Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.01.2020, Az. VIII R 27/17

8. Senat | REWIS RS 2020, 3219

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Gegenstand

Zur Frage der Gewerblichkeit der Tätigkeit eines externen Datenschutzbeauftragten


Leitsatz

1. Ein externer Datenschutzbeauftragter übt auch dann, wenn er zugleich als Rechtsanwalt tätig ist, keinen in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Katalogberuf aus .

2. Da ein Datenschutzbeauftragter ohne eine akademische Ausbildung tätig werden kann, übt er auch keine dem Beruf des Rechtsanwalts ähnliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus (Anschluss an BFH-Urteile vom 05.06.2003 - IV R 34/01, BFHE 202, 336, BStBl II 2003, 761; vom 26.06.2003 - IV R 41/01, BFH/NV 2003, 1557) .

3. Die Tätigkeit des externen Datenschutzbeauftragten ist auch nicht den sonstigen selbständigen Tätigkeiten i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzuordnen .

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 25.07.2017 - 5 K 1403/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als selbständiger Rechtsanwalt im Bereich des [X.] tätig. Neben seiner anwaltlichen Tätigkeit arbeitet er als externer Datenschutzbeauftragter u.a. für verschiedene größere Unternehmen aus unterschiedlichen Wirtschaftszweigen. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts ([X.]) ist er vertraglich verpflichtet, zum Aufbau bzw. zur Vervollständigung der [X.] des jeweiligen Auftraggebers unter Berücksichtigung der §§ 4f und 4g des Bundesdatenschutzgesetzes --[X.]-- (in Fassungen nach Novellierung des [X.] 1990 im Jahr 2003) beizutragen. Zu seinen Aufgaben gehören die datenschutzrechtliche Prüfung der formalrechtlichen Anforderungen an die bestehende [X.], die (datenschutzrechtliche) Prüfung von [X.], mit deren Hilfe personenbezogene Daten verarbeitet werden, die (datenschutzrechtliche) Vorabkontrolle von geplanten Vorhaben zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die (datenschutzrechtliche) Beratung zur datenschutzrechtskonformen Gestaltung von Prozessabläufen und Anwendungsverfahren sowie die datenschutzrechtliche Stellungnahme zu Einzelfragen. Weiter ist in den jeweiligen Verträgen geregelt, dass in technischer Hinsicht der Auftraggeber zuständig bleibt und der Kläger sich bezüglich der technischen Sicherheit an den Auftraggeber wenden kann. Zusätzlich ist der Kläger verpflichtet, den Auftraggeber über Entwicklungen im Datenschutzrecht zu informieren. Er ist teilweise auch berechtigt, zu Beginn seiner Tätigkeit eine datenschutzrechtliche Status-quo-Analyse durchzuführen, soweit eine solche nicht vorhanden ist. Der Kläger ist jeweils gemäß § 4f [X.] als Datenschutzbeauftragter für die Unternehmen bestellt.

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) ordnete die Tätigkeit des [X.] als externer Datenschutzbeauftragter als gewerblich ein und setzte für die Jahre 2010 bis 2014 jeweils Gewerbesteuermessbeträge fest. Da der nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte Gewinn aus der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter im Jahr 2010 mehr als 150.000 € betragen hatte, teilte das [X.] dem Kläger mit Bescheid vom 08.08.2012 mit, dass er nach § 141 der Abgabenordnung in der im Jahr der Mitteilung geltenden Fassung ([X.]) verpflichtet sei, ab dem 01.01.2013 für den Gewerbebetrieb Datenschutzbeauftragter Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen. Der hiergegen eingelegte Einspruch des [X.] blieb ohne Erfolg, ebenso die nachfolgende Klage. Das [X.] war in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2018, 345 veröffentlichten Urteil der Auffassung, das [X.] habe den Kläger in Bezug auf seine Tätigkeit als externer Datenschutzbeauftragter zutreffend als gewerblichen Unternehmer i.S. des § 141 Abs. 1 Satz 1 [X.] eingeordnet. Der Kläger übe als externer Datenschutzbeauftragter weder den Beruf eines Rechtsanwalts aus, noch sei seine Tätigkeit diesem Beruf ähnlich. Die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten stelle nach der Rechtsprechung des [X.] --BFH-- (Urteile vom 05.06.2003 - IV R 34/01, [X.], 336, [X.] 2003, 761, und vom 26.06.2003 - IV R 41/01, [X.] 2003, 1557, noch zum [X.] 1990) einen völlig eigenständigen und neuen Beruf dar.

