Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2012, Az. 4 StR 197/12

4. Strafsenat | REWIS RS 2012, 2697

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BUN[X.]ESGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]ES VOLKES

URTEIL
4
StR
197/12

vom
27.
September
2012
in der Strafsache
gegen

wegen Totschlags

-
2
-
[X.]er 4.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 27.
Septem-ber 2012, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
[X.]r. Mutzbauer

als Vorsitzender,

[X.]in
am [X.]
Roggenbuck,
[X.] am [X.]
Cierniak,
[X.],
[X.]r. Quentin

als beisitzende [X.],

[X.] beim [X.]

und
Staatsanwalt

als Vertreter der [X.]schaft,

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Rechtsanwältin

als Nebenklägervertreterin,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 27.
Januar 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
[X.]ie Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere
Jugendkammer des [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
[X.]as [X.] hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von vier Jahren verurteilt. Seine Revision hat mit der Sachrüge Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen traf der alkoholisierte Angeklagte (maximale Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit: 1,68
Promille) zusammen
mit dem Zeugen V.

am 15.
April 2011 nach 22.00
Uhr im Stadtgebiet von Z.

auf den ihm
bis dahin unbekannten Geschädigten

Z.

und dessen Freund, den
Zeugen

[X.].

.

Z.

und

[X.].

führten einen klei-
nen Terrier und einen 50
cm großen Labrador-Pitbull-Mischling mit sich. Beide Hunde waren angeleint und bellten. [X.]er Abstand zwischen

Z.

und

[X.].

einerseits und dem
Angeklagten und

V.

andererseits
betrug 25 bis 30 Meter.
1
2
-
4
-
Aus nicht mehr aufklärbaren Gründen entwickelte sich zwischen dem Angeklagten auf der einen und

Z.

und

[X.].

auf der ande-
ren Seite eine verbale Auseinandersetzung, bei der es auch zu beleidigenden am. Als der Angeklagte und der sich an dem Wortwechsel nicht beteiligende

V.

ihren Weg fortsetzten,
folgten ihnen

Z.

und

[X.].

nach, wobei sich der Abstand
zwischen beiden Gruppen ständig verringerte, weil

Z.

und

[X.].

ihr Gehtempo erhöhten. [X.]ie verbale Auseinandersetzung wurde dabei
fortgeführt. Einer Aufforderung von

Z.

stehen zu bleiben, kamen der

Angeklagte und

V.

nicht nach. Als

[X.].

dem Angeklagten
und

V.

dann kommt doch [X.] der Angeklagte seinen Kontrahenten Z.

und [X.].

allen Beteiligten ohne Wir-kung.

Z.

und

[X.].

erhöhten nun nochmals ihre Ge-
schwindigkeit, sodass der Abstand zu dem Angeklagten und

V.

im-
mer kürzer wurde. [X.]abei lief

Z.

voraus, während

[X.].

mit
den beiden an der [X.] geführten Hunden nachfolgte.

V.

, der die
Annäherung bemerkte,
befürchtete nun eine alsbaldige Konfrontation und [X.] auf den Angeklagten ein, dass sie beide dies besser lassen und nach Hause gehen sollten. [X.]er Angeklagte ging hierauf nicht ein und führte stattdessen die verbale Auseinandersetzung mit

Z.

und

[X.].

lautstark
fort.
Als der Abstand zu

Z.

und

[X.].

nur noch 10 bis
20
Meter betrug, nahm der Angeklagte ein von ihm ständig mitgeführtes 3
4
-
5
-
Klappmesser mit einer Klingenlänge von 10
cm aus seiner Bauchtasche. [X.]ie Tasche mit dem übrigen Inhalt übergab er

V.

, um sie vor seinen Ver-
folgern zu sichern.

V.

bekam Angst vor den ihnen folgenden Perso-
nen und den bellenden Hunden, er wollte keinen Ärger und rannte davon.

