Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.02.2015, Az. 4 StR 233/14

4. Strafsenat | REWIS RS 2015, 14867

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
4
StR
233/14

vom
26. Februar
2015
[X.]St:
ja
[X.]R:
ja
Nachschlagewerk:
ja
Veröffentlichung:
ja

-

[X.] §
13 Abs.
2, §
95 Abs.
1 Nr.
3, Abs.
5, §
96 Abs.
1, Abs.
2;
Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.
Juli 1951

31;
Verordnung ([X.]) Nr.
343/2003 des [X.]tes vom 18.
Februar 2003

II

3;
Verordnung ([X.]) 562/2006 vom 15. März 2006 ([X.])
Art.
2
Der Umstand, dass die [X.] von ihrem Selbsteintritts-recht nach der [X.] Gebrauch gemacht hat und Asylsuchende, die sich zuvor in [X.] aufgehalten haben und von dort direkt auf dem Luftweg nach [X.] eingereist sind, nicht nach [X.] zurück-überstellt, lässt die Strafbarkeit eines ihre unerlaubte Einreise unterstützenden Schleusers unberührt.

[X.], Urteil vom 26. Februar 2015

4
StR
233/14

LG Essen

in der Strafsache
gegen

wegen gewerbsmäßigen Einschleusens von Ausländern

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat aufgrund der Verhandlung vom 15.
Januar 2015 in der Sitzung am 26.
Februar 2015
an der teilgenommen
haben:
Vorsitzende [X.]in
am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,

[X.]in
am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
[X.],
Dr. Quentin

als beisitzende [X.],

[X.]in am [X.]

als Vertreterin
des
Generalbundesanwalts,

Rechtsanwältin

in der Verhandlung

als Verteidigerin,

Justizangestellte

in der Verhandlung ,
Justizangestellte

bei der Verkündung

als Urkundsbeamtinnen
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
1.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 4.
Dezember 2013 wird verworfen; [X.] wird der Strafausspruch dahin ergänzt, dass die in dieser Sache in [X.] erlittene Auslieferungshaft auf die verhängte Freiheitsstrafe im Verhältnis 1
:
1 ange-rechnet wird.
2.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Ein-schleusens von Ausländern in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die auf mehrere Verfahrensrügen und die ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen des [X.]s organisierte der Angeklagte seit Ende des Jahres 2011 die Schleusung [X.] St[X.]tsangehöriger, die von [X.] aus in die [X.] oder andere Ziellän-über die [X.] nach [X.] eingereist, hatten dort keinen Asylantrag gestellt und versuchten,
sich bis zu ihrer angestrebten Weiterreise in Griechen-1
2
-
4
-
land ohne Kenntnis der Behörden aufzuhalten. Für seine Tätigkeit handelte der Angeklagte mit den Schleusungswilligen oder deren Angehörigen einen Ge-samtpreis aus, der durchschnittlich mehrere Tausend Euro pro Person betrug. Mit dem erwarteten finanziellen Gewinn aus seiner wiederholten Schleuser-tätigkeit wollte er seinen Lebensunterhalt bestreiten. Keiner der [X.] St[X.]tsangehörigen verfügte über einen gültigen Pass oder einen für die [X.] nach [X.] erforderlichen Aufenthaltstitel.
1.
Im [X.] 2012 sagte der Angeklagte dem [X.] St[X.]tsangehö-rigen H.

R.

zu, ihn und seine zehnköpfige Familie gegen ein Entgelt in
unbekannter Höhe nach und nach mit dem Flugzeug in die
[X.] zu schleusen. Der Schleuserlohn sollte abhängig vom Fortschritt der Schleusungen in Teilbeträgen durch einen bereits in [X.] lebenden Bruder des H.

R.

, [X.]

Re.

, nach [X.] überwiesen werden.
Im [X.] daran quartierte der Angeklagte die Familie R.

in einer von
ihm gemieteten Wohnung in [X.] ein und beauftragte mindestens einen unbe-kannten Mittäter mit der [X.]. In der Folgezeit wurden einzelne Mitglieder der Familie R.

in die [X.] ein-
geschleust und Teilbeträge des [X.] an den [X.] überwiesen. Mitte August 2012 erhielt der Angeklagte von einem [X.] die Nachricht, dass auch die zum damaligen Zeitpunkt 16
Jahre alte
G.

