Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 03.07.2013, Az. 6 PB 15/13

6. Senat | REWIS RS 2013, 4520

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Verselbständigung eines Dienststellenteils; personalvertretungsrechtliche Befugnisse des Leiters


Leitsatz

Für eine Verselbständigung nach § 8 Abs. 2 MBGSH (juris: MBG SH) ist nicht erforderlich, dass der Leiter des Dienststellenteils über ein Minimum personalvertretungsrechtlicher Befugnisse verfügt.

Gründe

1

Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 88 Abs. 2 [X.] i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.

2

1. Die Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

3

a) Der Beteiligte will geklärt wissen, welchen Grad an Eigenständigkeit eine Einheit im Verwaltungsgefüge einer kreisfreien [X.] in [X.] haben muss, um zur eigenen Dienststelle nach § 8 Abs. 2 [X.] erklärt werden zu können. Nach seiner Auffassung liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wenn der Leiter des fraglichen [X.] nicht in nennenswertem Umfang zu mitbestimmungsrelevanten Entscheidungen befugt ist. Diese Auffassung erweist sich anhand der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen und der zum Themenkreis bereits vorliegenden Senatsrechtsprechung als offensichtlich unzutreffend, so dass ein die Zulassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigender Klärungsbedarf nicht gegeben ist.

4

Der Bildung von Personalräten nach § 1 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] liegt der materielle Dienststellenbegriff zugrunde. Danach verlangt die [X.], dass der Leiter der Einrichtung eine nach Art und Umfang hinreichende Kompetenz zur Entscheidung in beteiligungspflichtigen Angelegenheiten hat (vgl. Beschlüsse vom 29. März 2001 - BVerwG 6 P 7.00 - [X.] 250 § 6 BPersVG Nr. 15 S. 7 f., vom 26. November 2008 - BVerwG 6 P 7.08 - BVerwGE 132, 276 = [X.] 250 § 86 BPersVG Nr. 6 Rn. 32 und vom 17. Juli 2010 - BVerwG 6 [X.] - [X.] 251.95 § 61 [X.] Nr. 1 Rn. 20). Liegen diese Voraussetzungen vor, so ist eine Dienststelle nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] gegeben, in welcher von Gesetzes wegen ein Personalrat zu bilden ist. In diesem Fall ist eine Verselbständigung nach § 8 Abs. 2 [X.] weder nötig noch möglich.

5

Daraus ergibt sich, dass die Verselbständigung von Nebenstellen und Dienststellenteilen nach § 8 Abs. 2 [X.] nicht von Voraussetzungen abhängig sein kann, wie sie für eine Dienststelle nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] erfüllt sein müssen. Für § 8 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 [X.] - räumlich weite Entfernung von der [X.] - ist in der Senatsrechtsprechung bereits geklärt, dass der Leiter der Außenstelle nicht über ein Minimum personalvertretungsrechtlicher Befugnisse verfügen muss (vgl. Beschlüsse vom 29. März 2001 a.a.[X.] f., vom 26. November 2008 a.a.[X.] Rn. 33 und vom 13. September 2010 - BVerwG 6 P 14.09 - [X.] 251.92 § 71 [X.] Nr. 2 Rn. 14). Dass für § 8 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 [X.] - Eigenständigkeit des [X.] durch Aufgabenbereich und Organisation - nichts anderes gilt, folgt eindeutig aus systematischen und teleologischen Überlegungen.

6

Kommt es in einer Gemeinde zur Verselbständigung eines [X.] und daher zur Errichtung eines zweiten örtlichen Personalrats, so ist ein Gesamtpersonalrat zu bilden (§ 45 Abs. 1 [X.]). Dieser ist nur zuständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die mehrere in ihm zusammengefasste Dienststellen betreffen und die nicht durch die einzelnen Personalräte innerhalb ihres Geschäftsbereichs geregelt werden können (§ 61 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Die Angelegenheit muss daher dienststellenübergreifende Wirkung haben. Dagegen verbleibt es bei der Zuständigkeit des örtlichen Personalrats, wenn von der beabsichtigten Maßnahme ausschließlich die Beschäftigten einer Dienststelle betroffen werden (vgl. Beschluss vom 5. Oktober 2011 - BVerwG 6 [X.] - [X.] 251.95 § 61 [X.] Nr. 3 Rn. 11). Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn zwar eine dienststellenübergreifende Regelung beabsichtigt ist, ein sachlich zwingendes Erfordernis dafür aber nicht besteht (vgl. Beschluss vom 5. Oktober 2011 a.a.[X.] Rn. 12 ff.).

7

Die Regelung in § 61 Abs. 1 [X.] folgt nicht dem [X.], wonach ein bei der entscheidungsbefugten Dienststelle gebildeter Personalrat zur Beteiligung berufen ist, sondern dem Prinzip vom [X.] (vgl. Beschluss vom 13. September 2010 a.a.[X.] Rn. 17 f.). [X.] der Leiter der [X.] daher eine Maßnahme treffen, welche ausschließlich die Beschäftigten der verselbständigten Dienststelle betrifft, so hat er den dortigen Personalrat zu beteiligen. Aus dessen Sicht ist es belanglos, ob der Leiter der [X.] oder der Leiter des verselbständigten [X.] entscheidungsbefugt ist. Zu beteiligen ist er im einen wie im anderen Fall. Überdies ist er - ebenso wie der örtliche Personalrat bei der [X.] - zur Beteiligung berufen, wenn der Leiter der [X.] ohne sachlich zwingendes Erfordernis eine dienststellenübergreifende Regelung trifft. Der Sinn der Regelung in § 8 Abs. 2 [X.], eine Personalvertretung für die speziellen Belange des [X.] bilden zu können, wird daher unabhängig davon erreicht, ob der Leiter des [X.] eigene personalvertretungsrechtlich relevante Kompetenzen hat.

