Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2006, Az. 1 StR 32/06

1. Strafsenat | REWIS RS 2006, 3271

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 32/06 vom 1. Juni 2006 in der Strafsache gegen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. - 2 - Der 1. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 1. Juni 2006, an der teilgenommen haben: [X.] am [X.] [X.] und [X.] am [X.] Schluckebier, [X.], [X.]in am [X.] Elf, [X.] am [X.] Dr. [X.], Staatsanwalt als Vertreter der [X.], Rechtsanwalt als Verteidiger, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle, für Recht erkannt: - 3 - Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 27. September 2005 wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen. Von Rechts wegen Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Mit der Revision rügt der Angeklagte die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. 1 I. Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen: 2 1. Der Angeklagte, der einen stark ausgeprägten Familiensinn hat, un-terhielt zu seinem um sechs Jahre älteren, von ihm sehr geschätzten Bruder ein sehr enges Verhältnis. Beide lebten zur Tatzeit in [X.]. Der Angeklagte wuss-te, dass sein Bruder Kokain konsumiert. Er selbst konsumiert seit seinem 15. oder 16. Lebensjahr sporadisch Marihuana und Haschisch. Der Bruder betrieb seit September 2004 in [X.] einen Handel mit Marihuana im [X.]. Er beschaffte das Rauschgift in [X.] und ließ es über Kuriere per Pkw nach [X.] bringen. Er selbst flog nach [X.], um das Marihuana persönlich 3 - 4 - an seine Abnehmer, wie u.a. an den Mitangeklagten [X.], weiterzuverkau-fen. Das Rauschgift wurde zwischenzeitlich u.a. bei dem Mitangeklagten [X.]in [X.] gelagert. Etwa zwei Wochen vor dem 27. März 2005, dem Tag des [X.] der Urteilsgründe, übergab der Bruder dem Mitangeklag-ten [X.]in [X.] insgesamt 2.952,61 g Marihuana, das zur gewinnbrin-genden Weiterveräußerung durch ihn selbst bzw. durch den Angeklagten be-stimmt war. 4 2. Am 24. März 2005 flog der Angeklagte nach [X.], um auf [X.] seines Bruders, der sich derzeit in [X.] aufhielt, bei dessen [X.] für ihn Geld einzusammeln. Der Angeklagte ging davon aus, dass es sich um Schulden aus Musikgeschäften seines Bruders handele. Dieser hatte ihm als Anreiz für [X.] die Bezahlung des Fluges nach [X.] und eines Mietwagens in [X.] zugesagt, damit er dort und im Umland Freunde besu-chen konnte. Auf Initiative des Bruders trieb der Angeklagte zunächst von ei-nem ihm unbekannten Mann 20.000 • Schulden ein. (Insoweit wurde nach § 154 Abs. 2 StPO verfahren). Noch am selben Tag traf er sich mit dem Mitan-geklagten [X.], von dem er 3.750 • übernahm. Spätestens als [X.] ihn fragte, ob er ihm auch Marihuana liefern könne, war dem Angeklagten klar, dass die Schulden aus Drogengeschäften seines Bruders stammten. 5 3. Dennoch vereinbarte er bei diesem Treffen auf Initiative seines [X.] die Lieferung von 3 kg Marihuana zum Preis von 12.000 • an [X.]. Am 27. März 2005 übernahm der Angeklagte vom Mitangeklagten [X.] 2.952,61 g Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 364 g THC, welches etwa zwei Wochen vorher sein Bruder übergeben hatte. Der Angeklagte hatte vor, das Marihuana gewinnbringend zum Preis von 4.000 • pro Kilogramm an 6 - 5 - [X.] zu verkaufen. Zur beabsichtigten Übergabe an diesem Tage kam es jedoch nicht mehr, weil der Angeklagte vor dem Anwesen [X.] festge-nommen und das Marihuana sichergestellt wurde. Außerdem wurden bei dem Angeklagten 23.590 • vorgefunden und beschlagnahmt. 4. Die Angaben des Angeklagten zu seiner Motivlage erachtet das [X.] als glaubhaft. Danach hatte sein Bruder ihm erzählt, er habe aus der Wohnung der Großmutter heimlich 32.000 • weggenommen. Diese könne er nur zurücklegen, bevor die Großmutter aus [X.] heimkäme und alles merken würde, wenn der Angeklagte in [X.] seine Schulden [X.]. Für die Großmutter, die sehr an ihren Enkeln hänge, wäre es ein großer Schock gewe-sen, festzustellen, dass einer ihrer Enkel sie bestohlen hatte. Damit wurde er von seinem Bruder bedrängt, nach [X.] zu fliegen und für ihn Geld einzu-treiben. Es herrscht in der Familie eine starke familiäre Verbundenheit. [X.] Das Eintreiben und Aufbewahren des Geldes von [X.] bewertet das [X.] als Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und die gescheiterte Lieferung von Marihuana an [X.] als täterschaftliches unerlaubtes Handeltreiben mit [X.] in nicht geringer Menge (Fall [X.] der Urteilsgründe). 