Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.01.2019, Az. 7 AZR 212/17

7. Senat | REWIS RS 2019, 11142

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Gegenstand

Befristung - vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung - Projekt


Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] - Kammern [X.] - vom 24. Februar 2017 - 9 [X.]/16 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund [X.]efristung am 31. Dezember 2015 geendet hat.

2

Der Kläger wurde von dem beklagten Land seit dem Jahr 2007 im Rahmen von archäologischen Grabungen aufgrund von acht befristeten Arbeitsverträgen insgesamt 29 Monate beschäftigt. Im Einzelnen handelt es sich um folgende Einsätze und Vertragslaufzeiten:

        

5. März 2007 bis 5. April 2007:

Ausgrabung I

        

23. Juni 2008 bis 31. August 2008:

Ausgrabung „Quartier U“,

        

5. Juli 2010 bis 30. September 2010:

Digitale [X.]ildbearbeitung für die Grabung [X.],

        

1. Oktober 2010 bis 31. Dezember 2010:

Aufarbeitung der digitalen [X.]ilddokumentation,

        

1. August 2011 bis 30. September 2011:

Örtliche Grabungsleitung „M“,

        

1. Oktober 2011 bis 31. Oktober 2011:

Nachbearbeitung und Abschluss der Grabungsdokumentation „M“,

        

1. April 2013 bis 31. Dezember 2013:

Örtliche Leitung bei der Ausgrabung [X.]augebiet „[X.]“,

        

4. Mai 2015 bis 31. Dezember 2015:

Ausgrabung N.

3

§ 1 des letzten Arbeitsvertrags der Parteien vom 16. April 2015 lautet:

        

§ 1 Einstellung, [X.]eschäftigungsumfang

        

[X.]rau/Herr

E       

        

wird ab

04.05.2015 bis zum 31.12.2015

        

befristet eingestellt9

        

…       

        

Das Arbeitsverhältnis ist befristet

        

☒       

bis zum

31.12.2015 im Projekt

                 

Ausgrabung N

                 

längstens jedoch für die Dauer des Projektes.

2          

        

…       

        
        

☒       

Die [X.]efristung beruht auf

§ 30 TV-L i.V.m. § 14

                 

Abs. 1 Tz[X.]fG

2, 7“           

4

Der Kläger wurde bei der Ausgrabung in N als technischer Grabungsleiter in Teilzeit mit 50 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten eingesetzt. Die überwiegend von der [X.] finanzierte Ausgrabung wurde wie geplant Ende 2015 beendet.

5

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die [X.]efristung des zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrags sei unwirksam, da sie nicht durch einen Sachgrund gerechtfertigt sei.

6

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 16. April 2015 vereinbarten [X.]efristung zum 31. Dezember 2015 beendet worden ist,

        

2.    

für den [X.]all des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. das beklagte Land zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen [X.]edingungen als technischen Grabungsleiter weiterzubeschäftigen.

7

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Ansicht vertreten, die [X.]efristung sei nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Tz[X.]fG und wegen [X.] gerechtfertigt. Archäologische Rettungsgrabungen wie die Rettungsgrabung in N, die im Rahmen größerer [X.]auvorhaben und Infrastrukturprojekte anfielen und überwiegend von den Trägern der [X.]auvorhaben finanziert würden, gehörten nicht zu seinen Daueraufgaben, sondern seien zeitlich begrenzte Projekte. Die Grabungen fielen witterungsbedingt hauptsächlich in den Monaten April bis Oktober an und seien nur dann durchzuführen, wenn [X.]auarbeiten an entsprechenden Stellen bevorstünden.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das [X.] hat sie abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Mit der vom [X.] gegebenen Begründung kann die Befristungskontrollklage nicht abgewiesen werden. Der [X.] kann aufgrund der bislang getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der vereinbarten Befristung am 31. Dezember 2015 geendet hat. Der Weiterbeschäftigungsantrag fällt dem [X.] nicht zur Entscheidung an.

