Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2003, Az. VIII ZR 274/02

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2271

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:16. Juli 2003Kirchgeßner,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:[X.]:ja[X.]R: [X.] §§ 536b, 536c [X.]a)Hat ein Wohnungsmieter, dessen Mietvertrag vor dem Inkrafttreten des [X.] am 1. September 2001 geschlossen worden ist, in entsprechender Anwendungdes § 539 [X.] a.[X.] sein Recht zur Minderung der Miete verloren, weil er den Mangel län-gere [X.] nicht gerügt und die Miete ungekürzt und vorbehaltlos weiter gezahlt hat, soverbleibt es hinsichtlich der bis zum 1. September 2001 fällig gewordenen Mieten bei [X.]. Die Bestimmungen des Mietrechtsreformgesetzes und der hierzu er-gangenen [X.] führen nicht zu einem Wiederaufleben des Minderungs-rechts.b)Für nach dem Inkrafttreten des Mietrechtsreformgesetzes fällig gewordene Mieten schei-det eine analoge Anwendung des § 536b [X.], der an die Stelle des § 539 [X.] a.[X.] ge-treten ist, aus. Insoweit beurteilt sich die Frage, ob und in welchem Umfang ein Mieterwegen eines Mangels der Wohnung die Miete mindern kann, ausschließlich nach § 536c[X.]. Dies gilt auch für Mietverträge, die vor dem 1. September 2001 abgeschlossen [X.] [X.])Soweit hiernach das Minderungsrecht des Mieters nach dem 1. September 2001 nichtentsprechend der bisherigen Rechtsprechung zur analogen Anwendung des § 539 [X.]a.[X.] erloschen ist, bleibt jedoch zu prüfen, ob der Mieter dieses Recht unter den strenge-ren Voraussetzungen der Verwirkung (§ 242 [X.]) oder des stillschweigenden Verzichtsverloren hat.[X.], Urteil vom 16. Juli 2003 - [X.] -LG [X.] am MainAG [X.] am Main- 2 -Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende [X.]inam [X.] sowie die [X.] am [X.]. [X.], Dr. Leimert, [X.] und [X.] auf die mündliche Verhand-lung vom 7. Mai 2003für Recht erkannt:Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil der 11. Zivilkammerdes [X.]s [X.] am Main vom 27. August 2002 imKostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das [X.] dieBerufung des Beklagten auch hinsichtlich der Verurteilung zurZahlung der rückständigen Miete für den Monat September 2001zurückgewiesen hat.Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlungund Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die Klägerin ist Eigentümerin eines in [X.], H.-Straße gelegenen [X.]. Eine im Erdgeschoß dieses Anwesens befindliche Wohnung [X.] seit 1979 an den Beklagten vermietet. Mit der vorliegenden Klage [X.] vom Beklagten die Zahlung rückständiger Miete für die [X.] [X.] bis einschließlich September 2001. Dem liegt folgender Sachverhaltzugrunde:Etwa seit der Jahreswende 1994/95 fühlte sich der Beklagte nach seinerBehauptung durch Lärm gestört, der von den kurz zuvor eingezogenen Bewoh-nern einer benachbarten Wohnung ausgegangen sein soll. Erstmals mit [X.] vom 22. Februar 1997 beschwerte er sich bei der Klägerin über die ständi-ge Ruhestörung; weitere ähnliche Schreiben folgten. Nachdem der [X.] dem 26. Juni 1997 angekündigt hatte, er werde wegen des [X.] um 70 DM mindern, reduzierte die Klägerin auf seine Aufforderung hinden Bankeinzug in dieser Höhe.Im Juli 1997 und erneut im März 1998 teilte die Klägerin dem Beklagtenmit, daß sie die Mieter der