Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2013, Az. KZR 15/12

Kartellsenat | REWIS RS 2013, 4338

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
KZR
15/12
Verkündet am:
9.
Juli 2013
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]-Kartell
[X.] Art. 101 Abs. 1, Art. 267 Abs. 1 und 3; Verordnung ([X.]) Nr. 1/2003 Art.
23
Dem Gerichtshof der [X.] werden gemäß Art.
267 Abs.
1 und 3 [X.] folgende die Auslegung des [X.]srechts betreffenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.
Muss die [X.] in einer Entscheidung, mit der sie wegen eines Verstoßes gegen Art.
101 [X.] eine Geldbuße gegen mehrere natürliche oder juristische Personen als [X.] verhängt, auch eine abschließende Regelung zu der Frage treffen, in [X.] Verhältnis die Geldbuße intern auf die einzelnen Gesamtschuldner aufzuteilen ist?
2.
Für den Fall, dass Frage
1 zu bejahen ist:
a)
Ist eine Entscheidung der [X.], die keine ausdrückliche Anordnung zur Verteilung im Innenverhältnis enthält, dahin auszulegen, dass die Geldbuße intern von allen Gesamt-schuldnern zu gleichen Teilen zu tragen ist?
b)
Für den Fall, dass Frage
2
a zu verneinen ist:
Kann die [X.], die entsteht, wenn die [X.] die Verteilung der [X.] im Innenverhältnis nicht regelt, durch die Gerichte der Mitgliedst[X.]ten geschlossen werden, ohne dass es einer ergänzenden Entscheidung der [X.] bedarf?
3.
Für den Fall, dass Frage
1 zu verneinen oder Frage
2
b zu bejahen ist:
Enthält das [X.]srecht Vorgaben zu der Frage, wie die Geldbuße im Innenverhältnis auf die Gesamtschuldner zu verteilen ist?
4.
Für den Fall, dass Frage
1 oder Frage
3 zu bejahen ist:
Kann ein Gesamtschuldner, der die Geldbuße ganz oder teilweise gezahlt hat, [X.] gegen die anderen Gesamtschuldner schon geltend machen, bevor eine rechts-kräftige Entscheidung über ein gegen die Festsetzung der Geldbuße eingelegtes Rechtsmit-tel ergangen ist?
[X.], Beschluss vom 9. Juli 2013 -
KZR 15/12 -
OLG [X.]

LG [X.]
-
2
-
Der Kartellsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 30.
April 2013 durch die Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Bornkamm und Prof.
Dr.
Meier-Beck sowie [X.]
Kirchhoff, Dr.
[X.] und Dr.
Deichfuß
beschlossen:
Das Verfahren wird ausgesetzt.
Dem Gerichtshof der [X.] werden gemäß Art.
267 Abs.
1
und
3 [X.] folgende die Auslegung des [X.]srechts be-treffenden Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.
Muss die [X.] in einer Entscheidung, mit der sie wegen eines Verstoßes gegen Art.
101 [X.] eine Geldbuße gegen mehrere natürliche oder juristische Personen als Gesamt-schuldner verhängt, auch eine abschließende Regelung zu der Frage treffen, in welchem Verhältnis die Geldbuße intern auf die einzelnen Gesamtschuldner aufzuteilen ist?
2.
Für den
Fall, dass Frage
1 zu bejahen ist:
a)
Ist eine Entscheidung der [X.], die keine [X.] Anordnung zur Verteilung im Innenverhältnis enthält, da-hin auszulegen, dass die Geldbuße intern von allen Gesamt-schuldnern zu gleichen Teilen zu tragen ist?
b)
Für den Fall, dass Frage
2
a zu verneinen ist:
Kann die [X.], die entsteht, wenn die [X.] die Verteilung der Geldbuße im Innenverhältnis nicht regelt, durch die Gerichte der Mitgliedst[X.]ten geschlossen werden, ohne dass es einer ergänzenden Entscheidung der [X.] bedarf?
-
3
-
3.
Für den Fall, dass Frage
1 zu verneinen oder Frage
2
b zu be-jahen ist:
Enthält das [X.]srecht Vorgaben zu der Frage, wie die [X.] im Innenverhältnis auf die Gesamtschuldner zu verteilen ist?
4.
Für den
Fall, dass Frage
1 oder Frage
3 zu bejahen ist:
Kann ein Gesamtschuldner, der die Geldbuße ganz oder teil-weise gezahlt hat, Ausgleichsansprüche gegen die anderen Gesamtschuldner schon geltend machen, bevor eine rechts-kräftige Entscheidung über ein gegen die Festsetzung der Geldbuße eingelegtes Rechtsmittel ergangen ist?
Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt von den beiden Beklagten internen Ausgleich nach Zahlung einer Geldbuße, die die Europäische [X.] gegen alle drei [X.] als Gesamtschuldner verhängt hat.
Die Klägerin war alleinige Gesellschafterin der Beklagten zu
2, die [X.] unter [X.] firmierte. Mit Kaufvertrag vom 30.
August 2004 erwarb die Beklagte zu
2 sämtliche Geschäftsanteile an der Beklagten zu
1, die damals unter [X.], sowie sämtliche Kommanditanteile an der [X.] (nachfolgend: Kommanditgesellschaft), deren alleinige Komplementärin die Beklagte zu
1 war. Zum 31.
Dezember 2004 trat die Beklagte zu
2 aus der Kommanditgesellschaft aus. Deren Vermögen ging dadurch ohne Liquidation auf die Beklagte zu
1 über.
1
2
-
4
-
Zum 25.
Mai 2006 wurde die Beklagte zu
2 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Die Klägerin veräußerte in der Folgezeit ihre Anteile. Am 30.
No-vember 2006 hielt sie noch eine Beteiligung von 57%, zum 22.
Juli 2007 schied sie vollständig aus.
Seit dem 22.
April 2004 nahmen Beschäftigte der Beklagten zu
1 und der Kommanditgesellschaft an Kartellabsprachen zum Vertrieb von [X.] und seit dem 14.
Juli 2005 an Absprachen zum Vertrieb von Magnesiumgranu-lat teil.
Mit Entscheidung vom 22.
Juli 2009 verhängte die [X.] ([X.]/39.396, K(2009)
5791 endg
-
[X.] und Reagenzien auf Magnesiumbasis für die Stahl-
und die Gasindustrien) gegen die Klägerin und die Beklagten als Gesamtschuldner eine Geldbuße in Höhe von 13,3
Millionen Euro wegen einer einzigen und fortdauernden Zuwiderhandlung gegen Art.
81 [X.] und Art.
53 des [X.]. Als Tatzeitraum stellte sie für die Be-klagte zu
1 die [X.] von 22.
April 2004 bis 16.
Januar 2007 und für die Klägerin sowie die Beklagte zu
2 die [X.] von 30.
August 2004 bis 16.
Januar 2007 fest. Über die gegen diese Entscheidungen erhobenen [X.] der Kläge-rin (T-395/09, [X.].
C
297 vom 5.
Dezember 2009, S.
27
f.) und der Beklagten ([X.]/09, ebenda
S.
23
f.) hat das Gericht der [X.] noch nicht entschieden.
3
4
5
-
5
-

