Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2013, Az. XII ZB 427/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 5280

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

BESCHLUSS
XII ZB 427/11
Verkündet am:

5. Juni 2013

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§
187, 188; FamFG
§
137 Abs.
2 Satz
1; ZPO §
217
a)
Das Familiengericht hat den Termin in einer Scheidungssache so zu bestimmen, dass es den beteiligten Ehegatten nach Zugang der Ladung möglich ist, unter Einhaltung der [X.] nach §
137 Abs.
2 Satz
1 FamFG
eine [X.] anhängig zu machen. Zur Vorbereitung eines Antrags
muss den Ehegatten zusätzlich eine Woche zur Verfügung stehen (im [X.] an Senatsbeschluss vom 21.
März
2012
XII
ZB
447/10

FamRZ
2012, 863).
b)
Zur Fristberechnung bei sogenannten rückwärts laufenden [X.].
[X.], Beschluss vom 5. Juni 2013 -
XII ZB 427/11 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
5.
Juni 2013 durch den
Vorsitzenden
Richter Dose, die Richterin [X.]-Monecke und [X.] Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 2.
Familiensenats des Thüringer [X.]s in [X.] vom 25.
Juli
2011 aufgehoben.
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts

Familiengericht
Erfurt vom 18.
Februar
2011 zu Nr.
I und [X.] aufgehoben.
Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des
Beschwerde-
und Rechtsbeschwerde-verfahrens, an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:
A.
Die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) hat die Scheidung ihrer 2005 geschlossenen Ehe
mit dem Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) bean-tragt.

1
-
3
-
Mit Verfügung vom 20.
Dezember
2010
hat das Amtsgericht
Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 20.
Januar
2011 bestimmt.
Die Ladung ist der Ehefrau
am 31.
Dezember
2010 zugegangen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Rechtsanwalt der Ehefrau
einen ([X.] auf Auskunft und [X.] von Zugewinnausgleich überreicht, der vom Rechtsanwalt des
Ehemanns
als zugestellt entgegengenommen worden ist. Das Amtsgericht
hat mit seinem am 18.
Februar 2011 verkündeten Beschluss den Stufenantrag auf Zugewinn-ausgleich als unzulässig zurückgewiesen, die Ehe der Beteiligten geschieden und den Versorgungsausgleich
durchgeführt.
Die Ehefrau
hat gegen den Beschluss

mit Ausnahme des Versorgungs-ausgleichs
-
Beschwerde eingelegt. Das [X.] hat die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Ehefrau, mit welcher sie die Aufhebung der Entscheidung zum Zugewinnaus-gleich und des Scheidungsbeschlusses sowie die Zurückverweisung an das Amtsgericht
erstrebt.

B.
Die nach § 70 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige
Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.

I.
Nach Auffassung des [X.]s
ist ein entgegen §
137 Abs.
2 FamFG verspätet eingereichter Antrag in einer [X.] als unzulässig [X.]. Ob das Amtsgericht
durch die Zurückweisung des Antrags die 2
3
4
5
-
4
-
[X.] Zugewinn lediglich nach §
140 FamFG
abgetrennt oder darauf [X.] habe, dass der Antrag als selbständiges Verfahren geführt
werde, sei nicht eindeutig. Die Frage
könne aber im Ergebnis dahinstehen, da nach §
140 Abs.
6 FamFG
ein Rechtsmittel gegen eine Abtrennung nicht stattfinde und nur im Rahmen eines Rechtsmittels gegen den Scheidungsbeschluss zu prüfen sei, ob die Abtrennung zu Recht erfolgt sei.
Es fehle an einer nach §
137 Abs.
2 Satz
1 FamFG
rechtzeitig
anhängig gemachten [X.]. Der zwischen der Zustellung der Terminsladung und dem Termin liegende Zeitraum habe dreiundzwanzig Tage (29.
Dezember 2010
bis 20.
Januar 2011) betragen, mithin mehr als zwei Wochen. Die Ehefrau habe also die [X.] einhalten können.
Wie das Familiengericht auf eine verspätet anhängig gemachte [X.] zu reagieren habe, sei umstritten. In verfassungskonformer Auslegung des §
137 Abs.
2 Satz
1 FamFG seien verspätete
[X.]nanträge als unzuläs-sig zurückzuweisen. Der Ehefrau entstehe durch die selbständige Weiterfüh-rung des [X.] kein Nachteil, ein solcher werde auch
von ihr nicht geltend gemacht.

