Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2008, Az. 5 StR 547/07

5. Strafsenat | REWIS RS 2008, 4416

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5 [X.][X.] vom 17. April 2008 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen Steuerhinterziehung - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 17. April 2008 beschlossen: 1. Mit Zustimmung des [X.] wird der Vor-wurf der Hinterziehung von [X.] gemäß § 154a Abs. 2 StPO von der Strafverfolgung ausgenom-men. 2. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. Mai 2007 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im gesamten Strafausspruch mit den zuge-hörigen Feststellungen aufgehoben. 3. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen. 4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Wirtschaftsstrafkammer des [X.] verwiesen. [X.]e
Das [X.] hat den Angeklagten [X.]wegen Steuerhin-terziehung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Gegen die Angeklagte N.

S. hat es eben-falls wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verhängt und die Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Nach einer Beschränkung der Strafverfolgung ist das Urteil im verbleibenden Umfang auf die jeweils mit der Sachrüge geführten Revisionen 1 - 3 - der Angeklagten im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen [X.] aufzuheben. Im Übrigen sind die Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. [X.] 1. Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen: 2 Die Angeklagten [X.]und [X.]und der gesondert verfolgte [X.]waren geschäftsführende [X.]er der [X.] (nachfolgend: [X.]). Spätestens im [X.] kamen die in [X.] ([X.]) ansässigen Angeklagten auf der einen und [X.]auf der anderen Seite überein, erhebliche Erlöse aus dem Verkauf von [X.] und anderen —elektronischen [X.] aus dem Betriebsvermögen zu [X.], ohne dies in den Körperschaft-, Gewerbe- und Einkommensteuer-erklärungen offenzulegen, und unter sich hälftig aufzuteilen. 3 4 Zur Umsetzung dieses [X.]s stellten die Angeklagten und [X.] ab dem [X.] für mehrere Warenlieferungen an Firmen mit Sitz in den [X.] der russischen Förderation jeweils zwei Ausgangsrechnungen aus: eine Rechnung über den tatsächlichen Rechnungsbetrag (sogenannte —[X.]) und daneben eine weitere, in der Regel um zwei Prozent-punkte niedrigere Rechnung. Nur die letztere Rechnung wurde auf Veranlas-sung der Angeklagten und des [X.]in der Buchhaltung der [X.] erfasst. Die von den Abnehmern gezahlten Kaufpreise wurden in der Höhe, in der sie die in der Buchhaltung erfassten Scheinrechnungen überstiegen, als [X.] ausgewiesen. Die Angeklagten und [X.]schöpften die in vorstehender Weise im Laufe des jeweiligen Wirtschaftsjahres angefal-lenen —Guthabenbeträgefi jeweils ab dem Monat November dadurch ab, dass sie im Umfang der ausgewiesenen Guthaben an die Kunden weitere Waren verkauften und auslieferten, diese Vorgänge in der Buchhaltung der [X.] jedoch mittels sogenannter Korrekturrechnungen als Verrechnung mit - 4 - den fingierten Gegenforderungen aus den tatsächlich nicht bestehenden Guthaben erfassten. Auf diese Weise wurde der Warenbestand bei der [X.] stets zutreffend erfasst. Die Angeklagten stellten den Abnehmern daneben Rechnungen über den tatsächlichen Kaufpreis für die weiteren [X.] Waren aus, den bei den Kunden gewonnene Vertrauensleute auf Privatkonten der Angeklagten in [X.] überwiesen. Auf diese Weise vereinnahmten sowohl die Angeklagten als auch [X.]im [X.] jeweils rund 156.000 US-Dollar, im [X.] jeweils rund 844.000 US-Dollar und im Jahr 2002 jeweils rund 290.000 US-Dollar. Die Angeklagten und [X.]