Nachbarwohnung angeschrieben und zur [X.] aufgefordert habe. Anfang 1999 mahnte sie beimBeklagten die Bezahlung des bis Dezember 1998 aufgelaufenen Mietrückstan-des in Höhe von insgesamt 1.450,47 DM an. Dieser Aufforderung kam der [X.] unter Vorbehalt nach.Da nach dem Vorbringen des Beklagten Abhilfeversuche der Klägerinhinsichtlich der angeblichen Ruhestörungen erfolglos geblieben waren, machteder Beklagte mit Schreiben vom 16. September 1999 abermals eine [X.] Miete, und zwar um 69,90 DM, geltend. Weil die Klägerin hierauf nicht rea-gierte, widerrief der Beklagte schließlich die Bankeinzugsermächtigung. Für den- 4 -Monat September 1999 zahlte er überhaupt keine und für die [X.] Novem-ber 1999 bis einschließlich September 2001 lediglich eine um 69,90 DM gemin-derte Miete. Die dadurch entstandenen Mietrückstände in Höhe von [X.] (1.065,12 age.Die Klägerin hat zunächst behauptet, bei einer Überprüfung hätten sichdie Vorwürfe des Beklagten hinsichtlich der Lärmbelästigungen nicht bestätigt.Im weiteren Verfahren hat sie sich überdies darauf berufen, der [X.] ein etwaiges Recht zur Mietminderung dadurch verloren, daß er trotzKenntnis von der behaupteten Ruhestörung über zwei Jahre lang - bis [X.] - die Miete vollständig und vorbehaltlos gezahlt habe. Dem hat der [X.] entgegengehalten, die Lärmbelästigungen hätten sich im Laufe der [X.] mehr verstärkt; außerdem sei nach der Neuregelung des § 536c [X.] frühere Rechtsprechung zur entsprechenden Anwendung des § 539 [X.]a.[X.] nicht mehr anwendbar.Das Amtsgericht hat der Klage - von einem Teil der Zinsen abgesehen -stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Land-gericht zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen [X.] verfolgt der Beklagte sein Ziel der Klageabweisung in vollem Umfang weiter.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht hat im wesentlichen ausgeführt:Es könne offen bleiben, ob der Beklagte wegen der behaupteten Lärm-belästigung zur Minderung der Miete oder sogar - für September 1999 - zur- 5 -vollständigen Zahlungsverweigerung berechtigt gewesen sei; denn er sei inentsprechender Anwendung des § 539 [X.] a.[X.] oder des § 536b [X.] n.[X.] miteiner Mietminderung schon dem Grunde nach ausgeschlossen gewesen. [X.] könne auch dahinstehen, ob im vorliegenden Fall die am [X.] in [X.] getretene Neufassung des § 536b [X.] bereits für den [X.]raumbis zum 31. August 2001 maßgebend sei oder ob insoweit noch § 539 [X.] a.[X.]heranzuziehen sei. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] früheren Mietrecht sei der Mieter in entsprechender Anwendung des § 539[X.] a.[X.] mit der Mietminderung für die Vergangenheit und Zukunft ausge-schlossen, wenn er im Verlauf der Mietzeit Kenntnis von einem Mangel erlangeund dennoch den ungeminderten Mietzins über eine gewisse [X.] vorbehaltlosweiterzahle. Dasselbe Ergebnis sei nunmehr auch aus der entsprechendenAnwendung des an die Stelle des § 539 [X.] a.[X.] getretenen § 536b [X.] n.[X.]herzuleiten. Diese Frage sei zwar im Schrifttum und in der jüngsten [X.] der Instanzgerichte umstritten; auch spreche gegen eine analoge An-wendung des § 536b [X.] n.