I. Das [X.] ist mit einer rechtsfehlerhaften Begründung zu dem Ergebnis gelangt, die Befristung des letzten Arbeitsvertrags des [X.] zum 31. Dezember 2015 sei nach § 14 Abs. 1 Satz 2 [X.]r. 1 [X.] gerechtfertigt.

1. Ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrags liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 [X.]r. 1 [X.] vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf kann sowohl durch einen vorübergehenden Anstieg des [X.] im Bereich der Daueraufgaben des Arbeitgebers entstehen als auch durch die Übernahme eines Projekts oder einer Zusatzaufgabe, für deren Erledigung das vorhandene Stammpersonal nicht ausreicht (vgl. etwa [X.] 16. Januar 2018 - 7 [X.] - Rn. 16; 27. Juli 2016 - 7 [X.] - Rn. 17 mw[X.]), oder daraus, dass sich der Arbeitskräftebedarf künftig verringern wird (vgl. hierzu [X.]. 14/4374 S. 19). Der Sachgrund setzt voraus, dass im [X.]punkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers in dem Betrieb kein dauerhafter Bedarf mehr besteht. Hierüber hat der Arbeitgeber bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags eine Prognose zu erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen müssen. Die Prognose ist Teil des [X.] für die Befristung. Die tatsächlichen Grundlagen für die Prognose hat der Arbeitgeber im Prozess darzulegen (st. Rspr. [X.] 16. Januar 2018 - 7 [X.] - Rn. 16; 21. März 2017 - 7 [X.] - Rn. 28; 17. März 2010 - 7 [X.]/08 - Rn. 12 f., [X.]E 133, 319; 11. Februar 2004 - 7 [X.] 362/03 - zu I 2 a der Gründe, [X.]E 109, 339). Wird die Prognose durch die spätere Entwicklung bestätigt, besteht eine ausreichende Vermutung dafür, dass sie hinreichend fundiert erstellt worden ist. Es ist dann Sache des Arbeitnehmers, Tatsachen vorzutragen, nach denen im [X.]punkt des Vertragsschlusses diese Prognose nicht gerechtfertigt war oder die nachfolgende Entwicklung mit der Prognose des Arbeitgebers in keinem Zusammenhang steht ([X.] 24. September 2014 - 7 [X.] 987/12 - Rn. 22; 7. Mai 2008 - 7 [X.] 146/07 - Rn. 17). Die allgemeine Unsicherheit über die zukünftig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit rechtfertigt die Befristung nicht. Eine solche Unsicherheit gehört zum unternehmerischen Risiko des Arbeitgebers, das er nicht durch Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags auf den Arbeitnehmer abwälzen darf ([X.] 21. März 2017 - 7 [X.] - Rn. 28; 15. Mai 2012 - 7 [X.] 35/11 - Rn. 30).

2. Der Arbeitgeber kann sich zur sachlichen Rechtfertigung eines befristeten Arbeitsvertrags auf eine Tätigkeit in einem zeitlich begrenzten Projekt nur dann berufen, wenn es sich bei den im Rahmen des Projekts zu bewältigenden Aufgaben um auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgaben handelt. Dies ist nicht der Fall bei Tätigkeiten, die der Arbeitgeber im Rahmen des von ihm verfolgten [X.] dauerhaft wahrnimmt oder zu deren Durchführung er verpflichtet ist. Für das Vorliegen eines Projekts spricht es regelmäßig, wenn dem Arbeitgeber für die Durchführung der in dem Projekt verfolgten Tätigkeiten von einem Dritten finanzielle Mittel oder Sachleistungen zur Verfügung gestellt werden. Wird ein Arbeitnehmer für die Mitwirkung an einem Projekt befristet eingestellt, muss im [X.]punkt des Vertragsschlusses zu erwarten sein, dass die im Rahmen des Projekts durchgeführten Aufgaben nicht dauerhaft anfallen. Für eine solche Prognose des Arbeitgebers bedarf es ausreichend konkreter Anhaltspunkte ([X.] 16. Januar 2018 - 7 [X.] - Rn. 17; 27. Juli 2016 - 7 [X.] - Rn. 19; 24. September 2014 - 7 [X.] 987/12 - Rn. 18; 7. Mai 2008 - 7 [X.] 146/07 - Rn. 15; 7. April 2004 - 7 [X.] 441/03 - zu II 2 a aa der Gründe). Die Prognose muss sich auf den durch die Beendigung des konkreten Projekts vorhersehbaren Wegfall des zusätzlichen [X.] für den befristet eingestellten Arbeitnehmer beziehen. Es ist unerheblich, ob der befristet beschäftigte Arbeitnehmer nach Fristablauf aufgrund seiner Qualifikation auf einem freien Arbeitsplatz außerhalb des Projekts befristet oder unbefristet beschäftigt werden könnte (vgl. [X.] 27. Juli 2016 - 7 [X.] - Rn. 19; 24. September 2014 - 7 [X.] 987/12 - Rn. 19; 7. [X.]ovember 2007 - 7 [X.] 484/06 - Rn. 21).