Z.

lief nun auf den Angeklagten zu, der sich mit dem Rücken zu
ihm
befand und
stehen blieb. Als

Z.

den Angeklagten erreichte, versuch-
te er,
ihm
einen Faustschlag gegen den Kopf zu versetzen. [X.]er Schlag verfehl-te den Angeklagten, weil sich dieser genau in dem Moment des Schlags erst zur Seite und dann umdrehte. Unmittelbar nach der [X.]rehbewegung führte der Angeklagte mit dem zwischenzeitlich geöffneten Messer ohne weiteres Zögern einen wuchtigen Stich gegen den Oberkörper von

Z.

aus. [X.]ie Klinge
drang 15
cm tief in den linken Unterbauch von

Z.

ein, führte zu einer
dreifachen [X.]urchsetzung des [X.]ünndarms, einem [X.]urchstich der [X.] und einem Stichdefekt an der gemeinsamen rechten [X.].
Beide standen
sich nun unmittelbar gegenüber.
[X.]er Angeklagte zog sein Mes-ser wieder aus dem Körper von

Z.

heraus und behielt es in der
Hand.

Z.

schlug nun
ein zweites Mal mit der Faust nach dem Ange-
klagten, wobei er ihn im Gesicht traf. [X.]er Angeklagte fiel zu Boden, blieb liegen und versuchte seinen Kopf mit den Händen zu schützen.

Z.

trat min-
destens einmal gegen den Oberkörper des am Boden liegenden Angeklagten und lief dann zu dem in einer Entfernung von etwa 10
Metern mit den Hunden wartenden

[X.].

. Kurz darauf brach er zusammen; er verstarb trotz
einer sofortigen Notoperation am frühen Morgen des [X.] in einem Kran-kenhaus.
Bei der Ausführung des Stiches nahm der Angeklagte eine als möglich erkannte tödliche Verletzung von

Z.

billigend in Kauf.
[X.]abei stand er
unter dem Eindruck, von zwei Personen und deren bellenden Hunden verfolgt 5
-
6
-
zu werden, wobei ihn ein Verfolger bereits eingeholt hatte. Aufgrund des zuvor genossenen Alkohols fühlte er sich relevanten Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit gekommen wäre.
II.
[X.]ie Erwägungen, mit denen das [X.] eine Rechtfertigung durch Notwehr abgelehnt hat, halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1.
[X.]as [X.] ist der Ansicht, der Angeklagte habe rechtswidrig ge-handelt, weil ihm in der konkreten Situation andere Möglichkeiten für eine Ab-wehr des Angriffs zur Verfügung standen und der tödliche Messerstich deshalb nicht das nach §
32 Abs.
2 StGB erforderliche Verteidigungsmittel war (UA
33). So habe der Angeklagte während des Wortwechsels und der Verlagerung des Geschehens bis zum [X.] genügend Zeit gehabt,
um auf den Besitz des [X.] hinzuweisen und dessen Einsatz anzudrohen. Zu diesem Zeitpunkt sei

Z.

lediglich hinter ihm hergelaufen und habe noch nicht damit be-
gonnen, auf den Angeklagten einzuschlagen. Ebenso hätte der Angeklagte [X.] können, mit Worten deeskalierend auf die ihn verfolgende Gruppe ein-zuwirken. Auch wäre es ihm in der konkreten Verteidigungssituation möglich gewesen, das Messer als Schlagwerkzeug zu benutzen oder seine Fäuste ein-zusetzen. [X.]abei hätte der Angeklagte gute Erfolgsaussichten gehabt, weil er aufgrund seiner Körperlänge von 187
cm dem nur 160
cm großen

Z.

überlegen gewesen sei und eine situationsbedingte körperliche Schwächung nicht vorgelegen habe. Zudem hätte der Angeklagte nicht mit einer derartigen Wucht auf eine so sensible Körperregion einstechen müssen (UA
10 und 34). Schließlich dürfe auch nicht unbeachtet bleiben, dass der Angeklagte wegen seiner aggressiven Äußerungen im Vorfeld eine Mitschuld an der Gemütsver-6
7
-
7
-
fassung des Geschädigten trage, auch wenn die Voraussetzungen einer [X.] dadurch noch nicht erfüllt seien (UA
34
f.).
2.
Eine in einer objektiven Notwehrlage verübte Tat ist nach §
32 Abs.
2 StGB gerechtfertigt, wenn sie zu einer sofortigen und endgültigen Abwehr
des
Angriffs führt und es sich bei ihr um das mildeste Abwehrmittel handelt,
das dem [X.]n in der konkreten Situation zur Verfügung stand
([X.] Rspr.;
vgl. [X.],
Urteil vom 21.
März 1996

5
StR
432/95, [X.]St 42, 97, 100
mwN). Ob dies der Fall ist, muss auf der Grundlage einer objektiven
ex-ante-Betrachtung entschieden werden ([X.],
Urteil vom 24.
Juni 1998

