Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.01.2020, Az. V R 42/17

5. Senat | REWIS RS 2020, 3221

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Gegenstand

Änderung der Bemessungsgrundlage bei Rabatten im Punktsystem


Leitsatz

Beteiligt sich ein Unternehmer an einem von einem Dritten betriebenen Rabattsystem, das an Kunden des Unternehmers umsatzabhängige Punkte ausgibt, so mindert sich die Bemessungsgrundlage des Unternehmers erst, wenn der Kunde die Punkte tatsächlich einlöst.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 23.08.2017 - 3 K 1271/16 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand u.a. der Verkauf von Waren aller Art ist. Sie ist über ihre Organgesellschaften auch im Einzelhandel tätig und führt dabei Umsätze zum ermäßigten Steuersatz und zum Regelsteuersatz aus.

2

Die [X.] ist ein seit März 2008 bestehendes Bonus- und Rabattsystem der Firma [X.] GmbH. Dieses Unternehmen betreut und organisiert die [X.] als Herausgeberin und Vertragspartner der Kunden sowie als Dienstleisterin der sogenannten Partnerunternehmen.

3

Die Klägerin ist auf Großhandelsebene Partnerunternehmen (Vertragspartner) der [X.] GmbH. Kunden, die Inhaber einer [X.] sind, können bei den teilnehmenden Organgesellschaften der Klägerin umsatzabhängige Punkte bei ihren Einkäufen sammeln. Dazu müssen diese Kunden zunächst einen Vertrag mit der [X.] GmbH über die Eröffnung eines Punktekontos abschließen. Der Kunde erhält dann bei Vorlage seiner [X.] bei einem Einkauf bei der Klägerin in der Regel für 2 € Umsatz des [X.] einen Punkt, der einen Cent wert ist. Diese Punkte werden von der [X.] GmbH für jeden einzelnen Kunden auf seinem Punktekonto gutgeschrieben. Zum Zeitpunkt des ersten Einkaufs kann der Kunde noch nicht über die dadurch erworbenen Punkte verfügen; sie sind technisch bedingt frühestens am Folgetag für den Kunden verfügbar.

4

Der Kunde hatte im Streitjahr (2008) verschiedene Möglichkeiten zur Verwendung seiner erworbenen [X.]-Punkte:

er kann diese bei einem weiteren Einkauf in einem Markt oder bei einem weiteren Partnerunternehmen der [X.] GmbH an Zahlung statt einlösen (sog. "[X.]"),

er kann die Punkte spenden,

er kann sie gegen Dienst- oder Sachleistungen bei externen Lieferanten eintauschen und

er kann sie verfallen lassen.

5

Die "[X.]" stellt die nahezu ausschließlich (ca. 90 %) genutzte, und im vorliegenden Verfahren auch allein streitige, Möglichkeit zur Einlösung der Punkte dar.

6

Die Abrechnung der gesammelten und eingelösten Punkte der Kunden zwischen der Klägerin und der [X.] GmbH erfolgte durch die [X.] GmbH als Systemanbieter in einem monatlichen "[X.]" gegenüber der Klägerin. Darin wurde der von der Klägerin der [X.] GmbH für den Abrechnungszeitraum insgesamt geschuldete Wert der Punkte in [X.] für die durch Einkäufe bei der Klägerin an Kunden ausgegebenen Punkte ohne Umsatzsteuer ausgewiesen. Der von der Klägerin zu zahlende Betrag errechnete sich dabei aus dem Wert der im jeweiligen Abrechnungszeitraum bei der Klägerin ausgegebenen Punkte abzüglich des Werts der in diesem Zeitraum bei der Klägerin eingelösten Punkte. Die Leistungen der [X.] GmbH, z.B. für die Ausstellung der Karten und die Führung der Kundenkonten, wurden separat mit der Klägerin als umsatzsteuerpflichtige Leistungen abgerechnet.

7

Die Klägerin erklärte die für ihre Kunden bei deren Einkäufen ausgegebenen [X.]-Punkte und den entsprechenden --im "[X.]" ermittelten-- der [X.] GmbH für einen Abrechnungszeitraum hierfür geschuldeten Betrag jeweils auf Grundlage der Abrechnungen der [X.] GmbH umsatzsteuerlich als Entgeltminderung. Wegen der unterschiedlich zur Anwendung kommenden Steuersätze bei den [X.] wurde dabei zur Ermittlung der Entgeltminderung auf die durchschnittlichen Umsatzverhältnisse in der jeweiligen Filiale abgestellt und die Umsatzminderung mit 7/107 oder 19/119 aus dem Bruttobetrag der in [X.] umgerechneten [X.]-Punkte herausgerechnet. Eine dahingehende Unterscheidung, ob diese Punkte später von den Kunden durch die "[X.]" oder anderweitig eingelöst wurden, erfolgte nicht.