R.

und zwei weitere weibliche Familienmitglieder nach Deutsch-
land verbracht werden könnten. Er nahm deshalb am 22. und 23.
August 2012 Kontakt zu [X.]

Re.

auf und besprach mit ihm die Einzelheiten der Zahlung
eines weiteren Teiles des [X.] in Höhe von 9.000
Euro. Am 30.
Au-gust 2012 reiste G.

R.

mit dem Flugzeug von Rhodos nach [X.]
am Main. Zuvor war ihr von Mittätern des Angeklagten ein gefälschter polni-scher Personalausweis übergeben worden. Nach ihrer Ankunft am [X.] 3
-
5
-
Flughafen wurde sie im nichtöffentlichen Bereich des Flughafengebäudes von Beamten der [X.] nach ihren Ausweispapieren befragt. Daraufhin zeigte sie den gefälschten [X.] Personalausweis vor und gab an, dass es ihr
Ziel gewesen sei, in [X.] Asyl zu beantragen (Fall
III
2
b) [X.])
(a) der Urteilsgründe).
2.
An einem nicht mehr näher feststellbaren Tag im [X.] 2012 ver-einbarte der Angeklagte mit dem [X.] St[X.]tsangehörigen Kh.

A.

die Schleusung von dessen Familie in die [X.]. Der vereinbarte Schleuserlohn in unbekannter Höhe sollte von T.

Al.

,
einem bereits in der [X.] lebenden Bruder [X.].

A.

, dem Angeklagten nach [X.] überwiesen werden. In der Fol-
gezeit brachte der Angeklagte die Familie A.

in einer von ihm gemieteten
Wohnung in [X.] unter und beauftragte mindestens einen unbekannten Mittä-ter mit der [X.]. Nachdem er von einem Mittäter die [X.] erhalten hatte, dass der zwölfjährige [X.].

[X.]

gemeinsam mit zwei
weiteren Kindern von H.

R.

mit dem Flugzeug nach [X.] gebracht
werden könne, teilte er dies T.

Al.

mit und bat um deren Abholung.
Obgleich T.

Al.

ihm dies nicht zusagen konnte, führte der Angeklagte
die Schleusung durch. Daraufhin reisten der mit gefälschten Ausweispapieren versehene zwölfjährige [X.].

[X.]

, der zehnjährige R.

Re.

(R.

)
und
der achtjährige [X.].

Re.

(R.

)
am 13.
September 2012 mit dem Flug-
zeug von [X.] nach [X.]. Nach ihrer Ankunft wurden sie von einer unbekannten Mittäterin des Angeklagten zum dortigen [X.] verbracht und in einen ICE nach [X.] gesetzt. Dabei wurden ihnen die gefälsch-ten Ausweispapiere abgenommen. Nach der Durchfahrt des ersten [X.]ltepunkts auf dem [X.] in [X.] wurden die drei von einer Zugstreife der [X.] angesprochen, sie führten keine Ausweisdokumente bei sich. Bei 4
-
6
-
seiner Befragung erklärte [X.].

[X.]

(Fall
III
2
b) [X.])
(b) der Urteilsgründe).
3.
Im Frühjahr 2012 übernahm der Angeklagte gegen ein in der Höhe nicht feststellbares Entgelt die Schleusung der Eheleute [X.].

I.

und
J.

M.

. Der Schleuserlohn sollte dabei von dem bereits in der Bundes-
republik lebenden [X.] der Familie aufgebracht werden. In der Folgezeit [X.] das Ehep[X.]r in einer von ihm angemieteten Wohnung unter und beauftragte mindestens einen unbekannten Mittäter mit der [X.]. Nachdem mehrere Versuche der Eheleute gescheitert waren, ein Flugticket zu erwerben und ein Flugzeug zu besteigen, verschaffte der Ange-klagte ihnen durch die
Bestechung von [X.] den Zugang zu einem Flugzeug. Dafür hatte er zuvor mit dem [X.] der Eheleute einen [X.] auf den Schleuserlohn vereinbart. Am 20.
September 2012 reiste das Ehep[X.]r [X.].

I.

und J.

