. Selbst wenn aber ein Verwaltungsakt vorliege, sei jedenfalls eine Postadresse für eine Bekanntgabe nach § 41 VwVfG nicht erforderlich gewesen. Das IFG-Verfahren und der das Verfahren beendende Verwaltungsakt seien formfrei. Im Rahmen der elektronischen Kommunikation mit dem IFG-Antragsteller sei die Wahl eines elektronischen Verwaltungsaktes geboten, § 10 Satz 2 VwVfG. Der Antragsteller habe hinsichtlich der Art der Informationsgewährung ein Wahlrecht nach § 1 Abs. 2 Satz 2 IFG. Dabei sei die informationspflichtige Stelle gehalten, die vom Antragsteller gewählte Form der Informationserteilung zu beachten. Der Zugang sei auch gesichert. Es greife die Zugangsfiktion des § 41 Abs. 2 Satz 2 VwVfG ein. Da „fragdenstaat.de“ als Empfangsbote agiere, gelange der Verwaltungsakt mit Speicherung auf dem Server in den Machtbereich des Empfängers. Auch die Argumentation, dass man vor dem Hintergrund laufender Rechtsbehelfsfristen ein berechtigtes Interesse an einer postalischen Bekanntgabe anerkenne, greife hier nicht durch. Dem BMI sei es ohne weiteres möglich gewesen, dem Antragsteller per E-Mail zu antworten. Sollte doch ein berechtigtes Interesse an der postalischen Übersendung eines schriftlichen Bescheids bestehen, dürfe die Postadresse jedenfalls nicht bereits im Rahmen der Antragstellung nach § 7 Abs. 1 IFG angefordert werden. Es habe zunächst eine Prognoseentscheidung zu erfolgen, ob die Informationserteilung abzulehnen sein werde. Es dürfe nicht die Stellung des ordnungsgemäßen Antrags von der Offenlegung der Identität abhängig gemacht werden.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die Gerichts- und Verwaltungsakte im Parallelverfahren 13 K 1189/20  Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die das Gericht gemäß § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, hat Erfolg.

Die Klage ist zulässig. Richtiger Beklagter ist hier abweichend von § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht die Bundesrepublik Deutschland, sondern gemäß § 20 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) die Aufsichtsbehörde, hier der Beklagte, der gemäß § 20 Abs. 4 BDSG beteiligtenfähig ist,

vgl. zum LfDI in Rheinland-Pfalz, VG Mainz, Urteil vom 24. September 2020 – 1 K 584/19.MZ -, juris Rn. 18; Lapp, in Gola/Heckmann, BDSG, 13. Aufl. 2019, § 20 Rn. 11; Mundil, in Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 34. Ed., Stand 1.2.2020, § 20 BDSG Rn. 4, 5.

Die zunächst gegen die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Klage ist nicht unzulässig. Das Gericht konnte das Rubrum von Amts wegen berichtigen, da durch Auslegung unzweifelhaft zu ermitteln war, dass die Klage sich gegen den Beklagten, der den angefochtenen Bescheid erlassen hat, richten sollte. Aus § 78 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 VwGO ergibt sich, dass in einem solchen Fall die fehlerhafte Bezeichnung des Beklagten unschädlich ist. Diese Bestimmung ist entsprechend heranzuziehen, wenn in der Klageschrift der Rechtsträger bezeichnet wird, richtigerweise aber die Behörde zu verklagen ist,

vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 13. März 1991 – 22 A 871/90 –, juris Rn. 5; vgl. auch Kintz, in BeckOK VwGO, Posser/Wolff, 55. Ed. 1.10.2020, § 78 Rn. 43 m.w.N..

Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 11. Februar 2020 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Rechtsgrundlage für die mit Bescheid vom 11. Februar 2020 erteilte Verwarnung ist Art. 58 Abs. 2 lit. b) der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO),