wiesen diese Beträge in den im Zeitraum von Mai 2001 bis Mai 2003 jeweils zusammen für die [X.] abgege-benen Körperschaft- und [X.] nicht als verdeckte Gewinnausschüttungen aus, sondern beließen es bei den vorherigen, den tatsächlichen [X.] nicht entsprechenden Buchungen. Daher wurde in den Körperschaft- und Gewerbesteuerbescheiden die jeweilige Steuerschuld für die Veranlagungszeiträume 2000, 2001 und 2002 zu niedrig festgesetzt. In gleicher Weise verschwiegen die Angeklagten die auf ihre Auslandskonten überwiesenen Kaufpreise in den von den vorgenannten Steuererklärungen gesondert eingereichten Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungszeiträume 2001 und 2002; der Veranlagungszeitraum 2000 war nicht Gegenstand der Anklage. 5 2. Das [X.] hat die auf die Auslandskonten geleisteten [X.] als verdeckte Gewinnausschüttungen gewertet. Neben der Hinterzie-hung von Einkommensteuern und Solidaritätszuschlag hat die [X.] auch die Hinterziehung von [X.] ausgeurteilt. Insgesamt hat das [X.] eine Hinterziehungssumme von 1,71 Mio. Euro errechnet. Die Angeklagten leisteten bisher 1,4 Mio. Euro an Nachzahlungen auf die [X.]. 6 - 5 - I[X.] 1. Der Schuldspruch hält im nach der Verfahrensbeschränkung verbleibenden Umfang rechtlicher Nachprüfung stand. 7 a) Die Angeklagten haben sich wegen Steuerhinterziehung in fünf [X.] gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 [X.], § 53 StGB strafbar ge-macht. Der Schuldspruch beruht auf einer ausreichenden, rechtsfehlerfrei festgestellten Tatsachengrundlage. Die von den weitgehenden Geständnis-sen der Angeklagten getragenen Urteilsfeststellungen belegen, dass die [X.] Körperschaftsteuer nebst Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer in drei Fällen und Einkommensteuer nebst Solidaritätszuschlag in zwei Fällen hinterzogen haben. 8 9 [X.]) Die Feststellungen tragen die Verurteilung der Angeklagten wegen jeweils in Tateinheit begangener Hinterziehung von Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer in drei Fällen. Bei den von den Käufern auf die (intern so ge-nannten) —[X.] geleisteten und auf private Konten der [X.] in [X.] überwiesenen Kaufpreiszahlungen handelte es sich um verdeckte Gewinnausschüttungen, die den Gewinn der [X.] nicht minderten (§ 8 Abs. 3 Satz 2 [X.]). Sie sind dem für die Wirtschaftsjahre 2000 bis 2002 jeweils erklärten positiven zu versteuernden Einkommen der [X.] hinzuzurechnen. Ihre Nichterklärung in den eingereichten [X.] und [X.] bewirkte die zu niedrige Festset-zung in den entsprechenden Bescheiden und damit die Verkürzung von [X.] nebst Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer.
[X.] Eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 [X.] ist eine Vermögensminderung (oder verhinderte Vermögens-mehrung), die durch das [X.]sverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Einkommens (d. h. den Unterschiedsbetrag gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 [X.]) auswirkt und in keinem Zusammenhang 10 - 6 - mit einer offenen Ausschüttung steht. Dabei muss die Minderung des [X.] geeignet sein, beim [X.]er einen sonstigen Bezug im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen ([X.], 169, 170 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des [X.]).
(2) [X.] aus der Unternehmenssphäre hatten ihren Grund allein in dem [X.]sverhältnis zwischen der N.

GmbH und den [X.]ern [X.] sowie [X.] und N.

