Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2017, Az. IV ZR 533/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 13217

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:290317U[X.]533.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
IV ZR 533/15
Verkündet am:

29. März 2017

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: nein

[X.]R:

ja

[X.]KK § 1

Eine Krankheit im Sinne der Musterbedingungen für die Krankheitskosten-
und Kran-kenhaustagegeldversicherung kann auch vorliegen, wenn der fragliche [X.] des Versicherten in gleicher Weise bei 30-40
% der Menschen entsprechen-den Alters auftritt (hier bejaht für Fehlsichtigkeit von -3 und [X.] Dioptrien).

Erfüllt die Fehlsichtigkeit eines Versicherten die Voraussetzungen einer bedingungs-gemäßen Krankheit, so kann die medizinische Notwendigkeit einer Lasik-[X.] an den Augen nicht allein wegen der Üblichkeit des Tragens einer Brille oder von [X.] verneint werden.

[X.], Urteil vom 29. März 2017 -
IV ZR 533/15 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], die Richterin [X.], die
Richter Lehmann
und Dr. Götz
auf die mündliche Verhandlung vom 29.
März 2017

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin
wird
das Urteil des
Landge-richts [X.]

4.
Zivilkammer

vom 18.
November
2015 aufgehoben
und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin unterhält bei
dem
Beklagten eine private Krankenver-sicherung. In den dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versi-cherungsbedingungen (im Folgenden: [X.]), die insoweit den [X.] für die Krankheitskosten-
und
Krankenhaustagegeldversiche-rung ([X.]KK) entsprechen,
heißt es in §
1 Abs.
2:

"Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbe-handlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder

Die Klägerin, die unter beidseitiger Kurzsichtigkeit mit [X.] litt, unterzog sich im November 2013 einer [X.] 1
2
3
-
3
-

an den Augen. Sie begehrt vom
Beklagten die Erstattung der hierfür an-gefallenen [X.]skosten in Höhe von 3.490

Die Parteien streiten darüber, ob die bei der Klägerin vor der [X.] vorhandene Fehlsichtigkeit (von -3 und [X.] Dioptrien) eine be-dingungsgemäße Krankheit darstellt und ob die zu deren Beseitigung durchgeführte [X.] medizinisch notwendig gewesen i[X.]

Das Amtsgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverstän-digengutachtens abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin ist erfolglos ge-blieben. Dagegen wendet sich die Klägerin
mit ihrer
Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht hat gestützt auf die Ausführungen des

von ihm ergänzend mündlich angehörten

Sachverständigen ange-nommen, dass die bei der Klägerin ursprünglich vorhandene leichte Kurzsichtigkeit
nach internationalen Standards nicht als eine Krankheit zu beurteilen sei. Vom Vorliegen einer Krankheit im Sinne von §
192 [X.] könne bei einer Fehlsichtigkeit nur gesprochen werden, wenn eine Abweichung vom natürlichen körperlichen Zustand der versicherten Per-son vorliege, die
nicht dem normalen Entwicklungs-
oder Alterungspro-zess entspreche. Dies sei bei der Klägerin nach den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen zu verneinen.
Auch sei ihr das Tragen einer Brille möglich und zumutbar gewesen.

I[X.]
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
5
6
7
8
-
4
-

1. Die bei der Klägerin vor der Lasik-[X.] vorhandene [X.] stellte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Krankheit dar.

a) Noch zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass unter Krankheit im Sinne der Bedingungen nach dem maßgebenden Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers ein objektiv nach ärztlichem Urteil bestehender anormaler, [X.] Körper-
oder Geisteszustand zu verstehen ist (Senatsurteile vom 17.
Februar 2016

IV
ZR 353/14, [X.], 720 Rn.
16; vom 15. September 2010

IV
ZR 187/07, [X.], 75 Rn.
11; vom 21. September 2005 -
IV ZR 113/04, [X.]Z 164, 122 unter [X.]; vom 3.
März 2004 -
IV ZR 25/03, [X.]Z 158, 166
unter [X.] 2 a; vom 17. Dezember 1986 -
[X.]/85, [X.]Z 99, 228 unter [X.] 2 a; [X.] Rspr.).
Dabei ergibt
sich die Einstufung als "anormal" aus einem Vergleich mit der normalen biologischen Beschaf-fenheit des Menschen, die Einstufung als "regelwidrig" aus der [X.] medizinischen Bewertung eines anormalen Zustandes (Senatsur-teil vom 17.
Februar 2016 aaO).