Verordnung Nr. 2016/679 des Europäischen Parlaments und Rates vom 27.4.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Abl. L 119),

i.V.m. § 16 Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Danach hat die Aufsichtsbehörde die Befugnis, einen Verantwortlichen oder einen Auftragsverarbeiter zu verwarnen, wenn er mit Verarbeitungsvorgängen gegen die DSGVO verstoßen hat. Der Beklagte konnte sich hier auch auf die datenschutzrechtlichen Befugnisse aus der DSGVO berufen. Dem steht nicht entgegen, dass er im Rahmen eines IFG-Antrags durch den dortigen Antragsteller nach § 12 Abs. 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG) angerufen wurde. Nach § 12 Abs. 1 IFG kann jeder den Bundesbeauftragten für die Informationsfreiheit anrufen, wenn er sein Recht auf Informationszugang nach diesem Gesetz als verletzt ansieht. Gem. § 12 Abs. 2 IFG besteht Personalunion mit dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz. Das IFG ordnet in § 12 Abs. 3 IFG die entsprechende Geltung einzelner Vorschriften des BDSG a.F. zu den Kontrollaufgaben des Bundesbeauftragten für den Datenschutz an, u.a. das Recht zur Beanstandung aus § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4, Satz 2 und Abs. 2 und 3 BDSG a.F. Dieser Verweis schließt eine Befugnis zur Verwarnung durch den Beklagten in seiner Funktion als Datenschutzbeauftragter nach der DSGVO jedoch nicht aus. Zwar hat § 12 Abs. 3 IFG für die Handlungsmöglichkeiten des Beklagten in seiner Funktion als Informationsfreiheitsbeauftragter konstitutive Bedeutung,

              vgl. Schoch, IFG 2. Aufl. 2016, § 12 Rn. 63.

Erlangt der Beklagte Kenntnis von einer möglicherweise unzulässigen Datenverarbeitung, kann er von seinen Befugnissen nach Art. 58 Abs. 2 DSGVO auch von Amts wegen Gebrauch machen,

vgl. Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, 2. Auflage 2018, Art. 77 Rn. 19; Mundil, in Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 34. Ed., Stand 01.02.2020, Art. 77 Rn. 3.

Dies folgt im Übrigen schon daraus, dass die DSGVO zwingendes Unionsrecht darstellt und nach Art. 288 UAbs. 1 Satz 1 und 2 AEUV Anwendungsvorrang genießt.

Der Bescheid ist materiell rechtswidrig, da die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 58 Abs. 2 lit. b) DSGVO nicht vorliegen. Die Verarbeitung der postalischen Adresse stellt keinen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften dar. Die Anforderung der postalischen Adresse auch vor Aufnahme der Bearbeitung eines IFG-Antrags verstößt nicht gegen Art. 5 Abs. 1 lit. a) DSGVO. Danach müssen personenbezogene Daten auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden („Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz“). Die Erhebung der postalischen Adresse stellt eine Verarbeitung eines personenbezogenen Datums dar (Art. 4 Nr.1 und Nr. 2 DSGVO), die nach Art. 6 DSGVO gerechtfertigt ist. Danach ist eine Datenverarbeitung nur dann rechtmäßig, wenn eine der dort unter Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) bis f) DSGVO genannten Bedingungen erfüllt ist. Die Datenverarbeitung ist vorliegend nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. e) DSGVO gerechtfertigt. Danach ist die Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde. Das öffentliche Interesse erstreckt sich auch auf die Verarbeitung personenbezogener Daten, die für die Verwaltung und das Funktionieren von Behörden und öffentlichen Stellen erforderlich ist. Die Ausübung öffentlicher Gewalt betrifft die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben auf der Grundlage rechtlich festgelegter Aufgaben und Befugnisse,

vgl. Heberlein, in Ehmann/Selmayr, DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art. 6 Rn. 21 f.

Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 DSGVO wird die Rechtsgrundlage für die Verarbeitungen gemäß Absatz 1 Buchstaben c und e durch Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt, festgelegt. Die nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. e), Abs. 3 DSGVO erforderliche Rechtsgrundlage ist hier in der nationalen Regelung des § 3 BDSG zu sehen,

              vgl. Schulz, in Gola, a.a.O., Art. 6 Rn. 201.

Nach § 3 BDSG ist die Verarbeitung personenbezogener Daten durch eine öffentliche Stelle zulässig, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgabe oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde, erforderlich ist. § 3 BDSG ist ebenso wie Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. e) DSGVO darauf angewiesen, dass eine andere Rechtsnorm die öffentliche Aufgabe oder die Ausübung öffentlicher Gewalt festschreibt. Die Datenverarbeitung in Form der Erhebung einer postalischen Adresse war zur Erfüllung der dem BMI als die den Antrag nach § 7 Abs. 1 IFG bearbeitende und daher bescheidende Stelle obliegenden Bekanntgabepflicht nach § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG erforderlich, da es sich um die Bekanntgabe eines ablehnenden Bescheids gehandelt hat. Darüber hinaus ergibt sich die Erforderlichkeit auch einer standardmäßigen Anforderung weiterer Kontaktdaten aus dem Erfordernis, den nach § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG gestellten IFG-Antrag zu bearbeiten.