S. . Ein ordentlicher Geschäftsleiter hätte Scheinrechnungen in der Buchhaltung nicht berücksich-tigt und sämtliche Kaufpreisforderungen und Erlöse zutreffend im [X.] erfasst. Hier liegt eine zu Unrecht für die [X.] geltend gemachte bilanzielle Gewinnminderung bereits in den über das Gewinn- und Verlustkonto der [X.] verbuchten fingierten [X.], die [X.] als Aufwand bei dem Betriebsvermögensvergleich berücksichtigt wurden. Durch die Verrechnung der [X.] mit Kaufpreisansprüchen für weitere Warenlieferungen wurde die ordnungsmäßige bilanzielle Erfassung dieser Forderungen vermieden und der Abfluss der der [X.] zuste-henden [X.] auf die Privatkonten verschleiert (vgl. [X.]R [X.] 1977 § 8 verdeckte Gewinnausschüttung 3). 11 (3) Die [X.] in Höhe von 312.446 US-Dollar im [X.], in Höhe von mindestens 1.267.386 US-Dollar im [X.] und in Höhe von 586.331 US-Dollar im Jahr 2002 waren somit in den Körperschaft- und [X.] als verdeckte Gewinnausschüttungen [X.] und den jeweils erklärten zu versteuernden [X.] hinzuzurechnen. Die [X.] in den Urteilsgründen wird den rechtlichen Erfordernissen noch gerecht (zu den Bezugnahmen auf Anlagen zu den Urteilsgründen vgl. [X.]R StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Bezugnahme 1; [X.], 227, 228). 12 (4) Die Angeklagte N.
S. hat sowohl die Körperschaftsteu-ererklärung als auch die Gewerbesteuererklärung für das [X.] - 7 - jahr 2002 unterschrieben und ist bereits deswegen in diesem Fall Täterin der Steuerhinterziehung. In den beiden anderen Fällen, in denen die Angeklagte die Steuererklärungen nicht selbst unterschrieb, hat die [X.] die An-geklagte rechtsfehlerfrei als Mittäterin (§ 25 Abs. 2 StGB) eingestuft. [X.] der verdeckten Gewinnausschüttungen in der Körperschaft-steuererklärung und der Gewerbesteuererklärung entsprach dem [X.] beider Angeklagter. Mit dem Verbuchen der Scheinrechnungen und dem Ausstellen unrichtiger —[X.] leistete auch die Angeklagte wesentliche Tatbeiträge zur Abgabe unvollständiger Steuererklärungen, für deren Inhalt sie als Mitgeschäftsführerin verantwortlich war. Sie hatte auch erhebliches Eigeninteresse am [X.], da sie als Mitgesellschafterin die [X.] privat vereinnahmen wollte, ohne darauf Steuern zu entrichten. 14 [X.]) Die Verurteilung der Angeklagten [X.] und [X.]wegen Hinterziehung von Einkommensteuern nebst Solidaritätszuschlag in drei [X.] hält ebenfalls bezüglich des Schuldspruchs der rechtlichen Nachprüfung stand. Die den Angeklagten zugeflossenen und von ihnen in ihren Einkom-mensteuererklärungen für die Jahre 2001 und 2002 nicht erklärten [X.] waren als verdeckte Gewinnausschüttungen Teil des steuer-pflichtigen Einkommens. [X.] Eine verdeckte Gewinnausschüttung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG, die auf [X.] des [X.]ers zu Einkünften aus Kapitalvermögen führt, liegt vor, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesell-schafter außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung einen Vermögensvorteil zuwendet und die Zuwendung ihren Anlass im [X.] hat ([X.], 169, 171 m.N.). Allerdings richtet sich die steuerliche Erfassung der verdeckten Gewinnausschüttung auf [X.] des [X.] nach dem Zeitpunkt, in dem ihm der Vermögens-vorteil nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG zufließt ([X.] [X.]O; wistra 2004, 109 m.w.N.). Dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ist hier zu [X.], dass die auf die zur Abschöpfung der —[X.] versandten [X.] gezahlten Beträge zeitnah zur Rechnungserstellung im [X.] bzw. 2002 jeweils noch in demselben Jahr auf den privaten Konten der Angeklagten eingegangen sind. (2) [X.] der verdeckten Gewinnausschüttungen ist bei-den Angeklagten zuzurechnen. Das [X.] hat sich rechtsfehlerfrei da-von überzeugt (vgl. [X.], dass die Angeklagte [X.]einen Teil der [X.]santeile nur zum Schein (§ 41 Abs. 2 Satz 1 [X.]) für sich selbst hielt und insoweit der Angeklagte [X.] S. tatsächlicher Anteils-eigner war (§ 41 Abs. 2 Satz 2 [X.]; vgl. dazu [X.] NStZ 2004, 577, 578 m.w.N.). 16 17 b) Der [X.] hat den Vorwurf der Hinterziehung von [X.] mit Zustimmung des [X.] gemäß § 154a Abs. 2 StPO von der Strafverfolgung ausgenommen. Entgegen der Ansicht des [X.]s stellt die aufgrund der Einreichung unvollständiger Einkommensteuererklä-rungen neben der Verkürzung von Einkommensteuer und Solidaritätszu-schlag jeweils zugleich bewirkte Verkürzung von Kirchensteuer keine Steu-erhinterziehung dar (unten [X.]). Zwar wäre zu erwägen, ob sich die Angeklag-ten in den beiden betreffenden Fällen wegen tateinheitlichen Betruges (§ 263 StGB) im Umfang der verkürzten [X.] strafbar gemacht haben (vgl. unten [X.]). Die verkürzten Kirchensteuerbeträge fielen dann jedoch im Hinblick auf die Höhe der verkürzten Einkommensteuern für die zu verhän-genden Strafen nicht beträchtlich ins Gewicht. Zudem stünde einer etwaigen Schuldspruchänderung auch die Vorschrift des § 265 StPO entgegen. Denn es ist nicht auszuschließen, dass sich die Angeklagten gegen den Vorwurf des Betrugs (§ 263 StGB), der gegebenenfalls andere und zum Teil weiter-gehende Voraussetzungen als der Tatbestand der Steuerhinterziehung hätte, wirksamer als geschehen hätten verteidigen können. Mit der vorgenomme-nen Verfahrensbeschränkung wird ermöglicht, dass der neue Tatrichter auf der Grundlage noch zu treffender Feststellungen insbesondere zum Umfang - 9 - der verkürzten Steuern lediglich eine neue Strafzumessung vorzunehmen hat. [X.]) Die Verkürzung von Kirchensteuer wird im Land [X.] vom Straftatbestand der Steuerhinterziehung (§ [X.]) nicht er-fasst. Der sachliche Anwendungsbereich der Abgabenordnung ist gemäß § 1 Abs. 1 [X.] nur für Steuern eröffnet, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Gemeinschaften geregelt ist, soweit sie durch [X.] oder durch [X.] verwaltet werden. Hierzu gehört die Kirchensteuer nicht. Gesetzliche Grundlage für die Erhebung der [X.] sind die Kirchensteuergesetze der Länder, die hierfür die Ge-setzgebungskompetenz haben (vgl. Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 6 [X.] und [X.]/[X.], Abgabenordnung § 1 [X.]. 15). Allerdings eröffnet Art. 4 Abs. 3 [X.] den Landesgesetzgebern die Möglichkeit, bei Steuern oder anderen Abgaben die Straf- und Bußgeldvorschriften der Abgabenordnung für anwendbar zu erklären oder entsprechende landesrechtliche Straf- und Bußgeldtatbestände wie diejenigen der Abgabenordnung zu schaffen. [X.] hat das Land [X.] [X.] im Gegensatz zum Land [X.], vgl. § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die Erhebung von Steuern durch Kirchen, andere Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsgemein-schaften (Kirchensteuerrahmengesetz [X.]) in der Fassung der [X.] ([X.]