Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2016, Az. II ZR 232/15

II. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 3418

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:251016UIIZR232.15.0

Berichtigt durch

Beschluss vom 7. Februar 2017

Vondrasek, Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM [X.] [X.]S VOLKES

TEILVERSÄUMNIS-
UND TEILENDURTEIL

II ZR
232/15
Verkündet am:

25. Oktober
2016

Vondrasek

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25.
Oktober 2016
durch
den
Richter Prof. Dr. Strohn als Vorsitzenden und [X.], Prof.
Dr.
Drescher, [X.] und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 16.
Zivilsenats des [X.] vom 10.
Juli 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin war Komplementärin der W.

GmbH & Co. KG, ursprünglich U.

GmbH & Co. KG, einer Publikumsgesellschaft mit 303 Kommanditisten.
Nach §
7 Abs.
1 und 2 des [X.]svertrags (im Folgenden: [X.]) er-folgt die Geschäftsführung durch die persönlich haftende [X.]erin und ist diese allein zur Vertretung berechtigt.
§ 8 [X.] "[X.]erbeschlüsse"
enthält u.a. folgende Regelungen:
1
2
3
-
3
-

"[1]
Die [X.]er fassen ihre Beschlüsse in der [X.] oder auf schriftlichem Wege.

[2]
Die [X.]er beschließen nach Maßgabe dieses Vertrages über alle Angelegenheiten der [X.]. Sie beschließen insbesondere über

[f]
Änderungen des [X.]svertrages

[3]
Ein Beschluss im schriftlichen Verfahren ist von der persönlich haftenden [X.]erin herbeizuführen.

Die schriftlichen Stimmabgaben müssen innerhalb von vier Wochen ab Postabgabedatum der Aufforde-rung zur Abstimmung bei der persönlich haftenden [X.] Abstimmung werden von der persönlich haften-den [X.]erin festgestellt, schriftlich festgehalten und den Kommanditisten durch Übersendung einer ein-fachen Ablichtung der schriftlichen Bestellung
mitgeteilt.

[4]
Die [X.]er haben je 5.000 DM ihres festen [X.] eine Stimme. Die persönlich haftende Ge-sellschafterin hat

ohne Leistung einer Kapitaleinlage

[5]
Die [X.]erversammlung fasst ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen, so-fern nicht zwingende gesetzliche Regelungen dem [X.] oder der [X.]svertrag andere

[6]
Fehlerhafte Beschlüsse der [X.]er können nur innerhalb eines Monats seit der Beschlussfassung durch Klage gegen alle [X.]er angefochten werden."
§ 22 [X.] "Schlussbestimmungen"
enthält unter anderem folgende Rege-lungen:
"[1]
Sämtliche rechtsgeschäftlichen Erklärungen, die das [X.]sverhältnis berühren, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, die mündlich nicht abbe-4
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-

dungen werden kann. Das gilt nicht für Erklärungen durch [X.]erbeschlüsse, die mit dem Tag der Beschlussfassung oder

bei Beschlussfassung im schriftlichen Umlaufverfahren

mit dem Tag des [X.] wirksam werden, [X.] davon, wann das Beschlussergebnis schriftlich [X.] wird."

In einer [X.]erversammlung vom 21.
Juni 2010 erhielten [X.], die Beklagte zu
1 als weitere persönlich haftende Gesellschaf-terin in die [X.] aufzunehmen und der Klägerin mit sofortiger Wirkung die Geschäftsführungs-
und Vertretungsbefugnis zu entziehen, über 70
%, [X.] unter 75
% der Stimmen.
Auf Antrag der Beklagten zu
1 gab das [X.] im Verfahren der einstweiligen Verfügung mit Urteil vom 23.
September 2010 der Klägerin u.a. auf, die Beklagte zu
1 als weitere
persönliche haftende [X.]erin zum Handelsregister anzumelden. Mit Urteil vom 4.
Mai 2011 änderte das [X.] das Urteil des [X.] ab und wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück. Die Hauptsacheklage mit dem Antrag, der jetzigen Klägerin aufzugeben, die Beklagte zu
1 als persönlich haf-tende [X.]erin und alleinige Geschäftsführerin im Handelsregister ein-tragen zu lassen, hatte keinen Erfolg.
Die Beklagte zu
1 lud zu einer [X.]erversammlung der Beklagten am 2.
September 2011 ein. Dabei wurden unter anderen folgende Beschlüsse gefasst:
"1.
Die [X.]erversammlung beschließt, den von der K.

AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüf-ten Jahresabschluss per 31.12.2010 in der vorgelegten Fassung festzustellen.
5
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5
-

2.
Der persönlichen [X.]erin W.

R.

GmbH [Beklagte zu 1] wird für das Geschäftsjahr 2010 Entlastung erteilt.
3.
Der persönlich haftenden [X.]erin U.

GmbH [Klägerin] wird für das Geschäftsjahr 2010 keine Entlastung erteilt.
4.
Die Rechtsanwalts-
und Gerichtskosten im Zusammen-hang mit den rechtlichen Auseinandersetzungen zwi-schen der W.

R.

GmbH [Beklagte zu
1] und der U.

GmbH [Klägerin] , soweit sie 10.000,00

.

R.

GmbH [Beklagte zu
1] sowie die W.

GmbH
&
Co. KG zu jeweils 50
%.
5.
Dem Beiratsmitglied Herrn V.

H.

wird Entlas-tung erteilt.
6.
Dem Beiratsmitglied Herrn Prof. M.

H.

wird Entlastung erteilt.
7.
Dem Beiratsmitglied Dr. U.

K.

wird Entlastung er-teilt.
8.
Die Kommanditisten U.

AG UMaAG und U.

L.

."

Die Klägerin hat mit ihrer Klage beantragt, diese [X.] vom 2. September 2011 für nichtig zu erklären. Das [X.] hat die Nichtigkeit der Beschlüsse festgestellt. Auf die Berufungen der Beklagten zu 17, 9-12, 14-19, 21-37, 40-47, 49, 51-54, 56-60, 62-69, 71-78, 80, 82-119, 121, 122, 124-132, 134-138, 140-155, 157, 158, 160, 161, 163-170, 172, 174-187, 189, 190, 192-217, 219-226, 228, 230-232, 234, 236-239, 241-250, 252-254, 256-262, 265, 266, 268-271, 273-279, 283-285, 287-289, 291-294, 296-299 und 301-304 hat das Berufungsgericht die Klage gegen diese Beklagten [X.]
-
6
-

sen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe:
Über die Revision ist, da die Beklagten zu 5,14,17, 22-23, 25, 28-29, 31, 33-35, 40, 42-43, 45, 47, 49, 56-57, 59, 62, 64-66, 71, 74, 77-78, 80, 83-87, 90, 95, 97, 99-102,104, 106, 111-112, 115-117, 119, 124-125, 129, 135, 140, 142144, 149, 150, 153-154, 157, 167, 170,
172, 174-176, 179-181, 184, 193196, 201-203, 212, 215-216, 220, 222, 232, 236-238, 243-244, 248-250, 254, 256, 259-262, 275-276, 279, 283, 287, 291, 296-298 und 304 trotz ord-nungsgemäßer Ladung im Revisionsverhandlungstermin nicht vertreten waren, hinsichtlich dieser Beklagten durch Versäumnisurteil zu entscheiden, das aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf einer sachlichen Prüfung des [X.] beruht ([X.], Urteil vom 4. April 1962