Die Klägerin zahlte auf die Geldbuße und angefallene Zinsen insgesamt 6.798.012,49
Euro. Die Beklagten stellten der [X.] Bankgarantien in Höhe von insgesamt 6,7
Millionen Euro.
Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin
-
soweit noch von Be-deutung
-
von den Beklagten als Gesamtschuldner die vollständige Erstattung des von ihr gezahlten Betrags nebst Verzugszinsen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner weiter. Hilfsweise [X.] sie, die Beklagten jeweils zur Zahlung eines Drittels der Klagesumme zu verurteilen.
II.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Innenausgleich der Geldbuße unterliege
-
aufgrund konkludenter Rechtswahl und im Übrigen wegen Erwägungsgrund
30 zur Verordnung ([X.]) Nr.
1/2003 -
deutschem Recht. Danach sei die Klage unabhängig vom Ausgang der [X.] unbegründet, weil die Klägerin verpflichtet sei, die [X.] im Innenverhältnis allein zu tragen. Die Grundregel des §
426 Abs.
1 Satz
1 BGB, wonach Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu gleichen Teilen verpflichtet seien, komme in der hier zu beurteilenden Konstellation nicht zum Tragen. Es entspreche vielmehr der Billigkeit, denjenigen Gesamtschuldner zu belasten, dem die wirtschaftlichen Erfolge aus dem kartellrechtswidrigen [X.] zugeflossen seien. Dies sei hier die Klägerin. Etwaige Erlöse aus dem kartellrechtswidrigen Verhalten seien entweder an sie ausgeschüttet worden oder hätten den Wert ihrer Geschäftsanteile beeinflusst. Ob das Kartell tatsäch-lich eine Rendite erzielt
habe, sei unerheblich. Auf Verursachungs-
oder Ver-6
7
8
9
-
6
-
schuldensbeiträge komme es nicht an. Schadensersatzansprüche der Klägerin bestünden nicht, weil die Belastung mit der Geldbuße kein
vom Schutzbereich der kartellrechtlichen Anspruchsgrundlagen erfasster Schaden sei und dem Vorbringen der Klägerin auch keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu entnehmen sei.
III.
Vor einer Entscheidung über die Revision der Klägerin ist das Verfahren auszusetzen und gemäß Art.
267 Abs.
1 und
3 [X.] eine Vorabentscheidung des [X.] der [X.] einzuholen.
Für den Erfolg der Revision ist maßgebend, ob der Klägerin [X.] gegen die Beklagten zustehen. Dies hängt davon ab, ob die Ent-scheidung über Grund und Höhe solcher Ausgleichsansprüche bei der [X.] liegt
und
wie zu verfahren ist, wenn die [X.] es versäumt hat, eine solche Entscheidung zu treffen. Diese Fragen sind durch die Rechtspre-chung des [X.] nicht geklärt. Ihre Beantwortung ist auch nicht offen-kundig.
1.
In der Rechtsprechung des [X.] ist geklärt, dass die [X.] bei einem Verstoß gegen Art.
101 [X.] eine Geldbuße gegen [X.] natürliche oder juristische Personen als Gesamtschuldner verhängen darf, wenn diese als ein Unternehmen anzusehen sind.

a)
Unternehmen im Sinne von Art.
101 [X.] ist nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung,
unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung. Dies gilt auch dann, wenn sie rechtlich aus mehreren natürlichen oder juristi-10
11
12
13
-
7
-
schen Personen gebildet wird. Verstößt eine solche wirtschaftliche Einheit ge-gen die Wettbewerbsregeln, hat sie nach dem Grundsatz der persönlichen Ver-antwortlichkeit für die Zuwiderhandlung einzustehen. Da Geldbußen aber nur gegen einen Rechtsträger festgesetzt werden können, muss die Zuwiderhand-lung eindeutig einer (juristischen) Person zugerechnet werden ([X.], Urteil vom 10.
September 2009
-
C-97/08
P, [X.]. 2009, [X.] Rn.
57
= WuW/E EU-R 1639 -
Akzo Nobel).
Nach der Rechtsprechung des [X.] ist einer Muttergesellschaft das Verhalten einer
unmittelbaren oder mittelbaren (dazu [X.], Urteil vom 20.
Januar 2011
-
C-90/09
P, WuW/E
EU-R 1899 Rn.
86
ff.
-
General Química) Tochtergesellschaft zuzurechnen, wenn diese
trotz eigener [X.] ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Wei-sungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaft-lichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen, die die beiden Rechtssub-jekte verbinden. Eine persönliche Beteiligung von Organen oder Mitarbeitern der Muttergesellschaft an der Zuwiderhandlung muss dafür nicht nachgewiesen werden. Denn in
einem solchen Fall sind Mutter-
und Tochtergesellschaft Teil derselben wirtschaftlichen Einheit und bilden deshalb ein Unternehmen im obengenannten Sinn ([X.], [X.]. 2009, [X.] Rn.
58
f. -
Akzo Nobel). Hält ei-ne Muttergesellschaft das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft, streitet nach der Rechtsprechung des [X.] eine widerlegliche Vermutung [X.], dass sie tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft ausübt ([X.], [X.]. 2009, [X.] Rn.
60
-
Akzo Nobel;
WuW/E EU-R 1899
Rn.
39
f., 50
ff.
-
General Química).
Bei Vorliegen dieser Voraussetzungen kann die [X.] die Haftung für die Zahlung der gegen die [X.] verhängten Geldbuße der Muttergesellschaft als Gesamtschuldnerin zuweisen ([X.], [X.]. 2009, I8237 Rn.
61
-
Akzo Nobel). Darin liegt nach der Rechtsprechung des Gerichts-hofs
keine verschuldensunabhängige, sondern eine auf dem Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit der wirtschaftlichen Einheit beruhende Haftung 14
15
-
8
-
der Obergesellschaft ([X.]
ebenda
Rn.
77; Urteil vom 19.
Juli 2012