8 Die Revision beanstandet u.a., dass der Angeklagte in letzterem Fall we-gen täterschaftlichen Handelns statt Beihilfe verurteilt worden ist. Der Angeklag-te habe nach den Feststellungen keine umsatzbezogenen eigennützigen Vortei-le erwartet. Nur dies bedarf der Erörterung. Im Übrigen wird auf die zutreffen-den Ausführungen des [X.] in seiner Antragsschrift Bezug genommen. 9 - 6 - [X.] Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen täter-schaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge im Fall [X.] der Urteilsgründe. 10 1. Nach ständiger Rechtsprechung sind unter Handeltreiben alle eigen-nützigen Bemühungen zu verstehen, die darauf gerichtet sind, den Umsatz mit Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern ([X.], 3790). Täter eines unerlaubten Handelreibens mit Betäubungsmitteln kann daher nur sein, wer selbst eigennützig handelt. [X.] ist eine Tätigkeit nur, wenn das Handeln des [X.] vom Streben nach Gewinn geleitet wird oder wenn er sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil davon verspricht, durch den er materiell oder immateriell besser gestellt wird (BGHSt 34, 124, 126). 11 2. Das [X.] hat nicht hinreichend klargestellt, wem der Gewinn aus der Lieferung Marihuana an [X.]
zufließen sollte. Jedenfalls wollte der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen das Marihuana gewinnbringend an [X.] verkaufen ([X.]). Das genügt für die Annahme von Eigennutz (so schon BGHSt 28, 308 zu einem gleich gelagerten Fall). Selbst wenn der Angeklagte im ausschließlichen Interesse seines Bruders gehandelt haben soll-te und an diesen den gesamten Verkaufserlös abführen wollte, um ihm auch hierdurch Mittel zum Vertuschen des Diebstahls gegenüber der Großmutter zu verschaffen, so ist dies für das eigennützige Handeln des Angeklagten ohne Bedeutung. Es kommt nicht darauf an, aus welchem Grund der Täter den Ge-winn erzielen will. Auch wenn er ihn an Dritte weitergeben will, fließt er ihm [X.] selbst zu. 12 3. Hinzu kommt eine immaterielle Besserstellung im Falle der Weiterlei-tung des Gewinns an den Bruder. Die sehr starke familiäre Verbundenheit des 13 - 7 - Angeklagten wird mehrfach im Urteil hervorgehoben. Da er einerseits das Be-schaffen von Geld für den sehr geschätzten, ihn stark zu dem Drogengeschäft drängenden Bruder als familiäre Pflicht ansah ([X.]) und andererseits der Großmutter einen sehr großen Schock bezüglich des Diebstahls seines Bruders ersparen wollte, liegt hier jedenfalls auch eine immaterielle Besserstellung des Angeklagten vor. Bei dem hohen Stellenwert, den der Angeklagte dem Famili-enfrieden beimisst, sind besondere Umstände gegeben, die für die Annahme von Eigennutz ausreichen (BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 48). 4. Das [X.] begründet die [X.]keit auch bei der beabsich-tigten Drogenlieferung an [X.] mit der zugesagten Kostenübernahme durch den Bruder für Flug und Mietwagen, um im [X.]er Raum Freunde besuchen zu können. Nach den Feststellungen hatte der Bruder des Angeklag-ten dem Geld[X.]n aus Drogengeschäften ein weiteres Drogengeschäft, die Lieferung von Marihuana, nachgeschoben. Ob er die Kostenübernahme von der Ausführung auch dieses Geschäfts abhängig machte, dazu verhält sich das Urteil nicht. Jedenfalls war das Geld[X.]n bereits am 24. März 2005 14 - 8 - abgeschlossen. Durch das nachgeschobene Geschäft war ein weiterer Aufent-halt in [X.] erforderlich, der auch zu einer längeren Nutzung des [X.] führen konnte, was einen umsatzbezogenen eigennützigen Vorteil dar-stellt. Ob der Angeklagte auch insoweit eigennützige Vorteile erwartete, kann im Hinblick auf die obigen Ausführungen zu [X.] 2. und 3. dahinstehen. [X.] Schluckebier Kolz Elf [X.]

Meta

1 StR 32/06

01.06.2006

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2006, Az. 1 StR 32/06 (REWIS RS 2006, 3271)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3271

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 70/21 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubter Handel mit Betäubungsmitteln: Annahme von Mittäterschaft nur bei eigennützigem Handeln


3 StR 340/14 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Bewertungseinheit bei funktioneller Verknüpfung mehrerer selbstständiger Verkaufs- und Absatzaktivitäten; Konkurrenzverhältnisse


3 StR 340/14 (Bundesgerichtshof)


2 StR 384/19 (Bundesgerichtshof)

Betäubungsmitteldelikt: Abgrenzung von Veräußerung und Handeltreiben von bzw. mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge


1 StR 641/19 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Beendigung der Tat; Tateinheit mit Ausführungshandlungen nach Vollendung bis zur Beendigung …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.