V
ZR
110/60, [X.]Z 37, 79, 81).
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Beklagte zu
1 sei zur Ladung der [X.]erversammlung am 2.
September 2011, deren Leitung und Feststellung der dort abgestimmten Beschlüsse befugt gewesen.
Sie sei durch den Beschluss vom 21.
Juni 2010 als persönlich haftende [X.]erin aufgenommen worden. Entgegen der Ansicht des [X.] habe die einfache Mehrheit der Stimmen genügt. § 8 Abs. 5 Satz 1 [X.] sehe für Beschlüsse die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen vor, sofern nicht zwingende gesetzliche Regelungen dem entgegenstünden oder im [X.] andere Mehrheitsverhältnisse vorgesehen seien. Zwingende [X.] Regelungen bestünden nicht, und der [X.]svertrag sehe auch 9
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keine anderen [X.] für die Aufnahme einer neuen persönlich haftenden [X.]erin vor.
Jedenfalls sei die Beklagte zu 1 aufgrund ihrer Eintragung im [X.] seit dem 19.
Oktober 2010 als Komplementärin in analoger Anwendung von §
121 Abs. 2 Satz 2 AktG zur Einleitung und Durchführung des Umlaufver-fahrens und zur Feststellung der gefassten Beschlüsse berechtigt gewesen. Die Situation einer Publikumsgesellschaft, die aus mehreren hundert [X.] bestehe, sei insofern mit den Verhältnissen einer Aktiengesellschaft [X.].
I[X.] Das Berufungsurteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Es ist nicht auszuschließen, dass die Beschlüsse nichtig sind, weil der Beklagten zu 1 die Kompetenz zur Einberufung der [X.]erversammlung fehlte. Bei der Kommanditgesellschaft

ebenso wie bei der Aktiengesellschaft und der GmbH

führt die Einberufung durch einen Unbefugten zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse ([X.], Urteil vom 13.
Mai 2014

II
ZR
250/12, [X.]Z
201, 216 Rn.
12). Nach § 9 Abs. 1 [X.] wird die [X.] von der persönlich haftenden [X.]erin einberufen.
1.
Die bisherigen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, dass die Beklagte zu
1 durch Beschluss
vom 21. Juni 2010 persönlich haftende Ge-sellschafterin wurde und damit zur Einberufung befugt war.
a)
Zwar bedurfte die Aufnahme der Beklagten zu 1 weder eines einstim-migen Beschlusses noch einer Mehrheit von 75 % der Stimmen. Nach den Re-gelungen des [X.]svertrags genügte vielmehr eine einfache Mehrheit. Die [X.]er beschließen nach § 8 Abs.
5
Satz 1 [X.] über alle [X.] der [X.] mit einfacher Mehrheit, sofern nicht zwingende [X.] Regelungen dem entgegenstehen oder
im [X.]svertrag ande-13
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re Mehrheitsverhältnisse vorgesehen sind. Da die Aufnahme einer neuen per-sönlich haftenden [X.]erin eine Änderung des [X.]svertrags darstellt, war sie schon nach § 8 Abs. 2
f [X.] durch Mehrheitsbeschluss mög-lich.
Danach beschließen die [X.]er "insbesondere"
über Änderungen des [X.]svertrags.
Gesetzliche Regelungen stehen nicht entgegen und im [X.] ist auch keine andere Mehrheit vorgesehen. § 5 Abs. 3 [X.], der die persön-lich haftende [X.]erin zur Annahme der Beitrittserklärungen bevoll-mächtigt, betrifft weder die Aufnahme einer neuen persönlich haftenden Gesell-schafterin noch die gesellschafterliche Willensbildung, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat.
Die namentliche Bezeichnung der Rechtsvorgängerin der Klägerin in § 5 Abs. 1 [X.] als persönlich haftende [X.]erin begründet auch kein Son-derrecht der Klägerin im Sinn von §
35 BGB, einzige und alleinige persönlich haftende [X.]erin zu sein, in das nicht ohne ihre Zustimmung eingegrif-fen werden könnte. Lediglich Rechtspositionen, die individuell einem Gesell-schafter oder einer [X.]ergruppe durch die Satzung eingeräumt und zudem als unentziehbare Rechte ausgestaltet sind, stellen Sonderrechte dar, nicht dagegen eine Rechtsstellung, die allgemein mit der Mitgliedschaft verbun-den ist ([X.], Urteil vom 16.
Oktober 2012