Die streitgegenständliche Datenverarbeitung war vorliegend bereits erforderlich, damit der BMI der Bekanntgabepflicht aus § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG in rechtmäßiger Weise nachkommen konnte. Eine Datenverarbeitung ist erforderlich, wenn die Zielerreichung im konkreten Einzelfall ohne die Verarbeitung nicht, nicht vollständig oder nicht in rechtmäßiger Weise erfolgen kann. Ausreichend ist hingegen nicht, wenn sie für eine der in Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 DSGVO genannten Voraussetzungen förderlich ist,

vgl. Albers/Veit, in Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, Stand 1.5.2020, 34. Ed., Art. 6 Rn. 16 f.; Starnecker, in Gola/Heckmann, a.a.O., § 3 Rn. 28.

Das Erforderlichkeitskriterium trägt zum einen den Grundsätzen des Art. 5 Abs. 1 lit. c (Datenminimierung) und e (Speicherbegrenzung) Rechnung. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ist die Datenverarbeitung mit Blick auf die betroffenen Grundrechte aus Art. 7 und 8 der Grundrechtecharta auf das „absolut Notwendige“ zu begrenzen,

vgl. Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 16. Dezember 2008 – C 73/07 –, juris Rn. 56; Buchner/Petri, in Kühling/Buchner, a.a.O., Art. 6 Rn. 119; Heberlein, in Ehmann/Selmayr, DSGVO, a.a.O., Art. 6 Rn. 23.

Die Erforderlichkeit ist aber nicht im Sinne einer zwingenden Notwendigkeit oder bestmöglichen Effizienz zu verstehen. Unter Berücksichtigung von Erwägungsgrund 39 Satz 9 DSGVO muss die Datenverarbeitung zur Erreichung des Zwecks objektiv tauglich sein und der Zweck der Verarbeitung nicht in zumutbarer Weise durch andere Mittel erreicht werden können,

vgl. zur Erforderlichkeit i.S.d. Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f DSGVO: Oberverwaltungsgericht Lüneburg, Beschluss vom 19. Januar 2021 – 11 LA 16/20 –, juris Rn. 17; Buchner/Petri, in Kühling/Buchner, a.a.O. Art. 6 Rn. 15; Schulz, in Gola, a.a.O., Art. 6 Rn. 20; Wolff, in Wolff/Brink, a.a.O., § 3 BDSG Rn. 17a.

Danach ist die streitgegenständliche Erhebung der postalischen Adresse im Rahmen einer über eine Internetplattform erfolgten IFG-Antragstellung geeignet, den Verwaltungsakt an den richtigen Adressaten bekannt geben zu können. Die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes über die von dem Antragsteller mitgeteilte von der Plattform „fragdenstaat.de“ generierte E-Mail-Adresse als milderes Mittel ist hingegen nicht gleich geeignet, um den Zweck mit gleicher Sicherheit zu verwirklichen. Dies hat der Beklagte mit seiner Weisung, die Gegenstand des Verfahrens 13 K 1189/90 ist, auch anerkannt. Mit der vorliegend angegriffenen Verwarnung setzt er sich in Widerspruch zu seiner im Parallelverfahren angegriffenen Weisung.

Denn die schriftliche Mitteilung des BMI an den IFG-Antragsteller vom 12. Juni 2019 stellt einen Verwaltungsakt dar, der bekanntzugeben war, und nicht lediglich um einen Hinweis oder ein informatorisches Schreiben ohne Regelungswirkung. Vielmehr liegen die Voraussetzungen des § 35 Satz 1 VwVfG vor. Nach § 35 Satz 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Entscheidend für die Beurteilung, ob ein Verwaltungsakt vorliegt, ist der objektive Erklärungswert, d.h. wie der Bürger unter Berücksichtigung der äußeren Form, Abfassung, Begründung, Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung etc. analog §§ 157, 133 BGB die Erklärung der Behörde verstehen durfte. Dabei kommt es maßgeblich auf den objektiven Empfängerhorizont an. Unerheblich sind hingegen die subjektiven Vorstellungen des Adressaten oder der erlassenden Behörde,

vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 21. Juni 2006 – 6 C 19.06 –, juris Rn. 52; Ramsauer, in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 35 Rn. 54; von Alemann/Scheffcyk, in BeckOK, VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 49. Ed. Stand 1.10.2020, § 35 Rn. 46.

