Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.07.2011, Az. XII ZR 48/09

12. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4863

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Gegenstand

Eheliches Güterrecht: Vereinbarung der Gütertrennung durch eine bei Eheschließung auf Mauritius gegenüber dem Standesbeamten erklärte Wahl des Güterstandes


Leitsatz

Zur Vereinbarung der Gütertrennung bei Geltung des deutschen Güterrechtsstatuts durch eine bei Eheschließung auf Mauritius gegenüber dem Standesbeamten abgegebene Erklärung zur Wahl des Güterstandes .

Tenor

Auf die Revision des Antragstellers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] als Familiensenat vom 17. Februar 2009 aufgehoben.

Auf die Berufung des Antragstellers wird Ziffer 2. des Teilurteils des Amtsgerichts - Familiengericht - [X.] vom 25. Juli 2008 abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Verpflichtung des Antragstellers zur Auskunftserteilung im [X.] nach [X.] Güterrecht.

2

Die in [X.] lebenden Parteien schlossen am 26. Dezember 2002 vor dem Standesbeamten in [X.] / [X.] die Ehe. Der Antragsteller war zur [X.] Staatsangehöriger, die Antragsgegnerin mauritische Staatsangehörige. Schon zu diesem Zeitpunkt hatten die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in [X.]. In der in [X.] und [X.] abgefassten Heiratsurkunde ist im Abschnitt "Matrimonial Regime / Régime Matrimonial" vermerkt, dass die Parteien anlässlich ihrer Eheschließung vor dem Standesbeamten übereinstimmend erklärt haben, im Güterstand des "Legal system of separation of goods / Régime légal de séparation de biens", der dem Güterstand der Gütertrennung nach [X.] Recht entspricht, leben zu wollen.

3

Das Amtsgericht hat durch Teilurteil entschieden und der [X.] stattgegeben. Die Berufung des Antragstellers blieb ohne Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte der Antragsteller die Abweisung der Auskunftsklage erreichen.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision ist begründet.

I.

5

Das Berufungsgericht hat einen Auskunftsanspruch der Antragsgegnerin nach § 1379 [X.] bejaht und zur Begründung ausgeführt, der materiell-rechtlichen Wirkung der Ehe nach [X.] Recht mit dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft sei der Vorrang vor der Wahl eines Güterstandes vor dem Standesbeamten auf [X.] einzuräumen. Nach Art. 15 Abs. 1 EG[X.] iVm Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EG[X.] sei hinsichtlich der güterrechtlichen Wirkungen der Ehe [X.] Recht anzuwenden, weil die Parteien zum Zeitpunkt der Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] gehabt und noch immer hätten. Nach [X.] Recht könne der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft nur durch den Abschluss eines formgültigen [X.] ausgeschlossen werden. Diese Voraussetzung liege hier nicht vor. Einen notariellen Ehevertrag hätten die Parteien nicht abgeschlossen. Die bei der Eheschließung gegenüber dem Standesbeamten zwingend vorgeschriebene Wahl eines nach der dortigen Rechtsordnung gesetzlich vorgesehenen Güterstandes stelle ebenfalls keinen formgültigen Ehevertrag dar. Auch nach mauritischem Recht müsse ein Ehevertrag vor einem Notar beurkundet werden. Die Einhaltung des Ortsrechts von [X.] sei zudem nur für die Frage der Wirksamkeit der Eheschließung als solche von Bedeutung, könne aber keine Änderung der Wirkungen der Ehe zur Folge haben, wenn diese nach [X.] Recht zu beurteilen wären. Nach dem Wortlaut des Art. 15 Abs. 1 EG[X.] unterlägen die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe nicht dem "für" die Eheschließung, sondern dem "bei" der Eheschließung für die Wirkungen der Ehe maßgebenden Recht. Dieses Merkmal sei daher nicht konstitutiv, sondern beinhalte nur ein rein zeitliches Element, das zur [X.] führe.

II.