M.

von Rhodos mit dem Flugzeug nach
[X.]. Nach ihrer Ankunft am [X.]er Flughafen wurden sie im nicht-öffentlichen Bereich des Flughafengebäudes von Beamten der [X.] nach ihren Ausweispapieren befragt, beide hatten keine Ausweisdokumente bei sich. Im [X.] daran erklärte [X.].

I.

gegenüber den Polizeibeam-

[X.] zu erreichen. Ich will Asylantrag stellen. Für [X.] und meine Ehe-

(Fall
III
2) b) [X.])
(c) der Urteilsgründe).
4.
Im Juni/Juli 2012 übernahm der Angeklagte für einen Schleuserlohn von wenigstens 9.000
Euro die [X.] des zuvor von Un-bekannten über die [X.] nach [X.] eingeschleusten M.

S.

und seiner Familie (Ehefrau und Tochter) in die [X.]. Der Schleuserlohn sollte von Verwandten und dem bereits in der Bundesrepu-5
6
-
7
-
blik lebenden [X.] der Eheleute entrichtet werden. In der Folgezeit brachte der Angeklagte die Familie in einer von ihm angemieteten Wohnung unter und be-auftragte mindestens einen unbekannten Mittäter mit der [X.]. Nach wenigen Tagen wurde die Tochter der Eheleute S.

/F.

in
die [X.] eingeschleust. Nachdem es den Eheleuten mehrfach nicht gelungen war, in ein Flugzeug nach [X.] zu gelangen, veranlasste der Angeklagte gegen einen Aufpreis, dass beide durch bestochene Flughafenmit-arbeiter in das Flugzeug gebracht werden,
und setzte ihren [X.] hiervon am 25.
September 2012 in Kenntnis. Noch am selben Tag reisten die Eheleute
M.

S.

und B.

F.

mit dem Flugzeug von [X.] nach
[X.] ein. Nach ihrer Ankunft am [X.]er Flughafen wurden sie im nichtöffentlichen Bereich des Flughafengebäudes von Beamten der Bundes-polizei nach ihren Ausweispapieren befragt. M.

S.

legte eine gefälschte
[X.] Identitätskarte vor, B.

F.

hatte keine Ausweisdokumente
bei sich.
Auf die Frage nach dem Grund ihrer Reise gab M.

S.

-
ne
Kinder
befinden sich in [X.] und weil der Präsident in [X.] die
-republik [X.] (Fall
III
2 b) [X.]) (d) der Urteilsgründe).
II.
Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.
1.
Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.
a)
Die [X.], das [X.] habe bei der Ablehnung des in der [X.]upt-verhandlung vom 3.
Dezember 2013 gestellten Antrages auf Einvernahme von zehn Beamten der [X.] gegen §
244 Abs.
3 StPO verstoßen, ist nicht 7
8
9
-
8
-
zulässig erhoben (§
344 Abs.
2 Satz
2 StPO), weil die dem Antrag beigefügten s-StPO,
26.
Aufl., §
244 Rn.
372 mwN).
Im Übrigen hat das [X.] den Antrag zu-treffend als Beweisermittlungsantrag angesehen, da er keine Zuordnung der unter Beweis gestellten Tatsachen zu den benannten Zeugen enthält (vgl. [X.], Beschluss vom
14.
Juli 1981

5
StR
343/81; NStZ
1983, 210 bei [X.]/
Miebach).
b)
Soweit sich die Revision gegen die Verwertung von drei [X.] wendet, die der Angeklagte von [X.] aus mit Teilnehmern im Ausland geführt hat, bleibt ihr der Erfolg schon deshalb versagt, weil ausge-schlossen werden kann, dass das Urteil auf der gerügten Gesetzesverletzung beruht (§
337 Abs.
1 StPO). Das [X.] hat die beanstandeten [X.] nur bei der Erörterung der Motivlage verwertet, seine Überzeugung, dass der Angeklagte mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt hat, dabei aber vornehmlich auf dessen