II
ZR
251/10, [X.], 68 Rn. 37). Mit der namentlichen Bezeichnung als persönlich haftende [X.]erin ist noch nicht die individuelle Einräumung einer Rechtsposition verbunden. [X.] ist die Stellung als persönlich haftende [X.]erin darin nicht unent-ziehbar ausgestaltet, vielmehr handelt es sich um eine Rechtsstellung, die [X.] mit der Mitgliedschaft als [X.]erin verbunden ist, deren Haftung nicht beschränkt ist, § 161 Abs. 1 HGB.
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b)
Das ist aber nicht entscheidend, wenn in der [X.] vom 21.
Juni 2010 der Versammlungsleiter festgestellt hat, dass der [X.], die Beklagte zu
1 als weitere Komplementärin aufzunehmen, abgelehnt wurde, wie das der Klageschrift beigefügte Protokoll der Versamm-lung nahelegt. Auch wenn diese Feststellung nicht richtig gewesen sein sollte, kann von den [X.]ern nicht mehr geltend gemacht werden, dass der Beschlussantrag auf Aufnahme der Beklagten zu 1 als persönlich haftende Ge-sellschafterin angenommen wurde, wenn die verlautbarte Ablehnung des [X.]s nicht rechtzeitig nach § 8 Abs. 6 [X.] angefochten worden ist.
Dass ein
Beschluss fehlerfrei gefasst ist, steht zwischen den [X.] fest, wenn der Beschluss nicht innerhalb der Klagefrist angefochten wird. Ein fehlerhafter Beschluss kann nach § 8 Abs. 6 [X.] nur binnen einer Frist von einem Monat angefochten werden. Dadurch, dass eine Anfechtung eines rechtsfehlerhaften Beschlusses nur durch Klage möglich ist, wird ausgeschlos-sen, dass ein [X.]er sich ohne Klage auf die Fehlerhaftigkeit des [X.] beruft. Wenn die Frist abgelaufen ist, ohne dass eine Klage erhoben worden ist, kann ein [X.]er die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses grund-sätzlich nicht mehr geltend machen. Der Beschluss ist trotz seiner möglichen Fehlerhaftigkeit dann als fehlerfrei und rechtswirksam gefasst anzusehen. Das entspricht dem Zweck der Regelung, zusammen mit der Frist rasch Klarheit über die Wirksamkeit gefasster Beschlüsse zu erhalten und zu verhindern, dass sie auch nach langer Zeit immer wieder in Zweifel gezogen werden können.
Das Erfordernis einer Klageerhebung gilt auch für den Beschluss, mit dem ein Beschlussantrag abgelehnt wird. Auch bei der Ablehnung eines [X.]s handelt es sich um einen Beschluss ([X.], Urteil vom 26.
Oktober 1983

II
ZR
87/83, [X.]Z 88, 320, 328; Urteil vom 20.
Januar 1986

II
ZR
73/85,
[X.]Z 97, 28, 30). Maßgebend ist dabei der Beschlussinhalt, wie 19
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-

er vom Versammlungsleiter festgestellt und verlautbart wurde. Schon weil die Klage, mit der die Fehlerhaftigkeit eines Beschlusses geltend zu machen ist, an die kurze Frist von einem Monat gebunden ist (§ 8 Abs. 6 [X.]), müssen die Kla-geberechtigten von einem bestimmten Beschlussergebnis als maßgebend [X.] können (vgl. [X.], Urteil vom 23.
September 1996

II
ZR
126/95, ZIP
1996, 2071, 2074). Dazu ist erforderlich, dass dieses Ergebnis festgestellt und verlautbart wird. Davon geht ersichtlich auch der [X.]svertrag aus, wenn dies darin auch für die Beschlussfassung unter Anwesenden nicht aus-drücklich niedergelegt ist. §
9 Abs. 4 [X.] sieht vor, dass die Versammlung von einem Versammlungsleiter, der persönlich haftenden [X.]erin, geleitet wird, und §
9 Abs. 8 [X.], dass der wesentliche Verlauf der [X.]erver-sammlung nebst den gefassten Beschlüssen von dieser in einem Protokoll [X.] ist.
Auch dass der Beschlussinhalt fehlerhaft festgestellt ist, weil die erforder-liche Mehrheit erreicht oder nicht erreicht ist, betrifft die Fehlerhaftigkeit des [X.] und war nach § 8 Abs. 6 [X.] mit der Klage geltend zu machen. Als [X.] kommt auch in Betracht, dass der Versammlungsleiter eine qualifizierte Mehrheit irrig für notwendig oder nicht notwendig erachtet hat (vgl. [X.], Urteil vom 13. März 1980