C-628/10
P, WuW/[X.] 2532 Rn.
42
ff.
-
Alliance One; zustimmend [X.],
[X.], 277, 282; kritisch de [X.],
[X.] 2012, 113
ff.; Kling,
[X.], 506, 510).
b)
Im Ausgangsfall hat die [X.] in Anwendung dieser Grundsät-ze gegen die Parteien als Gesamtschuldner eine Geldbuße verhängt. Die Haf-tung der Beklagten zu
2 hat sie auf den Umstand gestützt, dass diese im [X.] sämtliche Anteile an der Beklagten zu
1 gehalten hat. Die Haftung der Klägerin hat sie hinsichtlich des [X.]raums
bis 30.
November 2006 auf deren durch die Beklagte zu
2 vermittelte Alleininhaberschaft
an der Beklagten zu
1 gestützt und für die [X.] danach auf Tatsachen, die ihrer Ansicht nach die Aus-übung eines entscheidenden Einflusses aufgrund der verbliebenen Mehrheits-beteiligung belegen (Entscheidung der [X.] vom 22.
Juli 2009 Rn.
226
f.,
245
ff., 251
ff.; vgl. aber auch Rn.
250, 262). Die Wirkung dieser Entscheidung ist durch die dagegen erhobenen [X.] nicht aufge-schoben (Art.
278 Satz
1 [X.], ex-Art.
242 [X.]; [X.],
[X.] 2003, 233, 248).
2.
Nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob die [X.] dazu berechtigt und verpflichtet ist, die interne Verteilung der Geldbuße auf die [X.] zu regeln.
a)
Nach der Rechtsprechung des
Gerichts
der [X.] löst
eine Entscheidung, mit der die [X.] eine Geldbuße gegen mehrere [X.]en als Gesamtschuldner verhängt, sämtliche Wirkungen aus, die von Rechts wegen an die rechtliche Regelung der Zahlung von Geldbußen im [X.] anknüpfen, und dies sowohl in den Beziehungen zwischen Gläu-biger und Gesamtschuldnern als auch in den Beziehungen zwischen den [X.]n untereinander
([X.], Urteile vom 3.
März 2011
-
T-117/07, [X.]. 2011, II-633
Rn.
214
-
Areva und
T-122/07, [X.]. 2011, II-793
Rn.
156 = WuW/E EU-R 1939
-
[X.]).

16
17
18
-
9
-
Nach Auffassung dieses Gerichts können die Gesellschaften nicht frei darüber bestimmen, wie sie die Geldbuße untereinander
aufteilen
([X.], [X.]. 2011, II-633
Rn.
214 -
Areva). Die Aufteilung könne auch nicht den nationalen Gerichten überlassen werden ([X.], [X.]. 2011, II-793
Rn.
156
f.
-
Siemens Ös-terreich). Vielmehr sei allein die [X.] zur Entscheidung befugt. Eine [X.], die den gesamten Betrag der Geldbuße entrichtet habe, könne schon auf der Grundlage der Entscheidung der [X.] gegenüber den anderen Gesamtschuldnern Erstattung verlangen, und zwar gegen jeden in Höhe des von der [X.] bestimmten Anteils. Es sei davon auszugehen, dass die [X.] in Ermangelung einer gegenteiligen
Angabe in der Entscheidung die Zuwiderhandlung, die zur Verhängung der Geldbuße geführt habe, allen Gesellschaften zu gleichen Teilen zurechne
([X.], [X.]. 2011, II-633
Rn.
215

Areva; [X.]. 2011, II-793
Rn.
158 -
[X.]).
b)
Wenn die Rechtsauffassung des Gerichts der [X.] zuträfe, wäre im vorliegenden Verfahren die Revision hinsichtlich des auf [X.] Ersatz der geleisteten Zahlung gerichteten [X.] unbegrün-det. Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf anteiligen Ausgleich wäre
hinsichtlich desjenigen Teilbetrages begründet, der den von der Klägerin zu tra-genden Anteil von einem Drittel übersteigt. Insoweit würde sich zusätzlich die
Frage stellen, ob dieser Ausgleichsanspruch schon geltend gemacht werden kann, bevor die Entscheidung der [X.] bestandskräftig ist.

[X.])
Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist die Revision auch insoweit zulässig, als die Klägerin hilfsweise begehrt, jede Beklagte zur Erstattung eines Teils der erbrachten Bußgeldzahlung zu verurteilen. Zwar ist eine Klageänderung in der Revisionsinstanz wegen der in §
559 Abs.
1 ZPO vorgesehenen
Beschränkung des Streitstoffs grundsätzlich unzulässig. Eine Beschränkung des Klageantrags (§
264 Nr.
2 ZPO) ist aber zulässig, wenn sie sich auf einen Sachverhalt stützt, der vom Tatrichter bereits gewürdigt worden ist ([X.], Urteil vom 18.
Juni 1998
-
IX
ZR
311/95, NJW 1998, 2969, 2970). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Die Klägerin stützt den hilfsweise gel-19
20
21
-
10
-
tend gemachten Anspruch nicht auf einen neuen Sachverhalt, sondern auf die vom Gericht der [X.] vertretene Rechtsauffassung. Ihr Begeh-ren, die Beklagten zu einer anteiligen Erstattung der erbrachten Zahlung zu verurteilen, ist damit im Verhältnis zu dem in erster Linie geltend gemachten Begehren nach vollständiger Erstattung kein Aliud, sondern ein schon vom [X.]. Dass der rechtliche Gesichtspunkt, auf den
der Anspruch auf anteilige Erstattung gestützt wird,
im Berufungsverfahren nicht näher erörtert wurde, führt nicht zu einer anderen Beurteilung.
[X.])
Die Beantwortung der unionsrechtlichen
Fragen
kann auch nicht we-gen einer Rechtswahlvereinbarung
der Parteien offenbleiben.
Das Berufungs-gericht hat ausgeführt, der Innenausgleich unterliege dem (einzelst[X.]tlichen) [X.] Recht, weil sich die Parteien im Rechtsstreit darauf berufen und [X.] ihren Willen zum Ausdruck gebracht hätten, das streitige Rechtsverhältnis dieser Rechtsordnung zu unterwerfen.
Diese Begründung vermag die Nichtan-wendung von [X.]srecht nicht zu tragen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die revisionsrechtlich nur eingeschränkt nachprüfbare (vgl. [X.], Urteil vom 30.
Oktober 2008
-
I
ZR
12/06, [X.], 1205 Rn.
18
f. [X.]) Beurteilung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten sich im Laufe des Rechtsstreits kon-kludent auf die Anwendbarkeit des [X.] Rechts geeinigt, frei von [X.] ist. Selbst wenn die Parteien eine solche Rechtswahlvereinbarung ge-troffen hätten, wäre lediglich die Anwendung ausländischen Rechts ausge-schlossen, nicht aber die Anwendung des [X.]srechts, das in allen Mitglied-st[X.]ten unmittelbar geltendes Recht
ist (vgl. [X.] in [X.]/Hilf/[X.], [X.], Stand August 2012, [X.] Art.
288 Rn.
101).
cc)
Die Klageforderung kann auch nicht auf einen von der Ausgleichs-pflicht im Innenverhältnis unabhängigen Anspruch der Klägerin auf Schadens-ersatz gestützt werden.
(1)
Kartellrechtliche Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen die Beklagten scheiden schon deshalb aus, weil das Kartellverbot nicht dem Zweck 22
23
24
-
11
-
dient, einzelne Organisationseinheiten eines Unternehmens, das gegen Art.
101 [X.] verstößt, vor der Belastung mit einer Geldbuße zu schützen. Ansprüche dieser Art sind zur effektiven Durchsetzung der Wettbewerbsregeln der [X.] (dazu [X.], Urteil vom 13.
Juli 2006
-
C-295/04, [X.]. 2006, I-6619 Rn.
60, 91
ff. = WuW/E EU-R
1107
-
Manfredi; Urteil vom 20.
September 2001