6

Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Der Antragsgegnerin steht gegen den Antragsteller kein Auskunftsanspruch gemäß § 1379 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu, weil die Parteien für ihre Ehe den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft wirksam ausgeschlossen und Gütertrennung vereinbart haben.

7

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die güterrechtlichen Wirkungen der von den Parteien auf [X.] geschlossenen Ehe nach [X.] Recht beurteilt. Denn nach Art. 15 Abs. 1 EG[X.] bestimmt sich das [X.] nach dem Recht, das im Zeitpunkt der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebend ist, sofern die Eheleute keine Rechtswahl nach Art. 15 Abs. 2 EG[X.] getroffen haben. Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hatten die Parteien, die bei ihrer Heirat unterschiedliche Staatsbürgerschaften hatten, im Zeitpunkt der Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in [X.], so dass für die allgemeinen Ehewirkungen gemäß Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EG[X.] [X.] Recht gilt. Eine Rechtswahl nach Art. 15 Abs. 2 EG[X.] haben die Parteien nicht getroffen. Die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe der Parteien unterliegen daher dem [X.] Sachrecht.

8

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts haben die Parteien jedoch durch ihre gemeinsame Erklärung zur Wahl des Güterstandes gegenüber dem Standesbeamten bei der Eheschließung auf [X.] wirksam den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen und Gütertrennung vereinbart.

9

a) Nach [X.] Güterrecht können die Ehegatten gemäß § 1408 Abs. 1 [X.] ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch einen Vertrag regeln, der bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden muss (§ 1410 [X.]). Wird eine güterrechtliche Vereinbarung - wie im hier zu entscheidenden Fall - von Eheleuten unterschiedlicher Staatsangehörigkeiten geschlossen, entscheidet das im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende [X.] nach Art. 15 Abs. 1 EG[X.] über Zulässigkeit, materiellrechtliche Wirksamkeit und möglichen Inhalt des [X.] ([X.]/[X.] [2010] § 15 EG[X.] Rn. 304 ff.; [X.]/[X.] Aufl. § 15 EG[X.] Rn. 30). Ob der Ehevertrag [X.] zustande gekommen ist, bestimmt sich dagegen nach der Anknüpfungsregelung des Art. 11 EG[X.] ([X.]/[X.] [2010] § 15 EG[X.] Rn. 315).

b) Ein Ehevertrag iSv § 1408 Abs. 1 [X.] ist ein Rechtsgeschäft zwischen Verlobten oder Eheleuten zur Regelung ihrer güterrechtlichen Verhältnisse, dessen Zustandekommen sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 145 ff. [X.] richtet ([X.] in [X.] [X.] § 1408 Rn. 2; MünchKomm[X.]/Kanzleiter 5. Aufl. § 1408 Rn. 4). Daher bedarf es zum Abschluss eines [X.] zweier übereinstimmender Willenserklärungen der Ehewilligen, die darauf gerichtet sind, rechtsverbindlich die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe zu gestalten (vgl. [X.]/Ellenberger [X.] 70. Aufl. Einf. v. § 145 [X.] Rn. 2). Da das eheliche Güterrecht von dem Grundsatz der Vertragsfreiheit beherrscht wird, können die Ehewilligen ihre auf die Ehe bezogenen Vermögensbeziehungen weitgehend frei regeln (zu den Schranken vgl. MünchKomm[X.]/Kanzleiter 5. Aufl. § 1408 Rn. 9 ff.). Sie können einen Güterstand insgesamt wählen, einen anderen Güterstand ersetzen oder einen Güterstand modifizieren ([X.]/Brudermüller [X.] 70. Aufl. § 1408 [X.] Rn. 15).

c) Gemessen an diesen Wesensmerkmalen einer güterrechtlichen Vereinbarung iSv § 1408 Abs. 1 [X.] haben die Parteien bei der Eheschließung durch ihre gemeinsame Erklärung vor dem mauritischen Standesbeamten wirksam Gütertrennung vereinbart.

