Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.07.2017, Az. V B 26/17

6. Senat | REWIS RS 2017, 8462

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Gegenstand

(Inhaltsgleich mit BFH-Beschluss vom 27. Juni 2017 V B 162/16 - Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten sind ungeachtet der Anrechenbarkeit der Umsatzsteuer auf die Spielbankenabgabe umsatzsteuerpflichtig)


Leitsatz

NV: Durch die Rechtsprechung des EuGH, des BVerfG und des BFH ist geklärt, dass die Anrechenbarkeit der Umsatzsteuer bei der Erhebung der Spielbankenabgabe umsatzsteuerrechtlich weder gegen den unionsrechtlichen Neutralitätsgrundsatz noch gegen das Diskriminierungsverbot oder das Transparenzgebot verstößt und sich aus der Anrechenbarkeit der Umsatzsteuer bei der Erhebung der Spielbankenabgabe deshalb auch nicht das Gebot einer Umsatzsteuerbefreiung von Umsätzen aus dem Betrieb von Geldspielautomaten bei gleichzeitigem Erhalt des Rechts auf Vorsteuerabzug ergibt.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 31. Januar 2017  15 K 1350/14 U wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet.

2

Die von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) aufgeworfenen Rechtsfragen haben weder grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) noch ist eine Entscheidung des [X.] ([X.]) zur Fortbildung des Rechts erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO).

3

1. Die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt nur wegen einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage in Betracht (z.B. [X.]-Beschlüsse vom 21. September 2016 VI B 34/16, [X.]/NV 2017, 26, Rz 2; vom 24. Oktober 2011 [X.] B 54/11, [X.]/NV 2012, 279, Rz 7). [X.] ist eine Rechtsfrage, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu der unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt ist ([X.]-Beschluss vom 14. Februar 2017 VIII B 43/16, [X.]/NV 2017, 729, Rz 8).

4

Die Klägerin hält sinngemäß für grundsätzlich bedeutsam, ob die [X.]e Anrechenbarkeit der Umsatzsteuer bei der Erhebung der Spielbankenabgabe gegen den [X.], das Diskriminierungsverbot oder das Transparenzgebot verstößt und ob sich hieraus das Gebot einer Umsatzsteuerfreistellung bei gleichzeitigem Erhalt des Rechts auf Vorsteuerabzug ergibt. Die von der Klägerin auf S. 3 und 4 der Beschwerdebegründung im Einzelnen formulierten Fragen sind durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]), des [X.] ([X.]) und des [X.] bereits geklärt; eine Zulassung der Revision kommt daher nicht in Betracht.

5

Da die betreffenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen bereits Gegenstand einer Auslegung durch den [X.] waren, besteht auch keine Verpflichtung für den Senat zu einer (erneuten) Vorlage ([X.]-Urteil [X.] vom 6. Oktober 1982  283/81, [X.]:[X.]:1982:335; vgl. auch [X.]-Urteil vom 15. Januar 2015 I R 69/12, [X.]E 249, 99, Rz 43). Zudem ist die Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]:1982:355; [X.]-Urteil vom 17. Juni 1999 VII R 55/98, [X.]E 189, 238).

6

a) Der [X.] hat bereits entschieden, "... dass Art. 1 Abs. 2 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er einer innerstaatlichen Regelung, wonach die geschuldete Mehrwertsteuer [X.] auf eine nicht harmonisierte Abgabe angerechnet wird, nicht entgegensteht" ([X.]-Urteil [X.] Spielstätten vom 24. Oktober 2013 [X.], [X.]:[X.], Rz 60). Nach der Rechtsprechung des [X.] ist es ferner "ohne Belang, dass die Höhe einer nicht harmonisierten Abgabe auf Spiele, zu der bestimmte mehrwertsteuerpflichtige Veranstalter und Betreiber von Glücksspielen mit Geldeinsatz ebenfalls herangezogen werden, an die für diese Tätigkeit anfallende Mehrwertsteuer angepasst wird, da der Grundsatz der steuerlichen Neutralität auf eine solche Abgabe keine Anwendung findet ([X.]-Urteil [X.] vom 10. Juni 2010 [X.]/09, [X.]:[X.], Rz 38; vgl. auch [X.]-Beschluss vom 4. Juli 2016 V B 115/15, [X.]/NV 2016, 1592, Rz 5, m.w.N.). Es sind insoweit auch keine neuen Gesichtspunkte ersichtlich oder vorgetragen, die der [X.] in seine Betrachtung nicht einbeziehen konnte.

7

Dasselbe gilt für das Diskriminierungsverbot, das im Zeitpunkt des [X.]-Urteils [X.] Spielstätten ([X.]:[X.]) [X.] nicht nur als allgemeiner Grundsatz bestand, sondern in Art. 20, 21 der am 1. Dezember 2009 in [X.] getretenen [X.]harta der Grundrechte der [X.] --[X.]GrdR[X.]h-- (2010/[X.] 83/02) bereits ausdrücklich kodifiziert war und das vom [X.] in anderen Verfahren (z.B. [X.]-Urteil [X.] vom 22. Mai 2014 [X.]-356/12, [X.]:[X.]:2014:350) in seine Entscheidung einbezogen worden ist. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der [X.] auch das Diskriminierungsverbot in seinem Urteil [X.] Spielstätten ([X.]:[X.]) bereits berücksichtigt und als nicht verletzt gewürdigt hat. Aus diesem Grund geht auch der Hinweis der Klägerin auf das [X.]-Urteil [X.] vom 19. Mai 1992 [X.]-195/90 ([X.]:[X.]:1992:219) ins Leere.