[X.], daß nach der amtlichen Begründung, die [X.] als abschließende Regelung für Fälle der vorliegenden Art ansehe,eine planwidrige Regelungslücke verneint werden könne und eine Analogiedamit von vornherein ausgeschlossen sei. Die der Begründung zugrundelie-gende Auffassung habe jedoch im Gesetzestext keinen hinreichenden [X.] gefunden und betreffe überdies nur einen relativ kleinen Teil der in [X.] vorkommenden Fälle. Im übrigen sprächen sowohl die Vorschrift des§ 536c [X.] n.[X.], der ohne inhaltliche Änderungen an die Stelle des § 545 [X.]a.[X.] getreten sei, als auch die Übergangsregelung des Art. 229 § 3 EG[X.], [X.] die große Zahl der Altfälle der vorliegenden Art keine Bestimmung enthalte,gegen die Annahme, daß es sich bei § 536b [X.] n.[X.] um eine abschließendeRegelung handele, die eine analoge Anwendung [X.] -Die tatsächlichen Voraussetzungen eines Minderungsausschlusses we-gen längerer vorbehaltloser und ungeminderter Mietzahlung trotz Kenntnis vondem Mangel seien gegeben. Die angebliche Lärmbelästigung sei dem [X.] bereits zwei Jahre lang bekannt gewesen, bevor er sich [X.] bei der Klägerin beschwert habe. Daß die Klägerin ab Juli 1997 nur [X.] um 70 DM geminderte Miete eingezogen habe, sei unerheblich, da sie andie vom Beklagten erklärte Beschränkung der Einzugsermächtigung [X.] sei und ihrem Verhalten deshalb kein Erklärungswert zukomme. [X.] des Beklagten sei auch nicht aus anderen Gründen [X.]; weder habe die Klägerin eine ausdrückliche Beseitigungszusage er-teilt, noch hätten sich die den Mangel begründenden Umstände in der Folgezeiterheblich verändert.[X.] Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung insoweit stand,als es um die Mietminderung für den [X.]raum bis einschließlich August 2001geht. Für den Monat September 2001 ist der Beklagte dagegen an einer Minde-rung der Miete nicht gehindert, falls - was bislang offen ist - die entsprechendentatsächlichen Voraussetzungen erfüllt sind.1. Für Fälle der vorliegenden Art hat der [X.] in ständigerRechtsprechung den Grundsatz entwickelt, daß der Mieter das Recht zur Miet-minderung wegen eines nachträglich eingetretenen oder ihm bekannt [X.] Mangels der Mietsache in entsprechender Anwendung des § 539 [X.] a.[X.]verliert, wenn er die Miete ungekürzt, über einen längeren [X.]raum und ohneVorbehalt weiterzahlt; dabei kann eine Frist von sechs Monaten im Regelfall als"längerer [X.]raum" angesehen werden. Der Verlust des [X.] gilt- 7 -analog § 539 [X.] a.[X.] auch für die weiteren Mietraten (zuletzt [X.], Urteil vom11. Dezember 1991- [X.], N[X.]-RR 1992, 267 = [X.], 583 unterIII 1; Urteil vom 18. Juni 1997 - [X.], N[X.] 1997, 2674 = [X.] 1997,2002 unter 2 a und b aa; Urteil vom 31. Mai 2000 - [X.], [X.] = [X.] 2000, 1965 unter 3, Urteil vom 26. Februar 2003 - [X.]/01,[X.]. m.w.Nachw.; vgl. [X.], [X.] 1936, 2706 mit [X.] [X.]). Dieser Recht-sprechung haben sich die Instanzgerichte angeschlossen (z.B. [X.],[X.], 617; [X.], [X.], 328; [X.], [X.]; [X.], [X.], 121; OLG [X.], [X.], 116; [X.],[X.], 93 und [X.], 410; [X.], [X.], 329). Auch inder Kommentarliteratur hat sie einhellige Zustimmung gefunden (z.[X.]/Börstinghaus, Miete, § 539 Rdnr. 20, 21; Bub/[X.]/[X.], Handbuchder Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., [X.] Rdnr. 1413; Emme-rich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl., § 537 Rdnr. 36; [X.], Mietrecht, 7. Aufl., § 539 [X.]. 29-41, [X.]