II
ZR
54/78,
[X.]Z 76, 191, 197).
2. Die Berechtigung zur Einberufung folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte zu 1 im Handelsregister als Komplementärin eingetragen war.
Das Berufungsgericht hat die [X.] rechtsfehlerhaft auf die analoge Anwendung von § 121 Abs. 2 Satz 2 AktG gestützt. § 121 Abs. 2 Satz 2 AktG ist auf die Einberufung durch eine zu Unrecht im Handelsregister eingetragene persönlich haftende [X.]erin nicht entsprechend [X.]. Die unterschiedliche Interessenlage und die unterschiedlichen rechtli-22
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-

chen und tatsächlichen Verhältnisse der Aktiengesellschaft einerseits und einer Publikumskommanditgesellschaft andererseits rechtfertigen die analoge An-wendung des § 121 Abs. 2 Satz 2 AktG auf die persönlich haftende Gesell-schafterin nicht. Es kann dahinstehen, ob § 121 Abs. 2 Satz 2 AktG entspre-chend auf die Einberufung durch den im Handelsregister eingetragenen [X.] der persönlich haftenden [X.]erin einer Publikumskom-manditgesellschaft anzuwenden wäre (so OLG Hamm DB
1992, 265; [X.]/
[X.] in [X.]/Boujong/[X.]/Strohn, HGB, 3.
Aufl., §
177a HGB [X.]. B Rn.
141; Jaletzke in [X.], 4. Aufl., § 66 Rn. 3), weil hier die entsprechende Anwendung auf die persönlich haftende [X.]erin selbst in Frage steht.
§ 121 Abs. 2 Satz 2 AktG, wonach Personen, die in das Handelsregister als Vorstand eingetragen sind, als einberufungsbefugt gelten, fingiert im Inte-resse der Rechtssicherheit die Vorstandseigenschaft von noch im [X.] eingetragenen Vorstandsmitgliedern. Die Einladung unter Mitwirkung ei-nes umstrittenen, aber noch im Handelsregister eingetragenen Vorstandsmit-glieds soll nicht zur Nichtigkeit der gefassten Beschlüsse führen und verhindern, dass Aktionäre die Wirksamkeit der Einladung in Zweifel ziehen, indem sie die Bestellung des eingetragenen Vorstandsmitglieds bezweifeln. Die Vorschrift dient insoweit auch der Rechtssicherheit. In einer Aktiengesellschaft sind die Aktionäre in die Bestellung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern in der Regel nicht eingebunden. Aus diesem Grund besteht ein Interesse der Aktionä-re daran, aufgrund der Eintragung im Handelsregister die Berechtigung zur [X.] überprüfen und so jedenfalls insoweit Rechtssicherheit erlangen zu können, als die Einberufung dann wirksam ist, wenn eingetragene [X.] daran mitgewirkt haben.
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-

Diese Gesichtspunkte kommen bei der [X.] der per-sönlich haftenden [X.]erin nicht zum Tragen. Die [X.] kommt anders als bei der Aktiengesellschaft mit der persönlich haftenden Ge-sellschafterin einer Mitgesellschafterin zu. Den Vorgängen
um die Aufnahme bzw. den Ausschluss eines persönlich haftenden [X.]ers stehen die Kommanditisten näher als die Aktionäre den Vorgängen um Bestellung und [X.] eines Vorstands. Der Vorstand der Aktiengesellschaft wird vom [X.] ohne unmittelbare Mitwirkung der Aktionäre bestellt und abberufen (§
84 AktG), während der Beitritt und Ausschluss von geschäftsführenden [X.] einer Kommanditgesellschaft ebenso wie die Verleihung oder der Entzug der [X.] Vertretungsmacht oder der Geschäftsführungsbe-fugnis bei der Kommanditgesellschaft den [X.]ern selbst vorbehalten sind. Bei der hier betroffenen Kommanditgesellschaft kommt hinzu, dass [X.] gegen die entsprechenden [X.]erbeschlüsse nach § 8 Abs. 6 [X.] gegen alle [X.]er zu richten sind, so dass sie an einem Streit um die [X.]erstellung der geschäftsführenden [X.]er unmittelbar [X.] sind und davon Kenntnis haben.
Die Einladung zu der [X.]erversammlung richtet sich