C-453/99, [X.]. 2001, I-6297 Rn.
25
ff. = WuW/E EU-R 479
-
Courage; [X.], Urteil vom 28.
Juni 2011
-
KZR
75/10, [X.]Z
190, 145 Rn.
34, 37, 61
f.
-
ORWI) weder notwendig noch förderlich.
Sofern die Verteilung der Geldbuße im Innenverhältnis durch das [X.] abschließend geregelt sein sollte, käme
die Anwendung einzelst[X.]tli-cher
Vorschriften, die aufgrund von Schadensersatzansprüchen zu einer ab-weichenden Verteilung
führen, ohnehin nicht in Betracht.
Sofern das [X.]srecht
keine abschließenden Regelungen enthält, kann einer effektiven Durchsetzung der unionsrechtlichen Wettbewerbsregeln bei Anwendbarkeit [X.] Rechts schon durch §
426 Abs.
1 Satz
1 BGB Rech-nung getragen werden. Die genannte Vorschrift sieht grundsätzlich eine Auftei-lung nach [X.] vor. Sie gebietet
aber eine davon abweichende
Verteilung, soweit etwas
anderes bestimmt ist. Eine andere Bestimmung in diesem Sinne kann sich aus einer Vereinbarung der Beteiligten, aus sonstigen zwischen ihnen bestehenden Rechtsbeziehungen, aus besonderen gesetzlichen Regeln oder aus den Umständen des Einzelfalles ergeben. Insbesondere ist auch der Rechtsgedanke des §
254 Abs.
1 BGB heranzuziehen, wonach sich die Auftei-lung danach richtet, inwieweit die einzelnen Gesamtschuldner zur Verursa-chung der für die Haftung maßgeblichen Umstände beigetragen haben und in welchem Maße sie ein Verschulden trifft (vgl. nur
[X.], Urteil vom 5.
Oktober 2010
-
VI
ZR
286/09, NJW
2011, 292 Rn.
9; Beschluss vom 9.
Juni 2008

II
ZR
268/07, NJW-RR 2009, 49 Rn.
2;
Urteil vom 9.
März 1965

VI
ZR
218/63, [X.]Z
43, 178, 187). Diese Regelung ermöglicht es, eine gegen mehrere Gesellschaften als Gesamtschuldner verhängte Geldbuße sachgerecht auf die einzelnen Schuldner zu verteilen. Ein ergänzender kartellrechtlicher 25
26
-
12
-
Schadensersatzanspruch eines Gesamtschuldners ist angesichts dessen zur Durchsetzung des [X.]srechts nicht erforderlich. Unabhängig davon könnte der Schuldner auch einem solchen Anspruch gemäß §
254 BGB den Einwand der [X.] entgegenhalten, so dass sich jedenfalls unter diesem As-pekt
keine andere Aufteilung ergäbe als bei Anwendung des §
426 Abs.
1 Satz
1 BGB.
(2)
Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche aus §
826 BGB sind für das Rechtsverhältnis zur Beklagten zu
1 schon deshalb nicht entschei-dungserheblich, weil sie nur gegen die Beklagte zu
2 gerichtet sind.
Unabhängig davon wäre auch ein solcher Anspruch ausgeschlossen, so-fern das [X.]srecht die interne Verteilung der Geldbuße auf die Gesamt-schuldner abschließend regeln würde. Sofern das [X.]srecht Raum für die Anwendung einzelst[X.]tlicher Vorschriften lässt, könnte ein Anspruch aus §
826 BGB jedenfalls insoweit nicht zu einer abweichenden Verteilung führen, als die Umstände, die einem Ausgleichsanspruch der Klägerin nach §
426 Abs.
1 Satz
1 BGB entgegenstehen, auch dem Ersatzanspruch aus §
826 BGB entge-gengehalten werden können. Dies gilt insbesondere für den bereits erwähnten Einwand der [X.] (§
254 Abs.
1 BGB).