Maßgeblich für das hier allein fragliche Merkmal der „Regelung“ ist, ob der Akt sich nach objektiver Betrachtung als verbindliche, auf die Setzung einer Rechtsfolge gerichtete Handlung darstellt, d.h. ob durch sie Rechte begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt werden oder die Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung solcher Rechte mit Außenwirkung abgelehnt wird.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1988 – 9 C 54.87 –, juris Rn. 7.

Soweit das anzuwendende Recht eine Regelung durch Verwaltungsakt vorsieht, ist im Zweifel davon auszugehen, dass eine solche getroffen werden sollte und nicht bloß eine (unverbindliche) Meinung geäußert bzw. eine Handlung ohne Anspruch auf Verbindlichkeit vorgenommen werden sollte,

              vgl. Ramsauer, a.a.O., § 35 Rn. 56.

Die Mitteilung vom 12. Juni 2019 erging formlos per Brief. Das BMI wurde hier tätig, nachdem ein Antrag nach dem IFG bei ihm eingegangen war. Auch wenn § 7 IFG nicht festlegt, in welcher Rechtsform über das Informationsbegehren zu entscheiden ist, ist davon auszugehen, dass die Entscheidung über den Antrag im Regelfall ein Verwaltungsakt darstellt,

vgl. Schoch, a.a.O., § 7 Rn. 71; Sicko, in BeckOK Informations- und Medientrecht, Gersdorf/Paal, 30. Ed., Stand 1.11.2020, § 7 Rn. 32.

Nach diesen Maßstäben hat das BMI den IFG-Antrag abgelehnt, indem ausgeführt wurde, dass ein Informationszugang nicht möglich sei. Nach Eingang des IFG-Antrags prüft die Behörde, ob die Voraussetzungen von § 1 Abs. 1 IFG vorliegen. Dazu gehört auch, ob die Behörde über die begehrte Information verfügt. Kommt sie, wie hier, zu dem Ergebnis, dass die Informationen nicht vorliegen und daher dem Antragsteller mitteilt, dass „ein Informationszugang daher nicht möglich ist“, trifft das BMI eine verbindliche Entscheidung über den Antrag. Dass nicht ausdrücklich von einer Ablehnung des Antrages die Rede ist und der Bescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, steht dieser Wertung nicht entgegen,

vgl. dazu: BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 – 7 C 23.17 -, juris Rn. 10.

Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Soweit das IFG keine spezielleren Verfahrensvorschriften enthält, ist das Verwaltungsverfahrensgesetz auf IFG-Anträge ergänzend anwendbar. Durch die Antragstellung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 IFG wird zwischen dem Antragsteller und der informationspflichtigen Stelle ein Verwaltungsrechtsverhältnis begründet,

vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 – 7 C 4.11 –, juris Rn. 16; Schoch, a.a.O., Vorb §§ 7 – 9 Rn. 2.

Auch wenn § 7 IFG von „Antrag und Verfahren“ spricht, trifft dieser weder eine vollständige Regelung zum Antrag noch zum Verfahren,

vgl. Blatt, in Brink/Polenz/Blatt, IFG, 1. Aufl. 2017, § 7 Rn. 2; Schoch, a.a.O., Vorb §§ 7 – 9 Rn. 2.

Die Wahl der Form liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde nach § 37 Abs. 2 Satz 1 VwVfG. Formerfordernisse für die Entscheidung über den Antrag, unabhängig davon, ob durch Verwaltungsakt entschieden wird oder nicht, legt § 7 IFG nicht fest.

Entgegen der Ansicht des Beklagten ergibt sich keine Ermessensreduzierung des BMI auf den Erlass eines elektronischen Verwaltungsaktes über die generierte E-Mail-Adresse bei Anfragen über die Plattform „fragdenstaat.de“. Eine solche Einschränkung der Wahlfreiheit ergibt sich bereits nicht aus § 1 Abs. 2 Satz 2 IFG, da sich die Wahl des Antragstellers nur auf die Form der Informationsgewährung, nicht auf die Form der Entscheidung über die Informationsgewährung bezieht. Zudem ergibt sich auch nicht aus dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns, dass in jedem Fall die Behörde das Medium zu wählen hat, über das der Antragsteller mit dieser in Kontakt tritt. Nach § 3a Abs. 1 Satz 1 VwVfG ist die Übermittlung elektronischer Dokumente zwar zulässig, soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet. In der vorliegend erfolgten Antragstellung über die generierte E-Mail-Adresse zeigt sich die Zugangseröffnung und grundsätzliche Bereitschaft, die Kommunikation über dieses Medium zu führen,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. November 2014 – 2 B 1111/14 -, juris Rn. 11; Ramsauer, a.a.O., § 3a Rn. 7, § 41 Rn. 11b.