Die Beurteilung, ob der Arbeitnehmer in einem Projekt oder im Rahmen von Daueraufgaben des Arbeitgebers beschäftigt werden soll, obliegt den [X.]. Die Würdigung des [X.]s ist revisionsrechtlich nur daraufhin zu überprüfen, ob es die Rechtsbegriffe der Daueraufgaben und des Projekts verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat oder die Würdigung in sich widersprüchlich ist (vgl. zum eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab etwa [X.] 24. August 2016 - 7 [X.] 625/15 - Rn. 17, [X.]E 156, 170).

3. Dieser eingeschränkten Prüfung hält die Würdigung des [X.]s nicht stand. Das [X.] hat einerseits angenommen, die Rettungsgrabung vom Typ V in [X.] sei ein Projekt, da die Rettungsgrabung durch ein Bauvorhaben im Bereich der [X.] ausgelöst worden sei und die [X.] die Kosten der Rettungsgrabung getragen habe. Das [X.] hat andererseits angenommen, derartige Rettungsgrabungen im Rahmen größerer Bauvorhaben und Infrastrukturprojekte zählten zu den Daueraufgaben des beklagten [X.], da das beklagte Land solche Rettungsgrabungen fortgesetzt in großer Zahl mit steigender Tendenz selbst ausgeführt und sich damit diese Aufgabe selbst als Daueraufgabe gestellt habe. Diese Würdigung ist in sich widersprüchlich. Eine Aufgabe kann nicht gleichzeitig Projekt und Daueraufgabe sein. Bei einem Projekt handelt es sich um eine auf vorübergehende Dauer angelegte und gegenüber den Daueraufgaben des Arbeitgebers abgrenzbare Zusatzaufgabe.

II. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. Der [X.] kann nicht abschließend entscheiden, ob die Befristung zum 31. Dezember 2015 durch einen Sachgrund gerechtfertigt ist. Dazu bedarf es weiterer tatsächlicher Feststellungen seitens des [X.]s.

1. Auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen kann der [X.] nicht beurteilen, ob die Rettungsgrabung in [X.] ein Projekt war oder ob sie zu den Daueraufgaben des beklagten [X.] zählte.

a) Daueraufgaben des Arbeitgebers sind Tätigkeiten, die im Rahmen seiner unternehmerischen Ausrichtung ständig und im Wesentlichen unverändert anfallen. Davon abzugrenzen sind Zusatzaufgaben, die nur für eine begrenzte [X.] durchzuführen sind und keinen auf längere [X.] planbaren Personalbedarf mit sich bringen. Allein aus dem Umstand, dass ein Arbeitgeber ständig in erheblichem Umfang Projekte durchführt, ergibt sich nicht zwangsläufig, dass es sich hierbei um Daueraufgaben handelt. Entscheidend ist, ob die Tätigkeiten im Rahmen des [X.] ihrer Art nach im Wesentlichen unverändert und kontinuierlich anfallen und einen planbaren Beschäftigungsbedarf verursachen (dann handelt es sich um Daueraufgaben) oder ob sie entweder nur unregelmäßig - zB nur aus besonderem Anlass - ausgeführt werden oder mit unvorhersehbaren besonderen Anforderungen in Bezug auf die Qualifikation des benötigten Personals verbunden sind und deshalb keinen vorhersehbaren Personalbedarf sowohl in quantitativer Hinsicht als auch in Bezug auf die Qualifikation des benötigten Personals verursachen (dann liegen Zusatzaufgaben vor). Im Bereich der Daueraufgaben kann sich der Arbeitgeber nicht dadurch Befristungsmöglichkeiten schaffen, dass er diese Aufgaben künstlich in „Projekte“ zergliedert. Kann der Arbeitgeber im Rahmen seines [X.] einen im Wesentlichen unveränderten Personalbedarf prognostizieren und einschätzen, ist es ihm regelmäßig verwehrt, den entsprechenden Arbeitsanfall unter Berufung auf den Sachgrund der Projektbefristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 [X.]r. 1 [X.] mit befristet beschäftigten Arbeitnehmern zu bewältigen ([X.] 21. [X.]ovember 2018 - 7 [X.] 234/17 - Rn. 27).