8

Im [X.] an eine steuerliche Außenprüfung erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) Entgeltminderungen nicht an und behandelte diese als umsatzsteuerrechtlich unbeachtlichen Werbeaufwand.

9

Der dagegen gerichteten Sprungklage gab das Finanzgericht ([X.]) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2017, 1837 veröffentlichtem Urteil statt. Die Bemessungsgrundlage der von der Klägerin an ihre Kunden bei deren "ersten Einkauf" ausgeführten Leistungen sei nachträglich zu dem Zeitpunkt gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) gemindert worden, in dem die Klägerin im Rahmen des "[X.]s" mit dem Gegenwert der Punkte durch die [X.] GmbH belastet worden sei. Diese Minderung sei unabhängig von der späteren Verwendung der Punkte eingetreten, denn der Kunde habe über den Gegenwert der Punkte im Rahmen seiner vertraglichen Vereinbarungen mit der [X.] GmbH frei verfügen können. Durch die Verwendung der [X.] bei einem Einkauf habe der Kunde einen Anspruch auf die Gutschrift der Punkte auf seinem Kundenkonto sowie einen Anspruch auf die Verwendung des [X.] dieser Punkte u.a. als Zahlungsmittel gegenüber der [X.] GmbH erworben.

Hiergegen wendet sich das [X.] mit der Revision, mit der es Verletzung materiellen Rechts geltend macht.

Da das vorliegende Bonus- und Rabattsystem im Streitjahr keine Barauszahlung der Punkte vorgesehen habe, sondern dessen Nutzung an einen Folgeumsatz geknüpft gewesen sei, habe es sich im [X.] um ein mit umsatzsteuerlich unbeachtlichem Werbeaufwand verbundenes Kundenbindungssystem gehandelt. Die abgestimmte Verwaltungsauffassung verlange für eine Entgeltminderung aber eine uneingeschränkte Wahlmöglichkeit des Kunden, die auch die Möglichkeit, den Gegenwert der Bonuspunkte durch Barauszahlung zu erhalten, ermöglichen müsse. Es liege daher zu keinem Zeitpunkt eine Entgeltminderung vor.

Selbst wenn man von einer Entgeltminderung ausgehe, trete diese nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.]päischen Union --EuGH-- (Urteil [X.] vom 29.05.2001 - [X.], [X.]:[X.]) und des [X.] --BFH-- (Urteil vom 18.09.2008 - V R 56/06, [X.], 162, [X.], 250) erst ein, wenn der Kunde tatsächlich über den gutgeschriebenen Betrag verfüge, indem er diesen bei einem Folgeumsatz einlöse. Es genüge noch nicht, dass der Kunde beim Kauf einen Rückvergütungsanspruch erhalte.

Diese Betrachtung gebiete auch der Grundsatz der Neutralität, weil der Rabatt tatsächlich erst mit der konkreten Entscheidung des Kunden entstehe. [X.] er nicht über sein Punkteguthaben, sei der Ansatz eines geringeren Entgelts nicht gerechtfertigt.

Das [X.] beantragt,
das [X.]-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Zur Begründung ihres Antrags trägt die Klägerin vor, bei den ausgegebenen [X.]-Punkten habe es sich um Rabattierungen ihrer Umsätze und damit um [X.] von § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG gehandelt. Dass die Einlösung an einen Folgeumsatz geknüpft gewesen sei, stehe dem nicht entgegen, weil [X.] immer der Kundenbindung und damit auch der Werbung dienten. Die vom [X.] geforderte Bargeldauszahlungsoption sei ein derart einschneidendes Kriterium, das zwingend einer, vorliegend nicht vorhandenen, gesetzlichen Grundlage bedürfe.