. m.w.Nachw.; kritischdagegen [X.] [X.], 65).2. Für die [X.] bis zum Inkrafttreten des [X.] festzuhalten. Von dieser Rechtsprechung geht an sich auch die [X.]; sie meint jedoch, die bisher praktizierte analoge Anwendung des § 539[X.] a.[X.] sei im Hinblick auf die Neuregelung der §§ 536b, 536c [X.] n.[X.] unddas Fehlen einer Übergangsregelung jetzt auch für Altfälle nicht mehr gerecht-fertigt. Insoweit komme allenfalls noch der Tatbestand der Verwirkung (§ 242[X.]) in Betracht. Das trifft nicht zu.Das Mietrechtsreformgesetz ist am 1. September 2001 in [X.] getreten(Art. 11) und ist daher, soweit es nach seinem zeitlichen Geltungswillen das hierstreitige Rechtsverhältnis erfaßt, vom Revisionsgericht zu berücksichtigen([X.]Z 9, 101). Der Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 3 EG[X.] ist zu [X.] -nehmen (vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 14/4553 S. 75), daß [X.] das neue Mietrecht - abweichend von dem in Art. 170 EG[X.]zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken - grundsätzlich auf die vor sei-nem Inkrafttreten begründeten Verträge anwenden will (vgl. [X.]Z 44, 192,194; 10, 391, 394 f.). Dies kann jedoch nicht für die schon zuvor fällig [X.], als wiederkehrende Leistungen entstandenen einzelnen Mietzinsansprü-che gelten, die durch Verlust des [X.] analog § 539 [X.] a.[X.] derHöhe nach feststehen (vgl. [X.]Z 10 aaO für geleistete Prämienraten). Auchsoweit sie noch nicht erfüllt sind, leben die für diese Forderungen an sich be-stehenden, analog § 539 [X.] a.[X.] erloschenen Minderungsrechte nicht wiederauf. Auch die [X.] des Art. 229 § 3 EG[X.], insbesonderedie in Absatz 1 genannten Tatbestände, lassen den Willen des Gesetzgeberserkennen, aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes die vor [X.] September 2001 abgeschlossenen Sachverhalte von dem neuen Recht un-berührt zu lassen.Das [X.] hat daher zutreffend angenommen, der Beklagte [X.] die [X.] bis einschließlich August 2001 sein Recht zur Minderung der [X.] der behaupteten Lärmbelästigung eingebüßt, weil er bereits seit der [X.] Kenntnis von diesem Mangel gehabt und dennoch bis [X.] die Miete vorbehaltlos und ungemindert weitergezahlt habe. Die Feststel-lung des Berufungsgerichts, wonach die tatsächlichen Voraussetzungen vor-gelegen haben, die nach der bisherigen Rechtsprechung zu einem Ausschlußdes [X.] führen, wird von der Revision nicht [X.] 9 -III.1. Für den Monat September 2001 hat der Beklagte jedoch entgegen [X.] des [X.]s sein Recht zur Minderung der Miete nicht [X.] verloren. Insoweit kann die bisherige Rechtsprechung zur ana-logen Anwendung des § 539 [X.] a.[X.] nicht mehr herangezogen werden, weildurch die Neuregelung des Mietrechts ihre Grundlage entfallen [X.]) Mietzinsansprüche entstehen für jeden Monat (oder sonstigen Bemes-sungszeitraum) neu. Ab dem 1. September 2001 gelten deshalb, soweit nicht inArt. 229 EG[X.], insbesondere in Art. 229 § 3, etwas anderes bestimmt ist- was hier nicht der Fall ist -, die neuen Mietrechtsvorschriften auch für beste-hende Mietverhältnisse (vgl. oben zu II, 2). Es stellt sich nunmehr die Frage, obder Mieter wegen Lärmbelästigungen im Monat September 2001 - der [X.],während der auch nach Inkrafttreten des neuen Mietrechts der Wohnwert seinerWohnung gemindert gewesen sein soll - gemäß § 536 Abs. 1 Satz 2 [X.] "nureine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten" hat. Da § 539 [X.] a.