Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.09.2014, Az. 2 StR 160/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 2703

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2 StR 160/14
vom
24. September 2014
in der Strafsache
gegen

wegen versuchten Mordes u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 24. Septem-ber
2014, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Prof. Dr. [X.],

[X.] am [X.]
Prof. [X.],
Prof. Dr. [X.],
[X.]in am [X.]
Dr. [X.],
[X.] am [X.]
Zeng,

Staatsanwalt beim [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger
des Angeklagten,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
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-
1.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 19.
Dezember 2013 wird verworfen.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels
und die der Nebenklägerin hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in [X.] mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und drei Monaten verurteilt. Seine Revision, mit der er die Verletzung sachli-chen Rechts rügt, hat keinen Erfolg.
1. a) Nach den Feststellungen lebte der
Angeklagte seit 2004 wegen wiederholter verbaler und körperlicher Auseinandersetzungen gegenüber seiner Ehefrau räumlich von ihr und den drei gemeinsamen Kindern
getrennt. Der An-geklagte besuchte seine Familie nur noch sporadisch.
Er fühlte sich [X.] und gedemütigt, weil ihm nach seiner Ansicht nicht der notwendige Res-pekt entgegenbracht wurde.
Als der Angeklagte erfuhr, dass erneut ein Türkeiurlaub seiner Familie bevorstand, war er darüber verärgert, dass er -
wie schon zuvor
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darüber nicht informiert worden war. Er wollte deshalb seine Ehefrau, das spätere Tatopfer, zur Rede stellen und ihr eine Lektion erteilen. Er nahm zwei Küchenmesser mit, 1
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die er gegenüber seiner Ehefrau "zumindest"
(UA S. 8)
als Drohmittel einsetz-ten wollte.
Nachdem der Angeklagte unter einem Vorwand seinen [X.] zum Ein-kaufen weggeschickt hatte und nunmehr mit seiner Ehefrau allein in der [X.] war, begab er sich -
mit bedingtem Tötungsvorsatz
-
ohne vorherige An-kündigung und wortlos mit jeweils einem Messer in einer Hand in die Küche, in der seine Ehefrau vor dem Spültisch ein Backblech spülte. "Die Ehefrau sah den Angeklagten in dem Türrahmen der Küchentür stehen und in die Küche herein treten. Sie sah ihm in die Augen, in der festen Erwartung, nun wieder Vorhalte gemacht zu bekommen und nunmehr in ein Streitgespräch mit [X.] verwickelt zu werden. Sie wollte dem aus dem Weg gehen, stellte [X.] ihr Backblech in die Spüle hinein, trat ein bis zwei Schritte auf ihren Ehemann zu, um die Küche zu verlassen, wobei sie nicht bemerkte, da sie ihm nach wie vor in die Augen schaute, dass ihr Ehemann die beiden Messer in den Händen hielt. In dieser Situation versah sie sich insoweit keinerlei Angriffs ihres Ehemanns.
Der Angeklagte, der erkannte, dass seine Frau -
wie von ihm erwar-tet
-
arglos und deswegen auch wehrlos war, nutzte dies aus und -
ohne mit ihr ein Wort zu wechseln
-
versetzte er seiner Ehefrau daraufhin einen ersten Stich in den Bauch und einen zweiten Stich in den Oberkörper"
(UA S. 11).
Die Geschädigte sank zu Boden,
woraufhin der Angeklagte ihr eine Viel-zahl weiterer Messerstiche "wahllos auf den Körper"
(UA S. 11) versetzte. Der zwischenzeitlich zurückgekehrte gemeinsame [X.] trat dem Angeklagten ge-gen den Kopf und "packte ihn von der Mutter weg"
(UA S.
12). Durch eine an-schließende Notoperation wurde die Geschädigte gerettet.
b) Im Rahmen der Beweiswürdigung hat das [X.] ausgeführt, der Vorsatz bezüglich der heimtückischen Begehung der Tat ergebe sich daraus,
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5
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"dass der Angeklagte ohne Vorankündigung und ohne dass zuvor irgendein Streitgespräch oder überhaupt eine Kommunikation mit der Ehefrau [X.] hätte, mit den Messern aus dem Wohnzimmer in die Küche der Wohnung gegangen ist, wobei die Ehefrau gerade dabei war, ein Backblech zu spülen. [...]
In diesem Moment war daher die Ehefrau des Angeklagten, die sich [X.] durch den Angeklagten versah, völlig arglos und infolge dessen auch wehrlos. Dies
wusste der Angeklagte, der zuvor sogar seinen [X.] []
aus der Wohnung geschickt hatte, um insoweit ungestört die Situation ausnut-zen zu können. Er ging wortlos aus dem Wohnzimmer in die Küche und begann sofort und völlig unvermittelt seinen Angriff auf die Ehefrau, die die Messer, weil sie dem Angeklagten zunächst nur in die Augen schaute, überhaupt nicht [X.] hatte. Er wollte insoweit diese Geschehen bewusst ausnutzen und seine Ehefrau, die mit Küchenarbeiten beschäftigt war, überraschen"
(UA S. 27).
2. Die Nachprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts
ist insbesondere die Beweiswürdigung zum
[X.] nicht lü-ckenhaft.
a) [X.] handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg-
und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tötung ausnutzt;
wesentlich ist, dass der Mörder sein keinen Angriff erwartendes, mithin argloses Opfer in einer hilflosen Lage überrascht und dadurch daran hindert, dem Anschlag auf sein Leben zu begegnen oder ihn wenigstens zu erschweren, wobei für die Beurteilung die Lage bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs maßgebend ist. Bei einem offen feindseligen Angriff ist erforderlich, dass dem Opfer wegen der kurzen Zeitspanne zwischen Erkennen der Gefahr und unmittelbarem [X.] keine Möglichkeit der Abwehr verblieben ist (vgl. etwa [X.], Urteile vom 15. September 2011 -
3 [X.], [X.], 35; vom 28.
August 2014
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-
5
StR 332/14, beide mwN). Voraussetzung heimtückischer Begehungsweise ist weiter, dass der Täter die von ihm erkannte Arg-
und Wehrlosigkeit des [X.] bewusst zur Tatbegehung ausnutzt. Dafür genügt es, wenn er die die Heimtücke begründenden Umstände nicht nur in einer äußerlichen Weise wahrgenommen, sondern in dem Sinne in ihrer Bedeutung für die Tatbegehung erfasst hat, dass ihm bewusst geworden ist, einen durch seine Ahnungslosigkeit gegenüber dem Angriff schutzlosen Menschen zu überraschen (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Dezember 2012 -
5 [X.], [X.], 232, 233; Urteil vom 11.
Juni 2014 -
2 [X.]; [X.], StGB,
61.
Aufl.,
§
211 Rdn.
34, 44, [X.] mwN).
b) Das [X.] hat seine Überzeugung, der Angeklagte habe auch mit entsprechendem [X.] gehandelt,
ausreichend belegt.
Die gezogenen Schlussfolgerungen sind möglich, zwingend brauchen sie nicht zu sein.
Der Angeklagte, der mit den beiden Küchenmessern bewaffnet im Wohnzimmer saß, und sich "endgültig"
entschlossen
hatte, "die Lage auszunut-"
(UA [X.]), wollte dafür ungestört sein und hatte deswegen auch seinen [X.] unter einem Vorwand weggeschickt, um "