(1) Nach mauritischem Güterrecht können Ehegatten die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe entweder den gesetzlichen Güterständen der Gütergemeinschaft ("community of goods", vgl. Art. 1401 ff. [X.]) oder der Gütertrennung ("separation of goods", vgl. Art. 1475 ff. [X.]) unterstellen oder einen anderen Güterstand wählen (Art. 1479 [X.]). Andere als die beiden gesetzlichen Güterstände können die Ehegatten nur durch den Abschluss eines notariell beurkundeten [X.] wählen (Art. 1393 Abs. 2, 1479 [X.]). Geben die Ehegatten bei der Eheschließung keine Erklärung ab und haben sie auch keinen Ehevertrag geschlossen, wird die Ehe im Güterstand der Gütergemeinschaft geführt (Art. 1400 [X.]). Entscheiden sich die Heiratswilligen für den gesetzlichen Güterstand der Gütertrennung, genügt für die Wahl die gemeinsame Erklärung der Ehegatten gegenüber dem Standesbeamten bei der Eheschließung, dass die Ehe unter dem gesetzlichen Güterstand der Gütertrennung geschlossen werden soll (Art. 1475 [X.]).

Über diese Möglichkeiten werden die Heiratswilligen bereits bei der Aufgebotsbestellung durch den Standesbeamten informiert (§ 20 Abs. 1 (b) (ii) [X.] 1981). Zusätzlich erhalten sie ein gedrucktes Erläuterungsblatt ausgehändigt (§ 20 Abs. 1 (b) (i) [X.] 1981). Bei der Eheschließung befragt der Standesbeamte die Eheleute dann, welchen der beiden gesetzlich vorgesehenen Güterstände sie wählen wollen oder ob sie einen Ehevertrag abgeschlossen haben (vgl. § 24 Abs. 2 (b) [X.] [X.] 1981).

(2) Nach der Systematik des mauritischen Ehegüterrechts handelt es sich bei der Gütertrennung nach Art. 1475 [X.] zwar um einen gesetzlich geregelten Güterstand. Dieser tritt jedoch nicht - vergleichbar dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft nach [X.] Recht (vgl. § 1363 Abs. 1 [X.]) - zwingend als gesetzliche Folge der Eheschließung ein. Nach mauritischem Recht müssen sich die Ehewilligen vielmehr bewusst und einverständlich für den Güterstand der Gütertrennung entscheiden und eine entsprechende gemeinsame Erklärung vor dem Standesbeamten bei der Eheschließung abgeben. Aus der Sicht des [X.] Rechts kann diese gemeinsame Erklärung der Ehewilligen als Abgabe zweier übereinstimmender Willenserklärungen verstanden werden, die darauf gerichtet sind, rechtsverbindlich die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe zu gestalten. Durch die Abgabe der gemeinsamen Erklärung bei der Eheschließung bekunden die Ehewilligen ihren übereinstimmenden Willen, ihre Vermögensbeziehungen dem Güterstand der Gütertrennung zu unterstellen. Dies entspricht den materiellen Anforderungen an den Abschluss eines [X.] nach § 1408 Abs. 1 [X.].

(3) Es bestehen auch keine inhaltlichen Bedenken, die Vorgänge bei der Eheschließung der Parteien auf [X.] als wirksame güterrechtliche Vereinbarung nach [X.] Recht anzusehen. Die Parteien haben sich mit der Wahl der Gütertrennung nach Art. 1475 ff. [X.] für einen Güterstand entschieden, den auch das [X.] Güterrecht kennt. Nach Art. 1476 Abs. 1 [X.] behält jeder Ehegatte in der Weise die Verwaltung, Nutzung und freie Verfügungsbefugnis über seine persönlichen Güter, als ob er nicht verheiratet wäre (Bergmann/[X.]/[X.] Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht [2009] [X.] Art. 1476 [X.]). Jeder Ehegatte haftet für Schulden, die er vor oder während der Ehe eingegangen ist, allein (Art. 1476 Abs. 2 [X.]). Diese klare Trennung der Vermögensmassen der Eheleute und die nach der Eheschließung fortdauernde alleinige Verwaltung des Vermögens sind auch prägende Merkmale des Güterstandes der Gütertrennung nach [X.] Recht ([X.]/Brudermüller [X.] 70. Aufl. v. § 1414 Rn. 1). Die Gütertrennung nach mauritischem Recht ist daher der Gütertrennung nach [X.] Recht in wesentlichen Punkten vergleichbar.