korrigierte

Einlassung in der [X.]uptverhandlung ge-stützt. Die in Rede stehenden Telefongespräche wurden lediglich
zusammen mit vier weiteren Telefongesprächen und den Angaben der früheren [X.] zu deren Bestätigung herangezogen. Der Senat schließt aus, dass das [X.] zu einem anderen Beweisergebnis gelangt wäre, wenn ihm die von der Revision für unverwertbar erachteten Gespräche nicht zur Verfügung ge-standen hätten.
2.
Auch die Sachrüge bleibt ohne Erfolg.
a)
Das [X.] hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass der Ange-klagte in vier Fällen anderen unter Verwirklichung von [X.] 10
11
12
-
9
-
gewerbsmäßig dazu Hilfe geleistet hat, unerlaubt in das [X.] einzu-reisen (§
95 Abs.
1 Nr.
3 [X.]),
und deshalb wegen gewerbsmäßigen Ein-schleusens von Ausländern in vier
Fällen nach §
96 Abs.
1 Nr.
1b, Abs.
2 Nr.
1 [X.], §
53 StGB strafbar ist.
[X.])
Alle von dem Angeklagten unterstützten [X.] St[X.]tsbürger

auch die Minderjährigen (vgl. dazu [X.], [X.], 275, 276)

sind ohne
den nach §
3 Abs.
1 [X.]
erforderlichen Pass und ohne den nach §
4 Abs.
1 [X.] erforderlichen Aufenthaltstitel (Sichtvermerk) in das [X.] eingereist. Ihre Einreise war damit unerlaubt im Sinne von §
95 Abs.
1 Nr.
3, §
14 Abs.
1 Nr.
1 und 2 [X.].
bb)
Art.
16a Abs.
1 [X.]
steht dieser Bewertung nicht entgegen. Denn
die
von dem Angeklagten unterstützten [X.] St[X.]tsangehörigen sind nicht unmittelbar aus dem
Verfolgerst[X.]t ([X.]),
sondern aus einem Mitgliedst[X.]t der [X.] ([X.], [X.]) in die [X.] eingereist und konnten
sich schon deshalb nach
Art.
16a Abs.
2 Satz
1 [X.],
§
26a Abs.
1 Satz
1 AsylVfG nicht auf das Asylgrundrecht berufen
(vgl. [X.], Urteil vom 2.
März 2010

4
Ss
1558/09, juris,
Rn.
9
m. Anm. [X.], [X.] 20/2010 Anm.
2; [X.], [X.], 24
f.; [X.], [X.]St 1998, 172, 173; [X.], NVwZ 1992, 682, 684; NVwZ 1984, 591;
[X.], Einschleusen von Ausländern,
2.
Aufl., S.
183 ff.; [X.] in: [X.], [X.],
§
95 Rn.
354 mwN).
cc)
Hieran ist auch in Bezug auf die unmittelbar aus [X.] einge-reisten Asylbewerber festzuhalten.

13
14
15
-
10
-
(1)
Nach dem vom verfassungsändernden Gesetzgeber in Art.
16a Abs.
2 Satz
1 [X.] gewählten Konzept der sicheren Drittst[X.]ten ist der [X.] Geltungsbereich des in Art.
16a Abs.
1 [X.] gewährten Asylgrundrechts auf Ausländer beschränkt, die nicht aus einem Mitgliedst[X.]t der [X.] oder aus einem anderen Drittst[X.]t eingereist sind,
in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.
Juli 1951 (BGBl.
II 1953, S.
560)

[X.] (GFK)

und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten

[X.]

vom 4.
November 1950 (BGBl.
II 1952, S.
953) sichergestellt ist.
Die Mitgliedst[X.]ten der Europäischen Gemeinschaften hat der [X.] Gesetzgeber in Art.
16a Abs.
2 Satz
1 [X.]
selbst zu sicheren Drittst[X.]ten bestimmt. Aus der Entstehungsgeschichte der Norm wie auch aus der [X.], die der verfassungsändernde Gesetzgeber mit der Drittst[X.]tenregelung verfolgt, ergibt sich, dass die Mitgliedst[X.]ten unmittelbar kraft Verfassung siche-re Drittst[X.]ten sind.
Der zweite [X.]lbsatz in Art.
16a Abs.
2 Satz
1 [X.] (... in dem die A) bezieht sich ausschließlich auf
, mithin auf St[X.]ten außerhalb der [X.]. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass
ein Ausländer in allen Mit-gliedst[X.]ten der Europäischen Gemeinschaften generell Schutz vor politischer Verfolgung und vor Weiterschiebung in einen St[X.]t finden kann, in dem ihm politische Verfolgung oder sonstige menschenrechtswidrige Behandlung oder Bestrafung droht; nur für andere St[X.]ten ist diese Annahme noch von der vor-gängigen Prüfung abhängig, ob dort ein Schutz entsprechend der [X.] und der [X.] wird ([X.] 94, 49, Rn.
159; vgl. BT-Drucks.
12/4152,
S.
4). Auch für [X.] als
Mitgliedst[X.]t
der Europäischen Gemeinschaft ergibt sich da-mit der Status eines sicheren Drittst[X.]tes unmittelbar aus der Verfassung.
16
-
11
-
(2)
Der Umstand,
dass zur Tatzeit keine Rücküberstellungen nach Grie-chenland gemäß
der Verordnung ([X.]) Nr.
343/2003 des [X.]tes vom 18.
Fe-bruar 2003 (Dublin
II

