Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2023, Az. III ZR 192/22

3. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 7931

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Gegenstand

Wirksamkeit der Kommunalabgabensatzung betreffend Stundungszinsen - Anschlussbeitrag Kanalisation


Leitsatz

Anschlussbeitrag Kanalisation

§ 234 Abs. 1 Satz 2 AO (hier in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchstaben a und b KAG Bbg) hat abschließenden Charakter, so dass Ersatz der geleisteten Stundungszinsen nicht auf der Grundlage des verschuldensunabhängigen Staatshaftungsanspruchs gemäß § 1 Abs. 1 StHG Bbg verlangt werden kann.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] - 2. Zivilsenat - vom 4. Oktober 2022 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des [X.] hat der Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks in [X.]. Mit Beitragsbescheid vom 11. Januar 2011 zog die Beklagte ihn auf der Grundlage ihrer am 1. Januar 2009 in [X.] getretenen Satzung - eine vorhergehende aus dem [X.] stammende war unwirksam - zu einem Kanalanschlussbeitrag zur teilweisen Deckung des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung und Erweiterung der zentralen (leitungsgebundenen) Schmutzwasserbeseitigungsanlage in Höhe von 9.020,20 € heran. Diesen Betrag stundete sie auf Antrag des [X.] mit weiterem Bescheid vom 17. Februar 2011, wofür Stundungszinsen in Höhe von 483 € anfielen. Der Kläger zahlte den [X.] nachfolgend in [X.] in voller Höhe. Der vom Kläger parallel dazu erhobene Widerspruch und die nachfolgende Klage gegen den Beitragsbescheid blieben erfolglos. Den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des [X.] lehnte das Oberverwaltungsgericht in der Besetzung mit drei Berufsrichtern ab. Auf die Verfassungsbeschwerde des [X.] stellte das [X.] mit Beschluss vom 22. Dezember 2015 (1 BvR 1703/15) unter Bezugnahme auf seine Entscheidung vom 12. November 2015 (1 BvR 2961/14 u.a., [X.], 300) fest, dass der Beschluss des [X.], das Urteil des [X.], der Widerspruchsbescheid und der Beitragsbescheid den Kläger in seinem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) wegen des Verstoßes gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot verletzten. Es hob den Beschluss des [X.] auf und verwies die Sache an dieses zurück. Die Beklagte nahm daraufhin mit Bescheid vom 11. April 2016 den Beitragsbescheid aus dem [X.] in Gestalt des Widerspruchsbescheids zurück und erstattete den zwischenzeitlich vereinnahmten Kanalanschlussbeitrag. Ferner zahlte sie Rechtshängigkeitszinsen und ersetzte die dem Kläger im Widerspruchs- sowie im verwaltungs- und verfassungsgerichtlichen Verfahren entstandenen Rechtsverfolgungskosten. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren wurde durch Beschluss des [X.] eingestellt.

2

Der Kläger verlangt von der Beklagten nunmehr - gestützt auf das Staatshaftungsgesetz des Landes [X.] - Schadensersatz wegen der von ihm entrichteten Stundungszinsen sowie weiterer Verzugszinsen. Darüber hinaus macht er ihm durch die diesbezügliche außergerichtliche Vertretung entstandene Rechtsanwaltskosten als Schaden geltend. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

3

Die zulässige Revision ist unbegründet.

I.

4

Das [X.] hat (veröffentlicht in BeckRS 2022, 32143) Staats- und Amtshaftungsansprüche des Klägers verneint. Insbesondere ergebe sich aus § 1 Abs. 1 des [X.] in der [X.] (Staatshaftungsgesetz - [X.]) in der Fassung des [X.] vom 3. September 1997 (GVBl. I S. 104 - [X.] [X.]) kein solcher Anspruch. Aus einer Verfassungswidrigkeit und damit objektiven Rechtswidrigkeit des [X.] vom 11. Januar 2011 könne der Kläger keinen Anspruch aus § 1 [X.] [X.] herleiten. Denn es liege ein Fall legislativen Unrechts vor, der von der Haftungsregelung nicht erfasst werde. Ansprüche aus Amtshaftung nach § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG scheiterten am mangelnden Verschulden der für die Beklagte handelnden Amtsträger.

II.

5

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung jedenfalls im Ergebnis stand. Der geltend gemachte Schadensersatz ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet.

6

1. Ein vorliegend vor allem in Betracht zu ziehender Staatshaftungsanspruch gemäß § 1 Abs. 1 [X.] [X.] greift nicht durch. Dabei kann dahinstehen, ob der Beitragsbescheid materiell rechtmäßig war oder nicht. Die geltend gemachten Schadensersatzpositionen sind dem Kläger aus nachfolgenden Gründen nicht zu ersetzen.