Bereits mit der Gutschrift der Punkte erhalte der Kunde die uneingeschränkte Verfügungsmacht und die wirtschaftliche Substanz der Rückvergütung. Ab diesem Zeitpunkt könne er das Guthaben wie Bargeld oder Buchgeld zum Einkauf einsetzen. Für den Bereich der Lohnsteuer habe das auch das [X.] anerkannt, indem es im Schreiben vom 20.01.2006 bei der Vergabe sog. "Payback"-Punkte bereits im Zeitpunkt der Gutschrift von einem Zufluss und einer Einnahme ausgehe.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung an das [X.] (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zwar zu Recht entschieden, dass die Klägerin zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 UStG berechtigt ist. Das [X.] hat aber zu Unrecht entschieden, dass diese Berichtigung bereits für den Zeitpunkt des "[X.]" durchzuführen ist, denn die Bemessungsgrundlage hat sich erst durch die Inanspruchnahme des [X.]s durch den Kunden beim "zweiten Umsatz" geändert. Beteiligt sich ein Unternehmer an einem von einem [X.] betriebenen Rabattsystem, das an Kunden des Unternehmers umsatzabhängige Punkte ausgibt, so mindert sich die Bemessungsgrundlage des Unternehmers erst, wenn der Kunde die Punkte tatsächlich einlöst. Das [X.] hat damit § 17 Abs. 1 Satz 7 UStG verletzt.

1. Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der den Umsatz ausgeführt hat, gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Die erforderlichen Berichtigungen sind für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist (§ 17 Abs. 1 Satz 7 UStG). Bei der Bemessungsgrundlage, deren Änderung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG zur Berichtigung führt, handelt es sich um das Entgelt i.S. von § 10 Abs. 1 UStG (z.B. [X.]-Urteil vom 26.06.2019 - V R 64/17, [X.], 542, [X.] 2019, 640, Rz 18 bis 19, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des [X.]). Entgelt ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG in der bis 31.12.2018 geltenden Fassung alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer (§ 10 Abs. 1 Satz 2 UStG).

Unionsrechtliche Grundlage für § 17 Abs. 1 Nr. 1 UStG ist Art. 90 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach wird im Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes die Besteuerungsgrundlage (Steuerbemessungsgrundlage) unter von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert. § 10 Abs. 1 Satz 1 UStG beruht unionsrechtlich auf Art. 73 MwStSystRL. Danach umfasst die Steuerbemessungsgrundlage bei der Lieferung von Gegenständen und Dienstleistungen alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer (Erwerber) oder Dienstleistungsempfänger oder von einem [X.] erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 542, [X.] 2019, 640, Rz 18, 19). Nach Art. 79 Satz 1 Buchst. b MwStSystRL sind [X.] und Rückvergütungen auf den Preis, die dem Erwerber oder Dienstleistungsempfänger eingeräumt werden und die er zu dem Zeitpunkt erhält, zu dem der Umsatz bewirkt wird, nicht in die Steuerbemessungsgrundlage einzubeziehen.

2. Vorliegend hat sich die Bemessungsgrundlage geändert. Allerdings ist die Änderung weder --wie die Klägerin meint-- mit der Verfügbarkeit des [X.]s am Folgetag des "ersten Umsatzes" noch --wovon das [X.] ausgegangen ist-- mit dem "[X.]" eingetreten. Die Bemessungsgrundlage hat sich erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Inanspruchnahme des [X.]s durch den Kunden beim "zweiten Umsatz" geändert.

a) Bemessungsgrundlage war das vollständige von den Kunden entrichtete Entgelt, weil die Klägerin das ungeschmälerte Entgelt vereinnahmt hat. Die Ausgabe der [X.] im Zeitpunkt dieses Umsatzes hatte schon deshalb noch keinen Einfluss auf die Bemessungsgrundlage, weil die Kunden über den Gegenwert der erworbenen Punkte erst frühestens am Folgetag verfügen konnten.