c)
Die danach entscheidungserheblichen Fragen zur Auslegung des [X.]srechts sind durch die Rechtsprechung des [X.]
nicht [X.] geklärt. Gegen die
oben dargestellte
Rechtsprechung des Gerichts der [X.] sind Bedenken erhoben worden, die nach Einschätzung des Senats nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen sind.
[X.])
Die [X.] hat das Urteil in der Sache [X.]
([X.]/11
P).
Sie macht geltend, ihre Befugnisse beträfen allein das Außenverhältnis, also die Verhängung von Geldbußen und gegebenenfalls die Bestimmung der gesamtschuldnerischen Haftung der Adressaten. Insoweit [X.] auch den Befugnissen der [X.]sgerichte Grenzen gesetzt. Das aus der 27
28
29
30
-
13
-
Festsetzung gesamtschuldnerischer Haftung resultierende Innenverhältnis der Gesamtschuldner einschließlich möglicher Regressansprüche unterliege dem Recht der Mitgliedst[X.]ten ([X.]. C
204 vom 9.
Juli 2011, S.
17; ebenso Schluss-anträge der Generalanwältin [X.] vom 26.
September 2002
-
C-196/99
P, [X.]. 2003, I-11005 Rn.
118 Fn.
21
-
Aristrain).
[X.])
In der [X.] Literatur und in Entscheidungen [X.] Instanz-gerichte wird die Rechtsprechung des Gerichts
der [X.]
unter-schiedlich beurteilt.
Einige Autoren sehen die gesamtschuldnerische Haftung als genuin unionsrechtliches autonomes Rechtsinstitut an. Dies ergebe sich [X.], dass diese Haftung aus dem [X.] des Art.
101 [X.] hergeleitet werde
([X.],
[X.]
2011, 285, 302
f.; [X.]/[X.],
[X.] 2011, 666, 669; Kokott/Dittert, WuW
2012, 670, 681
f.). Ferner spreche der Grundsatz der Rechtssicherheit dafür, dass die [X.] auch für das [X.] eine Regelung treffe.
Nach einer abweichenden Auffassung soll sich der interne Ausgleich unter den Gesamtschuldnern nach nationalem Recht richten ([X.],
[X.], 277, 279; LG [X.]
I,
[X.]/E DE-R
3247,
3254)
oder jedenfalls nicht der Entscheidung durch die [X.] unterliegen
([X.],
JZ
2011, 485, 494).
cc)
Vor diesem Hintergrund bedarf
es einer Klärung der aufgeworfenen Frage durch den Gerichtshof.
d)
Allerdings dürfte nicht zu bezweifeln sein, dass der [X.] die Kom-petenz zusteht, abschließende Regelungen zur internen Verteilung einer gegen mehrere Personen als Gesamtschuldner verhängten Geldbuße zu treffen.
Gemäß Art.
103 Abs.
1 [X.] können zweckdienliche Verordnungen oder
Richtlinien zur Verwirklichung der in Art.
101
und
102 [X.] niedergeleg-ten Grundsätze geschaffen werden. Dazu zählen gemäß Art.
103 Abs.
2 Buchst.
a [X.] insbesondere Vorschriften, welche die Beachtung der darin genannten Verbote durch die Möglichkeit der Verhängung von Geldbußen und 31
32
33
34
-
14
-
Zwangsgeldern zu gewährleisten bezwecken. Die Verhängung von Geldbußen bezweckt nach der Rechtsprechung des [X.] insbesondere, unerlaubte Verhaltensweisen zu ahnden und künftigen Zuwiderhandlungen durch Abschre-ckung vorzubeugen ([X.], Urteil vom 17.
Juni 2010
-
C-413/08
P, [X.]. 2010,
I5406 Rn.
102
-
Lafarge; Urteil vom 7.
Juli 2007
-
C-76/06
P, [X.]. 2007, I-4443 Rn.
22
-
Britannia Alloys & Chemicals). Diese Ziele können dadurch gefördert werden, dass die [X.] den einzelnen Gesamtschuldnern der Geldbuße bestimmte Haftungsanteile verbindlich zuweist und damit sicherstellt, dass die Geldbuße für jeden Gesamtschuldner eine
wirksame und bleibende Sanktion darstellt.
e)
Nicht hinreichend geklärt erscheint indes, ob die auf der Grundlage von Art.
83 [X.] (nunmehr Art.
103 [X.]) erlassene Verordnung
([X.]) Nr.
1/2003 eine solche Entscheidungskompetenz der [X.] vorsieht.
[X.])
Entgegen der Einschätzung des Berufungsgerichts kann allerdings nicht schon aus Erwägungsgrund 30 der Verordnung die sichere
Schlussfolge-rung
gezogen werden, dass die Auffassung des Gerichts der [X.] unzutreffend ist.
Nach diesem Erwägungsgrund erfolgt die Zahlung der Geldbuße durch eines oder mehrere Mitglieder einer Vereinigung unbeschadet der einzelst[X.]tlichen Rechtsvorschriften, die einen Rückgriff auf andere Mitglie-der der Vereinigung zur Erstattung des gezahlten Betrages ermöglichen. Dies betrifft indes lediglich Geldbußen, die gegen Unternehmensvereinigungen [X.] werden, und die für diesen Fall in Art.
23 Abs.
4 der Verordnung vorge-sehene Ausfallhaftung. Zwar spricht einiges dafür, dass der in Erwägungsgrund 30 zum Ausdruck gekommene Regelungsgedanke auch auf die hier zu beurtei-lende Konstellation der Verhängung einer Geldbuße gegen mehrere [X.] als Gesamtschuldner übertragbar ist. Angesichts des Umstandes, dass der Gerichtshof die gesamtschuldnerische Haftung aus dem autonomen [X.] des Art.
101 [X.] hergeleitet hat, ist indes nicht [X.], dass auch der interne Ausgleich zwischen den Gesamtschuldnern ausschließlich
dem [X.]srecht unterliegt und dass die in Art.
23 Abs.
2 der 35
36
-
15
-
Verordnung vorgesehene Befugnis zur Verhängung von Geldbußen auch eine Ermächtigung und Verpflichtung zur Regelung des [X.] umfasst.
[X.])
Gegen die Auffassung des Gerichts der [X.] könnte sprechen, dass es für die [X.] in der Regel mit höherem Ermittlungs-aufwand verbunden sein dürfte, wenn sie auch die Verteilung der Geldbuße im Innenverhältnis abschließend regeln müsste.
Nach der Rechtsprechung des [X.] führt die Verhängung einer Geldbuße gegen mehrere Gesellschaften als Gesamtschuldner zu einer Verrin-gerung des Ermittlungsaufwandes für die [X.]. Diese braucht eine per-sönliche Beteiligung von Vertretern der Muttergesellschaft an der Zuwiderhand-lung nicht nachzuweisen. Vielmehr genügt der Nachweis, dass die Mutterge-sellschaft das gesamte Kapital der Tochtergesellschaft hält ([X.]
-
Akzo Nobel
Rn.
59
f.; General Química
Rn.
39
f.). Die [X.] ist zudem nicht verpflich-tet, vorrangig zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Zurechnung der Zu-widerhandlung zur Muttergesellschaft erfüllt sind, weil ansonsten die Ermittlun-gen der [X.] erheblich erschwert würden ([X.], Urteil vom 24. Sep-tember 2009
-
C-125/07
P, [X.]. 2009, I-8681 Rn.
82 = WuW/E
EU-R 1633
-
Ers-te [X.]; anderer Auffassung wohl Generalanwältin [X.]
-
Aristrain
Rn.
114
ff.).
Dieser Zielsetzung
könnte es zuwiderlaufen, wenn die [X.] die Umstände ermitteln müsste, die für die Verteilung der verhängten Geldbuße im Innenverhältnis maßgeblich
sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Vertei-lung im Innenverhältnis davon abhängen sollte, inwieweit die einzelnen [X.] zur Verursachung der für die Haftung maßgeblichen Umstände beige-tragen haben und inwieweit ihnen ein Verschulden zur Last fällt. Dann hätte die [X.] im Ergebnis diejenigen Ermittlungen durchzuführen, von denen sie bei Verhängung einer Geldbuße gegen Gesamtschuldner gerade