b) Danach hätte die Rettungsgrabung in [X.] nur dann zu den Daueraufgaben des beklagten [X.] gehört, wenn bei Vertragsschluss mit dem Kläger am 16. April 2015 zu prognostizieren gewesen wäre, dass derartige Rettungsgrabungen ständig anfallen und zu einem kontinuierlich bestehenden Beschäftigungsbedarf führen würden.

aa) Bei den archäologischen Rettungsgrabungen vom Typ V handelt es sich ihrer Art nach nicht um ständig und kontinuierlich anfallende Tätigkeiten. Zwar hat es sich das beklagte Land nach § 1 Abs. 1 des Gesetzes des [X.] Baden-Württemberg zum Schutz der Kulturdenkmale (Denkmalschutzgesetz - DSchG) vom 6. Dezember 1983 (GBl. 1983, 797) zur Aufgabe gemacht, die Kulturdenkmale zu schützen und zu pflegen, insbesondere den Zustand der Kulturdenkmale zu überwachen und auf die Abwendung von Gefährdungen und die Bergung von [X.] hinzuwirken. Dazu hat das beklagte Land bis Mitte des Jahres 2016 vor der Durchführung von Baumaßnahmen an Stellen, von denen bekannt oder den Umständen nach zu vermuten ist, dass sich dort Kulturdenkmale befinden, archäologische Arbeiten zur Ausgrabung, der konservatorischen Sicherung der Funde und der Dokumentation der Befunde selbst durchgeführt. Diese Arbeiten waren aber nur dann zu erledigen, wenn Erd- oder Bauarbeiten an entsprechenden Stellen bevorstanden. Die Durchführung einer archäologischen Grabung und der entsprechende Beschäftigungsbedarf waren daher an sich abhängig vom Vorliegen eines konkreten Bauvorhabens (vgl. zu den Rettungsgrabungen nach dem [X.] [X.] 29. Juli 2009 - 7 [X.] 907/07 - Rn. 27).

bb) Dennoch hätte die Rettungsgrabung in [X.] zu den Daueraufgaben des beklagten [X.] gehört, wenn bei Vertragsschluss zu prognostizieren gewesen wäre, dass derartige Rettungsgrabungen vom Typ V tatsächlich ständig und im Wesentlichen unverändert anfallen und einen auf längere [X.] planbaren Personalbedarf für Grabungsleiter wie den Kläger mit sich bringen würden. In diesem Fall wäre es dem beklagten Land verwehrt, diesen planbaren Arbeitsanfall unter Berufung auf den Sachgrund der Projektbefristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 [X.]r. 1 [X.] mit befristet beschäftigten Arbeitnehmern zu bewältigen.

c) Das [X.] hat bislang keine Feststellungen dazu getroffen, ob das beklagte Land bei Vertragsschluss davon auszugehen hatte, dass Rettungsgrabungen vom Typ V tatsächlich ständig und im Wesentlichen unverändert durchzuführen sein würden und deshalb ein planbarer Beschäftigungsbedarf für Grabungsleiter bestand. Dies folgt nicht zwingend aus dem Umstand, dass im Jahr 2015 insgesamt 120 Rettungsgrabungen anfielen. Das beklagte Land hat sich darauf berufen, dass die Grabungsarbeiten nur von April bis Oktober durchgeführt worden seien, dass der Personaleinsatz bei Rettungsgrabungen geschwankt habe und in den Monaten Januar und Februar erheblich geringer gewesen sei als in den übrigen Monaten. Hierzu wird das [X.] - ggf. nach weiterem Sachvortrag der Parteien - tatsächliche Feststellungen zu treffen und diese zu würdigen haben.