Jedoch ist der Zugang sowie dessen Nachweisbarkeit nicht in vergleichbarer Weise als gesichert anzusehen wie bei einer postalischen Übersendung.

Dazu hat das Gericht mit Urteil vom heutigen Tage im Parallelverfahren 13 K 1189/20 ausgeführt:

„Der Verwaltungsakt geht nach allgemeinen Grundsätzen zu, wenn er derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, dass bei gewöhnlichem Verlauf und unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist,

vgl. Stelkens, in Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 41 Rn. 62.

Wird ein Empfangsbote auf Seiten des Bekanntgabeadressaten eingeschaltet, tritt Zugang grundsätzlich dann ein, sobald mit einer Übermittlung an den Adressaten zu rechnen ist. Erfolge eine Weiterleitung hingegen nicht, geht dies zu Lasten des Empfängers,

              vgl. Stelkens, in Stelkens/Bonk/Sachs a.a.O., § 41 Rn. 67.

Die Bekanntgabe und die damit zusammenhängende Gewährung der dauerhaften Verfügungsgewalt gegenüber dem Adressaten ist in dem Fall, in dem die Kommunikation über die Internetplattform „fragdenstaat.de“ abläuft, nicht als hinreichend gesichert zu bezeichnen. Wird der Bescheid an die von einer Internet-Plattform generierte E-Mail-Adresse geschickt, kann er nicht als derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt angesehen werden, dass unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen ist. Dies folgt aus der Funktionsweise der Plattform. Der Beigeladene tritt zwar ausweislich Nr. 2.1 der Nutzungsbedingungen von „fragdenstaat.de“ als Empfangsbote auf. Es bestehen jedoch bereits Zweifel daran, ob der Beigeladene als ein solcher anzusehen ist, da dieser, anders als ein typischer Empfangsbote, schon nach seiner Funktionsweise die eingegangenen behördlichen Schreiben nicht an die hinterlegte E-Mail-Adresse des Antragstellers weiterleitet, sondern diese direkt veröffentlicht und den Antragsteller über den Eingang lediglich informiert. Hinzukommt, dass der Beigeladene als Betreiber das Recht hat, den Account jederzeit zu deaktivieren (vgl. Nr. 3.4 der Nutzungsbedingungen). In diesem Fall besteht gerade keine Möglichkeit der Bekanntgabe an den Adressaten. Aufgrund der Möglichkeit des aktiven Zugriffs des Beigeladenen mit der Möglichkeit der Löschung oder Veränderung der eingehenden Unterlagen ist ein dauerhafter Zugriff durch den Antragsteller nicht in gleichem Maße wie bei anderer elektronischer oder postalischer Übermittlung sichergestellt. Zu keinem anderen Ergebnis führt die zunächst erforderliche Registrierung bei der Plattform mit einer privaten E-Mail-Adresse (s. Ziff. 3.1 der Nutzungsbedingungen der Plattform), über die der Antragsteller darüber informiert wird, dass eine Antwort an die generierte E-Mail-Adresse auf dem Server eingegangen ist. Denn letztlich bleibt das eingegangene Schreiben bei dem Beigeladenen. Vor allem ist der Nachweis des Zugangs nicht in vergleichbarer Weise wie bei einer postalischen Übersendung sichergestellt. Das Risiko der tatsächlichen Bekanntgabe trägt bei einem anonymen Antragsteller über eine anonyme E-Mail-Adresse der Plattform die Behörde. Diese muss im Zweifel den Zugang gemäß § 41 Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz VwVfG nachweisen. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um einen begünstigenden oder belastenden Verwaltungsakt handelt. Dieses Risiko ist dem BMI nicht zumutbar.“

Diese Ausführungen gelten auch hier. Dies gilt umso mehr, als das es sich vorliegend um einen ablehnenden Bescheid handelt. Für diesen Fall darf nach der Weisung des Beklagten im Parallelverfahren 13 K 1189/20 eine postalische Erreichbarkeit gefordert werden, da ein Nachweis bei einer Übermittlung an die Plattform „fragdenstaat.de“ nicht in vergleichbarer Weise wie bei einer Versendung per Post möglich ist. Dies stellt den vorliegenden Fall dar.