[X.]nicht mehr analog anzuwenden ist, könnte ein [X.] nur noch nach [X.] der §§ 536b, 536c [X.] stattfinden. Eine entsprechende Anwen-dung des § 536b [X.], der an die Stelle des § 539 [X.] a.[X.] getreten ist, [X.] der nachträglichen Kenntniserlangung des Mieters vom Vorliegen einesMangels ist nach der neuen Rechtslage aber nicht (mehr) gerechtfertigt, so daßder Mieter sein Minderungsrecht nach § 536 Abs. 1 Satz 2 [X.] geltend ma-chen kann.b) Die Frage, ob und inwieweit sich die Reform des Mietrechts auf diebisherige Praxis des Ausschlusses des Rechts zur Mietminderung auswirkt, [X.] im Schrifttum umstritten und höchstrichterlich bisher nicht beantwor-- 10 -tet. Die bislang veröffentlichte Rechtsprechung der Instanzgerichte ist unein-heitlich.Die obergerichtliche Rechtsprechung und ein Teil der Literatur vertritt- wie im vorliegenden Fall das Berufungsgericht - die Auffassung, daß die zu§ 539 [X.] a.[X.] entwickelten Grundsätze auch nach Inkrafttreten des [X.] für § 536b [X.] gelten. Zur Begründung wird im [X.] ausgeführt, ein entgegenstehender Wille des Gesetzgebers sei nicht [X.] festzustellen. Überdies seien die in den Gesetzesmaterialien angeführtenBedenken gegen die bisherige Rechtsprechung nicht tragfähig und in den [X.] nicht erkennbar zum Ausdruck gekommen; sie seien daher fürden [X.] nicht bindend. Die Praxis sei auf die Heranziehung der Leitlinienangewiesen, die der [X.] zur Anwendung des § 539 [X.] a.[X.]entwickelt habe und die sich bewährt hätten (so [X.], Urteil vom27. November 2001, [X.], 251; [X.], Urteil vom 18. Juni 2002,N[X.]-RR 2002, 1163; [X.], [X.], 409; [X.], [X.], [X.]. zu § 536b [X.], [X.]. 3 und 4; [X.], Handbuchder Wohnraummiete, 6. Aufl., § 64 [X.]. 9 und 10; [X.], [X.], 2. Aufl., § 536b, [X.]. 19 ff.; [X.], [X.], 1, 2; [X.], [X.], 685, 687; offengelassen: KG [X.], 111).Nach der Gegenmeinung muß die bisherige Rechtsprechung für dieneue Gesetzeslage aufgegeben werden; jedoch soll auch nach dieser Ansichtein Verlust des [X.] künftig möglich sein, allerdings nur unter denstrengeren Voraussetzungen der Verwirkung (§ 242 [X.]). Einigkeit bestehtdarin, daß der in der Begründung des [X.] zu § 536b [X.] n.[X.]zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers nicht ignoriert werden kön-ne ([X.]/Börstinghaus, Neues Mietrecht, § 536c [X.]. 8 und 9; Pa-landt/[X.], [X.], 62. Aufl., § 536b Rdnr. 8; [X.], [X.] -215; [X.], [X.] 2001, 1105; [X.], [X.], 212, 213; [X.],[X.], 179, 187f; [X.]., [X.], Rdnr. 582 ff.; [X.],[X.] zu KG, [X.], 111/114).2. Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Einer ana-logen Anwendung des § 536b [X.] auf während der Mietzeit auftretende Män-gel (§ 536c [X.]) im Sinne der bisherigen Rechtsprechung steht der [X.] des Mietrechtsreformgesetzes entgegen.a) Ebensowenig wie bei den Vorschriften der §§ 539, 545 [X.] a.[X.] läßtsich dem Wortlaut der Bestimmungen der §§ 536b, 536c [X.] entnehmen, daßder Mieter sein Recht zur Minderung der Miete auch für die Zukunft verliere,wenn ein Mangel nach Abschluß des [X.] oder Übernahme der [X.] durch den Mieter eintritt oder wenn der Mieter von dem Mangel nach-träglich Kenntnis erlangt und er dennoch über einen längeren [X.]raum [X.] ohne Vorbehalt und ungekürzt weiterzahlt. In § 536b [X.], der § 539[X.] a.