3

Seine hiergegen gerichtete Revision begründet der Kläger mit der Verletzung von Bundesrecht.

4

Er beantragt,
das angefochtene [X.]-Urteil und den Bescheid über die Mitteilung über den Beginn der Buchführungspflicht vom 08.08.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.04.2016 aufzuheben.

5

Das [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

6

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

7

Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die Mitteilung des [X.] vom 08.08.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.04.2016 über den Beginn der Buchführungspflicht nach § 141 Abs. 2 Satz [X.] rechtmäßig ist. Der Kläger ist in Bezug auf seine Tätigkeit als externer Datenschutzbeauftragter gewerblicher Unternehmer i.S. des § 141 Abs. [X.], denn er übt keine freiberufliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG aus. Der Kläger übt als Datenschutzbeauftragter weder eine dem Beruf des Rechtsanwalts vorbehaltene noch eine diesem Beruf ähnliche Tätigkeit aus. Seine Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter ist auch nicht § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzuordnen.

8

1. Nach § 141 Abs. 1 Satz [X.] sind gewerbliche Unternehmer, für die sich die Buchführungspflicht nicht aus § 140 [X.] ergibt, u.a. dann verpflichtet, für diesen Betrieb Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen Abschlüsse zu machen, wenn sie nach den Feststellungen der Finanzbehörde für den einzelnen Betrieb einen Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 50.000 € (ab 2016: 60.000 €) im Wirtschaftsjahr gehabt haben. Die Verpflichtung nach § 141 Abs. [X.] ist gemäß § 141 Abs. 2 Satz [X.] vom Beginn des Wirtschaftsjahres an zu erfüllen, das auf die Bekanntgabe der Mitteilung folgt, durch die die Finanzbehörde auf den Beginn dieser Verpflichtung hingewiesen hat.

9

Die Voraussetzungen des § 14[X.] liegen vor. Der Kläger ist --was zwischen den Beteiligten allein streitig [X.] gewerblicher Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift.

a) Gewerbliche Unternehmer in diesem Sinne sind u.a. solche Unternehmer, die einen Gewerbebetrieb i.S. des § 15 Abs. 2, Abs. 3 EStG unterhalten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21.01.1998 - I R 3/96, [X.], 262, [X.] 1998, 468; [X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 14[X.] Rz 3). Nicht gewerblich sind Unternehmen, deren Betätigung als Ausübung eines freien Berufs oder als eine selbständige Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 EStG) anzusehen ist.

b) Der Kläger ist in Bezug auf seine Tätigkeit als externer Datenschutzbeauftragter gewerblicher Unternehmer i.S. des § 141 Abs. [X.]. Seine Tätigkeit ist nicht als Ausübung eines [X.] --insbesondere den des [X.] bzw. einer diesem ähnliche Tätigkeit anzusehen (vgl. bereits BFH-Urteile in [X.], 336, [X.] 2003, 761, und in [X.], 1557, zum [X.] 1990; vgl. auch [X.], [X.], 2094 f.; [X.]/Wacker, EStG, 38. Aufl., § 18 Rz 155; [X.] in [X.]/ [X.] --[X.]--, § 18 EStG Rz 219, 600; [X.], Der Betrieb 2005, 692, 694; [X.] in [X.]/[X.], § 18 EStG Rz 416; [X.], E[X.] 2018, 347).

aa) Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehört zu den freiberuflichen Tätigkeiten u.a. die selbständige Berufstätigkeit des Rechtsanwalts, vorausgesetzt die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit ist für diesen Beruf berufstypisch, d.h. sie ist in besonderer Weise charakterisierend und diesem Katalogberuf vorbehalten (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12.12.2001 - XI R 56/00, [X.], 442, [X.] 2002, 202, m.w.N.; vom 15.06.2010 - VIII R 10/09, [X.], 47, [X.] 2010, 906). Dies ist beim externen Datenschutzbeauftragten nicht der Fall.