entlastet sein soll.
37
38
39
-
16
-
Wenn solche Ermittlungen allein zum Zwecke der Verteilung der [X.] im Innenverhältnis vorzunehmen wären, könnte der dafür erforderliche Aufwand zudem schon deshalb als nicht gerechtfertigt anzusehen sein, weil die wirtschaftlichen Auswirkungen einer solchen Aufteilung in den meisten Fällen gering sein dürften. Die als Gesamtschuldner haftenden Unternehmen gehören in der Regel einem einheitlichen Konzern an. Selbst wenn ihnen, wie das Ge-richt der [X.] meint, Vereinbarungen über eine Erstattung von [X.] verwehrt sind, dürften ihnen andere konzerninterne Instru-mente zur Verfügung
stehen, die es ermöglichen, die aus der Geldbuße resul-tierende wirtschaftliche Belastung innerhalb des Konzerns nach ihren Vorstel-lungen zu verteilen. Zu Rechtsstreitigkeiten über die interne Aufteilung dürfte es nur in Ausnahmefällen kommen, etwa dann, wenn der Konzernverbund
nach der Zuwiderhandlung und vor deren Ahndung aufgelöst wurde, wie dies im hier zu beurteilenden Fall geschehen ist.
f)
Ebenfalls nicht hinreichend geklärt erscheint die Frage, welche Wir-kung einer Entscheidung der [X.] zukommt, die keine ausdrückliche Regelung dazu enthält, wie die Geldbuße auf die einzelnen Gesamtschuldner zu verteilen ist.
[X.])
Die bereits aufgezeigte Rechtsprechung des Gerichts
der Europäi-schen [X.], mangels einer abweichenden Angabe sei davon auszugehen, dass die [X.] die verhängte Geldbuße
den einzelnen Gesamtschuld-nern zu gleichen Teilen zurechne, ist ebenfalls auf Kritik gestoßen. In der deut-schen Literatur wird insbesondere eingewendet, aus einem bloßen Schweigen der [X.] könne nicht gefolgert werden, dass
sie die Zahlungspflichten der betroffenen Gesellschaften auch im Innenverhältnis habe regeln wollen. [X.] interne Verteilung nach [X.] könne zudem im Einzelfall sachwidrig, in be-stimmten Fällen sogar rechtswidrig sein ([X.],
[X.]
2011, 285, 304, 310; Mäsch,
GRUR-Prax
2012, 268; ähnlich [X.],
[X.], 485, 494). In [X.] Sinne hat sich die [X.] geäußert ([X.], [X.]. 2011, II-633
Rn.
42 -
40
41
42
-
17
-
Areva; Rechtsmittel
[X.]/11
P, [X.].
C
204 vom 9.
Juli 2011, S.
17
f.
-
[X.]).
[X.])
Nach Auffassung des Senats ist nicht auszuschließen, dass die Rechtsprechung des Gerichts der [X.] zumindest in diesem Punkt einer Überprüfung durch den Gerichtshof nicht standhalten wird. Wenn die [X.] in einer Entscheidung nicht zu allen regelungsbedürftigen Fra-gen Stellung genommen hat, kann nach Auffassung des Senats nicht ohne [X.] unterstellt werden, sie habe dennoch eine bestimmte Regelung treffen wollen. Eine nach dem Wortlaut der Entscheidung verbleibende [X.] mag im Einzelfall geschlossen werden können, indem aus dem Zusam-menhang der Entscheidungsgründe oder aus sonstigen Umständen eine kon-kludente Regelung abgeleitet wird. Dies setzt aber voraus, dass ein entspre-chender Regelungswille
der [X.] feststellbar ist. Daran dürfte es im [X.] Zusammenhang schon deshalb fehlen, weil die [X.] sich nicht für verpflichtet hält, die Verteilung von
Geldbußen
im Innenverhältnis zu regeln. Angesichts dessen spricht vieles
dafür, dass eine Entscheidung der [X.], die die Frage der internen Verteilung nicht regelt, obwohl diese der Regelung bedarf, als lückenhaft und damit als ergänzungsbedürftig anzu-sehen ist (ähnlich [X.],
[X.] 2011, 285, 304).
g)
Sollte der Gerichtshof zu dem Ergebnis gelangen, dass eine Ent-scheidung der [X.], die keine Regelung zur internen Verteilung der Geldbuße enthält, lückenhaft ist, stellt sich die weitere Frage, ob die Gerichte der Mitgliedst[X.]ten befugt sind, diese Lücke ohne ergänzende Entscheidung der [X.] zu schließen.
Wenn eine Entscheidung der [X.] nicht zu allen regelungsbe-dürftigen Fragen eine Regelung enthält, erscheint es naheliegend, sie als rechtswidrig anzusehen. Dies hätte zur Folge, dass die Entscheidung jedenfalls auf das
Rechtsmittel eines Betroffenen hin zu ergänzen wäre
-
sei es durch die [X.], sei es durch das zur Entscheidung über das Rechtsmittel berufe-43
44
45
-
18
-
ne [X.]sgericht.
Andererseits erscheint es nicht ausgeschlossen, dass eine lückenhafte Entscheidung der [X.] Bestandskraft
erlangt, ohne dass die Lücke geschlossen worden ist. Zumindest für solche Fälle könnte in Betracht kommen, dass das
Gericht eines Mitgliedst[X.]ts die Entscheidung über die [X.] im Innenverhältnis nachholt, wenn es mit einem Rechts-streit über interne Ausgleichsansprüche befasst wird. Dies wiederum könnte die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass die Gerichte der Mitgliedst[X.]ten auch in anderen Konstellationen über die interne Verteilung der Geldbuße zu [X.] haben, wenn und solange eine Entscheidung der [X.] hierzu nicht ergangen ist.
h)
Falls die Gerichte der Mitgliedst[X.]ten die Verteilung der Geldbuße auf die Gesamtschuldner in eigener Zuständigkeit zu beurteilen haben, stellt sich die Frage, ob das [X.]srecht hierzu inhaltliche Vorgaben enthält.
Für die Beantwortung dieser Frage dürften im Wesentlichen die bereits im Zusammenhang mit Frage
1 aufgezeigten Gesichtspunkte von Bedeutung sein. Nach Einschätzung des Senats erscheint es jedoch nicht ausgeschlossen, dass der Gerichtshof einerseits zu dem Ergebnis gelangt, die [X.] dürfe die Verteilung der Geldbuße im Innenverhältnis den Gerichten der Mitgliedst[X.]-ten überlassen, andererseits aber die
Auffassung vertreten wird, die materiellen Regeln oder zumindest die grundlegenden
Leitlinien für die Verteilung seien dem [X.]srecht zu entnehmen.
Dann würde sich für den Senat die Frage stel-len, nach welchen Kriterien er die Verteilung der Geldbuße im Innenverhältnis vorzunehmen hat. Mangels einer ausdrücklichen Bestimmung in der Verord-nung
([X.]) Nr.
1/2003 müsste er hierzu auf allgemeine Rechtsgrundsätze zu-rückgreifen.
Diese bedürften näherer Klärung.
[X.])
Allgemeine Rechtsgrundsätze könnten möglicherweise unmittelbar aus dem [X.]srecht abgeleitet werden. Maßgebliche Bedeutung könnte dabei vor allem dem Grundsatz der schuldangemessenen Sanktionierung und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zukommen (dazu [X.]/Biermann
in 46
47
48
-
19
-
Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, 5.
Aufl., VO ([X.]) 1/2003,
Art.
23 Rn.
138 mit weiteren Nachweisen).