3
StR
186/98, [X.]R StGB §
32 Abs.
2 Erforderlichkeit
14). [X.]abei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Verteidigungshandlung an ([X.],
Urteil
vom 28.
Februar 1989

1
StR
741/88, NJW 1989, 3027; Be-schluss
vom 5.
November 1982

3
StR
375/82, [X.], 117). Auf weniger gefährliche Verteidigungsmittel muss der [X.] nur dann zurückgreifen, wenn deren Abwehrwirkung unter
den gegebenen Umständen unzweifelhaft ist und genügend Zeit zur Abschätzung der Lage zur Verfügung steht ([X.],
Urteil vom 2.
November 2011

2
StR
375/11, NStZ
2012, 272, 274; Urteil vom 14.
Juni 1972

2
StR
679/71, [X.]St 24, 356, 358). Auch der sofortige, das Leben des Angreifers gefährdende Einsatz einer Waffe kann danach durch Notwehr gerechtfertigt sein. Zwar geht die Rechtsprechung davon aus, dass gegenüber einem unbewaffneten Angreifer der Gebrauch eines bis dahin noch nicht in Erscheinung getretenen Messers in der Regel anzudrohen ist ([X.], Urteil vom 11.
September 1995

4
StR
294/95, [X.], 29
f.; Beschluss vom
12.
[X.]ezember 1975

2
StR
451/75, [X.]St 26, 256, 258) und, sofern
dies nicht ausreicht, der Versuch unternommen werden muss, auf weniger
sensible Körperpartien einzustechen ([X.],
Beschluss vom 24.
Juli 2001

4
StR
256/01), doch stehen diese Einschränkungen unter dem Vorbehalt, 8
-
8
-
dass beide Einsatzformen im konkreten Fall eine so hohe Erfolgsaussicht
haben, dass dem [X.]n das Risiko eines Fehlschlags und der damit verbundenen Verkürzung seiner Verteidigungsmöglichkeiten zugemutet werden kann (vgl. [X.],
Urteil vom 13.
März 2003

3
StR
458/02, NStZ 2004,
615, 616; Beschluss vom 21.
März 2001

1
StR
48/01, [X.]R StGB §
32 Abs.
2 Erforderlichkeit
15; Urteil vom 24.
Juni 1998

3
StR
186/98, [X.]R StGB §
32 Abs.
2 Erforderlichkeit
14). [X.]ies ist auf der Grundlage der getroffenen Fest-stellungen im Einzelnen darzulegen. Angesichts der schweren Kalkulierbarkeit des [X.] dürfen an die regelmäßig in einer zugespitzten Situation zu treffende Entscheidung für oder gegen eine vorherige Androhung des [X.] oder eine weniger gefährliche Stichführung keine überhöhten
Anforderungen gestellt werden (vgl. [X.], Urteil vom 2.
November 2011

2
StR
375/11, [X.], 272, 274). Können keine sicheren Feststellungen zu Einzelheiten des Geschehens getroffen werden, darf sich das nicht zu
Lasten des Angeklagten auswirken ([X.],
Beschluss
vom 15.
November 1994

3
StR
393/94, NJW 1995, 973).
3.
[X.]iesen Grundsätzen werden die Erwägungen des [X.] zur Er-forderlichkeit des [X.] nicht gerecht.
a)
Soweit dem Angeklagten entgegenhalten wird, den Einsatz des [X.] während des Wortwechsels und der Verlagerung des Geschehens bis zum [X.] nicht angedroht und es in diesem Zeitraum auch versäumt zu haben, durch Worte deeskalierend auf seine Kontrahenten einzuwirken, handelt es sich um mögliche Verhaltensweisen im Vorfeld und nicht um im Zeitpunkt des [X.] noch verfügbare alternative Abwehrmittel.

9
10
-
9
-
b)
Für die Annahme, dass es dem Angeklagten möglich war, den Angriff von

Z.

mit den bloßen Fäusten abzuwehren, ohne dabei ein unver-
tretbar hohes Fehlschlagrisiko oder eine Eigengefährdung in Kauf nehmen zu müssen, fehlt es an einer tragfähigen Grundlage. [X.]as [X.] hat in [X.] Zusammenhang lediglich auf die Größenverhältnisse zwischen den [X.] abgehoben und daraus eine körperliche Überlegenheit
des Angeklag-ten abgeleitet. [X.]ies reicht nicht aus, um einen sicheren Erfolg des Angeklagten bei einem Faustkampf mit