. [X.]) [X.] jedoch keinen Gebrauch gemacht. Es hat vielmehr durch § 8 Abs. 2 des Gesetzes über die Erhebung von [X.] im Land [X.] (Kirchensteuer-gesetz [X.] [X.]) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. April 1975 (NW GVBl S. 438) die Anwendbarkeit des Achten Teils der Abgabenordnung (Straf- und Bußgeldvorschriften, Straf- und Bußgeldverfahren) ausdrücklich ausgeschlossen. 18 [X.]) Der bisherigen Rechtsprechung des [X.] zum Konkurrenzverhältnis zwischen § [X.] und § 263 StGB (vgl. insbesondere [X.]St 43, 381, 405) lässt sich ungeachtet der unterschiedlichen Delikts-19 - 10 - struktur (vgl. etwa zum Problem des § 371 [X.] [X.], [X.], 47, 48 f.) in Bezug auf [X.] keine abschließende Sonderregelegung durch den Tatbestand der Steuerhinterziehung entnehmen. Für die Anwendbarkeit des Betrugstatbestandes (§ 263 StGB) spricht neben dem Wortlaut des § 386 Abs. 2 Nr. 2 [X.] und den Gesetzesmaterialien zu dieser Verfahrensvorschrift ([X.]/2476 S. 18; [X.]/1812 S. 29) die Regelung in Art. 4 Abs. 3 [X.], die die Vorschriften des Straf-gesetzbuchs über den Betrug ausdrücklich unberührt lässt (so auch [X.] [X.]O S. 49 f.; a. [X.] in [X.]/Gast/[X.], Steuerstrafrecht 6. Aufl. § 386 [X.] [X.]. 21a; [X.], Steuerstrafrecht 34. Ergänzungslieferung Oktober 2005 § 370 [X.]. 411). Ein Ausschluss der Anwendbarkeit des [X.] durch den Landesgesetzgeber für den Bereich der Erhe-bung von [X.], wie ihn einige Autoren annehmen (vgl. [X.] [X.]O § 386 [X.]. 16; [X.] [X.]O), wäre mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 1, Art. 72 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht vereinbar. Danach haben die Länder auf dem Gebiet des Strafrechts keine Befugnis zur Gesetzgebung, soweit der [X.] Gebrauch gemacht hat (vgl. auch Art. 4 Abs. 2 [X.]). Ausnahmen von dieser Kompetenzabgrenzung sind nur unter den Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 3 [X.] und im dort vorgese-henen Umfang möglich. Dieser Vorschrift ist ihrem Wortlaut nach nicht zu entnehmen, dass der Bundesgesetzgeber Straftaten im Zusammenhang mit der Erhebung von [X.] von der Erfassung durch die Strafvorschrif-ten des Betrugs, der Hehlerei und der Begünstigung ausnehmen und die Entscheidung über die Frage der Strafbarkeit insoweit dem [X.] überlassen wollte. Zu erwägen wäre demgegenüber eine strafrechtliche Gesetzgebungskompetenz der Länder gewissermaßen als Annex zu ihrer Gesetzgebungskompetenz auf dem Gebiet der Kirchensteuer. Dies ließe sich durch eine vom Wortlaut abweichende modifizierende Auslegung des Art. 4 Abs. 3 [X.] mit Blick auf Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 [X.] begründen (vgl. dazu [X.] [X.]O). 20 - 11 - 2. Der Strafausspruch hat keinen Bestand. Die Bestimmung der Höhe der [X.] enthält Rechtsfehler zu Lasten der Angeklagten. Damit ist nicht auszuschließen, dass das [X.] bei Bemessung der Einzelstrafen von einem rechtsfehlerhaft zu hoch bestimmten Schuldumfang ausgegangen ist. 21 a) Die Berechnung der verkürzten Körperschaft- und Gewerbesteuern begegnet durchgreifenden [X.]