Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2006, Az. IX ZR 159/04

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3264

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 1. Juni 2006 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 134 a) Der Gläubiger, der für den Fall der nachträglichen Besicherung seine [X.] stehen lässt, erbringt damit kein Vermögens-opfer, wenn die Forderung im [X.]punkt der Besicherung nicht mehr durch-setzbar war. Ob andernfalls die Besicherung eine unentgeltliche Leistung im Sinne des [X.] gewesen wäre, bleibt offen. - 2 - b) Die Besicherung einer fremden Forderung ist nicht deswegen entgeltlich, weil der Sicherungsgeber mit der Gewährung der Sicherheit ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt. [X.], [X.]eil vom 1. Juni 2006 - [X.] - [X.] [X.]

- 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 1. Juni 2006 durch [X.] Ganter, [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das [X.]eil des 19. Zivilsenats des [X.] vom 8. Juli 2004 aufgehoben. Die Berufung der Klägerin gegen das [X.]eil der 28. Zivilkammer des [X.] vom 25. November 2003 wird [X.]. Die Kosten der Rechtsmittelzüge fallen der Klägerin zur Last. Von Rechts wegen Tatbestand: Die klagende Bank gewährte mit Vertrag vom 28. Februar/6. März 2000 der [X.] und der [X.] einen Kontokor-rentkredit in Höhe von 3 Mio. •. Mit diesem Kredit sollte der geplante [X.] [X.] finanziert werden. [X.] wurde der Kredit durch Höchstbetragsbürgschaften des Vorstandsvorsitzenden der AG - zugleich [X.] der Schuldnerin - [X.] und des weiteren [X.]. Die Bürgen sollten außerdem einen Teil ihres nicht an der Börse platzierten Aktienkapitals der [X.] verpfänden. In dem [X.] behielt sich die Klägerin vor, die Bestellung weiterer Sicherheiten nach [X.] - 4 - gem Ermessen zu verlangen. Der Börsengang der [X.] erfolgte nicht. Auch die Verpfändung unterblieb. Am 25. August 2000 stand das Girokonto der Kreditnehmer mit 2.488.105,56 • im Soll. Die Klägerin drohte den Kreditneh-mern die sofortige Kündigung des Kredits an, falls dieser nicht vollständig besi-chert werde. Daraufhin verpfändete die Schuldnerin, die eine 100 %ige Tochter der S. Se. ist, am 9. Oktober 2000 ihre Internet-Domain "S. " an die Klägerin. Auf Eigenantrag der Schuldnerin vom 21. November 2000 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - vom 23. November 2000 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Der Beklagte wurde zum [X.] bestellt. Auch die anderen Gesellschaften der "[X.]-Gruppe sind in der Insolvenz. 2 Der Beklagte veräußerte mit Zustimmung der Klägerin die Internet-Domain "[X.]" für 383.468,91 •. Diesen Erlös nebst Zinsen verlangt die Klägerin auf Grund ihres Pfandrechts heraus. Das [X.] hat ihre Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt. Dagegen [X.] sich dieser mit der vom Senat zugelassenen Revision. 3 Entscheidungsgründe: Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Wieder-herstellung des landgerichtlichen [X.]eils. 4 [X.] - 5 - Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe das Pfandrecht an der Internet-Domain der Schuldnerin wirksam und unanfechtbar erworben. Eine unentgeltliche Leistung der Schuldnerin im Sinne von § 134 [X.] liege nicht vor. Die bloße Besicherung einer Forderung könne nicht in [X.] Umfang angefochten werden als die Erfüllung. Die Sicherstellung sei ein bloßes Hilfsgeschäft; die selbstständige Rückabwicklung eines solchen bezwe-cke die Schenkungsanfechtung nicht. Die Verpfändung sei auch nicht deswe-gen unentgeltlich erfolgt, weil sie von der Schuldnerin als Dritter vorgenommen worden sei. Die Klägerin habe als Gegenleistung für die Pfandrechtsbestellung auf die ansonsten mögliche fristlose Kündigung des Darlehensvertrages und sofortige Fälligstellung des Saldos verzichtet. Auch habe die Schuldnerin ein eigenes Interesse daran gehabt, dass die Kreditlinie für ihre Muttergesellschaft bestehen bleibe. Andernfalls hätte diese keine Mittel mehr für die finanzielle Unterstützung der Schuldnerin gehabt. Auch eine Anfechtbarkeit nach den §§ 130 bis 133 [X.] scheide aus. 5 I[X.] Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand. [X.] der Ansicht des Berufungsgerichts greift die Anfechtung aus § 134 [X.] durch. 6 1. Die Besicherung einer fremden Schuld ist grundsätzlich unentgeltlich, wenn der Sicherungsgeber zur Bestellung der Sicherheit nicht auf Grund einer entgeltlich begründeten Verpflichtung gehalten war ([X.] 141, 96, 100; [X.], [X.]. v. 15. Dezember 1982 - [X.], NJW 1983, 1679; v. 25. Juni 1992 - [X.] ZR 4/91, [X.], 2421, 2422). 7 - 6 - Im vorliegenden Fall war die Schuldnerin nicht verpflichtet, für die Schuld der Muttergesellschaft eine Sicherheit zu bestellen. Die in dem Kreditvertrag begründete Verpflichtung, das Darlehen ausreichend zu besichern, traf nur die Kreditnehmer, nicht deren Tochtergesellschaften. 8 Die Erwägung des Berufungsgerichts, die bloße Sicherung einer Forde-rung könne nicht in weitergehendem Umfang angefochten werden als die Erfül-lung, trägt nicht. Wenn die Schuldnerin die Forderung der Klägerin erfüllt hätte, unterläge diese Leistung ebenso der Schenkungsanfechtung. Denn die Schuld-nerin war auch nicht zu einer Erfüllung der fremden Schuld verpflichtet. Im Üb-rigen wäre der Anspruch auf Besicherung nicht etwa als ein minus in dem [X.] enthalten; er stellt vielmehr ein aliud dar ([X.], [X.]. v. 2. Dezember 1999 - [X.] ZR 412/98, [X.], 82, 83). Auch das Argument, die Sicherstellung sei ein bloßes Hilfsgeschäft, ist anfechtungsrechtlich unhaltbar. Ohne die Sicherstellung hätte ein Gläubiger in der Insolvenz des Schuldners eine - oft genug nahezu wertlose - Insolvenzforderung; infolge der [X.] hat er als [X.] Aussicht auf vollständige [X.]. 9 2. Von der Schenkungsanfechtung freigestellt ist allerdings ein Empfän-ger, der für die Zuwendung des Schuldners eine ausgleichende Gegenleistung an diesen oder einen [X.] erbringt ([X.], 259, 265; [X.] 141, 96, 99; 162, 276, 279; [X.], [X.]. v. 25. Juni 1992 aaO [X.]; v. 19. März 1998 - [X.] ZR 22/97, NJW 1998, 2592, 2599, insofern in [X.] 138, 291 ff nicht ab-gedr.; v. 30. März 2006 - [X.] ZR 84/05, [X.], 957, 958; zustimmend MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 134 Rn. 33; [X.]/[X.], [X.] 12. Aufl. § 134 Rn. 18; FK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 134 Rn. 9; [X.]/[X.], 10 - 7 - [X.] § 134 Rn. 16; ebenso schon zur Konkursordnung [X.]/[X.], [X.]. § 32 Rn. 18). In Rechtsprechung und Schrifttum wird die Ansicht vertreten, das [X.] einer gekündigten oder kündbaren Forderung könne ein ausglei-chender Gegenwert für die Besicherung sein, wenn der Gläubiger zu dieser [X.] noch die Rückzahlung hätte erlangen können ([X.] 1913, 608, 609; [X.] ZIP 1985, 1262, 1265; [X.] WM 2005, 477; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 134 Rn. 17, 25, 29, 33; [X.], 2081, 2084; vgl. auch [X.]. in [X.]/Bunte/[X.], [X.]. § 90 Rn. 180 sowie [X.]/[X.], aaO § 32 Rn. 18). Der [X.] hat sich mit dieser Frage noch nicht zu befassen gehabt. Bei der Besicherung einer eigenen, durch eine entgeltliche Gegenleistung begründeten Verbindlichkeit stellt sie sich für ihn nicht, weil nach seiner Rechtsprechung die Besicherung hier von vornherein entgeltlich ist ([X.], [X.]. v. 22. Juli 2004 - [X.] ZR 183/03, [X.], 1837, 1838; zustimmend [X.] LMK 2005, 14; ablehnend [X.] [X.] § 134 [X.] 1.05; zum früheren Recht vgl. [X.] 112, 136, 138 f.; 137, 267, 282). 11 Wie das Stehenlassen einer Forderung zu bewerten ist, wenn ein Dritter dafür eine Sicherheit stellt, braucht der Senat aus Anlass des vorliegenden Fal-les nicht zu entscheiden. Die Voraussetzungen, unter denen die Vertreter der im Vorstehenden genannten Ansicht das Stehenlassen der Forderung berück-sichtigen, liegen nicht vor. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der [X.] nicht ohne weiteres hätte durchgesetzt werden können, wenn er mangels Besicherung fällig gestellt worden wäre. Entgegen der von der Revisionserwiderung in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] geäußerten Auffassung handelt es sich bei der fraglichen Annahme nicht 12 - 8 - um eine bloße Schlussfolgerung ohne tatsächliche Grundlage. Die Klägerin hat selbst in ihrer Berufungsbegründung vorgetragen, dass die Kündigung des [X.] "den sofortigen und unmittelbaren Ruin der [X.]AG und damit auch der gesamten [X.] bedeutet" hätte. War der Darlehensrückzah-lungsanspruch im [X.]punkt der Besicherung nicht durchsetzbar, also wirt-schaftlich wertlos, hat die Klägerin mit dem Stehenlassen des Darlehens kein Vermögensopfer erbracht ([X.] 41, 298, 302 f.; 162, 276, 280; [X.], [X.]. v. 22. Juli 2004, aaO; v. 30. März 2006, aaO S. 958; MünchKomm-[X.]/Kirchhof, § 134 Rn. 31; HK-[X.]/[X.], 4. Aufl. § 134 Rn. 12). Damit fehlt es an einer ausgleichenden Gegenleistung. Der Einwand der Revisionserwiderung, die Darlehensnehmer hätten durch das Unterlassen der [X.] einen objektiv geldwerten Vorteil erlangt, verfängt nicht. Da die Darlehensnehmer den bis dahin in Anspruch ge-nommenen Kredit bereits verbraucht hatten und das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, dass die Klägerin weitere Verfügungen innerhalb der Kreditlinie zugelassen hat, scheidet der geltend gemachte "Vorteil" als Gegenleistung aus. Ob der Leistungsempfänger im [X.] seinem Schuldner zu einem früheren [X.]punkt eine Leistung erbracht hat, ist für die Schenkungsanfechtung ohne Bedeutung ([X.] 162, 276, 281; [X.], [X.]. v. 30. März 2006 aaO S. 958). 13 3. [X.] ist eine Besicherung nicht deswegen, weil der [X.] mit der Gewährung der Sicherheit ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt. Das [X.] hatte für diesen Fall zwar [X.]keit angenom-men ([X.] 1905, 442 Nr. 28; 1913, 608), und gelegentlich findet sich dieser Standpunkt auch noch in Entscheidungen des [X.]es (zuletzt in dem [X.]. v. 19. März 1998 aaO [X.]). In späteren Entscheidungen hat 14 - 9 - der Senat jedoch auf dieses Merkmal verzichtet (vgl. [X.] 141, 96, 99; [X.], [X.]. v. 30. März 2006 aaO S. 958). Es kommt nur darauf an, ob der Siche-rungsnehmer zugunsten des Sicherungsgebers oder eines [X.] ein Vermö-gensopfer erbringt. Maßgebend ist hierbei in erster Linie der objektive Sachver-halt ([X.] 113, 98, 102 f; 113, 393, 396; 162, 276, 281). Das eigene wirt-schaftliche Interesse des Schuldners an der Zuwendung für den [X.] kann deshalb allenfalls ein Indiz für die [X.]keit sein (vgl. [X.]/[X.], aaO § 32 Rn. 18; Ganter in [X.]/Bunte/[X.], aaO § 90 Rn. 180 a.E.; vgl. ferner FK-[X.]/[X.], aaO § 134 Rn. 10), etwa dann, wenn der Schuld-ner gerade durch die von ihm gewährte Sicherheit den Sicherungsnehmer dazu veranlassen will, an den [X.] eine Gegenleistung zu erbringen. [X.] ist jedoch auch hier, dass es sich um eine werthaltige Gegenleistung [X.]. Daran fehlt es im vorliegenden Fall (vgl. oben zu 2.). - 10 - II[X.] Das Berufungsurteil kann deshalb - ohne dass auf die §§ 130 bis 133 [X.] eingegangen werden muss - keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben, und das klagabweisende [X.]eil des [X.]s ist - unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin - wiederherzustellen. 15 Ganter [X.] [X.]

[X.] Fischer Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 25.11.2003 - 28 O 4077/03 - [X.], Entscheidung vom 08.07.2004 - 19 U 1980/04 -

Meta

IX ZR 159/04

01.06.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2006, Az. IX ZR 159/04 (REWIS RS 2006, 3264)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3264

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