aaa) Der Datenschutzbeauftragte, der sowohl als interner wie externer Beauftragter bestellt werden kann, hat gemäß § 4g [X.] auf die Einhaltung des [X.] und anderer Vorschriften über den Datenschutz hinzuwirken. Er hat insbesondere die ordnungsgemäße Anwendung der Datenverarbeitungsprogramme, mit deren Hilfe personenbezogene Daten verarbeitet werden sollen, zu überwachen und die bei der Verarbeitung personenbezogener Daten tätigen Personen durch geeignete Maßnahmen mit den Vorschriften des [X.] sowie anderen Vorschriften über den Datenschutz und mit den jeweiligen besonderen Erfordernissen des Datenschutzes vertraut zu machen (vgl. § 4g Abs. 1 Sätze 1 und 3 [X.]).

bbb) In diesem Sinne war auch der von den Unternehmen jeweils gemäß § 4f [X.] zum externen Datenschutzbeauftragten bestellte Kläger tätig. Er hatte sich vertraglich verpflichtet, zum Aufbau bzw. zur Vervollständigung der [X.] des jeweiligen Auftraggebers unter Berücksichtigung der §§ 4f und 4g [X.] beizutragen. Zu seinen Aufgaben gehörten die (datenschutzrechtliche) Prüfung der formalrechtlichen Anforderungen an die bestehende [X.], die (datenschutzrechtliche) Prüfung von [X.], mit deren Hilfe personenbezogene Daten verarbeitet werden, die (datenschutzrechtliche) Vorabkontrolle von geplanten Vorhaben zur Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die (datenschutzrechtliche) Beratung zur datenschutzrechtskonformen Gestaltung von Prozessabläufen und Anwendungsverfahren sowie die (datenschutzrechtliche) Stellungnahme zu Einzelfragen. Zudem war der Kläger verpflichtet, den Auftraggeber über Entwicklungen im Datenschutzrecht zu informieren. Auch war er teilweise berechtigt, zu Beginn seiner Tätigkeit eine datenschutzrechtliche Status-quo-Analyse durchzuführen, soweit eine solche nicht vorhanden war.

ccc) Diese Tätigkeit des [X.] ist --auch wenn sie in der von ihm ausgeübten Art und Weise im Schwerpunkt rechtsberatend [X.] nicht für den Beruf des Rechtsanwalts berufstypisch, insbesondere ist sie dem Beruf des Rechtsanwalts nicht vorbehalten (vgl. schon BFH-Urteile in [X.], 336, [X.] 2003, 761, und in [X.], 1557, zum [X.] 1990, betreffend die Abgrenzung der Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten zur Tätigkeit des Ingenieurs und des beratenden [X.]). Vielmehr übt der Kläger insoweit einen eigenständigen --von seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt abzugrenzenden-- Beruf aus. Dies folgt daraus, dass die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten (weiterhin) durch eine Beratung in interdisziplinären Wissensgebieten gekennzeichnet ist, ohne dass hierfür eine spezifische akademische Ausbildung, wie diese z.B. für die Ausübung des Berufs des Rechtsanwalts notwendig ist, nachgewiesen werden muss (vgl. schon BFH-Urteile in [X.], 336, [X.] 2003, 761, und in [X.], 1557, zum [X.] 1990).

Gemäß § 4f Abs. 2 [X.] darf zum Datenschutzbeauftragten nur bestellt werden, wer die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit besitzt. Dabei bestimmt sich das Maß der erforderlichen Fachkunde insbesondere nach dem Umfang der Datenverarbeitung der verantwortlichen Stelle und dem Schutzbedarf der personenbezogenen Daten, die die verantwortliche Stelle erhebt oder verwendet. Um die in § 4g [X.] geregelten Aufgaben erfüllen zu können, muss der Datenschutzbeauftragte Kenntnisse in verschiedenen Wissensbereichen besitzen. Allerdings ist das jeweils erforderliche Wissen auf Teilbereiche verschiedener Studiengänge beschränkt, ohne dass es eines entsprechenden Hochschulabschlusses bedarf (vgl. schon BFH-Urteile in [X.], 336, [X.] 2003, 761, und in [X.], 1557, zum [X.] 1990).