Z.

zu belegen. Ob eine körperliche Aus-
einandersetzung ohne eigene Verletzungen mit Erfolg bestanden werden kann, hängt nur zu einem geringen Teil von der Statur der Kontrahenten ab. Weitere Feststellungen

etwa zu möglichen Erfahrungen des Angeklagten mit derarti-gen Auseinandersetzungen oder besonderen Fertigkeiten in diesem Bereich

die eine derartige Aussage gestatten könnten, sind dem Urteil nicht zu entneh-men. [X.]en Vorstrafen wegen Körperverletzung aus dem [X.] zum Nachteil deutlich jüngerer Kinder hat der Tatrichter in diesem Zusammenhang keine Be-deutung beigemessen und sie nur bei der Ahndung berücksichtigt.
c)
[X.]as [X.] hat auch nicht hinreichend dargelegt, warum der [X.] gehalten gewesen sein sollte, das Messer als Schlagwerkzeug einzu-setzen. Bei dem [X.] handelte es sich um ein Klappmesser mit einer feststehenden 10
cm langen Klinge. Wie ein solches Messer
in einer effektiven Weise als Schlagwerkzeug eingesetzt werden kann, erschließt sich nicht von selb[X.]
d)
Schließlich hat das [X.] auch nicht mit Tatsachen belegt, dass es dem Angeklagten möglich war, den Angriff von

Z.

durch einen
weniger wuchtigen Stich gegen eine nicht so sensible Körperregion endgültig abzuwehren. [X.]ie hierzu gemachten Ausführungen beschränken sich auf die 11
12
13
-
10
-
bloße Behauptung, dass ihm diese Handlungsmöglichkeit zur Verfügung stand
(vgl. [X.], Beschluss vom 24.
Juli 2001

4
StR
256/01).
III.
[X.]er Senat kann nicht nach §
354 Abs.
1 StPO durch Freispruch in der Sache selbst entscheiden, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine neue Verhandlung noch weitere Feststellungen zu erbringen vermag, die einen Schuldspruch rechtfertigen ([X.],
Urteil
vom 22.
April
2004

5
StR
534/02, [X.], 270, 271). [X.]abei wird auch zu erörtern sein, ob die Notwehr-befugnisse des Angeklagten wegen einer ihm zuzurechnenden Angriffsprovoka-tion beschränkt waren.
Auch kommt gegebenenfalls die Annahme eines Er-laubnistatbestandsirrtums
in Betracht.
1.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich nicht auf ein Notwehr-recht berufen kann, wer den gegen ihn geführten Angriff herausgefordert hat, um den Angreifer unter dem [X.]eckmantel einer äußerlich gegebenen Notwehr-lage
an seinen Rechtsgütern zu verletzen ([X.], Urteil vom 22.
November 2000

3
StR
331/00, [X.], 143; Urteil
vom 7.
Juni 1983

4
StR
703/82, NJW 1983, 2267). Einschränkungen der [X.] können sich aber auch dann ergeben, wenn der Täter den Angriff durch ein rechtswidriges Verhalten im Vorfeld (z.B. Beleidigungen des Angreifers) mindestens leichtfertig provoziert hat. In einem solchen Fall ist es dem Täter zuzumuten, dem Angriff nach Mög-lichkeit auszuweichen ([X.],
Beschluss vom 14.
Februar 1992

2
StR
28/92, [X.]R StGB §
32 Abs.
2 Verteidigung
9; Beschluss vom 17.
Januar 1989

4
StR
2/89, [X.]R StGB §
32 Abs.
2 Verteidigung
4; Urteil vom 14.
Juni 1972

2
StR
679/71, [X.]St 24, 356, 359). Vermag er dies nicht, kann er

je nach der Stärke der ihm
anzulastenden Provokation und dem Gewicht des beein-14
15
-
11
-
trächtigten Rechtsguts

auch Beschränkungen bei der Auswahl der [X.] unterliegen ([X.],
Urteil vom 2.
November 2005

2
StR
237/05, [X.], 332, 333). War die Provokation besonders stark, muss der Verteidiger unter Umständen auf eine einen sicheren Erfolg versprechende Verteidigung verzichten und das Risiko hinnehmen, dass ein milderes Abwehrmittel keine gleichwertigen Erfolgschancen bietet ([X.],
Urteil vom
22.
November 2000