anders als bei einer Aktiengesellschaft, die keine Namensaktien ausgegeben hat

nicht an einen anonymen, sondern an einen namentlich bekannten [X.] und erfolgt schriftlich, nicht durch Bekanntmachung. Insgesamt ähnelt die Stellung der Kommanditisten damit weniger als die anonymer Aktionäre derje-nigen außenstehender Dritter. Gegen eine entsprechende Anwendung spricht damit auch, dass § 121 Abs. 2 Satz 2 AktG eine unwiderlegliche Vermutung aufstellt, die selbst bei positiver Kenntnis der [X.]er von der fehlerhaf-ten Eintragung gilt. § 121 Abs. 2 Satz 2 AktG geht damit über den Ausgleich unsicherer Kenntnis und sogar über die [X.] nach § 15 HGB [X.]
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genüber Dritten hinaus, die die Eintragung der [X.]er im [X.] vermittelt.

3. Die Befugnis zur Einberufung kann auch nicht daraus entnommen werden, dass die Beklagte zu 1 im Umlaufbeschluss vom 17. Februar 2011 er-neut als persönlich haftende [X.]erin aufgenommen wurde. Diese [X.] hat die Klägerin angefochten. Das Berufungsurteil, mit dem das [X.] diese Klage abgewiesen hat, hat der [X.] durch Urteil vom heuti-gen Tag aufgehoben ([X.]/15).
4. Die Beklagte zu 1 war entgegen der Auffassung der Revisionserwide-rung auch nicht deshalb zur Einberufung befugt, weil die Klägerin sich

wie das [X.] festgestellt hat

seit Januar 2011 weigerte, für die [X.] zu handeln. §
9 Abs. 6 [X.] sieht ein Selbsteinberufungsrecht einer qualifizierten Minderheit der Kommanditisten vor, falls sich die geschäftsführende Gesell-schafterin weigert, eine Versammlung einzuberufen. Selbst ohne gesellschafts-vertragliche Regelung kommt in einem solchen Fall ein Selbsteinberufungsrecht entsprechend § 50 Abs. 3 GmbHG für den Beirat in Betracht (vgl. [X.], Urteil vom 9. November 1987

II
ZR
100/87, [X.]Z 102, 172, 175). Eines Einberu-fungsrechts für gesellschaftsfremde Dritte bedarf es daher nicht.
II[X.] Die Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig.
1. Die Klage ist nicht aufgrund des Ausscheidens der Klägerin aus der Kommanditgesellschaft wegen eines Wegfalls des Feststellungsinteresses un-zulässig geworden. Ein Wegfall des Feststellungsinteresses ist auch in der Re-28
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-

visionsinstanz zu berücksichtigen ([X.], Urteil vom 8.
Juli 1955

I
ZR
201/53, [X.]Z 18, 98, 107).
a) Der [X.] hat im Revisionsverfahren davon auszugehen, dass die Klägerin nach Erlass des Berufungsurteils aus der Kommanditgesellschaft [X.] wurde. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Revisionserwiderung wurde sie durch Beschluss vom 14. September 2015 ausgeschlossen, der nicht angegriffen wurde.
b) Allein durch den Ausschluss entfiel das Interesse der Klägerin an der Klärung der rechtlichen Wirksamkeit der 2011 gefassten Beschlüsse aber nicht. Der [X.]er einer Personengesellschaft hat grundsätzlich ein Interesse im Sinn von § 256 Abs. 1 ZPO an der Feststellung der Unwirksamkeit eines [X.]erbeschlusses ([X.], Urteil vom 21.
Oktober 1991