II.
Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Der in der güterrechtlichen [X.] eingereichte Stufenantrag durf-te weder abgetrennt noch zurückgewiesen werden. Denn er ist nach den Maß-stäben der

nach Erlass des angefochtenen Beschlusses ergangenen

Recht-sprechung
des Senats rechtzeitig
eingereicht worden.
6
7
8
9
-
5
-
Danach hat das Familiengericht den Termin in einer Scheidungssache so zu bestimmen, dass es den beteiligten Ehegatten nach Zugang der Ladung möglich ist, unter Einhaltung der [X.] nach §
137 Abs.
2 Satz
1 FamFG eine [X.] anhängig zu machen. Zur Vorbereitung eines Antrags muss den Ehegatten zusätzlich eine Woche zur Verfügung stehen (Senatsbe-schluss vom 21.
März 2012

XII
ZB
447/10

FamRZ 2012, 863 Rn.
24).
Dem entspricht das Verfahren vor dem Amtsgericht
nicht. Die Zwei-
wochenfrist
gemäß §
137 Abs.
2 Satz
1 FamFG ist gemäß §
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG nach den Allgemeinen Vorschriften der Zivilprozessordnung, mit-
hin gemäß §
222 ZPO
iVm §
188 Abs.
2 [X.] zu berechnen. Diese Regelun-
gen sind auf rückwärts zu rechnende Fristen entsprechend anzuwenden ([X.]/Repgen [X.] [2009] §
187 Rn.
7). Der Termin zur mündlichen [X.] führt zu einem rückwärtsgerichteten Beginn der Frist gemäß §
187 Abs.
1 [X.] und endet daher um 0.00
Uhr des seiner Benennung entsprechen-den Wochentages. Vom [X.] (Donnerstag, 20.
Januar
2011) zurück
ge-rechnet, hätte der Schriftsatz
in der [X.] Güterrecht somit zur Wahrung der Frist vor dem 6.
Januar
2011 (0.00
Uhr), mithin noch am Mittwoch, dem 5.
Januar
2011 beim Familiengericht eingehen müssen
(vgl. Krause NJW
1999, 1448, 1449; [X.]/Repgen [X.] [2009] §
187 Rn.
7; OLG Braunschweig FamRZ 2012, 892, 893; [X.] FamRZ 2012, 892).
Die den beteiligten Ehegatten zum Zweck der Vorbereitung zusätzlich einzuräumende Frist von einer Woche entspricht der Ladungsfrist gemäß §§
113 Abs.
1 Satz
2 FamFG,
217 ZPO (Senatsbeschluss vom 21.
März 2012

XII
ZB
447/10

FamRZ 2012, 863 Rn.
23
f.). Sie ist auch entsprechend zu berechnen. Nach § 217 ZPO
muss eine Frist von einer Woche zwischen der Zustellung der Ladung und
dem [X.] liegen. Dabei wird
der Tag des die Frist auslösenden Ereignisses
(§§
222 ZPO, 187 Abs.
1 [X.])
ebenso wie der 10
11
12
-
6
-
[X.] selbst
nicht eingerechnet ([X.]/Gehrlein 4.
Aufl. §
217 Rn.
5; Musielak/Stadler ZPO
10.
Aufl. §
217 Rn.
5; [X.]/[X.]/Hüßtege ZPO
34.
Aufl. §
217 Rn.
3).
Demnach hätte im vorliegenden Fall die Ladung zum Termin den nach der Senatsrechtsprechung zu stellenden Anforderungen nur dann entsprochen, wenn sie der Ehefrau
spätestens am 29.
Dezember
2010 zugestellt worden wä-re. Das ist indessen nicht der Fall. Das im angefochtenen Beschluss genannte Zustellungsdatum vom 29.
Dezember
2010 betrifft allein die Zustellung an den Ehemann. Der Ehefrau
ist die Ladung hingegen nach den Feststellungen des angefochtenen Beschlusses erst am 31.
Dezember 2010 zugestellt worden. Da die Einhaltung der Frist für jeden Beteiligten gesondert zu beurteilen ist, kommt es im vorliegenden Fall allein auf die Zustellung der Terminsladung an die Ehe-frau
an. Diese wahrt die den Beteiligten zur Einhaltung der [X.] nach §
137 Abs.
2 Satz
1 FamFG zu gewährende Vorbereitung nicht.
2. Rechtsfolge eines Verstoßes ist nach der genannten Rechtsprechung
des Senats ein
Anspruch auf Terminsverlegung. Einer Terminsverlegung bedarf es allerdings nicht, wenn die Ehegatten die [X.]n noch in dem Termin anhängig machen. Die [X.]n werden dann Bestandteil des [X.] (Senatsbeschluss vom 21.
März 2012