VO) erfolgen durften, weil dort eine Umsetzung der Schutzmechanismen für Flüchtlinge entsprechend den Standards der [X.] nicht mehr gewährleistet war (vgl. [X.]MR ([X.]), NVwZ 2011, 413 [Verstoß gegen Art.
3 und 13 [X.]]; [X.], [X.], 417; siehe auch [X.], Beschluss vom 8.
Dezember 2014

2
BvR
450/11, juris, Rn.
29; [X.], 318; [X.], Beschluss vom 25.
Februar 2010

V
ZB
172/09, [X.], 726, Rn.
26; [X.],
EZAR
NF
65 Nr.
14, S.
3; [X.]ilbronner/[X.], [X.], 406, 409)
und [X.] deshalb in Bezug auf aus [X.] eingereiste Asylbewerber von seinem Selbsteintrittsrecht gemäß Art.
3 Abs.
2 Dublin
II

VO Gebrauch gemacht hat, steht dem nicht entgegen
(a.[X.], ZAR 2014, 142, 146
ff.; [X.], Einschleusen von Ausländern, 2.
Aufl., S.
187
f.). Auch wenn
[X.] vor diesem Hintergrund zum

Zeitpunkt der verfahrensgegenständlichen Schleusungen nicht mehr uneinge-schränkt

als

Sinn einzuordnen
war ([X.], Beschluss vom 8.
Dezember 2014

2
BvR
450/11, juris,
Rn. 29), hat sich dadurch die verfassungsrechtliche Ausgangslage nicht verändert.
(3)
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die einer
Rücküberstel-lung
entgegenstehenden Defizite im [X.] Asylverfahren und das gene-relle Ausüben des Selbsteintrittsrechts nach Art.
3 Abs.
2 Dublin
II

VO dazu geführt haben, dass
die
eingeschleusten Ausländer trotz ihres zwischenzeit-lichen Aufenthalts in [X.] als

von
§
95 Abs.
5 [X.] in Verbindung mit Art.
31 Abs.
1 GFK einzustufen sind
(vgl. dazu [X.], Beschluss vom 8.
Dezember 2014

2
BvR
450/11, juris,
Rn.
29; siehe auch OLG
Köln, [X.], 24). Zwar geht ein Flüchtling seines Schutzes durch Art.
31 Abs.
1 GFK grundsätzlich nicht schon dadurch verlustig, dass er 17
18
-
12
-
aus einem Drittst[X.]t einreist und nicht direkt aus dem Herkunftsst[X.]t, sofern er

nutzt und sich der Aufenthalt in [X.] nicht schuldhaft verzögert ([X.],
Beschluss vom 8.
Dezember 2014

2
BvR
450/11,
juris,
Rn.
31 mwN). Durch den Schutz des Art.
31 Abs.
1 GFK entstünde aber
lediglich ein
den Asylsuchenden betreffender
persönlicher Straf-aufhebungsgrund, der das
bereits verwirklichte Unrecht der unerlaubten [X.] unberührt ließe und deshalb auf die Strafbarkeit des Angeklagten nach §
96 Abs.
1 [X.] ohne Einfluss wäre ([X.], Beschluss vom 8.
Dezem-ber 2014

2
BvR
450/11, juris, Rn.
22; [X.], Beschluss vom 25.
März 1999

1
StR
344/98, [X.], 409
zu §
92 Abs.
4 AuslG; [X.] in [X.]/
Kohlh[X.]s, Strafrechtliche Nebengesetze,
195.
Ergänzungslieferung
2013,
§
95 [X.] Rn.
68; [X.] in MüKo-StGB,
2.
Aufl.,
§
95 [X.] Rn.
118).
dd)
Der Einwand der Revision, die noch im nichtöffentlichen Bereich der Flughäfen [X.] und [X.] von der [X.] kontrollierten syri-schen St[X.]tsangehörigen G.