2. Sollte die neue Verhandlung ergeben, dass es sich bei der Durchführung von Rettungsgrabungen des Typs V um eine Daueraufgabe des beklagten [X.] gehandelt hat, wird das [X.] zu prüfen haben, ob die Befristung des Arbeitsvertrags wegen eines vorübergehenden betrieblichen Beschäftigungsbedarfs im Bereich dieser Daueraufgaben nach § 14 Abs. 1 Satz 2 [X.]r. 1 [X.] gerechtfertigt ist. Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass ein Arbeitgeber nicht gehalten ist, mit einem Arbeitnehmer, den er über viele Wochen nicht vertraglich beschäftigen kann, einen Dauerarbeitsvertrag abzuschließen ([X.] 11. Februar 2004 - 7 [X.] 362/03 - zu I 2 b dd der Gründe, [X.]E 109, 339). Dem Arbeitgeber ist es auch nicht zuzumuten, einen solchen [X.]raum durch eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit zu überbrücken.

3. Der [X.] kann auch nicht abschließend beurteilen, ob die Befristung des Arbeitsvertrags zum 31. Dezember 2015 wegen [X.] sachlich gerechtfertigt ist. Hierzu bedarf es ebenfalls weiterer tatrichterlicher Feststellungen.

a) [X.]ach der Rechtsprechung des [X.]s kann die [X.] als sonstiger Sachgrund die Befristung eines Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] rechtfertigen (vgl. [X.] 16. Januar 2018 - 7 [X.] - Rn. 29; 29. Juli 2009 - 7 [X.] 907/07 - Rn. 33; 15. Februar 2006 - 7 [X.] 241/05 - Rn. 12). Bereits nach der vor Inkrafttreten des [X.] am 1. Januar 2001 geltenden Rechtslage war anerkannt, dass die [X.] geeignet ist, die Befristung eines Arbeitsvertrags zu rechtfertigen. Dabei reichte allein die Ungewissheit über die in Zukunft zur Verfügung stehenden Mittel als Sachgrund für die Befristung nicht aus. [X.]ur wenn die Mittel von vornherein lediglich für eine genau bestimmte [X.]dauer bewilligt wurden und anschließend wegfallen sollten, war die Befristung sachlich gerechtfertigt. In diesem Fall war davon auszugehen, dass sowohl der Drittmittelgeber als auch der Arbeitgeber sich gerade mit den Verhältnissen dieser Stelle befasst und ihre Entscheidung über den Wegfall des konkreten Arbeitsplatzes aus sachlichen Erwägungen getroffen hatten (vgl. etwa [X.] 7. April 2004 - 7 [X.] 441/03 - zu II 2 b aa der Gründe; 26. August 1988 - 7 [X.] 101/88 - zu II 1 der Gründe, [X.]E 59, 265). Diese Grundsätze gelten auch für Befristungen nach dem [X.]. Sie entsprechen den Wertungsmaßstäben des § 14 Abs. 1 [X.]. Für die Befristungstatbestände in § 14 Abs. 1 Satz 2 [X.]r. 1 bis [X.]r. 8 [X.] ist kennzeichnend, dass der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an einer nur zeitlich begrenzten Beschäftigung hat, weil er im [X.]punkt des Vertragsschlusses mit dem befristet eingestellten Arbeitnehmer aufgrund konkreter Tatsachen damit rechnen muss, dass er diesen nur für eine vorübergehende [X.] beschäftigen kann ([X.] 18. März 2015 - 7 [X.] 115/13 - Rn. 14). Gleiches gilt, wenn das Arbeitsverhältnis drittmittelfinanziert ist. Die begrenzte sachliche Zielsetzung, die ein Drittmittelgeber mit der zeitlich begrenzten Finanzierung eines Arbeitsplatzes verfolgt, ist auch für das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber als Drittmittelempfänger als erheblich und damit geeignet anzusehen, eine entsprechende Befristung sachlich zu rechtfertigen ([X.] 16. Januar 2018 - 7 [X.] - Rn. 29; 29. Juli 2009 - 7 [X.] 907/07 - Rn. 33; 15. Februar 2006 - 7 [X.] 241/05 - Rn. 12).