3
StR
331/00, NStZ
2001, 143, 144; Urteil vom 26.
Oktober 1993

5
StR
493/93, [X.]St 39, 374, 379). Regelmäßig wird er zu einer Trutzwehr mit einer lebensgefährlichen Waffe erst dann übergehen können, wenn er alle sich ihm bietenden Möglichkeiten zur Schutzwehr ausgeschöpft hat ([X.],

Urteil vom 11.
Juni 1991

1
StR
242/91, [X.]R StGB §
32 Abs.
2 Verteidi-gung
8; Urteil vom 18.
August 1988

4
StR
297/88, [X.]R StGB §
32 Abs.
2 Verteidigung
3; Urteil vom 14.
Juni 1972

2
StR
679/71, [X.]St 24, 356, 359; vgl. Beschluss vom 12.
[X.]ezember 1975

2
StR
451/75, [X.]St 26, 256). Kann der Verteidiger dem von ihm leichtfertig provozierten Angriff nicht ausweichen und stehen ihm auch keine milderen Abwehrmittel zur Verfügung, ist ein Einsatz von lebensgefährlichen [X.] gerechtfertigt ([X.], Beschluss vom 17.
Januar 1989

4
StR
2/89, [X.]R StGB §
32 Abs.
2 Verteidigung
4).
Nach den Feststellungen des [X.] hat der Angeklagte den [X.] getöteten

Z.

und den Zeugen

[X.].

im Vorfeld des An-
gFeststellungen dazu, ob und inwieweit diese und weitere Äußerungen
dazu beigetragen haben, dass

Z.

und

[X.].

die Verfolgung des Angeklagten und des Zeugen V.

aufnahmen und
inwieweit eine solche Entwicklung vorhersehbar war, hat das [X.] nicht getroffen. [X.]as Gesamtgeschehen legt einen derartigen motivationalen Zusam-menhang nahe. Für den Fall, dass eine leichtfertige
Angriffsprovokation [X.]
-
12
-
stellt werden kann, wird der neue Tatrichter zu prüfen haben, inwieweit es dem Angeklagten möglich war, dem Angriff auszuweichen und inwieweit er wegen der vorausgegangenen Provokation Einschränkungen bei der Notwehraus-übung hinnehmen musste.
2.
Ein analog §
16 Abs.
1 Satz
1 StGB zum Vorsatzausschluss führender Erlaubnistatbestandsirrtum kann gegeben sein, wenn der rechtswidrig [X.] zu einem objektiv nicht erforderlichen Verteidigungsmittel greift, weil er irrig annimmt, der bereits laufende Angriff werde in Kürze durch das Hinzutreten eines weiteren Angreifers verstärkt werden; das gewählte Verteidigungsmittel aber in der von ihm angenommenen Situation zur endgültigen Abwehr des
Angriffs erforderlich gewesen wäre (vgl.
[X.], Beschluss vom 1.
März 2011

3
StR
450/10, [X.], 630). Konnte der [X.] den Irrtum vermei-den, kommt nach §
16 Abs.
1 Satz
2 StGB eine Bestrafung wegen einer Fahr-lässigkeitstat
in Betracht (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Mai 2001

3
StR
542/00,
[X.], 530
f.).
Nach den Feststellungen des [X.] sah sich der Angeklagte von zwei Personen mit bellenden Hunden verfolgt, von denen ihn eine (

Z.

) bereits eingeholt hatte. [X.]iese Annahme entsprach jedenfalls insoweit
nicht den Tatsachen, als

[X.].

-
siert war und

d-lung

Z.

sogar an dem Faustschlag gehindert hätte, wenn er zeit-
gleich mit ihm auf den Angeklagten getroffen wäre.
Ob der Angeklagte bei der Ausführung des Stiches irrig davon ausging, dass der laufende Angriff von

Z.

in Kürze eine Verstärkung durch

[X.].

erfahren würde,
lässt sich anhand dieser Feststellungen nicht abschließend beurteilen. Sollte der neue Tatrichter zu entsprechenden Feststellungen gelangen, wird er zu
17
18
-
13
-
erörtern haben, ob der tödliche Messerstich erforderlich gewesen wäre, um
einen Angriff abzuwehren, wie ihn der Angeklagte befürchtete.
Mutzbauer
Roggenbuck
Cierniak

Franke
Quentin

Meta

4 StR 197/12

27.09.2012

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.09.2012, Az. 4 StR 197/12 (REWIS RS 2012, 2697)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2697

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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4 StR 235/16

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