II
ZR
211/90, NJW-RR 1992, 227; Urteil vom 25. November 2002

II
ZR
69/01, [X.], 116, 118; Urteil vom 7.
Februar 2012

II
ZR
230/09, [X.], 917 Rn.
24;
Urteil vom 9.
April 2013

II
ZR
3/12, [X.], 1021 Rn.
10). Das ergibt sich schon aus seiner Zugehörigkeit zu der [X.]. Er muss es nicht hinneh-men, dass über die Wirksamkeit eines [X.]erbeschlusses Rechtsunsi-cherheit besteht. Dies gilt grundsätzlich auch über das Bestehen der Gesell-schaft oder die Zugehörigkeit des [X.]ers zu der [X.] hinaus ([X.], Urteil vom 9. April
2013

II
ZR
3/12, [X.], 1021 Rn. 10). Ob Sach-verhalte denkbar sind, bei denen mit Ausscheiden ein Feststellungsinteresse entfällt, hat der [X.] bisher offengelassen ([X.], Urteil vom 9.
April 2013

II ZR 3/12, [X.], 1021 Rn. 11) und kann auch hier offenbleiben. Die [X.] Beschlüsse betreffen unmittelbar oder mittelbar die Rechtstellung der Klägerin als geschäftsführende [X.]erin. Die Klärung ihrer Wirksamkeit bleibt damit für die Rechtsstellung der Klägerin von Bedeutung.
32
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-

IV.
Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie noch nicht zur Endentscheidung reif ist. Das Berufungsgericht hat [X.], ob die Klägerin die Klage innerhalb der Anfechtungsfrist nach § 8 Abs. 6 [X.] erhoben hat.

Außerdem hat das Berufungsgericht bisher keine Feststellungen dazu getroffen, ob

wie dies das der Klage als Anlage beigefügte Protokoll nahelegt

der Vertreter der Klägerin als gesellschaftsvertraglich bestimmter Versamm-lungsleiter (§ 9 Abs. 4 [X.]) die Ablehnung des [X.] der Beklagten zu 1 in der Versammlung vom 21. Juni 2010 festgestellt hat. [X.] müssen auch die Parteien noch Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
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16
-

V. Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen dieses Versäumnisurteil kann die säumige Partei innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung des Versäumnisurteils beginnt, schriftlich Einspruch durch eine von einer beim [X.] zugelasse-nen Rechtsanwältin oder einem beim [X.] zugelassenen Rechts-anwalt unterzeichnete Einspruchsschrift beim [X.],
Herrenstr.
45a, 76133 [X.] (Postanschrift: 76125 [X.]) einlegen.

Strohn

[X.]

Drescher

[X.]

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.07.2013 -
4 [X.]/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 10.07.2015 -
I-16 [X.] -

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:070217BIIZR232.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
II ZR 232/15
vom
7. Februar 2017

in dem Rechtsstreit

[X.]:[X.]:[X.]:2017:070217BIIZR232.15.0
-
2
-

Der I[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 7. Februar 2017 durch [X.]
Dr.
Drescher, [X.], [X.], [X.] und die Richterin Grüneberg

beschlossen:

Das Teilversäumnis-
und
Teilendurteil vom 25.
Oktober 2016 wird wegen offenbarer Unrichtigkeit gemäß §
319 Abs.
1 ZPO wie folgt berichtigt:
In Randnummer 3, Absatz [3] letzte Zeile, muss es anstatt

heißen.

Drescher

[X.]

[X.]

Bernau

Grüneberg

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 25.07.2013 -
4 [X.]/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 10.07.2015 -
I-16 [X.] -

Meta

II ZR 232/15

25.10.2016

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2016, Az. II ZR 232/15 (REWIS RS 2016, 3418)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3418

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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II ZR 231/15 (Bundesgerichtshof)


II ZR 230/15 (Bundesgerichtshof)


II ZR 230/15 (Bundesgerichtshof)

Publikumskommanditgesellschaft: Befugnis einer zu Unrecht im Handelsregister eingetragenen persönlichen haftenden Gesellschafterin zur Einberufung der Gesellschafterversammlung


I-16 U 209/13 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


I-16 U 168/13 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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II ZR 230/15

II ZR 3/12

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