b) Danach ist die Befristung nicht allein deshalb als Drittmittelbefristung sachlich gerechtfertigt, weil die [X.] Kosten der Rettungsgrabung getragen hat. Das [X.] hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Mittel von vornherein lediglich für eine genau bestimmte [X.]dauer bewilligt wurden und anschließend wegfallen sollten. Dies wird es nachzuholen und ggf. weiter zu prüfen haben, ob die [X.] als Drittmittelgeberin mit der zeitlich begrenzten Finanzierung eines Arbeitsplatzes eine eigene begrenzte sachliche Zielsetzung verfolgt hat (vgl. [X.] 29. Juli 2009 - 7 [X.] 907/07 - Rn. 35).

III. [X.] ist nicht deshalb entbehrlich, weil es dem beklagten Land nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) verwehrt wäre, sich auf einen Sachgrund zu berufen. Das ist nicht der Fall. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass aufgrund der Beschäftigungszeiten des [X.] seit dem 5. März 2007 und der Anzahl der Vertragsverlängerungen bzw. der befristeten Arbeitsverträge eine weitergehende, umfassende Rechtsmissbrauchskontrolle nicht veranlasst ist. Die in § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] für die sachgrundlose Befristung vorgesehene Höchstdauer des Arbeitsverhältnisses und Anzahl der Vertragsverlängerungen sind vorliegend nicht um ein Mehrfaches überschritten (vgl. hierzu etwa [X.] 24. August 2016 - 7 [X.] 41/15 - Rn. 31 f. mw[X.]). Eine umfassende Missbrauchskontrolle ist nicht geboten, wenn nicht mindestens das Vierfache eines der in § 14 Abs. 2 Satz 1 [X.] bestimmten Werte oder das Dreifache beider Werte überschritten ist. Liegt ein Sachgrund vor, kann also von der Befristung des Arbeitsverhältnisses Gebrauch gemacht werden, solange das Arbeitsverhältnis nicht die Gesamtdauer von sechs Jahren überschreitet und zudem nicht mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart wurden, es sei denn, die Gesamtdauer übersteigt bereits acht Jahre oder es wurden mehr als zwölf Vertragsverlängerungen vereinbart ([X.] 26. Oktober 2016 - 7 [X.] 135/15 - Rn. 26, [X.]E 157, 125). Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Dabei kann dahinstehen, ob die [X.]en der [X.]ichtbeschäftigung aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge ausschließen. Unter Berücksichtigung aller acht Verträge war der Kläger insgesamt 29 Monate bei dem beklagten Land beschäftigt.

IV. Der auf Weiterbeschäftigung gerichtete Antrag zu 2. fällt dem [X.] nicht zur Entscheidung an. Er ist für den Fall des Obsiegens mit dem Befristungskontrollantrag gestellt. Diese innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.

        

    Gräfl    

        

    Klose    

        

    M. Rennpferdt    

        

        

        

    Schiller    

        

    Die ehrenamtliche Richterin Jacobi
ist verhindert, die Unterschrift
beizufügen.
Gräfl    

                 

Meta

7 AZR 212/17

23.01.2019

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Freiburg (Breisgau), 20. Juli 2016, Az: 1 Ca 28/16, Urteil

§ 14 Abs 1 S 2 Nr 1 TzBfG, § 30 TV-L, § 242 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.01.2019, Az. 7 AZR 212/17 (REWIS RS 2019, 11142)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 11142

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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