b) Zu einer Änderung (Minderung) der Bemessungsgrundlage ist es --entgegen der Auffassung des [X.]-- in den Fällen, in denen die Kunden durch einen "zweiten Umsatz" von ihrem Rabattanspruch Gebrauch gemacht haben ("instore redemption"), gekommen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist zur Gewährleistung der steuerlichen Neutralität als endgültige Besteuerungsgrundlage bei Lieferung eines Gegenstands nur die tatsächlich dafür erhaltene Gegenleistung anzusehen ([X.]-Urteile [X.], [X.]:[X.]; [X.] vom 05.05.1994 - [X.]/93, [X.]:[X.], Rz 8; [X.] Distributors vom 24.10.1996 - [X.]/94, [X.]:C:1996:398, Rz 16; [X.] Ltd. vom 24.10.1996 - [X.]/94, [X.]:C:1996:400, Rz 26 bis 31). Entscheidend für die Bestimmung der Bemessungsgrundlage und damit auch für deren Änderung ist, dass die Leistung des Unternehmers "letztendlich" nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich aufgrund der von ihm wirklich vereinnahmten Gegenleistung ergibt (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 222, 162, [X.], 250, Rz 40; vom 30.11.1995 - V R 57/94, [X.]E 179, 453, [X.] 1996, 206, unter [X.], m.w.N.; vom 28.09.2000 - V R 37/98, [X.]/NV 2001, 491; vom 16.01.2003 - V R 72/01, [X.]E 201, 335, [X.] 2003, 620, unter [X.]). Deshalb ist die Steuerbemessungsgrundlage immer dann zu vermindern, wenn der Steuerpflichtige nach der Bewirkung des Umsatzes die Gegenleistung oder einen Teil davon nicht erhält ([X.]-Urteile Boehringer Ingelheim Pharma vom 20.12.2017 - [X.]/16, [X.]:[X.], Rz 39; [X.] vom 02.07.2015 - [X.]/14, [X.]:C:2015:440, Rz 35; [X.] vom 15.05.2014 - [X.]/13, [X.]:C:2014:328, Rz 22). So ist es in den --hier allein streitigen-- Fällen der "instore redemption", denn der Klägerin verbleibt dabei im Ergebnis nur das um 0,5 % reduzierte Entgelt.

c) Die Minderung der Bemessungsgrundlage ist --entgegen der Ansicht der [X.] noch nicht mit dem Erwerb des [X.]s durch den Kunden am Folgetag des "ersten Umsatzes" eingetreten. Es handelt sich bei der Buchung des Rückzahlungsanspruchs auf der [X.] nicht um die (teilweise) Rückzahlung des Kaufpreises, sondern erst um die Dokumentierung des Rückzahlungsanspruchs, der auch nur gegenüber einer zwar umfangreichen, aber doch begrenzten Zahl an Vertragspartnern geltend gemacht werden kann. Eine Erfüllung des Rückzahlungsanspruchs liegt deshalb zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Das wird im Übrigen auch dadurch deutlich, dass die Klägerin am Folgetag des "ersten Umsatzes" noch gar nicht belastet ist.

d) Die Minderung der Bemessungsgrundlage ist aber nicht --wie das [X.] angenommen hat-- bereits mit dem "[X.]", sondern erst mit der tatsächlichen Inanspruchnahme des [X.]s durch den Kunden beim "zweiten Umsatz" eingetreten. Denn nach der Rechtsprechung des [X.] und des erkennenden Senats kommt es bei der Gewährung von [X.]n erst dann zu einer Änderung der Bemessungsgrundlage, wenn der Kunde tatsächlich über die Gutschrift durch Auszahlung oder anderweitig verfügt hat, d.h. wenn das gezahlte Entgelt tatsächlich (teilweise) an den Kunden zurückgewährt wird ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 25, 31, 35, zu Art. 11 Teil [X.] 3 Buchst. b, Art. 11 Teil C Abs. 1 der [X.] vom 17.05.1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage [X.] 77/388/EWG--; [X.]-Urteil in [X.]E 222, 162, [X.], 250, Rz 44; für Über- oder Doppelzahlungen vgl. auch [X.]-Urteil vom 19.07.2007 - V R 11/05, [X.]E 219, 220, [X.] 2007, 966).

aa) Diese zu [X.] im Zweierverhältnis zwischen leistendem Unternehmer und Kunde entwickelten Grundsätze gelten auch in der vorliegenden Fallgestaltung unter Einbeziehung eines [X.], hier der [X.] GmbH. Zwar weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass im vorliegenden Fall der Wert des [X.] bei ihr, der Klägerin, im Zeitpunkt des "[X.]s" abgeflossen ist und ihr als Entgelt(-bestandteil) für mindestens drei Jahre nicht mehr zur Verfügung gestanden hat und dass in ca. 90 % der Fälle, nämlich denen der "instore redemption", der Abfluss sogar endgültig gewesen sei. Damit fallen der [X.] beim Rabatt gewährenden Händler und der [X.] beim Kunden zeitlich auseinander. Auch in diesem Fall ist der Zufluss beim Kunden entscheidend für die Änderung der Bemessungsgrundlage.

