Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2013, Az. XII ZB 329/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6535

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 329/12

vom

17. April 2013

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 242 A, 1606 Abs. 3
Leistet ein geschiedener Elternteil aus freien Stücken den vollen Ausbildungsunter-halt für sein volljähriges Kind, so ist er, solange er gegenüber dem anderen Elternteil keinen familienrechtlichen Ausgleichsanspruch verfolgt, diesem gegenüber nicht zur Auskunft über seine Einkünfte verpflichtet.

[X.], Beschluss vom 17. April 2013 -
XII ZB 329/12 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 17.
April 2013
durch [X.] und [X.], Dr.
Klinkhammer, Schilling und Dr.
Nedden-Boeger
beschlossen:
Die
Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 20.
Zivilsenats

Senat für Familiensachen

des [X.]s [X.] vom 15.
Mai 2012 wird auf Kosten der
Antragstellerin
zurückge-wiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:
I.
Aus der 2004 geschiedenen Ehe der Beteiligten
gingen
zwei inzwischen volljährige Kinder hervor, die sich noch in der Ausbildung befinden. Gemäß [X.] am 3.
Juli 2003 zwischen den Beteiligten
getroffenen Unterhaltsvereinba-rung zahlte der Antragsgegner (Vater)
bis zum Eintritt der Volljährigkeit der [X.] Unterhalt in
Höhe des jeweils geltenden
Höchstbetrages nach der Düssel-dorfer Tabelle zu Händen der Antragstellerin
(Mutter). Seit dem Erreichen der Volljährigkeit
leistet
der Vater
den

von der Unterhaltsvereinbarung nicht er-fassten

Ausbildungsunterhalt
weiterhin allein
unmittelbar an die Kinder.
1
-
3
-
Mit ihrem Antrag begehrt die Mutter, den Vater
zu verpflichten, ihr
[X.] über seine Einkünfte zu erteilen und diese zu belegen, damit sie für den Fall ihrer späteren Inanspruchnahme ihren Haftungsanteil an dem gesetzlich gemeinsam geschuldeten Ausbildungsunterhalt berechnen könne. Das Famili-engericht hat den Antrag abgewiesen;
das [X.]
hat
die Be-schwerde der Mutter
zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
1. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Eine Auskunftspflicht sei im Verwandtenunterhalt nur gegeben, soweit dies zur Feststellung einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich sei.
Ihren Haftungsanteil müsse die Mutter
jedoch nur dann berechnen, wenn sie tatsäch-lich auf Unterhalt in Anspruch genommen werde. Das sei hier nicht der Fall, da der Vater
den vollen Ausbildungsunterhalt an die gemeinsamen Kinder leiste.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Die Beteiligten, die als Eltern mit ihren gemeinschaftlichen Kindern gleich nah verwandt sind, haften für den Ausbildungsunterhalt gemäß §
1606 Abs.
3 Satz
1 BGB anteilig nach ihren Erwerbs-
und Vermögensverhältnissen. Wird ein Elternteil von einem gemeinschaftlichen Kind auf Unterhalt in Anspruch genommen, stellt sich die Frage der Berechnung des Haftungsanteils, wenn auch der andere Einkommen erzielt und ohne Gefährdung seines angemesse-nen Unterhalts dem volljährigen Kinde ebenfalls Unterhalt gewähren könnte. Der in Anspruch genommene Elternteil ist zur Berechnung seines Haftungsan-2
3
4
5
6
-
4
-
teils nur in der Lage, wenn ihm die Einkommens-
und Vermögensverhältnisse des anderen Elternteils bekannt sind. Das zwischen
den Eltern gemäß §
1606 Abs.
3 BGB bestehende besondere Rechtsverhältnis reicht danach grundsätz-lich aus, einen
Auskunftsanspruch zu begründen (Senatsurteil vom 9.
Dezember 1987