d) Schließlich ist die güterrechtliche Vereinbarung der Parteien auch [X.] zustande gekommen.

(1) Die Formerfordernisse für ein im Ausland abgeschlossenes Rechtsgeschäft richten sich nach der Kollisionsnorm des Art. 11 Abs. 1 EG[X.] ([X.]/[X.] von Mohrenfels [X.] [2007] Art. 11 EG[X.] Rn. 82; MünchKomm[X.]/[X.] 5. Aufl. Art. 11 EG[X.] Rn. 22). Nach dieser Vorschrift ist ein im Ausland abgeschlossenes Rechtsgeschäft formgültig, wenn es die Formerfordernisse des Rechts, das auf das seinen Gegenstand bildende Rechtsverhältnis anzuwenden ist (Geschäftsrechtsform), oder des Rechts des Staates erfüllt, in dem es vorgenommen wird (Ortsrechtsform). Damit stellt Art. 11 Abs. 1 EG[X.] zur Erleichterung des internationalen Rechtsverkehrs die Formvorschriften des Ortsrechts gleichwertig neben die nach dem inhaltlich maßgebenden Geschäftsrechts (MünchKomm[X.]/[X.] 5. Aufl. Art. 11 EG[X.] Rn. 36; [X.]/[X.] Aufl. Art. 11 EG[X.] Rn. 6).

(2) Da nach mauritischem Recht für die Wahl der Gütertrennung die gemeinsame Erklärung der Ehegatten gegenüber dem Standesbeamten bei der Eheschließung ausreicht und diese Form nach den Feststellungen des Berufungsgerichts eingehalten wurde, genügt die güterrechtliche Vereinbarung der Parteien der maßgeblichen Ortsrechtsform (Art. 11 Abs. 1 Alt. 2 EG[X.]). Dadurch wird die nach [X.] Recht erforderliche notarielle Beurkundung nach § 1410 [X.] des [X.] ersetzt.

3. Das Berufungsurteil kann danach nicht bestehen bleiben. Der [X.] kann - mit Ausnahme der Kosten - in der Sache abschließend entscheiden. Da die Antragsgegnerin aufgrund der wirksamen Vereinbarung des Güterstandes der Gütertrennung vom Antragsteller keinen Zugewinnausgleich verlangen kann, kann die Antragsgegnerin auch den Auskunftsanspruch nach § 1379 Abs. 1 [X.] nicht geltend machen (vgl. MünchKomm[X.]/[X.] 5. Aufl. § 1379 Rn. 5 mwN).

Auf die Berufung des Antragstellers ist ihre Klage daher unter Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils insoweit abzuweisen.

[X.]                                        Weber-Monecke                                        Dose

                    [X.]                                                [X.]

Meta

XII ZR 48/09

13.07.2011

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 17. Februar 2009, Az: II-4 UF 135/08, Urteil

Art 11 Abs 1 BGBEG, Art 14 Abs 1 Nr 2 BGBEG, Art 15 Abs 1 BGBEG, § 1408 BGB, § 1410 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.07.2011, Az. XII ZR 48/09 (REWIS RS 2011, 4863)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4863


Verfahrensgang

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Az. XII ZR 48/09

Bundesgerichtshof, XII ZR 48/09, 13.07.2011.


Az. 4 UF 135/08

Oberlandesgericht Köln, 4 UF 135/08, 17.02.2009.


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Referenzen
Wird zitiert von

XII ZB 489/15

XII ZR 48/09

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