b) [X.] ist es jedoch, dass das Berufungsgericht das Vorliegen einer [X.] Krankheit verneint hat, weil es auf einen natürlichen Alterungsprozess abgestellt hat und der weiteren Auf-fassung des Sachverständigen gefolgt ist, wonach ein bloßer Refrakti-onsfehler, der zu einer Fehlsichtigkeit führt, wie sie bei 30-40
% der Menschen im mittleren Alter auftritt, noch keinen Krankheitswert habe.

aa) Allgemeine Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkenn-baren Sinnzusammenhangs versteht. Dabei kommt es auf die Verständ-9
10
11
12
-
5
-

nismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrecht-liche Spezialkenntnisse an (Senatsurteile vom 16.
November 2016

IV
ZR 356/15, [X.], 85
Rn.
12; vom 23. Juni 1993 -
IV ZR 135/92, [X.]Z 123, 83 unter I[X.] b; [X.]
Rspr.).

Ein solcher Versicherungsnehmer
wird zunächst vom Wortlaut der Bedingung ausgehen, wobei für ihn der Sprachgebrauch des täglichen Lebens und nicht etwa eine Terminologie, wie sie in bestimmten Fach-kreisen üblich ist, maßgebend ist (Senatsurteil vom 8.
Mai 2013 -
IV ZR 84/12, [X.], 995 Rn.
21; Senatsbeschluss vom 25. Mai 2011

IV
ZR 17/10, [X.], 1179 Rn.
14 m.w.N.).

bb) Danach kann es für die Frage, ob im Streitfall eine [X.] Krankheit vorliegt, weder auf die von dem [X.] seiner Beurteilung zugrunde gelegte Einschätzung, in Fachkreisen werde von einer pathologischen Myopie nach internationalem medizini-schen Standard erst ab -6 Dioptrien gesprochen, ankommen noch auf seine weiteren Ausführungen, ein Refraktionsfehler, der zu einer [X.] führe, wie sie bei 30-40
% der Menschen im mittleren Alter auftrete, habe noch keinen Krankheitswert.

cc) Ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer wird vielmehr da-von ausgehen, zum Normalzustand der Sehfähigkeit gehöre ein be-schwerdefreies Lesen und eine gefahrenfreie Teilnahme am Straßenver-kehr;
er wird das Vorliegen einer [X.] Krankheit anneh-men, wenn bei ihm eine nicht nur ganz geringfügige Beeinträchtigung dieser körperlichen Normalfunktion vorliegt, die ohne Korrektur ein be-schwerdefreies Sehen nicht ermöglicht. Dies folgt schon daraus, dass eine Krankheit nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch auch dadurch gekennzeichnet ist, dass sie eine nicht ganz unerhebliche Störung kör-13
14
15
-
6
-

perlicher oder geistiger Funktionen mit sich bringt und deshalb die [X.] einer Heilbehandlung begründet (Senatsurteil vom 17. Febru-ar 2016 aaO Rn. 17 m.w.N.).

dd) In dem dargelegten Verständnis wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer auch durch das weitere Klauselwerk bestätigt. Er wird das Vorliegen einer [X.] Krankheit im Falle einer behandlungsbedürftigen Fehlsichtigkeit auch deshalb annehmen, weil ihm gerade für diesen Fall Leistungen vom Versicherer versprochen wer-den. Insoweit ist in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Teil [X.]I) für den im Streitfall vereinbarten Tarif
Classic ausdrücklich vorgesehen, Regelung spricht daher ungeachtet der betragsmäßigen Begrenzung entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht gegen, sondern gerade für ein Verständnis der Fehlsichtigkeit als Krankheit, die einen Versicherungsfall auslösen kann.