Sofern der Beklagte anführt, dass zunächst jedenfalls eine Prognoseentscheidung erforderlich sei, bevor weitere Daten angefordert werden dürfen, wird dem nicht gefolgt. Denn es ist erforderlich, bereits zu Beginn des Verwaltungsverfahrens weitere Kontaktdaten, wie die postalische Erreichbarkeit, anzufordern, da feststeht, dass dieses regelmäßig mit einem (positiven oder negativen) Bescheid enden wird. Zudem muss der BMI als informationspflichtige Stelle das nach § 7 Abs. 1 IFG eingeleitete Verwaltungsverfahren in rechtmäßiger Weise durchführen können. Die Angabe einer computergenerierten anonymen E-Mail-Adresse als milderes Mittel ist hingegen nicht ausreichend, um den Zweck zu verwirklichen. Die Erforderlichkeit der Feststellung der Identität im Rahmen der Bearbeitung eines IFG-Antrags ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des § 7 IFG, den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsverfahrens sowie dem Sinn und Zweck des Antragserfordernisses. Es wird insoweit auf die Ausführungen des Gerichts vom heutigen Tage in dem Parallelverfahren 13 K 1189/20 verwiesen.

Es kann dahinstehen, ob Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. c) DSGVO ebenfalls einschlägig wäre, da sich die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung bereits aus Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. e) DSGVO ergibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergib sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Die Berufung und die Sprungrevision waren zuzulassen; die Frage, inwieweit in Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz die Übermittlung einer postalischen Erreichbarkeit erforderlich ist, hat grundsätzliche Bedeutung, § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bzw. § 134 Abs. 1 und 2, § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Rechtsmittelbelehrung

1.

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Statt in Schriftform kann die Einlegung der Berufung auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, einzureichen, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt; sie muss einen bestimmten Antrag und die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.

Vor dem Oberverwaltungsgericht und bei Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird, muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.

Die Berufungsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.

2.

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten unter den Voraussetzungen des § 134 Abs. 1 VwGO die Sprungrevision an das Bundesverwaltungsgericht zu. Die Sprungrevision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, schriftlich einzulegen.

Statt in Schriftform kann die Einlegung der Sprungrevision auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.

Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Sprungrevision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV eingelegt wird. Die Sprungrevision muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Die Beteiligten müssen sich bei der Einlegung und Begründung der Revision durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.

Die Revisionsschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.

Ferner ergeht ohne Mitwirkung der ehrenamtliche Richter der

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf

5.000,00 EUR

festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf (§ 52 Abs. 2 GKG - Auffangstreitwert) und entspricht der stRspr im Informationsfreiheitsrecht.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Beschwerde bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln eingelegt werden.

Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.

Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.

(*1) Am  24.03.2021 erging folgender Berichtigungsbeschluss:

Der Tenor des Urteils vom 18. März 2021 wird nach § 118 VwGO wegen offensichtlicher Unrichtigkeit wie folgt berichtigt:

„Der Bescheid des Beklagten vom 11. Februar 2020 (Geschäftsz. 000000000000000) wird aufgehoben.“

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Köln, Appellhofplatz, 50667 Köln, Beschwerde eingelegt werden über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen entscheidet, falls das beschließende Gericht ihr nicht abhilft.

Statt in Schriftform kann die Einlegung der Beschwerde auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) erfolgen.

Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, eingeht.

In Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.

Die Beteiligten müssen sich bei der Einlegung und der Begründung der Beschwerde durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Als Prozessbevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts auch eigene Beschäftigte oder Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im Übrigen bezeichneten ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen.

Die Beschwerdeschrift sollte zweifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung eines elektronischen Dokuments bedarf es keiner Abschriften.

Meta

13 K 1190/20

18.03.2021

Verwaltungsgericht Köln 13. Kammer

Urteil

Sachgebiet: K

Zitier­vorschlag: Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 18.03.2021, Az. 13 K 1190/20 (REWIS RS 2021, 7692)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 7692

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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