Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.07.2017, Az. XII ZB 143/17

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 7354

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[X.]:[X.]:BGH:2017:260717BXIIZB143.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 143/17

vom

26. Juli 2017

in der [X.]

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
BGB § 1896 Abs. 3
Ist die Vorsorgebevollmächtigte als Erbin mit einem zugunsten des Betroffenen ausgesetzten Vermächtnis belastet, können die daraus entstehenden [X.] die Einrichtung einer [X.] rechtfertigen (im [X.] an Senatsbeschluss vom 16.
Juli 2014

XII
ZB
142/14

FamRZ 2014, 1693).
BGH, Beschluss vom 26. Juli 2017 -
XII ZB 143/17 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 26.
Juli 2017
durch
den Vor-sitzenden [X.], [X.]
Dr.
[X.], Dr.
Günter und
Dr.
[X.] und die Richterin Dr.
Krüger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5.
Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 3.
März 2017 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.
[X.]: 5.000

Gründe:
I.
Der
79jährige Betroffene leidet an einer Demenz, wegen derer er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Er hatte einer seiner Töch-ter, der Beteiligten zu
1
(im Folgenden: Bevollmächtigte), am 15.
Juli
2009 Ge-neralvollmacht erteilt.
Die Bevollmächtigte ist testamentarische Alleinerbin nach ihrer am 4.
September 2015 verstorbenen Mutter, der Ehefrau des Betroffenen. Das Erbe
ist mit einem Wohnrechtsvermächtnis
zugunsten des Betroffenen
an den
von ihm bisher genutzten Räumen belastet, auflösend bedingt für den Fall, dass der Betroffene einen [X.] auf unbestimmte Dauer abschließt.
Am 22.
August 2015 hatten
der Betroffene und seine Ehefrau ein Schrift-stück
unterzeichnet, demzufolge die Bevollmächtigte "per Vermächtnis ... für die 1
2
3
-
3
-
Pflege von [X.] und meinem Ehemann und für die Hilfe in unserem Haus und Garten"
das gesamte Barvermögen mit einem Wert per 5.
August 2015 von über 70.000

und der Sohn der Bevollmächtigten eine Zuwendung von 3.500

erhalten sollte.
Auf Anregung der Geschwister der Bevollmächtigten hat das Amtsgericht eine [X.] eingerichtet und die Beteiligte zu
2
als Berufsbetreuerin bestimmt.
Dagegen hat die Bevollmächtigte Beschwerde eingelegt, die das [X.] zurückgewiesen
hat. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Bevollmächtigten.

II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
1. Die Rechtsbeschwerde ist zulassungsfrei statthaft. Die Bevollmächtig-te
ist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde
im eigenen Namen sowohl nach §
303 Abs.
2 Nr.
1 und 2 FamFG als auch nach §
303 Abs.
4 FamFG befugt.
2. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Einer Regelbetreuung für den Betroffenen bedürfe es aufgrund der wirksam erteilten Vorsorgevollmacht nicht. Jedoch ergebe sich aus bestehenden Inte-ressenkonflikten ein Bedürfnis für eine [X.]. So sei die Bevoll-mächtigte
nicht nur Generalbevollmächtigte des Betroffenen, sondern gleichzei-tig Alleinerbin nach ihrer verstorbenen Mutter, der Ehefrau des Betroffenen. In ihrer Eigenschaft als Bevollmächtigte des Betroffenen habe sie für ihn
bestimm-te Wahlmöglichkeiten auszuüben, die ihren eigenen Interessen zuwiderlaufen könnten, namentlich die Ausschlagung des Wohnungsvermächtnisses, um ent-weder den großen Pflichtteil oder den Zugewinnausgleich mit kleinem Pflichtteil 4
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6
7
-
4
-
zu verlangen, oder ein Belassen des Vermächtnisses unter Geltendmachung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs.
Ein ähnlicher Interessenkonflikt drohe auch hinsichtlich des Barvermö-gens des
Betroffenen und seiner verstorbenen Ehefrau. Dieses sei aufgrund des "Vermächtnisses" vom 22.
August 2015 vollständig auf die Bevollmächtigte übertragen worden. Auch im Hinblick darauf drohe ein Interessenkonflikt bei der möglichen Geltendmachung des Pflichtteils des Betroffenen, insbesondere bei der Frage, ob es sich hier um eine Anstandsschenkung im Sinne von §
2330 BGB handele.
3. Diese Ausführungen halten
einer rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Nach §
1896 Abs.
3 BGB kann ein Betreuer auch zur Geltendma-chung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten bestellt werden. Mit dieser so genannten [X.] kann im Falle einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht für eine Kontrolle des Bevollmächtigten gesorgt werden, wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das [X.] rechtsfehler-frei auf der Grundlage
eines ärztlichen Zeugnisses (§
281 Abs.
1 Nr.
2 FamFG) festgestellt; dagegen erinnert auch die Rechtsbeschwerde nichts.
b) Eine [X.] darf jedoch wie jede andere Betreuung (vgl. §
1896 Abs.
2 Satz
1 BGB) nur dann eingerichtet werden, wenn sie erforderlich ist. Da der Vollmachtgeber die Vorsorgevollmacht gerade für den Fall bestellt hat, dass er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann, um eine ge-richtlich angeordnete Betreuung zu vermeiden, kann das Bedürfnis nach einer 8
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12
-
5
-
[X.] nicht allein damit begründet werden, dass der Vollmachtge-ber aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr selbst in der Lage ist, den Bevoll-mächtigten zu überwachen. Denn der Wille des Vollmachtgebers ist auch bei der Frage der Errichtung einer [X.] zu beachten (vgl. §
1896 Abs.
1a BGB). Daher müssen weitere Umstände hinzutreten, die die Errichtung einer [X.] erforderlich machen. Notwendig ist der konkrete, d.h. durch hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte untermauerte Verdacht, dass mit der Vollmacht dem Betreuungsbedarf nicht Genüge getan wird
(vgl. [X.] vom 16.
Juli 2014