ee) Nach alledem hätte das Berufungsgericht das Vorliegen einer [X.] Krankheit nicht verneinen dürfen. Die Korrekturbe-dürftigkeit eines Zustands, der ohne seine Beseitigung oder die Anwen-dung von Hilfsmitteln wie Brille oder [X.] die genannten [X.] im täglichen Leben mit sich bringt, steht aus medizinischer Sicht außer Frage und ergibt sich im konkreten Fall auch aus den weite-ren Feststellungen des Sachverständigen. Dieser hat im zusammenfas-senden Teil seines schriftlichen Gutachtens die medizinische Indikation für eine Behandlung der bei der Klägerin vorliegenden Kurzsichtigkeit und Stabsichtigkeit ausdrücklich bejaht und lediglich die
"absolute" me-dizinische Notwendigkeit für einen chirurgischen Eingriff verneint, letzte-res aber nur deshalb, weil eine Brillen-
oder [X.]korrektur mög-lich, wenn auch mit erheblichen Beschwerden verbunden sei. Gleichwohl 16
17
-
7
-

hat er den Eingriff für medizinisch sinnvoll erachtet. Bei der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens vor dem Berufungsgericht hat er sowohl die Kurzsichtigkeit als auch den Astigmatismus der Klägerin als Refrakti-onsfehler eingeordnet.

Sowohl die Bezeichnung als "Fehler" als
auch die Bejahung einer [X.] aus medizinischer Sicht lassen auf eine korrek-turbedürftige und damit das Vorliegen einer den Krankheitsbegriff ausfül-lenden Regelwidrigkeit schließen.

Ob der Eingriff bei der Klägerin

wie es der Sachverständige be-zeichnet hat

nicht "absolut"
notwendig war, ist dagegen keine Frage der Regelwidrigkeit des bestehenden anormalen Zustands und damit des Vorliegens einer Krankheit, sondern allein eine Frage der medizinischen Notwendigkeit der Heilbehandlung.

2. Die Leistungspflicht des Beklagten
hängt deshalb davon ab, ob die durchgeführte [X.] eine medizinisch notwendige Heilbehand-lung darstellte. Dazu hat das Berufungsgericht

von seinem Standpunkt konsequent

keine ausreichenden Feststellungen getroffen.

a) Heilbehandlung

hier die ambulante [X.] beider Augen

ist dabei jegliche ärztliche Tätigkeit, die durch die betreffende Krankheit verursacht worden ist, sofern die Leistung des Arztes von ihrer Art her auf Heilung, Besserung oder Linderung der Krankheit abzielt. Darauf, ob die Durchführung dieser Therapie geeignet war, diese Ziele auch zu [X.], kommt es für das Vorliegen einer Heilbehandlung im Sinne der Klausel nicht an. Dieser Frage kommt Bedeutung vielmehr erst bei der Prüfung zu, ob die Heilbehandlung als medizinisch notwendig im Sinne
des §
1 Abs.
2 Satz
1 [X.]
anzusehen ist; dafür ist ein objektiver Maß-18
19
20
21
-
8
-

stab anzulegen (Senatsurteil
vom 10.
Juli 1996 -
IV ZR 133/95, [X.]Z 133, 208
unter [X.] 2).

b) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann die medizinische Notwendigkeit der [X.] dabei nicht bereits mit [X.] auf die Üblichkeit des Tragens einer Brille oder von [X.] verneint werden.

aa) [X.] stellt in Bezug auf die [X.] der Klägerin keine Heilbehandlung dar. Brillen und [X.] sind
lediglich Hilfsmittel, mit denen körperliche Defekte über einen länge-ren Zeitraum
ausgeglichen werden. Mit der Sehhilfe wird demnach

für den Einsatz von Hilfsmitteln kennzeichnend
-
unmittelbar eine [X.] für ein krankes Organ wahrgenommen, ohne dessen [X.] wieder herzustellen (vgl. Senatsurteile vom 17.
Dezember 1986

[X.]/85,
[X.]Z 99, 228 unter [X.] 5 und vom 19.
Mai 2004 -
IV ZR 176/03, NJW-RR 2005, 260
juris Rn.
21).