. Dasselbe gilt für den nach der Körperschaftsteuer zu bemessenden Solidaritätszuschlag (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). 22 [X.]) Das [X.] hat bezüglich der Wirtschaftsjahre 2000 bis 2002 bei Berechnung der Körperschaftsteuerverkürzung nicht beachtet (vgl. insbe-sondere [X.]), dass bei der Gewinnermittlung (Bilanzierung) die sich aus den verschwiegenen verdeckten Gewinnausschüttungen ergebende zu-sätzlich geschuldete Gewerbesteuer (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] [= § 7 Satz 1 [X.] a.F.], § 8 Abs. 3 Satz 2, Abs. 1 [X.], § 4 Abs. 4 EStG) als Betriebsausgabe abzuziehen ist. Es hätte die zusätzlich geschuldete Gewer-besteuer bereits auf der Tatbestandsebene gewinnmindernd berücksichtigen müssen. Das Kompensationsverbot (§ 370 Abs. 4 Satz 3 [X.]) steht dem nicht entgegen, weil dieser Vorteil den Angeklagten bei wahrheitsgemäßen Anga-ben ohne weiteres von Rechts wegen zugestanden hätte (st. Rspr.; vgl. [X.]R [X.] 1977 § 8 Ermittlung 1 m.w.N.; [X.] wistra 1992, 103, 104). Dasselbe würde für eventuelle mit den verschwiegenen Betriebseinnahmen im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Umsatzsteuern gelten. Insoweit ist die Berechnung freilich nicht zu beanstanden, weil sich die verschwiege-nen Betriebseinnahmen ausnahmslos aus umsatzsteuerbefreiten Ausfuhrge-schäften (vgl. § 4 Nr. 1 Buchstabe a, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG) ergaben. 23 [X.]) Für das [X.] fehlt es an einer für den [X.] nach-vollziehbaren Darstellung der hier hinsichtlich der verdeckten [X.] im Rahmen des Anrechnungsverfahrens herzustellenden [X.] - 12 - schüttungsbelastung von 30 Prozent (§ 27 Abs. 3 Satz 2 [X.] a.F.; vgl. [X.]R [X.] 1977 § 8 Ermittlung 2; verdeckte Gewinnausschüttung 2 bis 4; Muhler, [X.], 89, 92, 94 f.). Durch die Herstellung der Ausschüttungs-belastung kann sich je nach vorhandenem verwendbarem Eigenkapital bei der [X.] die Körperschaftsteuer um den Unterschiedsbetrag [X.] und Ausschüttungsbelastung mindern oder erhöhen (§ 27 Abs. 1 [X.] a.F.). Die [X.] in den Urteilsgründen enthält keine Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals (vgl. § 30 [X.] a.F.). Der [X.] kann daher nicht prüfen, ob die Berechnung zur Herstellung der Ausschüttungsbelastung (Anlage 11) zutreffend ist. Hier kommt entscheidend hinzu, dass das [X.] die Ausschüt-tungsbelastung hinsichtlich des Gesamtbetrages an verdeckten [X.], also einschließlich der nur dem gesondert verfolgten [X.] zugerechneten Beträge (weitere —schwarze [X.], fingierte Provisionen), hergestellt hat. Zur Bestimmung des von den Angeklagten hinterzogenen [X.] hat es dann den den Angeklagten zurechenba-ren Anteil an —[X.] zu den gesamten —[X.] ins Verhältnis gesetzt und den sich hieraus ergebenden Quotienten mit der zuvor errechneten Gesamthinterziehungssumme multipliziert. Bei dieser [X.] bleibt rechtsfehlerhaft außer Betracht, dass für die den Ange-klagten zurechenbare verdeckte Gewinnausschüttung gegebenenfalls allein Einkommensteile, die der Tarifbelastung von 45 Prozent bzw. von 40 Prozent unterlagen, als verwendet gelten (§§ 23, 28 ff. [X.] a.F.). Jedenfalls in [X.] würde sich eine geringere als die vom [X.] angenommene Körperschaftsteuerverkürzung ergeben (vgl. Seite 7 f. der Revisionsbegrün-dung des Verteidigers des Angeklagten). 