Die Haftung des Unternehmens beruht auf dessen persönlicher Verant-wortlichkeit und setzt nach Art.
23 Abs.
2 VO
([X.]) Nr.
1/2003 Vorsatz oder Fahrlässigkeit voraus. Bei der Bemessung der Geldbuße sind
gemäß Art.
23 Abs.
3 VO
([X.]) Nr.
1/2003 sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen. Dabei sind insbesondere Umstände zu würdi-gen, welche die Schuld mindern oder erschweren (dazu insgesamt [X.], Urteil vom 8.
Dezember 2011
-
C-389/10
P, WuW/E
EU-R
2213 Rn.
58
ff., 122
ff.

[X.]; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], Kartellrecht, 2.
Aufl., VO
1/2003/[X.], Art.
23 Rn.
36 mit weiteren Nachweisen).
Diese Grundsätze dürften auch die Ausgestaltung des internen Verhält-nisses zwischen den eine wirtschaftliche Einheit bildenden Gesamtschuldnern prägen.
Dem dürfte entgegen der vom [X.] in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung nicht entgegenstehen, dass die [X.] diese Kriterien bei der Auswahl der einzelnen Gesamt-schuldner nicht heranzieht. Wie bereits oben in Randnummer
38
f. dargelegt wurde, wird die [X.] durch die Möglichkeit, eine Geldbuße gegen meh-rere Personen als Gesamtschuldner zu verhängen, davon entlastet, die [X.] einzelner Beteiligter innerhalb eines Unternehmens im [X.] zu ermitteln. Diese Zielsetzung wird nicht in Frage gestellt, wenn die einzelnen Verursachungsbeiträge in einem nachfolgenden Rechtsstreit zwi-schen den einzelnen Gesamtschuldnern vom
Gericht eines Mitgliedst[X.]ts ermit-telt
werden, um die interne Verteilung der Geldbuße festzulegen. Es gehört [X.] zu den typischen Wirkungen einer gesamtschuldnerischen Haftung, dass der Gläubiger davon enthoben ist, sich mit Umständen zu befassen, die nur für die interne Verteilung von Bedeutung sind. Dies hat in der Regel aber nicht zur Folge, dass diese Umstände auch in einem Rechtsstreit zwischen den [X.] unberücksichtigt bleiben dürfen oder müssen.
49
50
-
20
-
[X.])
Allgemeine Rechtsgrundsätze dieses Inhalts können möglicherweise auch aus Regelungen hergeleitet werden, die allen Rechtsordnungen der Mit-gliedsst[X.]ten gemeinsam sind (vgl. dazu etwa [X.], Urteil vom 14.
September 2010
-
C-550/07
P, [X.]. 2010, I-8301 Rn.
69, 76
-
Akzo Nobel; Urteil vom 18.
Mai 1982
-
C-155/79, [X.]. 1982, 1575 Rn.
18
ff.
-
AM
&
S Europe).
Jedenfalls einige dem Senat zugängliche Rechtsordnungen sehen vor, dass sich die Verteilung einer gesetzlich oder sonst hoheitlich begründeten ge-samtschuldnerischen Verbindlichkeit im Innenverhältnis regelmäßig insbeson-dere danach richtet, inwieweit die einzelnen
Gesamtschuldner zur Verursa-chung der für die Haftung maßgeblichen Umstände beigetragen haben und in welchem Maße sie hierbei ein Verschulden trifft (vgl. zum [X.] Recht
die oben in Rn.
26
zitierten Entscheidungen; zum [X.] Recht [X.], Gesamtschuld und Erlass, S.
85 mit weiteren Nachweisen; zum [X.] Recht v.
Bar/Santdiumenge, Deliktsrecht in [X.], [X.], S.
34; zum engli-schen Recht
Sec.
2 (1) Civil
Liability (Contribution) Act
1978).