7

a) Der [X.], der infolge der Heranziehung des Klägers zu den [X.]n ergangen ist (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a, § 12c Abs. 1 Satz 1 KAG [X.] iVm § 222 Abs. 1 Satz 1 [X.]), war ungeachtet des rechtlichen Schicksals des [X.] rechtmäßig. Zwar war dieser neben der Stundungsverfügung Grundlagenbescheid für die Festsetzung der den Kläger belastenden Stundungszinsen (§ 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b KAG [X.] iVm § 234 Abs. 1 Satz 1 [X.]; vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], [X.] 262. Lieferung 4/2021, § 234 [X.] Rn. 15 f). Die Rechtmäßigkeit dieser Festsetzung hing aber nicht von dem Bestand des [X.] und dessen rechtlicher Bewertung ab.

8

Als steuerliche Nebenleistung sind die Zinsen zwar grundsätzlich abhängig vom Bestehen des gestundeten Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis ([X.] aaO Rn. 16). Diese Akzessorietät wird jedoch durch § 234 Abs. 1 Satz 2 [X.] eingeschränkt. Danach lässt die Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids - beziehungsweise hier des [X.] - nach Ablauf der Stundung die bis dahin entstandenen Stundungszinsen unberührt (Entwurf der Fraktionen der [X.] und [X.] eines Gesetzes zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts, [X.]. 12/5630, [X.]; [X.], 23, 28; [X.] aaO Rn. 16; [X.] in Tipke/[X.], [X.], [X.] 170. Lieferung 5/2022, § 234 [X.] Rn. 10). Auf den Grund der Aufhebung kommt es dabei nicht an. Folglich spielt es keine Rolle, ob die mit dem Ausgangs-/Grundlagenbescheid erhobene Steuer beziehungsweise Abgabe rechtmäßig oder rechtswidrig festgesetzt worden ist. Vielmehr ist die festgesetzte Steuer - ungeachtet der gegen sie erhobenen Einwände und Rechtsbehelfe - einstweilen zu bezahlen. Maßgebend für die Festsetzung von Stundungszinsen ist damit allein der gestundete Steueranspruch nach den Verhältnissen während des Stundungszeitraums, auch wenn sich nach dessen Ablauf die Steuerfestsetzung als unzutreffend erweist und deshalb aufgehoben, geändert oder berichtigt wird [X.]/Rüsken, [X.], 16. Aufl., § 234 Rn. 8; [X.] in [X.], [X.], [X.] Juli 2020, § 234 [X.] 1977 Rn. 28; [X.] in [X.], [X.], 4. Aufl., § 234 Rn. 15). Die Rechtslage gleicht der bei der Festsetzung von [X.] (vgl. § 240 Abs. 1 Satz 4 [X.]). Sie kann nur in Ausnahmefällen dadurch noch zugunsten des Steuerpflichtigen korrigiert werden, dass bei nachträglicher Aufhebung oder Änderung des Steuerbescheids die Stundungszinsen aus - hier allerdings weder vorgetragenen noch sonst ersichtlichen - Billigkeitsgründen nach § 234 Abs. 2 [X.] nicht erhoben werden (Rüsken aaO). Änderungen des Steuerbescheids nach Ablauf der Stundung lassen vielmehr die bis dahin entstandenen Zinsen unberührt ([X.] aaO Rn. 28). Um dies zu verhindern, muss der Steuer-/Abgabenpflichtige, statt eine Stundung in Anspruch zu nehmen, die Aussetzung der Vollziehung beantragen und dadurch die Akzessorietät seiner Zinsschuld gegenüber der [X.] sicherstellen (vgl. [X.] aaO; Rüsken aaO). Die frühere Rechtsprechung des [X.] (vgl. zB [X.], Urteil vom 22. Mai 1991 - [X.], juris Rn. 10), wonach bei einer nachträglichen Herabsetzung der Steuer - und dies muss erst recht bei Aufhebung ihrer Festsetzung gelten - die Stundungszinsen rückwirkend zu mindern waren, ist nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. [X.]. aaO) mit der ab dem 30. Dezember 1993 wirksam gewordenen Einfügung des Satzes 2 in § 234 Abs. 1 [X.] durch das Gesetz zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (BGBl. [X.]) überholt (Rüsken aaO; [X.] aaO Rn. 16; vgl. auch [X.] aaO).

9

Dem kann vorliegend auch nicht mit dem Einwand begegnet werden, Schadensersatzansprüche seien von dieser Regelung nicht umfasst. Jedenfalls für den verschuldensunabhängigen Staatshaftungsanspruch aus § 1 Abs. 1 [X.] kann dies schon deshalb nicht gelten, weil anderenfalls der Sinn und Zweck des § 234 Abs. 1 Satz 2 [X.] über den Umweg der Schadensersatzleistung ausgehöhlt werden würden.