R.

(Fall
III
2
b) [X.]) (a) der Urteilsgründe),
[X.].

I.

und J.

M.

(Fall
III
2) b) [X.]) (c) der Urteilsgründe) sowie
M.

S.

und B.

F.

(Fall
III
2
b) [X.]) (d) der Urteilsgründe) seien
erlaubt in die [X.] eingereist, weil ihnen die Einreise von den kontrollierenden [X.]beamten zur Durchführung des Asylver-fahrens nach §
18 Abs.
1, §
18a AsylVfG gestattet worden sei
(vgl. [X.]/[X.]hoff, 6.
Edition,
[X.], §
95 Rn.
33; [X.] in [X.]/
[X.]/Dienelt, Ausländerrecht, 10.
Aufl., §
95 [X.] Rn.
53), geht fehl.
(1)
Für eine grenzpolizeiliche Einreisegestattung nach §
18 Abs.
1 AsylVfG war kein [X.]um, weil die
angeführten
Asylbewerber im Zeitpunkt der Kontrolle durch die Beamten der [X.] bereits eingereist waren.
19
20
-
13
-
(a)
Der Begriff der Einreise bestimmt sich nach
der
Verordnung ([X.]) 562/2006 vom 15.
März 2006 ([X.]), die im [X.]hmen ihres Geltungsbereiches der nationalen Regelung in
§
13 [X.]
vorgeht. Nach Art.
20 [X.] dürfen Binnengrenzen unabhängig von der St[X.]tsangehörigkeit der betreffenden Personen an jeder Stelle ohne Personen-kontrollen überschritten werden.
Der damit verbundene Wegfall jedweder Grenzübergangskontrolle und der Abbau aller Grenzübergangsstellen führt
da-zu, dass
sich der Grenzübertritt nicht mehr nach §
13 Abs.
2 Satz
1 [X.], sondern nach §
13 Abs.
2 Satz
3 [X.] richtet. Ein Ausländer ist daher an einer Binnengrenze bereits dann eingereist, wenn er die Grenzlinie (physisch) überschritten und das [X.]heitsgebiet des Zielst[X.]tes betreten hat (vgl. [X.]/[X.], 6.
Edition, [X.], §
13 Rn.
9; [X.] in HK-AuslR, §
13 [X.] Rn.
20; [X.]ilbronner, Ausländerrecht, Stand 2014,
§
13 [X.]
Rn.
18; [X.], [X.], 69; [X.]/[X.], NJW 1999, 2137, 2138). Reist der Ausländer mit einem Binnenflug (Art.
2 Nr.
3 [X.]) ein, gilt
nach
Art.
2 Nr.
1b
[X.]

n-ze. Dies hat zur Folge, dass der für die Vollendung der Einreise maßgebliche (physische) Grenzübertritt
nicht
schon
mit dem Überfliegen der (geografischen) Grenzlinie stattfindet (so aber
[X.] in [X.], [X.], §
95 Rn.
117), sondern erst
mit dem Betreten des [X.]heitsgebietes des Zielst[X.]tes am Flughafen
erfolgt (vgl. OLG [X.], EZAR
NF
57 Nr.
10; [X.]-Aufenthalts-gesetz/[X.], §
95 Rn.
99).
Nicht erforderlich
ist es
hingegen, dass
der Passagier eines [X.] (Art.
2 Nr.
3 [X.]) auch schon in den öffentlichen Bereich des Flughafengeländes gelangt ist oder
den Flughafenbereich verlassen hat. Beide Gesichtspunkte knüpfen an die in §
13 Abs.
2 Satz
1 [X.] geregelte Grenzsituation an und setzen voraus, dass der Flughafen eine Grenzübergangsstelle ist, an der Grenzübertrittskontrollen stattfinden (vgl. [X.] in [X.], [X.], §
13 Rn.
17). Dies
ist 21
-
14
-
aber nur bei ankommenden
Flügen
aus Drittst[X.]ten der Fall, bei denen der Flughafen als Außengrenze gilt
(Art.
2 Nr.
2 iVm
Art.
2 Nr.
1b [X.]) und Grenzübergangsstelle
(Art.
2 Nr.
8 [X.])
ist, nicht aber bei [X.] (zur notwendigen Trennung der [X.] aus ankommenden [X.] und Flügen aus Drittst[X.]ten
vgl.
An-hang
VI Nr.
2.1.1 zum [X.]; [X.],
ZAR 1994, 99, 101; [X.], Die [X.]
Abkommen und ihre strafprozessualen Implikationen, 2001, S.
52
f.).
(b)
Danach hatten die von dem Angeklagten eingeschleusten G.