8

b) Auch beide Umsatzsteuersenate des [X.] haben die Frage, ob die [X.]e Anrechnung der geschuldeten Mehrwertsteuer auf eine nicht harmonisierte Abgabe dem Unionsrecht entgegensteht, bereits als nicht mehr klärungsbedürftig beurteilt ([X.]-Beschlüsse vom 14. Dezember 2015 [X.] B 113/14, [X.]/NV 2016, 599, Rz 13; vom 10. Juni 2016 V B 97/15, [X.]/NV 2016, 1497, Rz 7).

9

c) Das [X.] hat die [X.] gegen diese [X.]-Beschlüsse nicht zur Entscheidung angenommen ([X.]-Beschluss vom 26. März 2017  1 BvR 1951/16 zum Beschluss des [X.] in [X.]/NV 2016, 1497, und [X.]-Beschluss vom 21. März 2017  1 BvR 1025/16 zum Beschluss des [X.]. Senats in [X.]/NV 2016, 599). Hierzu hätte aber für den Fall, dass das [X.] Zweifel hinsichtlich einer Verletzung des [X.]es oder des Diskriminierungsverbotes gehabt haben sollte, Veranlassung bestanden, denn das [X.] sieht das Diskriminierungsverbot als zum Kernbestand der Unionsbürgerschaft gehörend an und geht davon aus, dass es unmittelbar von mitgliedstaatlichen Gerichten anzuwenden ist ([X.]-Beschluss Le [X.]orbusier vom 19. Juli 2011  1 BvR 1916/09, [X.]E 129, 78, Rz 76).

Im Übrigen hat das [X.] auch die [X.] gegen die Beschlüsse des [X.] in [X.]/NV 2016, 1592 und vom 13. Januar 2016 V B 58/15 (nicht veröffentlicht), in denen ebenfalls die Ungleichbehandlung der Besteuerung der Umsätze von [X.] im Verhältnis zu Betreibern öffentlicher Spielbanken streitig war, nicht zur Entscheidung angenommen ([X.]-Beschlüsse vom 24. April 2017  1 BvR 2229/16, und vom 19. April 2017  1 BvR 2100/16).

d) Das Transparenzgebot ist vorliegend ersichtlich unter keinem denkbaren Gesichtspunkt berührt. Das Transparenzgebot ergibt sich aus den [X.] den bereits dargelegten Gründen nicht verletzten-- Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung und betrifft im Wesentlichen das öffentliche Auftragswesen und die Erteilung behördlicher Erlaubnisse (vgl. [X.]-Urteile Impresa Edilux und SI[X.]EF vom 22. Oktober 2015 [X.]-425/14, [X.]:[X.]:2015:721; [X.] vom 3. Juni 2010 [X.]-203/08, [X.]:[X.]:2010:307, Rz 39, 47; Wall vom 13. April 2010 [X.]-91/08, [X.]:[X.]:2010:182, Rz 33; Telaustria und [X.] vom 7. Dezember 2000 [X.]-324/98, [X.]:[X.]:2000:669, Rz 60 bis 62; [X.] vom 10. September 2009 [X.]-206/08, [X.]:[X.]:2009:540, Rz 44; [X.] und [X.]onsorzio stabile edili vom 23. Dezember 2009 [X.]-376/08, [X.]:[X.]:2009:808, Rz 31 und 32; [X.] vom 16. Dezember 2008 [X.]-213/07, [X.]:[X.]:2008:731, Rz 44).

e) Soweit die Klägerin die von ihr dargelegte Ungleichbehandlung von gewerblichen Geldspielgerätebetreibern im Verhältnis zu öffentlichen Spielbanken "in die Nähe" einer möglichen unzulässigen Beihilfe nach Art. 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] rückt, rechtfertigt dies gleichfalls nicht die Zulassung der Revision.

Denn es handelt sich bei der von der Klägerin beanstandeten "Begünstigung" nicht um umsatzsteuerrechtliche Bestimmungen, die der beschließende Senat dem [X.] zur Überprüfung vorlegen könnte (vgl. zur Abgrenzung [X.]-Beschluss vom 30. Mai 2017 II R 62/14, [X.]/NV 2017, 1133).

f) Die Klägerin ist im Ergebnis lediglich anderer Auffassung als der [X.], das [X.] und der [X.]; das rechtfertigt aber weder die Zulassung der Revision noch eine erneute Vorlage.

2. Soweit die Klägerin die Notwendigkeit einer Entscheidung durch den [X.] zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) geltend macht, führt das nicht zur Zulassung der Revision, weil dieser Zulassungsgrund einen Spezialfall der grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO darstellt und ebenfalls die Darlegung und das Vorliegen einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage voraussetzt ([X.]-Beschluss in [X.]/NV 2016, 1497, Rz 11).

3. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Meta

V B 26/17

06.07.2017

Bundesfinanzhof 6. Senat

Beschluss

vorgehend FG Münster, 31. Januar 2017, Az: 15 K 1350/14 U, Urteil

§ 4 Nr 9 Buchst b UStG 2005, Art 1 Abs 2 EGRL 112/2006, Art 20 EUGrdRCh, Art 21 EUGrdRCh, UStG VZ 2008, UStG VZ 2009, UStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.07.2017, Az. V B 26/17 (REWIS RS 2017, 8462)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8462

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