auf seine Ehefrau haben zu können"
(UA S.
10). Er
betrat mit bedingtem Tötungs-vorsatz die Küche, in der seine Frau gerade spülte. Dass die Geschädigte auf den Angeklagten "ein bis zwei Schritte"
zutrat, ändert nichts daran, dass der Angeklagte -
wie von ihm geplant
-
die mit Küchenarbeiten beschäftigte Ge-schädigte in der Küche überraschte
(UA S.
27)
und dieses von ihm herbeige-führte Überraschungsmoment ausnutzen wollte. Es ist deswegen auch uner-heblich, ob die Geschädigte unmittelbar vor dem Angriff noch die Messer in den Händen des Angeklagten wahrgenommen und ob der Angeklagte die mög-9
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licherweise eingeschränkte Wahrnehmung der Geschädigten erkannt hat. Eine Möglichkeit zur Abwehr verblieb ihr nicht, worauf es dem Angeklagten nach sei-nem [X.] gerade ankam.
Dass das [X.] auch nicht aufgrund affektiver An-spannung des Angeklagten gefehlt hat (vgl. dazu: [X.], Beschluss vom 29. No-vember 2011 -
3
StR 326/11, [X.], 270, 271; Urteil vom 11.
Juni 2014
-
2 [X.] mwN), hat das [X.] ebenfalls rechtsfehlerfrei festgestellt
(UA S.
27).
[X.] Schmitt

[X.]

[X.] Zeng

11

Meta

2 StR 160/14

24.09.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.09.2014, Az. 2 StR 160/14 (REWIS RS 2014, 2703)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2703

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 StR 160/14

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5 StR 438/12

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