XII
ZB
142/14

FamRZ 2014, 1693 Rn.
11).
Dies kann der Fall sein, wenn nach den üblichen Maßstäben aus der Sicht eines vernünftigen Vollmachtgebers unter Berücksichtigung des in den Bevollmächtigten gesetzten Vertrauens eine ständige Kontrolle schon deshalb geboten ist, weil Anzeichen dafür
sprechen, dass der Bevollmächtigte mit dem Umfang und der Schwierigkeit der vorzunehmenden Geschäfte überfordert ist, oder wenn gegen die Redlichkeit oder die Tauglichkeit des Bevollmächtigten Bedenken bestehen. Ein Missbrauch der Vollmacht oder ein entsprechender Verdacht ist nicht erforderlich. Ausreichend sind konkrete Anhaltspunkte dafür, dass
der Bevollmächtigte nicht mehr entsprechend der Vereinbarung und dem Interesse des Vollmachtgebers handelt (vgl. Senatsbeschluss vom 16.
Juli 2014

XII
ZB
142/14

FamRZ 2014, 1693 Rn.
12 mwN).
c) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das [X.] die Be-schwerde gegen die Bestellung der
Beteiligten zu
2
zur Kontrollbetreuerin zu Recht zurückgewiesen. Da der Betroffene für die Behandlung seines [X.], seines Pflichtteils und seines Zugewinnausgleichsanspruchs kei-ne Weisungen
erteilt hatte, ist die Bevollmächtigte
diesbezüglich seinem
wohl-verstandenen Interesse verpflichtet
(vgl. [X.] FamRZ 2014, 888, 890). Sie
hat
im Interesse des Betroffenen Gestaltungen abzuwägen und Rechte auszu-13
14
-
6
-
üben, denen sie selbst als Alleinerbin und somit
Anspruchsgegnerin wirtschaft-lich gegenübersteht. Daraus resultieren Interessenkonflikte, die es rechtfertigen, ihre Vollmachtausübung jedenfalls während der Dauer der erbrechtlichen Ab-wicklung unter [X.] zu stellen.
Die [X.] ist insoweit erforderlich, um Rechenschaft einzufordern (§
666 BGB) und erforderlichenfalls unter Beachtung der Wünsche des Betroffenen (§
1901 Abs.
3 BGB) auftrags-mäßige
Weisungen für ihn
zu erteilen
(vgl. [X.]/Sprau BGB 76.
Aufl. §
665 Rn.
2; [X.]/[X.]/[X.] [2017] §
665 Rn.
6).
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeu-tung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung beizutragen (§
74 Abs.
7 FamFG).

Dose

[X.]

Günter

[X.]

Krüger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.12.2016 -
87 [X.]/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 03.03.2017 -
5 T 6/17 -

15

Meta

XII ZB 143/17

26.07.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.07.2017, Az. XII ZB 143/17 (REWIS RS 2017, 7354)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7354

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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