IVb 5/87

FamRZ 1988, 268, 269).
Der Senat hat diese
Auskunftspflicht der Elternteile untereinander als Folge der zwischen
ihnen
bestehenden besonderen Rechtsbeziehung als Eltern
aus §
242 BGB hergeleitet.
Denn nach ständiger Rechtsprechung besteht nach [X.] und Glauben dann ein Auskunftsanspruch, wenn zwischen den Beteiligten besondere rechtliche Beziehungen vertraglicher oder außervertraglicher Art bestehen, die es mit sich bringen, dass
der [X.] entschuldbar über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Unklaren und deshalb auf die Auskunft des Verpflichteten angewiesen ist, während dieser die [X.] unschwer erteilen kann und dadurch nicht unbillig belastet wird
(Senatsur-teil [X.]Z 191, 259 = [X.], 200 Rn.
19
f.). Dieser Grundsatz gilt trotz der im Familienrecht bestehenden Sonderbestimmungen
(vgl.
§§
1580 und 1605 BGB)
nach wie vor auch im Familienrecht. Die §§
1580 und 1605 BGB regeln nur einen Teilbereich, in dem der Gesetzgeber die gegenseitigen Rechte und Pflichten präzisieren wollte. Dadurch wird aber eine in besonderen Fällen aus §
242 BGB herzuleitende Informationspflicht nicht ausgeschlossen (Se-natsurteil vom 9.
Dezember 1987

IVb 5/87

FamRZ 1988, 268 mwN).
b) Ebenso
kann die Auskunft erforderlich sein, um einen familienrechtli-chen Ausgleichsanspruch zu berechnen, den der [X.] ange-nommen
hat, um die [X.] gegenüber Kindern auch im Innenverhältnis zwischen den Eltern entsprechend ihrem Leistungsvermögen gerecht zu vertei-len ([X.]Z 31, 329, 332
= FamRZ
1960, 194, 195; [X.]Z 50, 266, 270
= FamRZ
1968, 450, 451; Senatsurteil [X.]Z 104, 224 = FamRZ 1988, 831, 833; 7
8
-
5
-
vgl. auch Senatsurteil vom 20.
Mai 1981

[X.]/80

FamRZ 1981, 761, 762).
Denn auch die Höhe des Ausgleichsanspruchs richtet sich nach den [X.], die
nur in Kenntnis beider Einkommensverhältnisse berechnet werden können.
c) Der Senat hat in seiner bisherigen
Rechtsprechung (Senatsurteil vom
9.
Dezember 1987

[X.]/87

FamRZ 1988, 268, 269) offen gelassen, ob der Auskunftsanspruch auch dann besteht, wenn der in Anspruch Genommene dem Kind aus freien Stücken vollen Unterhalt leistet und sich nicht darauf [X.], den Unterhalt nur teilweise zu schulden. Dies
hat das [X.] zu Recht
verneint.
Der aus [X.] und Glauben (§
242 BGB)
begründete Auskunftsanspruch setzt voraus, dass der [X.] über das Bestehen oder den Um-fang seines Rechts im Unklaren und deshalb auf die Auskunft des [X.] angewiesen ist. Nur unter dieser
Voraussetzung
ist es gerechtfertigt, den anderen Elternteil mit Auskunftspflichten über
seine Einkommensverhältnisse zu belegen. Leistet ein
Elternteil jedoch den vollen Kindesunterhalt aus freien Stücken,
ohne auf den anderen Elternteil Rückgriff nehmen zu wollen, fehlt es an einer den Auskunftsanspruch
rechtfertigenden Unklarheit
über bestehende Rechte.
Eine solche besteht weder in Bezug auf einen gegen die Mutter
zu rich-tenden Unterhaltsanspruch noch in Bezug auf einen familienrechtlichen [X.] des anderen Elternteils. Denn für beide Ansprüche
sind die Voraussetzungen in solchen Fällen
nicht gegeben.
[X.]) Eine Unterhaltsverpflichtung der Mutter
gegenüber den [X.] Kindern
besteht
nicht. Denn deren
laufender
Bedarf wird
bereits vollständig durch die bereitwilligen und vorbehaltslosen
Leistungen
des Vaters
gedeckt. Ein darüber hinaus gehender
ungedeckter Unterhaltsbedarf besteht 9
10
11
-
6
-
nicht. Somit besteht auch kein
weiterer Unterhaltsanspruch
der gemeinschaftli-chen
Kinder
gegenüber der Mutter.
Ein solcher ist auch nicht durch die Kinder geltend gemacht worden
(vgl. §
1613 Abs.
1 Satz
1 BGB).
bb) Ebenso ist die Mutter
keinem familienrechtlichen
Ausgleichsan-spruchs des Vaters ausgesetzt.
Ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch als selbständiges Rechtsinsti-tut ist in der Rechtsprechung des [X.] ([X.]Z 31, 329
= FamRZ
1960, 194, 195) näher begründet worden für einen Fall, in dem die Mutter nach [X.] mehrere Jahre lang die gemeinschaftlichen ehelichen Kinder allein unterhalten hatte. Hier hat der [X.] ausgeführt, es sei unzweifel-haft, "dass der Klägerin (Mutter) an sich ein Ersatzanspruch gegen den Beklag-ten (Vater) erwachsen sei, soweit sie mit ihren Unterhaltsleistungen eine dem Beklagten, und zwar im Verhältnis der Parteien allein dem Beklagten [X.] Unterhaltspflicht erfüllt" habe. Die rechtliche Natur dieses Ersatzanspruchs
ergebe sich aus der
gemeinsamen Unterhaltspflicht und aus der naturgegebe-nen Notwendigkeit, die [X.] im Innenverhältnis zwischen den Eltern
entsprechend ihrem Leistungsvermögen gerecht zu verteilen. In einer späteren Entscheidung ([X.]Z 50,
266
= FamRZ 1968, 450, 451) hat der Bundesge-richtshof