So muss der Datenschutzbeauftragte, wie bereits nach Maßgabe des [X.] 1990, zwar über umfangreiche juristische Kenntnisse im Datenschutzrecht, umfangreiche technische Kenntnisse auf dem Gebiet der sog. Computer-Hardware und der unterschiedlichen System- und Anwendersoftware, über betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse und pädagogische Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen (vgl. schon BFH-Urteile in [X.], 336, [X.] 2003, 761, und in [X.], 1557, zum [X.] 1990). Dies bestätigen auch die im Beschluss des [X.] vom [X.] (vgl. hierzu z.B. Moos in [X.]/[X.], Datenschutzrecht in [X.] und Ländern, § 4f [X.] Rz 43) formulierten Anforderungen an die Berufsausübung und die vom [X.]esverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands formulierten Voraussetzungen (vgl. Das berufliche Leitbild der Datenschutzbeauftragten - Stand 4/2018, www.bvdnet.de), die verlangen, dass der Datenschutzbeauftragte neben datenschutzrechtlichem Fachwissen insbesondere auch Fachwissen in der Informations- und Kommunikationstechnik sowie betriebswirtschaftliches und organisatorisches Fachwissen besitzen muss.

Jedoch kann der Datenschutzbeauftragte ungeachtet der danach in den verschiedenen Bereichen erforderlichen Fachkunde, über die er insbesondere auch im Bereich des Datenschutzrechts verfügen muss, ohne eine der Ausbildung des Rechtsanwalts vergleichbare akademische Ausbildung tätig sein (vgl. schon BFH-Urteile in [X.], 336, [X.] 2003, 761, und in [X.], 1557, zum [X.] 1990).

bb) Erfordert die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten --wie dargelegt-- keine der Ausbildung des Rechtsanwalts vergleichbare akademische Ausbildung, übt der externe Datenschutzbeauftragte auch keinen dem Beruf des Rechtsanwalts ähnlichen Beruf gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus (vgl. zu den Anforderungen an einen dem Katalogberuf ähnlichen Beruf z.B. BFH-Urteile vom 07.05.2019 - VIII R 2/16, [X.], 325, [X.] 2019, 528, und [X.], [X.], 334, [X.] 2019, 532, zum Rentenberater; vgl. auch BFH-Urteile in [X.], 336, [X.] 2003, 761, und in [X.], 1557, zum [X.] 1990).

c) Entgegen der Auffassung des [X.] hat sich an dieser Beurteilung durch die Novellierung des [X.] 1990, insbesondere die Neufassung der Aufgabenbeschreibung in § 4g [X.] (vorher: § 37 [X.] 1990), nichts geändert, auch wenn der Datenschutzbeauftragte nicht mehr die Ausführung des [X.] sowie anderer Vorschriften über den Datenschutz sicherzustellen (so § 37 Abs. 1 Satz 1 [X.] 1990), sondern auf deren Einhaltung hinzuwirken hat. Für die Auffassung des [X.] gibt auch die Gesetzesbegründung ([X.] 461/00, S. 89 f.) nichts her. Vielmehr übt der Datenschutzbeauftragte seine Tätigkeit, die letztlich der Selbstkontrolle der Daten verarbeitenden Stelle dient, weiterhin weisungsfrei und unabhängig aus (vgl. § 4f Abs. 3 Satz 2 [X.]).

