Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2006, Az. VII ZR 275/05

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 64

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/05 Verkündet am: 21. Dezember 2006 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein BGB § 779 Abs. 1 Zur Frage, unter welchen Umständen im Rahmen einer Generalbereinigung in einen Vergleich eingestellte Einzelpositionen [X.] mit der Folge gewor-den sind, dass ein sie betreffender Irrtum die Wirksamkeit des Vergleichs nicht im Sinne von § 779 Abs. 1 BGB in Frage stellt. [X.], Urteil vom 21. Dezember 2006 - [X.]/05 - [X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 2006 durch den Vorsitzenden [X.], die Richter [X.], [X.], Prof. Dr. [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 10. November 2005 wird [X.] zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Vergleichs. 1 Die Klägerin beauftragte mit Vertrag vom 7. März 2001 eine aus der [X.] und der zwischenzeitlich in Insolvenz gefallenen M.-GmbH bestehende [X.] (im Folgenden nur noch: Beklagte) mit der Errichtung einer Werkstatt mit Büro und Sozialräumen. Der Vertrag sah die ergänzende Geltung der VOB/B sowie eine Vertragsstrafe bei "Überschreitung von [X.]" durch die Beklagte vor. 2 Nach der Abnahme des Bauwerks kam es zwischen den Parteien zu er-heblichen Meinungsverschiedenheiten. Sie schlossen im Oktober 2003 einen Vergleich, nach dem die Beklagte an die Klägerin noch 7.107,68 • zahlen sollte. Neben anderen Positionen wurde dabei eine von der Klägerin geltend gemach-3 - 3 - te Vertragsstrafe zur Hälfte mit berücksichtigt. Die [X.] wurde nicht bezahlt. 4 Das [X.] hat der auf Zahlung von 7.107,68 • gerichteten Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich ihre vom Berufungsgericht zugelassene Revision, mit der sie weiter-hin Klageabweisung begehrt.
Entscheidungsgründe: Die Revision ist nicht begründet. 5 I. Das Berufungsgericht führt aus, der Vergleich sei nicht nach § 779 Abs. 1 BGB unwirksam. Zwar könnte zweifelhaft sein, ob die Vertragsstrafe wirksam vereinbart worden sei. Verbindliche Ausführungstermine könnten dem Vertrag nicht entnommen werden. Auch werde die Vertragsstrafe nach dem Vertrag fällig, ohne dass die Beklagte sich in Verzug befinden müsse. Die [X.] seien jedoch davon ausgegangen, dass die Vertragsstrafe wirksam ver-einbart und verwirkt sei. Dabei handele es sich um einen Rechtsirrtum, der nach der Rechtsprechung des [X.] nicht zur Unwirksamkeit des Vergleichs führe. Wegen dieser Frage werde die Revision zugelassen. 6 - 4 - II. 7 Das Berufungsurteil hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand. Auf die [X.] kommt es nicht an. Der Vergleich ist unabhängig von dieser Frage wirksam. Bei den Parteien lag kein beachtlicher Irrtum im Sinne von § 779 Abs. 1 BGB vor. 8 1. Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht die Wirksamkeit des Vergleichs bejaht, treffen nicht zu. Nach § 779 Abs. 1 BGB ist ein Vertrag, durch den der Streit oder die Un-gewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen [X.] beseitigt wird (Vergleich), unwirksam, wenn der nach seinem In-halt als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht ent-spricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde. 9 Der [X.] hat den reinen Rechtsirrtum im Rahmen des § 779 Abs. 1 BGB nicht als erheblichen, die Unwirksamkeit des Vergleichs be-gründenden Irrtum angesehen (Urteile vom 24. September 1959 - [X.]I ZR 189/58, NJW 1959, 2109 und vom 7. Juni 1961 - [X.]I ZR 69/60, NJW 1961, 1460). Dem hat sich das [X.] angeschlossen (Beschluss vom 26. November 1973 - [X.] 36.73, DVBl. 1974, 353). Diese Rechtsprechung hat in der Literatur Kritik erfahren (vgl. [X.]/[X.] (2002), [X.]. 71 und [X.]/[X.], 4. Aufl., [X.]. 