Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.07.2003, Az. I ZB 10/01

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2241

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[X.] ZB 10/01vom17. Juli 2003in der [X.] die Markenanmeldung Nr. 398 51 807Nachschlagewerk:[X.]:nein[X.]R: ja[X.][X.] § 8 Abs. 2 Nr. 2a) An die Feststellung eines Freihaltebedürfnisses an einer geographischenHerkunftsangabe aufgrund einer zukünftigen Verwendung für Waren oderDienstleistungen dürfen keine höheren Anforderungen gestellt werden als beiden übrigen Sachangaben des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.].b) Die Einmaligkeit eines Ortsnamens ist nicht Voraussetzung für die Annahme,daß die Bezeichnung in Zukunft als geographische Herkunftsangabe Ver-wendung finden kann.c) Besteht zwischen einer Bezeichnung (hier: [X.]) und einer [X.] Herkunftsangabe (vorliegend: [X.]) eine so große Ähn-lichkeit, daß der angesprochene Verkehr die Unterschiede in der [X.] regelmäßig oder sehr häufig nicht bemerkt, kann dies ein Freihaltebedürf-nis an dem Zeichen begründen.[X.], Beschluß vom 17. Juli 2003 - [X.]/01 - [X.]- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat am 17. Juli 2003 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] v. Ungern-Sternberg, Prof. [X.], Pokrant und [X.]:Die Rechtsbeschwerde gegen den am 12. April 2001 an [X.] ([X.]) des [X.] wird [X.].Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 festgesetzt.Gründe:[X.] Mit ihrer am 9. September 1998 eingereichten Anmeldung begehrt [X.] die Eintragung der Wortmarke "[X.]" in das [X.]"pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesund-heitspflege".Die Markenstelle des [X.] hat die [X.] 3 -Die Beschwerde der Anmelderin ist erfolglos geblieben ([X.] 44, 39).Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der (zugelassenen) Rechts-beschwerde.I[X.] Das [X.] hat die angemeldete Marke mangels Unter-scheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] und wegen eines Frei-haltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] für nicht eintragungsfähiggehalten und ausgeführt:Das im allgemeinen Interesse normierte Schutzhindernis des § 8 Abs. 2Nr. 2 [X.] stehe der Eintragung des angemeldeten Zeichens entgegen.Auch wenn eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als geographi-sche Herkunftsangabe gegenwärtig noch nicht erfolge, sei dies nicht nur theo-retisch möglich, sondern auch wahrscheinlich oder jedenfalls gut vorstellbar."[X.]" sei der Name einer zwischen [X.] und [X.] im Land-kreis [X.]er Land gelegenen [X.] in [X.] mit etwa 14.400 Einwoh-nern.Einem Freihaltebedürfnis stehe nicht entgegen, daß es mehrere [X.] mit den Namen "[X.]" gebe, ein entsprechender Familiennameexistiere und das klanglich identische Wort "[X.]" ein Fürstentum, [X.] und [X.] bezeichne. Eine schutzbegründende Mehrdeutig-keit bestehe nicht. Die Angabe sei aus dem jeweiligen Zusammenhang eindeu-tig als geographische Herkunftsangabe zu qualifizieren. Die Bezeichnung [X.] wegen der sehr engen Annäherung in der Schreibweise auch als Hinweisauf das Fürstentum [X.]. Der Unterschied in der Schreibweise [X.] -regelmäßig oder doch sehr häufig nicht bemerkt. Für derartige Bezeichnungenmüsse ein Freihaltebedürfnis ebenfalls anerkannt werden.II[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbe-schwerde haben keinen Erfolg. Die Annahme des [X.], [X.] "[X.]" sei als geographische Herkunftsangabe freizuhalten(§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]), läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen.1. Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind von der Eintra-gung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben [X.], die im Verkehr (u.a.) zur Bezeichnung der geographischen Herkunft derWaren dienen können. Dabei ist die Eintragung auch dann zu versagen, wenndie fragliche Benutzung als geographische Herkunftsangabe noch nicht zubeobachten ist, wenn eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfol-gen kann. Zur Bejahung der Voraussetzungen dieses Schutzhindernisses [X.] es allerdings der Feststellung, daß eine derartige zukünftige Verwendungvernünftigerweise zu erwarten ist (vgl. [X.], Urt. [X.] - Rs. [X.] - 108 [X.]/97, Slg. 1999, [X.] = GRUR 1999, 723, 726 [X.]. 37 = [X.], 629- [X.]hiemsee). An die damit verbundene Prognoseentscheidung zur [X.] aufgrund einer zukünftigen Verwendung, die nichtnur auf theoretischen Erwägungen beruhen kann, dürfen bei [X.] keine höheren Anforderungen als bei den übrigen Sachan-gaben des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] gestellt werden (vgl. hierzu [X.], [X.]. 