bb) Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann aus §
1 Abs.
2 Satz
1 [X.] nicht ersehen, dass die Erstattungsfähigkeit der Kos-ten einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung grundsätzlich davon abhängen soll, ob er (dauerhaft)
auf ein Hilfsmittel zurückgreifen kann, das den bei ihm bestehenden anormalen Körperzustand auszugleichen oder abzuschwächen geeignet ist, ohne am eigentlichen Leiden etwas zu ändern. Für eine solche generelle Subsidiarität der Heilbehandlung ge-genüber dem Hilfsmittel geben die Versicherungsbedingungen nichts her. Ihnen ist auch sonst nicht zu entnehmen, dass außer der medizini-schen Notwendigkeit andere (finanzielle) Aspekte bei der Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Heilbehandlung eine Rolle spielen sollen. Denn §
1 Abs.
2 Satz
1 [X.] stellt ausdrücklich auf die "medizi-22
23
24
-
9
-

nisch notwendige" Heilbehandlung ab, wobei sich "medizinisch" gerade auf "notwendig" bezieht. Dieser sprachliche Zusammenhang macht bei verständiger Lektüre deutlich, dass die Notwendigkeit der Heilbehand-lung allein aus (rein) medizinischer Sicht zu beurteilen ist und andere Gesichtspunkte dabei keine Rolle spielen.

cc) Auch wenn der Versicherungsnehmer versteht, dass ihm nicht die Kosten für jede beliebige Behandlungsmaßnahme erstattet werden, sondern nur für eine solche, die objektiv geeignet ist, sein Leiden zu hei-len, zu bessern oder zu lindern, erschließt sich ihm nicht, dass der [X.] seine Leistungspflicht darüber hinaus auf die kostengünstigste Behandlungsmethode beschränken oder den Versicherungsnehmer [X.] verweisen will, sich auf Dauer eines Hilfsmittels zu bedienen, ob-wohl eine Behandlungsmethode zur Verfügung stünde, die das zugrunde liegende Leiden zu heilen, zu bessern oder wenigstens zu lindern geeig-net i[X.] Aus seiner Sicht verliert eine medizinisch anerkannte Heilbe-handlung das qualifizierende Merkmal "notwendig" im Einzelfall insbe-sondere nicht deshalb, weil ein Hilfsmittel zur Verfügung steht, das eine Ersatzfunktion für das betroffene Organ übernehmen kann.

dd) Zudem ist für ihn nicht erkennbar, nach welchen Maßstäben sich die Subsidiarität von Heilbehandlungen gegenüber anderen [X.] beurteilen soll. Übernimmt der Versicherer -
wie hier der
Beklag-te -
die Kosten einer "medizinisch notwendigen" Heilbehandlung ohne für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbare Einschränkun-gen, so kann er ihn schon nicht auf einen billigeren oder den billigsten Anbieter einer Heilbehandlung verweisen, die er für medizinisch gleich-wertig hält (Senatsurteil vom 12. März 2003 -
IV ZR 278/01, [X.]Z 154, 154
unter [X.] 2 b bb). Das gilt erst recht, wenn sich der Versicherungs-nehmer in Bezug auf das Ausgangsleiden bislang keiner medizinischen 25
26
-
10
-

Heilbehandlung unterzogen, sondern auf ein Hilfsmittel zurückgegriffen hat, das lediglich geeignet ist, eine Ersatzfunktion wahrzunehmen, ohne den eigentlichen regelwidrigen Körperzustand zu beseitigen.

c) Die Klägerin musste
demnach ihre Fehlsichtigkeit nicht durch Sehhilfen kompensieren, sondern durfte
diese durch eine [X.] be-heben lassen, sofern diese ihrerseits die Voraussetzungen einer medizi-nisch notwendigen Heilbehandlung erfüllte.

aa) Mit dem Begriff "medizinisch notwendige" Heilbehandlung wird -
auch für den Versicherungsnehmer erkennbar -
nicht an den Vertrag zwischen ihm und dem behandelnden Arzt und die danach geschuldete medizinische Heilbehandlung angeknüpft. Vielmehr wird zur Bestimmung des Versicherungsfalles ein objektiver, vom Vertrag zwischen Arzt und Patient unabhängiger Maßstab eingeführt. Diese objektive Anknüpfung bedeutet zugleich, dass es für die Beurteilung der medizinischen [X.] der Heilbehandlung nicht auf die Auffassung des [X.] und auch nicht allein auf die des behandelnden Arztes ankommen kann. Gegenstand der Beurteilung können vielmehr nur die objektiven medizinischen Befunde und Erkenntnisse im Zeitpunkt der Vornahme der Behandlung sein. Demgemäß muss es nach den objekti-ven medizinischen Befunden und Erkenntnissen im Zeitpunkt der [X.] der ärztlichen Behandlung vertretbar gewesen sein, die Heilbe-handlung
als notwendig anzusehen (Senatsbeschlüsse vom 17.
Dezem-ber 2014 -
IV ZR 399/13, [X.], 142 Rn.
13; vom 30. Oktober 2013

[X.], [X.], 1558 Rn.
13; Senatsurteile vom 10. Juli 1996
-
IV ZR 133/95, [X.]Z 133, 208 unter [X.] 3 a; vom 17. Dezember 1986 -
[X.]/85, [X.]Z 99, 228 unter [X.] 4; vom 29. November 1978

[X.], [X.], 221 unter [X.]I; jeweils m.w.N.).