25 cc) Auch bei Berechnung der Höhe der hinterzogenen Gewerbesteuer hat das [X.] ersichtlich nicht bedacht, dass die in Bezug auf die ver-deckten Gewinnausschüttungen zusätzlich anfallende Gewerbesteuerschuld als weitere Betriebsausgabe abzuziehen ist (vgl. [X.] wistra 1992, 103, 26 - 13 - 104). Die Gewerbesteuer mindert ihre eigene Bemessungsgrundlage (vgl. Muhler [X.]O S. 92). Hätte das [X.] bei Berechnung der Körper-schaftsteuerverkürzung die rechtlich gebotene gewinnmindernde Gewerbe-steuerrückstellung in Bezug auf die [X.] vorgenommen, hätte es den auf diese Weise ermittelten Gewinn aus dem Gewerbebetrieb der Berech-nung der Gewerbesteuerverkürzung zugrundelegen müssen (§ 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] [= § 7 Satz 1 [X.] a.F.] i.V.m. § 8 Abs. 1, Abs. 3 Satz 2 [X.], § 4 Abs. 4 EStG). Da dies unterblieben ist, wirkt sich dieser [X.] auch hinsichtlich der Höhe der verkürzten Gewerbesteuer zu Lasten der Angeklagten aus. b) Die Berechnung der verkürzten Einkommensteuern und des nach der Einkommensteuer zu bemessenden Solidaritätszuschlags hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung nicht stand. 27 28 [X.]) Für den Veranlagungszeitraum 2001 ist nicht belegt, dass der vom [X.] als einkommensteuerpflichtig bezeichnete Betrag in Höhe von rund 526.000 DM einer der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG unter-fällt und damit der Einkommensteuer unterliegt. Das [X.] hat sich nicht davon überzeugt, dass der Angeklagte auch diesen Betrag aus der N.

GmbH als verdeckte Gewinnausschüttung entnahm ([X.]). Allein die Höhe des Betrages belegt nicht, dass es sich dabei um eine steuerpflich-tige Einnahme handelt. Vielmehr erweist sich die entsprechende Annahme des [X.]s als eine bloße Vermutung (vgl. auch [X.] wistra 2007, 470 m.N.). Es hat sich lediglich darauf beschränkt (vgl. [X.] f.), der [X.] nicht zu folgen, wonach dieser Betrag aus [X.] bzw. Erlösen aus der Veräußerung einer Firma in [X.] stammte. Das [X.] hat zudem verkannt, dass sich eine Verkürzung et-waiger auf diesen Betrag entfallender Einkommensteuer der Angeklagten [X.] nicht ohne Weiteres zugerechnet werden kann. Die bloße 29 - 14 - Mitunterzeichnung der Steuererklärung bei gemeinsamer Veranlagung (§ 26b EStG) durch den Ehegatten führt nicht bereits für sich genommen zu dessen Strafbarkeit (vgl. [X.], 66, 68 ff.). Vielmehr sind die allgemei-nen Regeln über die mittäter- oder gehilfenschaftliche Beteiligung anzuwen-den. Eine Zurechnung an die Angeklagte hätte die Feststellung erfordert, dass das Verschweigen dieses Betrages dem gemeinsamen [X.] ent-sprach, etwa deswegen, weil die Angeklagte an der Erzielung dieses Betra-ges mitgewirkt hatte (vgl. [X.] [X.]O). [X.]) Schließlich durfte sich das [X.] bei der Berechnung der verkürzten Steuern hinsichtlich der anzuwendenden Steuersätze nicht auf bloße Näherungswerte beschränken. Bezüglich beider Veranlagungszeit-räume genügt der Ansatz des Spitzensteuersatzes von —etwafi ([X.] f.) 48,5 Prozent nicht der Anwendung des § 32a EStG in der jeweils für das Splitting-Verfahren damals geltenden Fassung. 