d) Dieser Einordnung der Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten steht die aktuelle Rechtsprechung des [X.]esgerichtshofs ([X.]) zur Zulassung von Datenschutzbeauftragten als Syndikusrechtsanwalt nicht entgegen. Nach dieser kann eine Tätigkeit als interner Datenschutzbeauftragter grundsätzlich die für eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erforderlichen Tätigkeitsmerkmale des § 46 Abs. 3 Nrn. 1 bis 4 der [X.]esrechtsanwaltsordnung erfüllen und das Arbeitsverhältnis von diesen Merkmalen auch geprägt sein (vgl. insbesondere [X.]-Urteile vom 15.10.2018 - [X.] ([X.]) 20/18, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2018, 3701; vom 02.07.2018 - [X.] ([X.]) 49/17, NJW 2018, 3100). Dabei betont der [X.], [X.] und Schwerpunkt der Tätigkeit eines Datenschutzbeauftragten liege auf [X.], auch wenn Sachkunde in weiteren Bereichen erforderlich sei (vgl. [X.]-Urteil in NJW 2018, 3701, Rz 71 bis 73). Dass die Tätigkeit des (internen) Datenschutzbeauftragten mit den für Rechtsanwälte geltenden berufsrechtlichen Vorschriften in Einklang steht, ist für die steuerliche Qualifizierung der Tätigkeit als solche i.S. des § 18 EStG allerdings ebenso wenig maßgebend (vgl. z.B. BFH-Urteil in [X.], 442, [X.] 2002, 202) wie der Umstand, dass eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt im Einzelfall möglich ist.

e) Auch widerspricht das Gebot verfassungsrechtlicher Gleichbehandlung in Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes einer abweichenden steuerrechtlichen Behandlung. Denn für eine unterschiedliche steuerrechtliche Beurteilung der Ausübung eines verselbständigten Berufs wie den des Datenschutzbeauftragten je nach Vorliegen oder Nichtvorliegen einer freiberuflichen Qualifikation i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG findet sich keine Rechtfertigung, wenn der verselbständigte Beruf seinem Berufsbild nach keine Ausbildung oder Zulassung für einen der Katalogberufe i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG voraussetzt (vgl. BFH-Urteil in [X.], 47, [X.] 2010, 906, zum Rechtsanwalt als Berufsbetreuer).

f) Die Tätigkeit des [X.] als Datenschutzbeauftragter ist auch nicht § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzuordnen.

aa) Danach gehören zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit auch "Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit, z.B. Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied". § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG enthält keinen abschließenden Katalog in Betracht kommender "Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit", sondern lediglich die Auflistung von Regelbeispielen. Weitere Tätigkeiten fallen ebenfalls in den Anwendungsbereich der Norm, wenn sie ihrer Art nach den Regelbeispielen des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ähnlich sind (Grundsatz der sog. Gruppenähnlichkeit). Das ist z.B. der Fall, wenn die Tätigkeit die Betreuung fremder Vermögensinteressen umfasst, aber darüber hinaus auch dann, wenn es sich um eine selbständig ausgeübte fremdnützige Tätigkeit in einem fremden [X.] handelt (BFH-Urteile in [X.], 325, [X.] 2019, 528, und in [X.], 334, [X.] 2019, 532, zum Rentenberater; in [X.], 47, [X.] 2010, 906, und vom 15.06.2010 - VIII R 14/09, [X.], 54, [X.] 2010, 909, zu Berufsbetreuern und Verfahrenspflegern; vom 31.01.2017 - IX R 10/16, [X.], 250, [X.] 2018, 571; vgl. auch [X.] vom 13.06.2013 - III B 156/12, [X.], 1420). Eine rein beratende Tätigkeit, die sich z.B. auf die Erteilung von Anlageempfehlungen beschränkt, ohne dass die zur Vermögensanlage erforderlichen Verfügungen selbst vorgenommen werden können oder ein Depot betreut wird, ist nicht von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG erfasst (vgl. z.B. BFH-Urteile in [X.], 325, [X.] 2019, 528, und in [X.], 334, [X.] 2019, 532; vom 02.09.1988 - III R 58/85, [X.], 332, [X.] 1989, 24; vgl. auch [X.] vom 08.02.2013 - VIII B 54/12, [X.], 1098, zum Anlageberater/Finanzanalysten).