[X.] entspricht, ist lediglich der Verlust des [X.] wegen einesanfänglich vorhandenen und bekannten - oder infolge grober Fahrlässigkeit un-bekannten -, aber nicht gerügten Mangels geregelt. Hinsichtlich des nachträg-lich entstandenen oder bekannt gewordenen Mangels sieht das Gesetz in§ 536c Abs. 2 Satz 2 [X.] ebenso wie in § 545 [X.] a.[X.] nur vor, daß der [X.] solange keine Minderung verlangen kann, wie er die Mangelanzeige an [X.] unterläßt und der Vermieter infolgedessen keine Abhilfe schaffenkann. Daraus folgt, daß der Mieter von dem in § 536c Abs. 2 Satz 2 [X.] um-schriebenen [X.]punkt an zur Minderung berechtigt ist, solange der Mangelnicht beseitigt ist. Zahlt er dennoch zunächst über einen längeren [X.]raum [X.] jeden Vorbehalt die Miete ungekürzt weiter, kann er zwar - soweit ihm, [X.] Regelfall beim heutigen Kenntnisstand der beteiligten [X.] anzunehmen,sein Recht zur Herabsetzung der Miete bekannt ist - die "Überzahlung" nicht- 12 -zurückfordern (§ 814 [X.]). Der Gesetzestext schließt es aber nicht aus, daß [X.] die Zukunft immer noch mindern kann, ohne durch sein bisheriges Verhaltendaran gehindert zu sein. Das ist beim anfänglichen Mangel an[X.], weil mitdem Unterlassen der rechtzeitigen Rüge das Minderungsrecht und alle anderenGewährleistungsrechte des Mieters kraft ausdrücklicher gesetzlicher [X.] verloren gehen.b) Eine Analogie zu § 536b [X.] in Fortführung der bisherigen Recht-sprechung zu dem gleichlautenden § 539 [X.] a.[X.] kommt nicht mehr in [X.]. Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige [X.] enthält (vgl. dazu [X.]Z 149, 165, 174; [X.]/[X.], [X.] der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, [X.] ff.; [X.], Festschrift [X.], 2002, [X.], 82 ff.) und der zu beurteilende Sachverhalt in [X.] so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber [X.] hat, daß angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einerInteressenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte [X.] wie bei dem [X.]aß der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem glei-chen Abwägungsergebnis gekommen (so zuletzt [X.], Urteil vom [X.], [X.], 1204 unter [X.]; vgl. auch [X.]Z 105, 140,143; 110, 183, 193; 120, 239, 252; 135, 298, 300). Die Lücke muß sich also auseinem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem - dem [X.] Gesetzgebungsvorhaben zugrundeliegenden - Regelungsplan ergeben.Eine derartige Regelungslücke war aus den von der bisherigen Recht-sprechung des [X.]es angenommenen Gründen für die [X.] zu bejahen. Sie ist jedoch bei der jetzigen, durch das [X.] geschaffenen Rechtslage nicht mehr vorhanden. In der [X.] des [X.] zu § 536b, der das Gesetzgebungsverfahren in-soweit ohne Gegenäußerungen unverändert durchlaufen hat, heißt es [X.] 13 -drücklich, daß - bewußt - "davon abgesehen (wurde), im Zusammenhang mitder Vorschrift des § 536b-Entwurf eine Regelung für den Fall zu treffen, daß [X.] den Mangel erst nach Vertragsschluß erkennt und trotz Kenntnis [X.] die Miete über einen längeren [X.]raum hinweg vorbehaltlos in vollerHöhe weiterzahlt" (BT-Drucks. 14/4553 S. 41 f.). Sodann geht die Begründungauf die bisherige Rechtsprechung zur analogen Anwendung des § 539 [X.]a.[X.] ein, die sie als nicht gerechtfertigt bezeichnet und der sie mit dem [X.] die "als ausreichend und sinnvoll" erachtete Regelung des § 545 a.