Dem steht - anders als die Revision meint - auch nicht das Senatsurteil vom 6. Februar 1975 ([X.], NJW 1975, 972, 973) entgegen. Der Senat hat in diesem Urteil entschieden, dass eine abgabenrechtliche Regelung, die dem bereits im Einspruchsverfahren obsiegenden Steuerpflichtigen einen Anspruch auf Erstattung seiner Auslagen für einen Vertreter nicht gewährt, einen Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 Abs. 1 BGB auf Ersatz solcher Kosten nicht ausschließt. Dies hat der Senat damit begründet, eine dem Steuerpflichtigen günstige Einspruchsentscheidung müsse nicht - wie es für eine Haftung nach § 839 BGB vorausgesetzt werde - darauf beruhen, dass der angefochtene Steuerverwaltungsakt rechtswidrig sei. Trotz des in der Abgabenordnung (damals § 204 [X.]) festgelegten Legalitätsprinzips könne die Entscheidung im Vorverfahren durch Erwägungen mitbestimmt sein, die im Ergebnis [X.] gleichzustellen seien. Daraus, dass die Prüfung nicht auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts beschränkt war, hat der Senat die Schlussfolgerung gezogen, dem [X.] sei insoweit die Bedeutung einer auch in den Bereich des materiellen Schadensersatzrechts hineinwirkenden abschließenden Regelung nicht beizumessen (Senat aaO unter II). Die vorliegende Konstellation ist damit jedoch nicht zu vergleichen. Denn zum einen regeln die §§ 233a bis 237 [X.] - worunter auch die vorliegend in Rede stehenden Stundungszinsen fallen - die Verzinsung von [X.] abschließend (§ 233 Satz 1 [X.]; [X.] 235, 107 Rn. 22; [X.], [X.], 130, 132; [X.] aaO § 233 Rn. 6). Zum anderen unterscheidet § 234 Abs. 1 Satz 2 [X.] - wie bereits ausgeführt - für den Fortbestand der [X.] gerade nicht danach, ob die zugrundeliegende Steuer zu Recht oder zu Unrecht erhoben worden ist. Eine allein auf die objektive Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts gestützte Schadensersatzpflicht, wie in § 1 Abs. 1 [X.] vorgesehen, würde im Anwendungsbereich des § 234 Abs. 1 Satz 2 [X.] daher zu dem oben ausgeführten Wertungswiderspruch führen. Ob dies im Zusammenhang mit einem - verschuldensabhängigen - Schadensersatzanspruch gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG anders beurteilt werden könnte, kann aus nachstehenden Gründen (siehe [X.]) offenbleiben.

b) Ein über die Rückerstattung des Anschlussbeitrags hinausgehender Anspruch auf Verzinsung der darauf gezahlten Raten (§ 288 BGB) besteht ebenfalls nicht. Allein eine - zu unterstellende - Rechtswidrigkeit des [X.] rechtfertigt den geltend gemachten Zinsanspruch nicht. Ungeachtet dessen, dass der Kläger die Voraussetzungen des Verzugs, insbesondere eine Mahnung (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB), nicht vorgetragen hat, und unabhängig davon, ob der Tatbestand § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB erfüllt ist (vgl. dazu zB [X.], Urteil vom 13. Dezember 2007 - [X.], NJW-RR 2008, 918 Rn. 13 - dort zu einem Anspruch auf § 826 BGB; [X.] BGB/[X.], Stand: 1. August 2023, § 286 Rn. 38), greifen auch hinsichtlich dieses Anspruchs die Erwägungen zum abschließenden Charakter der abgabenrechtlichen Zinsregelungen ein, die nicht durch zivilrechtliche Vorschriften umgangen werden dürfen. Der Abgabenordnung lässt sich kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen, dass (Erstattungs-)Ansprüche des Steuerpflichtigen aus dem Steuerschuldverhältnis stets zu verzinsen sind ([X.], BeckRS 2009, 25016082 Rn. 14). Im Gegenteil bestimmt § 233 Satz 1 [X.] in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe b KAG [X.], dass solche Ansprüche nur verzinst werden, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist ([X.], BeckRS/[X.]; [X.] DStR jew. aaO). Die - ohnehin auf bestimmte Steuerarten begrenzte - Vorschrift des § 233a [X.] findet auf das kommunale Abgabenrecht indes keine Anwendung (§ 12 Abs. 1 Nr. 5 KAG [X.]). Auch einen Grundsatz, wonach Geldschulden im Allgemeinen oder Erstattungsbeträge im Besonderen vom Schuldner zu verzinsen sind, gibt es im öffentlichen Recht nicht; vielmehr bedarf es auch dafür einer ausdrücklichen rechtlichen Regelung (vgl. zB BVerwG, NJW 1985, 2208, 2209 mwN). Eine über § 236 [X.] hinausgehende [X.] - das heißt [X.] auf [X.], die die Beklagte bezahlt hat - gibt es in der Abgabenordnung nicht. Eine Verzinsung der vom Kläger auf die [X.] gezahlten Raten - gleich, ob auf Verzug oder einen anderen (schadens-)rechtlichen Gesichtspunkt gestützt - stünde dazu in einem Wertungswiderspruch.