8

b) Freilich verlangt § 8 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 [X.] für die Verselbständigung, dass der fragliche Dienststellenteil durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig ist. Eine generelle Klärung dieses Erfordernisses ist im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Dass es jedenfalls für die Berufsfeuerwehr einer kreisfreien [X.] in [X.] gegeben ist, drängt sich geradezu auf.

9

Ein eigenständiger Aufgabenbereich liegt vor, wenn der Dienststellenteil Aufgaben wahrnimmt, die deutlich von den sonstigen Aufgaben der Dienststelle abweichen (vgl. [X.]/Hübner-Berger, Mitbestimmungsgesetz [X.], § 8 Rn. 2.5). Dass diese Voraussetzung bei der Berufsfeuerwehr einer [X.] gegeben ist, kann nicht zweifelhaft sein. Diese hat als öffentliche Feuerwehr vor allem die Aufgabe, Brände zu bekämpfen und Menschen und Sachen vor Brandschäden zu schützen - abwehrender Brandschutz - sowie bei Not- und Unglücksfällen Hilfe zu leisten - technische Hilfe - (§ 1 Nr. 1 und 2, §§ 2, 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Brandschutz und die Hilfeleistungen der Feuerwehren - Brandschutzgesetz - <[X.]> vom 10. Februar 1996, GVOBl S. 200, zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes vom 17. Dezember 2010, GVOBl S. 789). Die Bewältigung dieser Aufgaben wird in Form von Einsätzen wahrgenommen (§ 19 ff. [X.]). Mit ihren Einsätzen in Brand- und Unglücksfällen unterscheidet sich die Feuerwehr deutlich von der Art und Weise, wie sonst in einer [X.]verwaltung Aufgaben wahrgenommen werden.

Die Besonderheit der Aufgabenerfüllung durch die Feuerwehr in Gestalt von Einsätzen bedingt die feuerwehrspezifische Organisation der Einsätze. Dem entsprechend sieht § 42 Abs. 2 Nr. 4 [X.] vor, dass das Innenministerium Verwaltungsvorschriften für die Gliederung der Feuerwehren erlässt. Insofern wurde die [X.] ([X.] 100) in [X.] übernommen und ihre Geltung bis zum 31. Dezember 2017 fortgeschrieben (Bekanntmachung des [X.] vom 16. November 2012, Amtsbl Schl.-H. S. 1278). Die [X.] 100 regelt im Einzelnen mit ihren Bestimmungen zu Einsatzleitung, Befehlsstelle, Führungsebenen und Führungsstufen die Führungsorganisation der Feuerwehr im Einsatz. Hinsichtlich der organisatorischen Besonderheit der Berufsfeuerwehr hat das Oberverwaltungsgericht ergänzend zutreffend auf die Bestimmungen in § 7 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 Satz 1 [X.] hingewiesen, wonach die Leitung der Berufsfeuerwehr für die Einsatzbereitschaft der Feuerwehr im [X.]gebiet verantwortlich ist und die Angehörigen der Berufsfeuerwehr im Einsatzdienst andere Einrichtungen der [X.] weder leiten noch darin beschäftigt werden dürfen.

2. Mit seiner Abweichungsrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG kommt der Beteiligte gleichfalls nicht zum Zuge. Der Beschluss des [X.] weicht nicht vom Senatsbeschluss vom 29. März 2001 (a.a.[X.]) ab. Die dortigen Ausführungen zu den mitbestimmungsrelevanten Befugnissen des [X.] (Beschluss vom 29. März 2001 a.a.[X.] S. 7 f.) beziehen sich auf den allgemeinen personalvertretungsrechtlichen Dienststellenbegriff im Sinne von § 6 Abs. 1 und 2 BPersVG, welcher mit dem in § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] verwandten identisch ist. Hingegen wird in diesem Beschluss ausdrücklich klargestellt, dass für die Verselbständigung nach § 6 Abs. 3 BPersVG nicht verlangt wird, dass der Leiter der Nebenstelle ein Minimum an personalvertretungsrechtlich relevanten Befugnissen hat (Beschluss vom 29. März 2001 a.a.[X.] f.).

Meta

6 PB 15/13

03.07.2013

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: PB

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, 9. November 2012, Az: 12 LB 1/12, Beschluss

§ 8 Abs 2 MBG SH, § 61 Abs 1 MBG SH

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 03.07.2013, Az. 6 PB 15/13 (REWIS RS 2013, 4520)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4520

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

6 P 14/09 (Bundesverwaltungsgericht)

Verselbständigung einer Nebenstelle; Nebenstelle ohne Dienststellenleiter; Informationsanspruch des Personalrats der Nebenstelle


6 P 11/09 (Bundesverwaltungsgericht)

Teilnahmerecht der Stufenvertretung und des Gesamtpersonalrats in der Personalversammlung


6 P 18/10 (Bundesverwaltungsgericht)

Unrichtige Rechtsmittelbelehrung; Beschlusszustellung nach Ablauf von fünf Monaten seit der Verkündung; Interessenabfragen bei der Deutschen …


6 PB 4/13 (Bundesverwaltungsgericht)

Verselbständigung eines Eigenbetriebs; Bildung eines Gesamtpersonalrats


6 P 9/10 (Bundesverwaltungsgericht)

Mitbestimmung des Gesamtpersonalrats; Erfordernis für eine dienststellenübergreifende Regelung; Zeitwerterhebung


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.