XII
ZB
447/10

FamRZ 2012, 863 Rn.
25).
Das [X.] hat offengelassen, ob das Amtsgericht
über die [X.] Güterrecht bereits abschließend entschieden hat oder ob die Zurückweisung
des Antrags lediglich die Wirkung einer Abtrennung aus dem Scheidungsverbund haben
sollte. Darauf kommt es in beiden Rechtsmittel-
zügen nicht an, weil der Scheidungsausspruch in beiden Fällen gleicher-
maßen verfahrensfehlerhaft ist. Wenn es sich nämlich der Sache nach um eine 13
14
15
-
7
-
Abtrennung handeln sollte, wäre diese nicht zulässig gewesen, dann hätte das Amtsgericht
einen unzulässigen Teilbeschluss über die Scheidung (und den Versorgungsausgleich) erlassen (vgl. Senatsurteil
vom 1.
Oktober
2008

XII
ZR
172/06

FamRZ 2008, 2268
Rn.
20
mwN; [X.]/[X.] FamFG
17.
Aufl. §
140 Rn.
21). Wenn das Amtsgericht
den Antrag hingegen in der [X.] abschließend zurückgewiesen hätte, wäre dies ebenfalls verfahrens-fehlerhaft, weil die Anträge zum Zugewinnausgleich nach §
137 FamFG in zu-lässiger Weise anhängig gemacht worden und somit als [X.] zu [X.] sind,
über die im Rahmen der Verbundentscheidung in der Sache hätte entschieden werden müssen. Eine solche Entscheidung kommt in der Sache einem unzulässigen Teilbeschluss über die Scheidung gleich.
3. Der angefochtene Beschluss ist demnach gemäß §
74 Abs.
5 FamFG
aufzuheben. Auf die Beschwerde der Ehefrau
ist der Beschluss des [X.] entsprechend dem Antrag der Rechtsbeschwerde mit seinen [X.] zur [X.] Güterrecht (I) und zur Scheidung (II) aufzuheben
(§§
117 Abs.
2 Satz
1 FamFG, 538 Abs.
2 Satz
1 Nr.
7 ZPO). Die Entscheidung zum

16
-
8
-
Versorgungsausgleich
ist nicht angefochten worden (vgl. §§
142 Abs.
2 Satz
1,
148 FamFG). Das Verfahren
ist an das Amtsgericht
zurückzuverweisen, das die [X.] Güterrecht im Scheidungsverbund fortzuführen hat.

Dose

[X.]-Monecke

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.02.2011 -
36 F 916/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 25.07.2011 -
2 UF 157/11 -

Meta

XII ZB 427/11

05.06.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.06.2013, Az. XII ZB 427/11 (REWIS RS 2013, 5280)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5280

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 447/10 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 427/11 (Bundesgerichtshof)

Terminsbestimmung in Scheidungssache: Rechtzeitige Geltendmachung einer Folgesache nach Zugang der Ladung; Fristberechnung bei rückwärts laufenden …


XII ZB 447/10 (Bundesgerichtshof)

Terminsbestimmung in Ehesachen: Rechtzeitige Geltendmachung einer Folgesache nach Zugang der Ladung


XII ZB 21/21 (Bundesgerichtshof)

Familiensache: Eintritt des aus Scheidungs- und Folgesache bestehenden Verbunds kraft Gesetzes


XII ZB 87/12 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 427/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.