[X.] unddie "zusätzliche Handhabe" der §§ 242, 814 [X.] zur rechtlich befriedigendenLösung des Problems entgegentritt. Das Ergebnis dieser und weiterer Erwä-gungen wird schließlich dergestalt zusammengefaßt ("Somit gilt für Mängel Fol-gendes: ..."), daß damit klargestellt wird, bei § 536c [X.] solle es sich um eineabschließende Regelung für nachträglich sich zeigende Mängel handeln. Wie inder Begründung des Entwurfs weiter ausgeführt wird, werde dies im Gesetzdadurch zum Ausdruck gebracht, daß "die beiden Vorschriften an[X.] als bisherunmittelbar nacheinander angeordnet worden sind und ihr Anwendungsbereichauch durch die Überschriften deutlicher gekennzeichnet ist".Da der Gesetzgeber das Problem erkannt und die von der [X.] hierzu entwickelten Grundsätze erwogen, sich aber dennoch bewußt ge-gen eine derartige gesetzliche Regelung entschieden hat, bleibt für die Annah-me einer planwidrigen Regelungslücke im Rahmen des § 536c [X.] und [X.] eröffnete Möglichkeit einer Analogie zu § 536b [X.] kein Raum.3. Da aufgrund des erklärten Willens des Gesetzgebers des [X.]es, wie ausgeführt, eine planwidrige Regelungslücke für die hierzu entscheidende Frage nicht mehr angenommen werden kann und somit eineanaloge Anwendung des § 536b [X.] in Fortführung der bisherigen [X.] zu § 539 [X.] a.[X.] ausgeschlossen ist, kann der Mieter nunmehr- 14 -- mangels einer entgegenstehenden Übergangsvorschrift - die Miete grundsätz-lich auch wegen eines solchen Mangels (wieder) mindern, hinsichtlich dessener nach altem Recht das Minderungsrecht für den früheren Mietzins verlorenhatte (ebenso [X.], [X.], 179, 188; ähnlich insoweit wohl auch[X.] aaO S. 105 Rdnr. 6). Die Minderung ist nur noch unter den Vorausset-zungen des ausdrücklichen oder stillschweigenden Verzichts (vgl. [X.] [X.] 1936,2706 mit [X.] [X.]; Senatsurteil vom 19. September 1974 - [X.]/73,N[X.] 1974, 2233) oder des § 242 [X.], insbesondere der Verwirkung, ausge-schlossen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 62. Aufl., § 536b Rdnr. 8), wobei [X.] des Einzelfalles sowie die Person des Mieters - Mieter von Wohn-raum oder geschäftserfahrener Mieter von Gewerberaum - durchaus von [X.] sein können.[X.] abschließende Entscheidung der Frage, ob der Beklagte sein Min-derungsrecht infolge Verzichts oder wegen Verwirkung für die [X.] [X.] September 2001 verloren hat, und, falls dies zu verneinen ist, ob die be-haupteten Lärmbelästigungen vorgelegen haben, ist dem Senat auf der [X.] der bisher getroffenen Feststellungen nicht möglich.Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, soweit das [X.] einRecht des Beklagten zur Mietminderung auch für die [X.] nach dem Inkrafttre-ten des Mietrechtsreformgesetzes am 1. September 2001 in [X.] des § 536b [X.] verneint hat. In diesem Umfang ist die Sache zurneuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-- 15 -weisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im übrigen erweist sich die Revision als un-begründet.Dr. Deppert Dr. [X.] Dr. Deppertfür den wegen urlaubsbedingterAbwesenheit an der Unterschrifts-leistung verhinderten [X.] am[X.]. [X.], den 15.07.2003[X.] [X.]

Meta

VIII ZR 274/02

16.07.2003

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.07.2003, Az. VIII ZR 274/02 (REWIS RS 2003, 2271)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2271

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