§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG kommt nicht die Funktion eines Auffangtatbestands zu. Ihm sind daher insbesondere nicht jene (rechts-)beratenden Tätigkeiten zuzuordnen, die --mangels vergleichbarer Ausbildung oder [X.] keinem der in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Katalogberufe ähnlich sind. Auch solche fallen nur dann in den Anwendungsbereich der Norm, wenn sie ihrer Art nach den Regelbeispielen des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG ähnlich sind (BFH-Urteile in [X.], 325, [X.] 2019, 528, und in [X.], 334, [X.] 2019, 532, zum Rentenberater).

bb) Nach diesen Grundsätzen übt der Kläger als Datenschutzbeauftragter keine sonstige selbständige Arbeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG aus. Seine Tätigkeit ist nicht --wie die gesetzlichen Regelbeispiele-- berufsbildtypisch durch eine selbständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden [X.] sowie durch Aufgaben der Vermögensverwaltung geprägt, sondern im Schwerpunkt beratender Natur. Daran ändert der Umstand, dass der Kläger den jeweiligen Auftraggeber bei der Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben unterstützt und ihn so vor negativen Rechtsfolgen bewahrt, nichts.

cc) Seine Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter ist [X.] als der Kläger meint-- auch nicht mit der eines Aufsichtsrats i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG vergleichbar.

Hierunter fallen Mitglieder von Organen einer Körperschaft wie Aufsichtsrat oder Verwaltungsrat oder andere Personen, die mit der Überwachung der Geschäftsführung beauftragt sind. Wesentliches Merkmal der Überwachung ist das Recht und die Pflicht zur Kontrolle der Geschäftsführung (vgl. BFH-Urteil vom [X.], [X.], 438, [X.] 2004, 112; [X.]/Wacker, a.a.[X.], § 18 Rz 150; Korn in Korn, § 18 EStG Rz 101; [X.]/[X.], § 18 EStG Rz 266, m.w.N.). Für die Einordnung kommt es nicht auf die tatsächliche Bezeichnung dieser Personen, sondern die von ihnen ausgeübte Tätigkeit an (BFH-Urteile in [X.], 438, [X.] 2004, 112; vom 11.03.1981 - I R 8/77, [X.], 193, [X.] 1981, 623). Der Begriff der überwachenden Tätigkeit ist weit auszulegen (BFH-Urteile in [X.], 438, [X.] 2004, 112, und vom 31.01.1978 - VIII R 159/73, [X.], 345, [X.] 1978, 352, m.w.N.). Eine überwachende Funktion liegt nicht vor, wenn jemand gegenüber der Geschäftsführung einer Kapitalgesellschaft lediglich beratend tätig wird, denn der Berater hat nicht das Recht und die Pflicht zur Kontrolle (vgl. BFH-Urteil in [X.], 438, [X.] 2004, 112).

Hiernach fehlt eine Vergleichbarkeit mit der Tätigkeit eines Aufsichtsrats. Die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten ist im Schwerpunkt beratend, nicht kontrollierend. Sie dient zudem, soweit sie kontrollierend ist, der Einhaltung datenschutzrechtlicher Bestimmungen und damit dem Schutz der Persönlichkeitsrechte derjenigen, deren personenbezogene Daten das Unternehmen verarbeitet. Sie umfasst mithin insbesondere die Prüfung der [X.] des Auftraggebers, der Datenverarbeitungsprogramme und die Vorabkontrolle geplanter Vorhaben zur Verarbeitung personenbezogener Daten, sie dient jedoch nicht der unternehmerischen Kontrolle der Tätigkeit der Geschäftsführung als solcher. Dementsprechend sind auch die dem Datenschutzbeauftragten zustehenden Befugnisse nicht mit denen eines Aufsichtsrats (z.B. § 111 Abs. 3, Abs. 4 des Aktiengesetzes) vergleichbar.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

VIII R 27/17

14.01.2020

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 25. Juli 2017, Az: 5 K 1403/16, Urteil

§ 18 Abs 1 Nr 1 EStG 2009, § 18 Abs 1 Nr 3 EStG 2009, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2009, § 15 Abs 2 EStG 2009, § 141 AO, § 4f BDSG 1990 vom 14.01.2003, § 4g BDSG 1990 vom 14.01.2003

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 14.01.2020, Az. VIII R 27/17 (REWIS RS 2020, 3219)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 3219


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. VIII R 27/17

Bundesfinanzhof, VIII R 27/17, 14.01.2020.


Az. 5 K 1403/16

FG München, 5 K 1403/16, 25.07.2017.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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