Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.09.2021, Az. 2 StR 302/19

2. Strafsenat | REWIS RS 2021, 2230

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Gegenstand

Kostenentscheidung: Strafverurteilung wegen unerlaubten Betreibens eines Bankgeschäfts anstatt wegen ursprünglich angeklagten Betruges


Tenor

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen die im Urteil des [X.] vom 23. November 2018 getroffene Kosten- und Auslagenentscheidung wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

Gründe

1

1. Das [X.] hat den Beschwerdeführer, dem zur Last lag, gemeinschaftlich mit dem Mitangeklagten durch den Verkauf von [X.] Anleger geschädigt und sich deswegen des mittäterschaftlich begangenen Betruges im Rahmen eines uneigentlichen Organisationsdelikts strafbar gemacht zu haben, wegen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften verurteilt, eine Einziehungs- und eine Kompensationsentscheidung getroffen und ausgesprochen, dass er die Kosten des Verfahrens und seine Auslagen zu tragen hat. Von einer Strafbarkeit des Beschwerdeführers wegen Betruges vermochte sich die [X.] nicht zu überzeugen.

2

Auf die Revision des Beschwerdeführers hat der Senat das Urteil - nach Anhörungsrüge - mit Beschluss vom 30. März 2021 im Ausspruch über die Einziehung aufgehoben und die [X.] entfallen lassen sowie den Ausspruch über eine Kompensation ergänzt. Die weitergehende Revision hat er verworfen.

3

Mit Schriftsätzen vom 10. Mai 2021 und vom 7. Juni 2021 macht der Verurteilte geltend, über seine bis dahin nicht weiter begründete Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des [X.]s sei noch nicht entschieden. Zu ihrer Begründung trägt er nunmehr vor, die Verurteilung lediglich wegen eines [X.] hätte nicht der umfangreichen Beweisaufnahme bedurft, im Übrigen habe der Senat die [X.] entfallen lassen.

4

2. Die gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung des [X.]s gerichtete sofortige Beschwerde des Verurteilten, über die der Senat infolge der Aufhebung der [X.] im [X.] zu befinden hat (vgl. [X.], Beschluss vom 25. Februar 2021 - 1 [X.], NJW 2021, 1829 Rn. 11; Beschluss vom 27. August 1970 - 4 StR 375/70 Rn. 12), ist zulässig, aber unbegründet. Weder der Umstand, dass der Vorwurf des unerlaubten Bankgeschäfts weniger schwer wiegt als der des Betruges, noch das Entfallen der [X.] lassen es im vorliegenden Fall unbillig erscheinen, den Verurteilten von den in erster Instanz entstandenen Kosten und Auslagen ganz oder teilweise freizustellen.

5

a) Soweit das [X.] den Beschwerdeführer nicht, wie angeklagt, wegen Betruges, sondern wegen unerlaubten Betreibens eines Bankgeschäfts verurteilt hat, wären - entsprechend der vom [X.] gegebenen Begründung seiner Kostenentscheidung und ausweislich der insoweit bindenden Feststellungen (§ 464 Abs. 3 Satz 2 StPO) - die tatsächlich erfolgten Untersuchungen (bei rückschauender Betrachtung) auch dann notwendig gewesen, wenn Anklage und Eröffnungsbeschluss von vornherein dem späteren Urteil entsprochen hätten (vgl. [X.], Beschluss vom 4. Dezember 1974 - 3 [X.], [X.]St 26, 29, 33/34; [X.], Beschluss vom 23. September 1981 - 3 StR 341/81, [X.], 80; [X.], Beschluss vom 10. Januar 2002 - 3 [X.]). Entgegen der Auffassung des Verurteilten ist hierbei nicht maßgeblich, was er für notwendig erachtet, um ihn der ausgeurteilten Tat zu überführen. Entscheidend ist vielmehr, welche Beweisaufnahme das Tatgericht zur Beurteilung sowohl der Straf- als auch der Schuldfrage für notwendig erachten durfte.

6

Vorliegend hat das [X.] bei der Verurteilung wegen eines Organisationsdelikts zutreffend nicht nur auf die einzelnen Vertragsabschlüsse abgestellt, sondern auch auf das vom Verurteilten und dem Mitangeklagten aufgebaute Firmengeflecht im In- und Ausland, die Bewerbung des Bankgeschäfts und die Aufgabenverteilung zwischen den Mitangeklagten. Bei der Strafzumessung hat es - rechtsfehlerfrei - berücksichtigt, dass das vom Verurteilten (und dem Mitangeklagten) betriebene Bankgeschäft auf Täuschung basierte, die Angaben in den [X.] falsch waren („leere Hülse, nicht einmal das Stammkapital war eingezahlt“) und dass die Kunden ihre Policen in der vom Beschwerdeführer und dem Mitangeklagten erzeugten irrigen Vorstellung abgaben, ein Totalverlustrisiko bestehe nicht, wohingegen die (durch das unerlaubte Bankgeschäft) erlangten Anlegergelder so angelegt wurden, dass sie bereits „untergingen“, jedenfalls vollständige Zahlungsausfälle angesichts der im Einzelnen festgestellten Mittelverwendungen sicher zu erwarten seien. Hiervon ausgehend ist es nicht unbillig, den Angeklagten mit den gesamten Kosten und Auslagen zu belasten (§ 465 Abs. 2 Satz 1 StPO).

7

b) Eingedenk der vom [X.] getroffenen Feststellungen ist es vorliegend auch mit Blick auf den Wegfall der [X.] jedenfalls nicht unbillig im Sinne des § 465 Abs. 2 StPO, den Angeklagten mit den gesamten Verfahrenskosten zu belasten. Mit den verfahrensgegenständlichen und der Verurteilung zugrundeliegenden Taten haben die Angeklagten Einnahmen für die von ihnen beherrschten Gesellschaften generiert, die ihnen auch über [X.], Entnahmen oder Erlöse aus dem Verkauf dieser Gesellschaften letztlich - wenn auch teils nur mittelbar, teils der Tat nachfolgend - in erheblichem Umfang zugutekamen (im Einzelnen vgl. Senatsbeschluss vom 30. März 2021 in dieser Sache).

Franke     

        

Krehl     

        

Meyberg

        

Grube     

        

Schmidt     

        

Meta

2 StR 302/19

30.09.2021

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend BGH, 30. März 2021, Az: 2 StR 302/19, Beschluss

§ 200 StPO, § 267 StPO, § 464 Abs 3 S 2 StPO, § 465 Abs 2 S 1 StPO, § 263 StGB, § 54 Abs 1 Nr 2 KredWG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 30.09.2021, Az. 2 StR 302/19 (REWIS RS 2021, 2230)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 2230

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