Dessen ungeachtet kommt der Schuldner nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat (§ 286 Abs. 4, § 276 BGB). In dem vom Kläger geltend gemachten Zinszeitraum, der mit der Erhebung der Klage vor dem Verwaltungsgericht endete, war der Beklagten aber ein (fahrlässiges) Verschulden nicht vorzuwerfen. Mit einer abweichenden Beurteilung der Rechtslage durch die Gerichte brauchte sie nicht zu rechnen (vgl. nachfolgend 2).

Deliktszinsen gemäß § 849 BGB kommen ebenfalls nicht in Betracht. Die oben angesprochene abschließende Regelung der steuer- beziehungsweise abgabenrechtlich vorgesehenen Zinsansprüche muss zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch insoweit durchgreifen.

Sonstige Gründe, die den Zinsanspruch hätten rechtfertigen können - etwa in Form entgangener Anlagezinsen oder aufgewandter Kreditzinsen -, sind nicht dargetan und auch nicht ersichtlich.

c) Schließlich sind auch die als Schaden geltend gemachten Aufwendungen des Klägers für die außergerichtliche Vertretung durch seinen vorinstanzlichen Prozessbevollmächtigten wegen der Geltendmachung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Stundungszinsen und Ersatz von Verzugszinsen (Schriftsatz vom 29. November 2016, Anlage [X.]) nicht zu erstatten. Diese Kosten sind bereits deswegen nicht ersatzfähig, weil ihm diese Positionen aus den oben genannten Gründen nicht zustanden.

2. Ein Amtshaftungsanspruch aus § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG scheitert am mangelnden Verschulden der Beklagten. Schon nach der [X.] trifft den Amtsträger in der Regel kein Verschulden, wenn ein mit mehreren Berufsrichtern besetztes Kollegialgericht, wie hier das Oberverwaltungsgericht, die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat. Denn von einem Beamten kann eine bessere Rechtseinsicht als von einem mit mehreren Rechtskundigen besetzten Kollegialgericht regelmäßig nicht erwartet und verlangt werden (vgl. dazu zB Senat, Urteil vom 9. Juli 2021 - [X.], NVwZ-RR 2021, 298 Rn. 17 mwN). Für einen der nach der Rechtsprechung des Senats möglichen Ausnahmefälle von diesem Grundsatz (Senat aaO) gibt es keine Anhaltspunkte.

Dessen ungeachtet konnten die Beschäftigten der Beklagten sich bei Erlass des Bescheids auf die - vor den eingangs genannten Entscheidungen des [X.] bestehende - Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte im [X.] stützen, wonach die Anwendung des § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG [X.] in der Fassung vom 31. März 2004 (GVBl. I S. 174; nF) auch auf Sachverhalte, bei denen nach der Auslegung, die § 8 Abs. 7 Satz 2 KAG [X.] in der Fassung vom 27. Juni 1991 (GVBl. I S. 200; aF) in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung erfahren hatte (zB [X.] 2001, 132, 134; BeckRS 2016, 40172; LKV 2004, 555, 556), bereits Festsetzungsverjährung eingetreten wäre, keine unzulässige Rückwirkung entfaltete ([X.] 2008, 369, 372 f; BeckRS 2008, 36299 und BeckRS 2014, 54103). Dies war überdies noch im [X.] durch das [X.] bestätigt worden (Beschluss vom 21. September 2012 - 46/11, juris Rn. 66 ff). Ergänzend kann auf die Erwägungen auf Seite 16 f des Berufungsurteils Bezug genommen werden.

[X.]

Remmert

Böttcher

[X.]in am [X.] [X.] und [X.] am [X.] Dr. Kessen
sind wegen Ortsabwesenheit gehindert zu unterschreiben.

        

[X.]

        

Meta

III ZR 192/22

12.10.2023

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 4. Oktober 2022, Az: 2 U 20/22, Urteil

§ 1 Abs 1 StHaftG BB, § 12 Abs 1 Nr 5 Buchst a KAG BB, § 12 Abs 1 Nr 5 Buchst b KAG BB, § 234 Abs 1 S 2 AO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.10.2023, Az. III ZR 192/22 (REWIS RS 2023, 7931)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7931

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