cc)
Nicht ausgeschlossen erscheint es, die oben aufgezeigten Rechts-grundsätze dahin zu verallgemeinern, dass die interne Verteilung der Geldbuße aufgrund einer Gesamtabwägung vorzunehmen ist, bei der
insbesondere die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit, die Beteiligung der einzelnen Gesamtschuld-ner am wirtschaftlichen Erfolg der Zuwiderhandlung,
ihre individuellen Verursa-chungsbeiträge und ihre individuellen Verschuldensanteile
(vgl. [X.],
[X.] 2011, 285, 303, 310; anderer Auffassung [X.],
[X.], 277, 280
ff.), aber auch sonstige im Einzelfall relevante Umstände Berücksichtigung finden müs-sen. Insbesondere könnte der von einem Gesamtschuldner im Innenverhältnis zu tragende Anteil in entsprechender Anwendung von Art.
23 Abs.
2 Unterabs.
2
und
Abs.
4 Unterabs.
5 VO
([X.]) Nr.
1/2003 durch die dort vorge-sehene umsatzbezogene Obergrenze beschränkt sein (siehe auch [X.], Urteil vom 15.
Juni 2005
-
T-71/03 Rn.
390
-
Tokai Carbon).
51
52
53
-
21
-
i)
Sofern das [X.]srecht Regelungen für die Verteilung der Geldbuße auf die einzelnen Gesamtschuldner enthält, stellt sich ferner die Frage, ob ein Gesamtschuldner, der die Geldbuße ganz oder teilweise zahlt, [X.] gegen die anderen Gesamtschuldner schon geltend machen kann, bevor die Entscheidung der [X.] bestandskräftig geworden ist.
[X.])
In der [X.] Literatur wird die Ansicht vertreten, einem [X.] in diesem
Stadium stehe der Einwand des Rechtsmiss-brauchs entgegen. Der
Ausgleichsberechtigte handle missbräuchlich, wenn er einerseits mit einer Nichtigkeitsklage geltend mache, er sei zur Zahlung einer Geldbuße nicht verpflichtet, andererseits aber Zahlungsansprüche gegen die anderen Gesamtschuldner erhebe
und diesen damit das Risiko seiner Insol-venz aufbürde. Ein Gesamtschuldner, der mehr als den im Innenverhältnis auf ihn entfallenden Teil der Geldbuße gezahlt habe, könne bis zum Eintritt der Rechtskraft von den
anderen Gesamtschuldner nur verlangen, ihn so zu stellen, dass ihm kein bleibender Nachteil erwachse. Dieser Anspruch könne
nament-lich durch Leistung einer Bankbürgschaft erfüllt werden (vgl. [X.],
WRP
2011, 277, 286).
[X.])
Diese Erwägungen vermögen nach Auffassung des Senats nicht vollständig zu überzeugen.
Eine Gesellschaft, gegen die als Gesamtschuldnerin eine Geldbuße [X.] worden ist, kann ein berechtigtes Interesse daran haben, die Geldbuße schon vor Bestandskraft
der Entscheidung zu bezahlen. Zwar besteht die Mög-lichkeit, eine Vollstreckung bis zur Bestandskraft
durch Sicherheitsleistung ab-zuwenden. Dann besteht aber die Gefahr, dass die Höhe des zu zahlenden [X.] aufgrund einer angeordneten Verzinsung bis zur rechtskräftigen Entschei-dung über eine Nichtigkeitsklage
erheblich ansteigt. Wenn ein Gesamtschuld-ner diesem Nachteil nicht ausgesetzt sein
will, kann dies kaum als rechtsmiss-bräuchlich angesehen werden.
54
55
56
57
-
22
-
Treuwidrig könnte es allerdings sein, wenn ein Gesamtschuldner auch einen im Innenverhältnis auf die übrigen Gesamtschuldner entfallenden Anteil der Geldbuße bezahlt, ohne diesen zuvor Gelegenheit zu geben, ihn hinsicht-lich dieses Anteils vor einer späteren Inanspruchnahme einschließlich einer drohenden Belastung mit Zinsen abzusichern, indem jeder Gesamtschuldner den auf ihn entfallenden Teil der Geldbuße selbst bezahlt oder der [X.] wegen dieses Betrags zuzüglich der zu erwartenden Zinsen Sicherheit leistet. Im vorliegenden Fall haben die Beklagten eine solche Leistung nur
hinsichtlich der Hälfte der verhängten Geldbuße erbracht. Wenn die Rechtsauffassung des Gerichts der [X.] zuträfe, hätten sie aber für zwei Drittel der Geldbuße eine Sicherheitsleistung erbringen müssen. Hinsichtlich des [X.] dürfte es kaum treuwidrig
sein, dass sich die Klägerin für eine Zahlung statt für die Erbringung einer eigenen Sicherheitsleistung entschieden hat.
IV.
Der Senat hält es nicht für sachgerecht, den Rechtsstreit vor einer Vorla-ge an den Gerichtshof gemäß §
148 ZPO auszusetzen.
1.
Eine Aussetzung des Rechtsstreits wegen des beim Gerichtshof an-hängigen Rechtsmittels in der Sache [X.] ([X.]/11
P)
ist ent-gegen der Ansicht der Revision ausgeschlossen. Jenes Verfahren betrifft kein Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die hier zu [X.] Entscheidung abhängt. Zwar kann eine Aussetzung in entsprechender An-wendung von §
148 ZPO im Hinblick auf ein anhängiges Vorabentscheidungs-verfahren erfolgen ([X.], Beschluss vom 24.
Januar 2012
-
VIII
ZR
236/10, RIW
2012, 405 mit weiteren Nachweisen; anderer Auffassung
Zöller/[X.], ZPO, 29.
Aufl., §
148 Rn.
3b). Anders als bei einem Vorabentscheidungsverfah-ren wird der Gerichtshof aber in der Sache [X.], welche die Gül-tigkeit einer Entscheidung der [X.] zum Gegenstand hat, nicht die 58
59
60
-
23
-
Funktion wahrnehmen, über eine bestimmte, ihm vorgelegte klärungsbedürftige abstrakte Rechtsfrage zu entscheiden. Deshalb kommt eine Aussetzung nach §
148 ZPO nicht in Betracht
(vgl. [X.], Beschluss vom 13.
September 2012

III
ZB
3/12, WM
2012, 2024 Rn.
22).
2.
Ob eine Aussetzung im Hinblick auf die von den Parteien erhobenen [X.] zulässig wäre, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Eine solche Aussetzung wäre im
vorliegenden Verfahren jedenfalls deshalb nicht sachgerecht, weil die Klägerin die Beklagten möglicherweise schon vor der endgültigen Entscheidung über diese Rechtsmittel auf Ausgleich in [X.] nehmen kann und weil auch diese Frage der Klärung durch den Ge-richtshof bedarf.

Bornkamm
Vors. Richter am [X.] Prof. Dr.
Meier-Beck
Kirchhoff
ist in Urlaub und kann daher nicht unter-schreiben.
Bornkamm

[X.]
Deichfuß
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.07.2011 -
37 O 20080/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 09.02.2012 -
U 3283/11 Kart -

61

Meta

KZR 15/12

09.07.2013

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.07.2013, Az. KZR 15/12 (REWIS RS 2013, 4338)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4338

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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