bb) Entgelt und damit Bemessungsgrundlage ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG in der bis 31.12.2018 geltenden Fassung alles, was der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, jedoch abzüglich der Umsatzsteuer. Die Bemessungsgrundlage ändert sich folglich [X.] erst in dem Zeitpunkt, in dem sich der Aufwand des Leistungsempfängers (Kunden) ändert (hier: vermindert). Das ist nicht der Zeitpunkt, in dem der Kunde die bloße Möglichkeit erhält, bei der Klägerin oder einem Partnerunternehmen einen [X.] zu realisieren, denn zu diesem Zeitpunkt besteht der Aufwand des Kunden für den ersten Umsatz nach wie vor in dem ungeschmälerten Kaufpreis. Der Aufwand des Kunden reduziert sich erst in dem Moment, in dem er die 0,5 % Rabatt aus dem "ersten Umsatz" auf das Entgelt des "zweiten Umsatzes" tatsächlich erhält. Dass die Klägerin bereits zuvor mit dem "[X.]" diesen Entgeltbestandteil an die [X.] GmbH gleichsam auslagert, hat auf die Bemessungsgrundlage keinen Einfluss.

cc) Das steht im Einklang mit dem Unionsrecht. Denn nach Art. 73 MwStSystRL, an dem sich § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG in der ab 01.01.2019 geltenden Fassung orientiert, gehört zur Steuerbemessungsgrundlage alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistungserbringer für diese Umsätze vom Erwerber oder Dienstleistungsempfänger oder einem [X.] erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen. Auch insoweit ändert sich die Bemessungsgrundlage erst, wenn sich der Wert der vom Kunden erhaltenen Gegenleistung ändert, mit anderen Worten, wenn dieser den Rabatt in Anspruch nimmt. Die Auslagerung eines Teils der Gegenleistung an einen [X.] hat auch nach dieser Sichtweise keinen Einfluss auf die Bemessungsgrundlage.

3. Die Einwendungen des [X.] hiergegen greifen nicht durch.

a) Für die Annahme des [X.], dass gar keine Rabattierung des "ersten Umsatzes" der Klägerin an ihre Kunden, sondern vielmehr ein tauschähnlicher Umsatz anzunehmen sei, in dessen Rahmen der Kunde seine Daten an die Klägerin gegen ein Entgelt verkaufe, bieten die Feststellungen des [X.] für das Streitjahr keine Anhaltspunkte. Die Kenntniserlangung von Daten mag ein Motiv der Klägerin für die gewählte Gestaltung gewesen sein, einen Niederschlag in den vertraglichen Vereinbarungen hat dies jedoch nicht gefunden.

b) Auch auf eine Barauszahlungsverpflichtung gegenüber dem Kunden kommt es, wie das [X.] zutreffend entschieden hat, nicht an. Weder § 17 Abs. 1 Nr. 1 UStG noch Art. 90 Abs. 1 MwStSystRL bieten irgendeinen Anhaltspunkt dafür, dass der Preisnachlass in bar erfolgen oder zumindest ein dahingehender Anspruch bestehen muss. Das lässt sich insbesondere auch nicht aus dem Senatsurteil in [X.]E 222, 162, [X.], 250 herleiten. Eine solche Annahme würde zudem der wirtschaftlichen Realität widersprechen (vgl. hierzu [X.]-Urteile Loyalty Management UK und [X.] vom [X.] und [X.]/09, [X.]:[X.], Rz 39; [X.] vom 28.06.2007 - [X.]/06, [X.]:C:2007:397, Rz 43), für die der Barzahlungsverkehr zunehmend an Bedeutung verliert.

4. Die Sache ist nicht spruchreif. Das [X.] hat --nach seiner Rechtsansicht folgerichtig-- keine Feststellungen dazu getroffen, in welchem Umfang Kunden der Klägerin im Streitjahr die ihnen gewährten [X.] bei dem Bezug eines "zweiten Umsatzes" tatsächlich in Anspruch genommen haben, mit der Folge, dass sich die Bemessungsgrundlage für die Umsätze der Klägerin insoweit vermindert hat. Das [X.] wird die erforderlichen Feststellungen nachholen müssen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V R 42/17

16.01.2020

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 23. August 2017, Az: 3 K 1271/16, Urteil

§ 10 Abs 1 UStG 2005, § 17 Abs 1 S 1 UStG 2005, § 17 Abs 1 S 7 UStG 2005, Art 73 EGRL 112/2006, Art 79 S 1 Buchst b EGRL 112/2006, Art 90 Abs 1 EGRL 112/2006, UStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.01.2020, Az. V R 42/17 (REWIS RS 2020, 3221)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3221


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. V R 42/17

Bundesfinanzhof, V R 42/17, 16.01.2020.


Az. 3 K 1271/16

FG München, 3 K 1271/16, 23.08.2017.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Wird zitiert von

14 K 2411/21

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