27
28
-
11
-

bb) Ob dies der Fall ist, kann nur anhand der im Einzelfall maß-geblichen objektiven Gesichtspunkte mit Rücksicht auf die Besonderhei-ten der jeweiligen Erkrankung und der auf sie bezogenen Heilbehand-lung bestimmt werden (vgl.
Senatsurteile vom 8.
Februar 2006 -
IV ZR 131/05, [X.], 535 Rn.
21;
vom 21. September
2005 -
IV ZR 113/04, [X.]Z 164, 122 unter [X.] 3 a; vom 10. Juli 1996 -
IV ZR 133/95, [X.]Z 133, 208 unter [X.] 5).

Von der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung im Sinne der vorstehenden Ausführungen wird daher dann auszugehen sein, wenn eine Behandlungsmethode zur Verfügung steht und angewandt worden ist, die geeignet ist, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer [X.] entgegenzuwirken (Senatsbeschluss vom 30.
Oktober 2013 -
[X.], [X.], 1558 Rn.
14; Senatsurteil vom 17.
De-zember 1986 -
[X.]/85, [X.]Z 99, 228 unter [X.] 4). Steht diese [X.] nach medizinischen Erkenntnissen fest, ist grundsätzlich eine Ein-trittspflicht des Versicherers gegeben (Senatsurteile vom 8.
Februar 2006 -
IV ZR 131/05, [X.], 535 Rn.
21; vom 21.
September 2005 -
IV ZR 113/04, [X.]Z 164, 122 unter [X.] 3 a; vom 10.
Juli 1996 -
IV ZR 133/95, [X.]Z 133, 208 unter [X.] 4).

3.
Das Berufungsgericht, das das Vorliegen einer Krankheit zu Un-recht verneint hat, wird daher nach diesen Maßstäben zu beurteilen ha-ben,
ob die bei der Klägerin
durchgeführte Lasik-[X.] medizinisch notwendig oder es zumindest nach den objektiven medizinischen Befun-den und Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als notwendig anzusehen. Es wird dabei berücksichtigen müssen, dass der Sachverständige eine Behandlung als medizinisch indiziert angese-hen und die [X.] sowohl in seinem schriftlichen Gutachten als auch bei seiner mündlichen Anhörung als medizinisch sinnvollen Eingriff, der
29
30
31
-
12
-

leitliniengerecht durchgeführt
wurde, bezeichnet sowie
in der mündlichen Anhörung auch die [X.] eines guten Ergebnisses bestätigt hat. Darauf, ob die Fehlsichtigkeit durch die Versorgung mit einer Brille oder [X.] ausgeglichen werden kann, kommt es dagegen, wie [X.], grundsätzlich nicht an.

[X.] [X.] [X.]

Lehmann Dr. Götz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.11.2014 -
30 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 18.11.2015 -
4 S 49/14 -

Meta

IV ZR 533/15

29.03.2017

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.03.2017, Az. IV ZR 533/15 (REWIS RS 2017, 13217)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13217

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 533/15 (Bundesgerichtshof)

(Private Krankenversicherung: Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Lasik-Operation an den Augen)


24 U 28/18 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


2 O 259/20 (Landgericht Dortmund)


IV ZR 353/14 (Bundesgerichtshof)

Krankheitskostenversicherung: Begriff der bedingungsgemäßen Krankheit; vorsätzliche Herbeiführung durch billigende Inkaufnahme der möglichen Krankheitsfolgen einer kosmetischen …


M 17 K 15.173 (VG München)

Klage eines Beamten auf Übernahme der Kosten für eine brechkraftverändernde Augenoperation


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 533/15

IV ZR 84/12

IV ZR 399/13

IV ZR 307/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.