23.11.2000 - [X.], [X.], 735, 737 = [X.], 692 - Test it.;Beschl. v. 19.12.2002 - [X.], [X.], 343, 344 = [X.], 517- Buchstabe "Z"). Insbesondere ist die Annahme des Schutzhindernisses nachdieser Vorschrift nicht auf ein gegenwärtiges Freihaltebedürfnis an der [X.] Herkunftsangabe [X.] -2. [X.] einer zukünftigen Verwendung der Bezeichnung "Lich-tenstein" als geographische Herkunftsangabe hat das [X.] be-jaht. Es hat angenommen, in der Gemeinde [X.] in [X.] befindesich eines der größten Gewerbegebiete im Regierungsbezirk [X.]. [X.] unterliege einem ständigen Strukturwandel. In unmittelbarer Nähe von[X.] in [X.] habe ein bedeutender Pharmaproduzent seinen Sitz.Pharmaunternehmen seien auch in [X.] und [X.] angesiedelt. Die An-siedlung pharmazeutischer Unternehmen in [X.] erscheine durchausmöglich.a) Dem kann die Rechtsbeschwerde nicht mit Erfolg entgegenhalten, das[X.] hätte die Feststellungen nicht aufgrund eigener Sachkun-de treffen, sondern bei den maßgeblichen Verkehrskreisen, die vornehmlichaus den Mitbewerbern der Anmelderin bestünden, Nachforschungen [X.]. Denn auch wenn die Mitbewerber der Anmelderin derzeit nicht die [X.] zu einer Unternehmensgründung in [X.] hätten, rechtfertigt diesnicht den Schluß, ein Freihaltebedürfnis an der Bezeichnung sei nicht gegeben.Anders als die Rechtsbeschwerde meint, hat das [X.] indiesem Zusammenhang nicht den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt.Die Markenstelle des [X.] hatte bereits [X.] eigener Sachkunde ein Freihaltebedürfnis bejaht. Die Beschwerde hatteeine fehlende Sachkunde der Markenstelle des [X.] nicht gerügt. Der Vorsitzende des [X.] hatte [X.] vor der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren daraufhingewiesen, daß sich ein Schutzhindernis auch aus der engen Anlehnung anden Namen des Fürstentums "[X.]" ergeben könne. Danach mußte- 6 -die Anmelderin damit rechnen, daß das [X.] in tatrichterlicherBeurteilung aufgrund eigener Sachkunde über das Vorliegen der Vorausset-zungen des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entscheidenwürde.b) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, einem Freihal-tungsinteresse an "[X.]" stehe die Mehrdeutigkeit der Bezeichnung [X.]. Es gebe in [X.] noch zwei weitere Orte mit dem Namen [X.] gleichen Namens in [X.]. [X.] sei auch als Familien-name nicht ungebräuchlich.Die Einmaligkeit des Ortsnamens ist jedoch nicht Voraussetzung für [X.], daß die Bezeichnung in Zukunft als geographische [X.] finden kann. Daß ein Name mehrfach zur Bezeichnung eines- insbesondere kleineren - Ortes Verwendung findet, ist ebensowenig unge-wöhnlich wie der Umstand, daß der Name zudem als Eigenname feststellbar ist(vgl. [X.] 43, 52, 55 - [X.]loppenburg; [X.]/[X.], Markengesetz,7. Aufl., § 8 Rdn. 317; Ekey/Klippel/[X.], Markenrecht, § 8Rdn. 50).c) Nach den Feststellungen des [X.] ist es nicht nurtheoretisch möglich, sondern gut vorstellbar, daß "[X.]" als geographi-sche Herkunftsangabe für die beanspruchten Waren in Zukunft Verwendungfinden wird. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde erfolglos mit derRüge, im [X.] [X.] sei kein pharmazeutisches Unternehmenangesiedelt. Den beteiligten Fachkreisen sei die [X.] nicht bekannt und diesestellten zu den Waren, für die die Anmeldung erfolgt sei, keine Verbindung [X.] 7 -während die Anmelderin die Bezeichnung "[X.]" seit mehr als40 Jahren zur Kennzeichnung ihrer Produkte nutze.Der Annahme eines Freihaltebedürfnisses steht nicht entgegen, daß sichin [X.] (bisher) kein pharmazeutisches Unternehmen angesiedelt [X.] es sich nicht um einen bekannten Ort handelt. Zwar können darin Indizienfür ein Freihaltebedürfnis bestehen, daß bereits Unternehmen, die einen Bezugzu der Herstellung oder dem Vertrieb der in Rede stehenden Waren aufweisen,einen Sitz in dem Ort haben und es sich um einen bekannten Ortsnamen han-delt. Voraussetzung sind diese Tatsachen für die Annahme eines Schutzhin-dernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] an einem Ortsnamen aber nicht (vgl.[X.]/[X.] aaO § 8 Rdn. 319).Das [X.] ist auch mit Recht davon ausgegangen, daßdas Freihaltebedürfnis sich vorliegend zudem aus der großen Ähnlichkeit mitder Schreibweise des Fürstentums [X.] ergibt. Es hat hierzu entschei-dend darauf abgestellt, daß der angesprochene Verkehr den Unterschied derSchreibweise zwischen dem angemeldeten Zeichen und dem Fürstentum re-gelmäßig oder zumindest sehr häufig nicht bemerkt. Das [X.]hat daher zutreffend nicht auf erkennbare Abwandlungen beschreibender An-gaben, sondern darauf abgestellt, daß der Verkehr die Abweichung [X.] 8 -d) Bei dieser Sachlage kommt es auf die vom [X.] be-jahte Frage, ob auch das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft nach§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] gegeben ist, nicht mehr an.Ullmann v. Ungern-Sternberg [X.] Pokrant Büscher

Meta

I ZB 10/01

17.07.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.07.2003, Az. I ZB 10/01 (REWIS RS 2003, 2241)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2241

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