wiederum in einem Fall, in dem die Ehefrau allein für den Unterhalt eines gemeinschaftlichen ehelichen Kindes aufgekommen war

den familien-rechtlichen Ausgleichsanspruch unter Bezugnahme auf die erstgenannte Ent-scheidung erneut grundsätzlich bejaht, ihn allerdings

entsprechend §
1360
b BGB

an die Voraussetzung geknüpft, dass der Elternteil
zu der [X.], als er
die Unterhaltsleistungen erbrachte, die Absicht gehabt haben müsste, von dem an-deren Elternteil
Ersatz zu verlangen.
Ob diese Absicht auch bei [X.] nach der Scheidung noch zu fordern ist, hat der Senat in späteren Ent-scheidungen
(Senatsurteile vom 9.
Dezember 1987

[X.]/87

FamRZ 12
13
-
7
-
1988, 268, 269 und vom 26.
April 1989

IVb ZR 42/88

FamRZ 1989, 850, 852) offen gelassen.
Bei den mit Hilfe des familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs [X.] handelt es sich wirtschaftlich gesehen allerdings um rück-ständige Unterhaltsleistungen, nämlich um Geldleistungen, die demjenigen zu erbringen sind, der die [X.] zunächst auf sich genommen hat.
Daher besteht der Anspruch für die Vergangenheit nur in den Grenzen des §
1613 BGB (Senatsurteil vom 9.
Mai 1984

IVb [X.]/82

FamRZ 1984, 775, 776 f.).
Der leistende Elternteil
könnte den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch also
erst ab seiner Aufforderung zur Auskunft über Einkünfte
und Vermögen, ab Verzug oder ab Rechtshängigkeit beanspruchen. Solche rechtswahrenden Handlungen sind jedoch bisher nicht ergriffen, so dass jedenfalls für die ver-gangenen [X.]räume kein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch besteht.

cc) Hinsichtlich des bisher angefallenen [X.] droht der Mut-ter
somit
weder eine Inanspruchnahme durch ihre Kinder noch durch den Vater. Bei dieser Ausgangslage gebieten es
[X.] und Glauben nicht, ihr Auskünfte
über die Einkünfte
des bereitwillig für den Unterhalt allein aufgekommenen an-deren Elternteils
zu erteilen.
14
15
-
8
-
d) Die Mutter
hat auch kein rechtlich schützenswertes
Auskunftsinteresse daran, für den möglichen Fall einer späteren Kürzung oder Einstellung der Leis-tungen des Vaters
oder ihrer
künftigen
Inanspruchnahme auf familienrechtli-chen Ausgleich bereits vorsorglich über die
jetzigen
Einkommensverhältnisse informiert zu werden. Denn für ihren dann einsetzenden Haftungsanteil sind nicht die jetzt
gegebenen, sondern die dann bestehenden Einkommensverhält-nisse
maßgebend.
Dose

[X.]

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.11.2011 -
2 F 327/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 15.05.2012 -
20 UF 215/11 -

16

Meta

XII ZB 329/12

17.04.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2013, Az. XII ZB 329/12 (REWIS RS 2013, 6535)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6535

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 329/12 (Bundesgerichtshof)

Auskunftspflicht unter geschiedener Elternteilen: Einkommensauskunft durch den freiwillig vollen Ausbildungsunterhalt leistenden Elternteil


XII ZB 45/15 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 45/15 (Bundesgerichtshof)

Kindesunterhalt: Isolierter Kindergeldausgleich beim Wechselmodell


XII ZB 116/16 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 116/16 (Bundesgerichtshof)

Familienrechtlicher Ausgleichsanspruch: Anspruch auf Erstattung des an ein gemeinsames Kind gezahlten Unterhalts bei Unterhaltsverpflichtung aus …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 329/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.