30 31 3. Der Schuldspruch wird von der fehlerhaften Bestimmung des Schuldumfangs nicht berührt. Zwar ist die Höhe der [X.] sowohl für den Schuld- als auch den Strafausspruch von Bedeutung. Gleich-wohl ist für den zweiten Rechtsgang angesichts der Höhe des jeweils erklär-ten positiven zu versteuernden Einkommens und der [X.] verdeckten Gewinnausschüttungen auszuschließen, dass eine Neuberech-nung der Höhe der hinterzogenen Ertragsteuern auch unter Berücksichtigung der oben dargestellten Anforderungen zu einer derartigen Minderung der [X.] führen könnte, dass der Schuldspruch entfiele (vgl. [X.]R StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 17). Auch das Verbot, dass sich die Feststellungen zum Schuldspruch und die Feststellungen zum [X.] nicht widersprechen dürfen, steht hier einer Bestätigung des Schuld-spruchs nicht entgegen. - 15 - II[X.] Der [X.] hat von der Vorschrift des § 354 Abs. 2 Satz 1 zweite Vari-ante StPO Gebrauch gemacht und die Sache an das [X.] Hagen zu-rückverwiesen. Für die neue Hauptverhandlung weist er auf Folgendes hin: 32 Der neue Tatrichter hat bei der Berechnung der hinterzogenen Unter-nehmenssteuern davon auszugehen, dass die Angeklagten in den Körper-schaft- und [X.] jedenfalls 312.446 US-Dollar im [X.], jedenfalls 1.267.386 US-Dollar im [X.] und 586.331 US-Dollar im Jahr 2002 verschwiegen haben. Er wird [X.] neben genaueren Fest-stellungen zum Inhalt der ergangenen Gewerbesteuerbescheide [X.] sich auch dazu zu verhalten haben, ob bei der Berechnung der hinterzogenen Körper-schaftsteuer nebst Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer für das [X.] weitere verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe von 420.534 US-Dollar zu berücksichtigen sind oder ob dieser Betrag gegebenenfalls dem vorangegangenen Veranlagungszeitraum zuzurechnen ist (vgl. [X.]). 33 Bei Berechnung der hinterzogenen Einkommensteuer nebst [X.] ist zugrundezulegen, dass den Angeklagten im Veranlagungs-zeitraum 2001 jedenfalls 633.693 US-Dollar und im [X.] 2002 293.165 US-Dollar zugeflossen sind. Der Tatrichter darf hinsicht-lich des Veranlagungszeitraums 2001 den den Angeklagten zustehenden hälftigen Anteil in Höhe von 210.267 US-Dollar an weiteren verdeckten [X.] nur dann berücksichtigen, wenn er feststellen kann, dass dieser Teilbetrag den Angeklagten im Veranlagungszeitraum 2001 zu-geflossen ist. Der Tatrichter wird auch die Umstände der Vereinnahmung weiterer 526.000 DM durch den Angeklagten im [X.] aufzuklären ha-ben. Hiervon hängt ab, ob der Angeklagte [X.] S. diesen Betrag in der Einkommensteuererklärung verschwiegen hat und ob dies auch der Ange-klagten [X.] zuzurechnen ist. 34 - 16 - Angesichts schwankender Wechselkurse wird es bezüglich aller fünf Taten angezeigt sein, dass sich der Tatrichter zu den Umtauschkursen je-weils im Zeitraum November/Dezember der Jahre 2000 bis 2002 verhält und gegebenenfalls den den Angeklagten günstigsten Umtauschkurs zugrunde-legt. 35 Schließlich hat der Tatrichter zu berücksichtigten, in welchem Umfang die Angeklagten gegebenenfalls weitere Nachzahlungen auf die Steuer-schulden geleistet haben. 36 [X.] Raum Brause Sch[X.]l Jäger

Meta

5 StR 547/07

17.04.2008

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2008, Az. 5 StR 547/07 (REWIS RS 2008, 4416)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4416

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