64 je zu § 779 BGB). Hierzu muss der [X.] nicht Stellung nehmen. Denn die Frage, ob die Parteien die Vertragsstrafe, die entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wegen der er-gänzenden Geltung der VOB/B nicht verschuldensunabhängig ausgestaltet ist (vgl. [X.], Urteile vom 13. Dezember 2001 - [X.] ZR 432/00, [X.] 149, 283; vom 8. Juli 2004 - [X.] ZR 231/03, [X.], 1611 = NZBau 2004, 613 = [X.] 10 - 5 - 2004, 790 und vom 30. März 2006 - [X.] ZR 44/05, [X.], 1128 = NZBau 2006, 504 = [X.] 2006, 465), wirksam vereinbart haben, ist keine reine Rechts-frage. Dies gilt schon deshalb, weil nach dem vom Berufungsgericht in Bezug genommenen, unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin der 1.Oktober 2001 während der Bauausführung als verbindlicher Fertigstellungstermin vereinbart wurde. Ob diese Behauptung zutrifft, ist in erster Linie eine Frage tatsächlicher Feststellungen. 2. Ein Irrtum der Parteien darüber, ob die Vertragsstrafe wirksam [X.] und ob sie verwirkt war, ist deshalb unbeachtlich, weil er nicht eine Grund-lage des Vergleichs, sondern dessen Gegenstand selbst betraf. Das Beru-fungsurteil stellt sich daher im Ergebnis als richtig dar, so dass die Revision [X.] ist, § 561 ZPO. 11 a) § 779 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass sich die Parteien über tatsächli-che Gegebenheiten geirrt haben, die sich außerhalb des Streits oder der Un-gewissheit befanden. Ein Irrtum über Umstände, die der Vergleich gerade be-heben soll, die mithin Gegenstand des Vergleichs sein sollen, führt nicht zur Anwendung des § 779 Abs. 1 BGB und ist unbeachtlich ([X.], Urteile vom 8. Dezember 1999 - I ZR 230/97, [X.], 2497; vom 14. Januar 1998 - [X.], [X.]R BGB § 779 Abs. 1 Schiedsgutachtenvergleich 1 und vom 18. Juni 1986 - [X.], NJW-RR 1986, 1258). 12 b) Die Vertragsstrafe war in diesem Sinne Gegenstand des Vergleichs. 13 Es ist nicht entscheidend, dass die Parteien übereinstimmend davon ausgingen, die Vertragsstrafe sei wirksam vereinbart und sei auch verwirkt, und dass auch der von der Klägerin berechnete Gesamtbetrag der Vertragsstrafe als solcher nicht im Streit war. Denn die Parteien beabsichtigten eine [X.]. Mit dem Vergleich sollte eine abschließende Regelung hinsichtlich 14 - 6 - aller gegenseitiger Ansprüche aus der Abwicklung des [X.] getroffen werden. Auf Seiten der Klägerin standen dabei vor allem die [X.] und auf Vertragsstrafe, auf Seiten der Beklag-ten der [X.] im Raum. Es spricht manches dafür, dass in einem solchen Fall alle in den Vergleich einfließenden Positionen im Sinne von § 779 Abs. 1 BGB Gegenstand des Vergleichs sind und sie auch dann nicht zu den außerhalb des Streits oder der Ungewissheit liegenden Umständen gehö-ren, wenn über einzelne Positionen oder einzelne Elemente einer Position zwi-schen den Parteien kein Streit herrscht. Darüber muss der [X.] nicht entscheiden. Jedenfalls war hier die [X.] durch den Vergleich dem Streit entzogen worden. Auch wenn die Parteien übereinstimmend davon ausgingen, dass die Vertragsstrafe wirksam vereinbart war und dass sie verwirkt war, herrschte doch Streit, ob und in wel-cher Weise sie in den Vergleich einzustellen sei. Die Beklagte vertrat die [X.], die Vertragsstrafe sei auf die weiteren [X.] anzu- 15 - 7 - rechnen. Die Klägerin wies das zurück. Im Rahmen der angestrebten Gesamt-bereinigung sollte dieser Streit beigelegt und das Problem "Vertragsstrafe" ins-gesamt gelöst werden. Das geschah im Wege gegenseitigen [X.] in der Weise, dass die Vertragsstrafe im Vergleich zur Hälfte berücksichtigt wurde. Dressler [X.]

Wiebel [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.] - 7 O 78/04 - [X.], Entscheidung vom 10.11.2005 - 5 U 209/04 -

Meta

VII ZR 275/05

21.12.2006

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.12.2006, Az. VII ZR 275/05 (REWIS RS 2006, 64)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 64

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