R.

, [X.].

I.

,
J.

M.

, M.

S.

und B.

F.

den Tat-
bestand der unerlaubten Einreise im Sinne von §
95 Abs.
1 Nr.
3 [X.] be-reits vollständig verwirklicht, als sie im nichtöffentlichen Bereich der Flughäfen in [X.]/Main und [X.] von [X.]beamten angetroffen wurden und erstmals ein Asylersuchen anbrachten.
(2)
Der Hinweis der Revision auf das sog. Flughafenverfahren nach §
18a AsylVfG verfängt ebenfalls nicht. Dieses Verfahren ist als Asylverfahren vor der Entscheidung über die Einreise konzipiert
(vgl. [X.], Urteil vom 14.
Mai 1996

2
BvR
1516/93, NVwZ 1996, 678, 680
f.) und kommt nicht mehr in Betracht, wenn

wie hier

die Einreise bereits vollendet ist (OLG [X.], EZAR
NF
57 Nr.
10; [X.]ilbronner, Ausländerrecht, Stand 2014, §
18a
AsylVfg Rn.
42; [X.] in [X.]/Kohlh[X.]s, Strafrechtliche Nebengesetze 195.
Ergän-zungslieferung 2013,
§
18a AsylVfG Rn.
3).
22
23
-
15
-

(3)
Der Umstand, dass die Beamten der [X.]
in allen Fällen nach der Feststellung der pass-
und aufenthaltstitellosen Einreise keine aufent-haltsbeenden Maßnahmen (Zurückschiebung nach §
18 Abs.
3
iVm Abs.
2
Nr.
2 AsylVfG, §
71 Abs.
3 Nr.
1 [X.]) veranlasst haben, hat den aufgrund ihrer Einreise aus einem sicheren Drittst[X.]t von der grundrechtlichen Asylge-währung nach Art.
16a Abs.
2 [X.] ausgeschlossenen Ausländern
zwar nach §
26a Abs.
1 Satz
3 iVm §
18 Abs.
4 Nr.
2
AsylVfG einen
einfachgesetzlichen Zugang zum Asylrecht eröffnet (vgl. [X.] in
[X.]/[X.]/Dienelt, Ausländerrecht,
10.
Aufl.,
§
26a AsylVfG Rn.
10;
[X.] in [X.]/Kohlh[X.]s, Straf-rechtliche Nebengesetze,
195.
Ergänzungslieferung
2013,
§
26a AsylVfG Rn.
8; Schmidt-[X.]feld in MüKo-StGB,
2.
Aufl.,
§
26a AsylVfG Rn.
2). An der
zu diesem Zeitpunkt bereits vollendeten unerlaubten Einreise ändert dies aber nichts
(vgl. dazu auch [X.], Beschluss vom 6.
Mai 2010

V
ZB
213/09, [X.], 1510 Rn.
8).
b)
Der vom [X.] rechtsfehlerfrei bestimmte Anrechnungsmaßstab für den im Ausland erlittenen Freiheitsentzug war gemäß §
51 Abs.
4 Satz
2 StGB in die Urteilsformel aufzunehmen (vgl. [X.], Beschluss vom 14.
März 2012

2
StR
520/11, Rn.
6; Beschluss vom 6.
Februar 2002

2
StR
489/01, Rn.
6). Die weitere Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtferti-
24
25
-
16
-
gung hat keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§
349 Abs.
2 StPO).
Sost-Scheible
Roggenbuck
[X.]

[X.]
Quentin

Meta

4 StR 233/14

26.02.2015

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.02.2015, Az. 4 StR 233/14 (REWIS RS 2015, 14867)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14867

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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