Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.07.2008, Az. VI ZR 259/06

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 2933

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 8. Juli 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 276 Fc, 823 Aa Zur Haftung des Gynäkologen für den nach einer erfolglosen Tubensterilisation mit-tels Tubenligatur und streitiger Elektroagulation entstehenden Schaden. [X.], Urteil vom 8. Juli 2008 - [X.]/06 - [X.] LG München II - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und Zoll für Recht erkannt: Die Revision der Kläger wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Berufung gegen die Abweisung der Klage auf Herausgabe der Behandlungsunterlagen wendet. Im Übrigen wird das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 16. November 2006 auf die Revision der Klä-ger aufgehoben. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Kläger sind Eheleute. Sie begehren von den [X.]n [X.] nach einer erfolglosen Sterilisation der am 27. Oktober 1967 geborenen Klägerin zu 1. Diese war seit 1994 in gynäkologischer Behandlung bei dem [X.] zu 2, der mit dem [X.]n zu 3 eine Gemeinschaftspraxis in [X.] be-treibt. 1 - 3 - Die dritte Schwangerschaft der Klägerin wurde, wie schon die beiden vorhergehenden, vom [X.]n zu 2 betreut. Die Entbindung sollte - wie bei den früheren Schwangerschaften - im Krankenhaus der ehemaligen [X.]n zu 1 durch Kaiserschnitt erfolgen. Beide [X.] sind in diesem Krankenhaus als Belegärzte tätig. Gleichzeitig mit der [X.] am 21. März 2001 sollte der [X.] zu 2 vereinbarungsgemäß die Klägerin zu 1 sterilisieren. 2 Die auf den 20. März 2001 datierte, von der Klägerin zu 1 unterzeichnete Einverständniserklärung lautet auszugsweise: 3 "Ich erkläre [X.] hierdurch an den an [X.] vorzunehmenden [X.]en Kaiserschnitt, Eileiterdurchtrennung zum Zweck einer Untersuchung und Behandlung einverstanden. Ich bin durch Herrn (Name des [X.]n zu 2) und/oder Herrn (Name des [X.]n zu 3) über alle Risiken und typischen Kom-plikationen, wie Verletzungen von Darm, Harnblase, Harnleiter und Blutgefäßen aufgeklärt worden. Ich habe hierzu keine weite-ren Fragen und wünsche somit auch keine weiterführende Aufklä-rung. Bei der Tubensterilisation ist die Versagerquote: 0,1 %."
Bei der [X.] am 21. März 2001, die der [X.] zu 2 unter Assistenz des [X.]n zu 3 durchführte, wurde die Klägerin von [X.] entbunden. Die Zwillingsschwangerschaft war zuvor nicht bekannt gewesen. 4 Vier Monate nach der Geburt der Zwillinge wurde die Klägerin zu 1 er-neut schwanger. Am 7. Dezember 2001 wurde sie wegen einer Schwanger-schaftsvergiftung in die Frauenklinik R. eingewiesen. Dort wurde sie - wiederum mit Kaiserschnitt - von der Tochter [X.] mit einem Geburtsgewicht von 480 Gramm entbunden. Im Operationsbericht über die zugleich mit dieser [X.] durchgeführte Tubenteilresektion und [X.] der 5 - 4 - Eileiter heißt es, dass die Tuben beidseits im Verlauf ohne Kaliberschwankun-gen und mit nicht resorbierbaren Ligaturen jeweils im uterusnahen und mittleren Anteil versehen gewesen seien. Die histologische Untersuchung der entfernten [X.] ergab ein schmales offenes Lumen der von einem grünen Faden umschlungenen Tuben. 6 Die Kläger haben Ersatz für alle Kosten, die mit der Geburt der Tochter [X.] entstanden seien und noch entstünden, insbesondere aus Unterhaltsan-sprüchen des Kindes gegen die Eltern und Kosten für den Umbau des [X.] sowie ein Schmerzensgeld für die Klägerin zu 1 von mindestens 20.000 • verlangt. Die Klage hatte in den Tatsacheninstanzen keinen Erfolg. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren aus der Berufung weiter. Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Zurückweisung der [X.] im Wesentlichen ausgeführt, den [X.]n falle kein zum [X.] führender Behandlungs- oder Aufklärungsfehler zur Last. Nach dem Er-gebnis der Beweisaufnahme habe der [X.] zu 2 am 21. März 2001 zumin-dest eine Tubenligatur vorgenommen; anders seien die bei der [X.] an beiden Tuben vorgefundenen Fäden nicht zu erklären. Die Kläger hätten nicht bewiesen, dass die Tuben nicht oder fehlerhaft koagu-liert worden seien. Zwar hätten keine Spuren einer [X.] wie Kali-berschwankungen oder Vernarbungen festgestellt werden können. Aus den fehlenden Spuren könne jedoch nicht der sichere Schluss gezogen werden, 7 - 5 - dass keine ordnungsgemäße Koagulation stattgefunden habe. Unter den be-sonderen nachgeburtlichen Gegebenheiten könne es zu einer für den Arzt nicht erkennbaren sog. unvollständigen Koagulation kommen. Auch aus der erneuten Schwangerschaft vier Monate nach dem Eingriff könne nicht auf einen Behand-lungsfehler rückgeschlossen werden. Die Tubensterilisation sei schicksalhaft mit einer geringfügigen Versagerquote belastet, die sich hier verwirklicht haben könne. Dass der [X.] zu 2 die Tubenligatur nicht mit einer Durchtrennung oder einer Teilresektion der Eileiter verbunden habe, sei nicht zu beanstanden. Es sei vertretbar, wenn er wegen starker Blutungen bei der [X.] unterlassen habe, die stark venös gestauten und verdickten Tuben zu [X.], und stattdessen die [X.] gewählt habe. 8 Die [X.]n hafteten auch nicht aus einer unzureichenden therapeuti-schen oder einer ungenügenden Einwilligungsaufklärung. Eine Aufklärung der Patientin über die möglichen Sterilisationsmethoden sei grundsätzlich nicht er-forderlich. Ohnehin könne mitunter erst intraoperativ die anzuwendende [X.] gewählt werden. Der [X.] zu 2 habe glaubwürdig darge-tan, dass er die Klägerin zu 1 am Vortag der [X.] von 0,1 % sowie darüber aufgeklärt habe, dass bei einer [X.]en Sterilisa-tion das Versagerrisiko größer sei als bei einer Sterilisation im Intervall. Letztlich könne offen bleiben, ob die Klägerin zu 1 rechtzeitig und ausreichend aufgeklärt worden sei, denn sie habe keinen Entscheidungskonflikt plausibel machen [X.]. Insbesondere sei die Einlassung der Klägerin zu 1, bei Kenntnis der erhöh-ten Versagerquote hätte sie drei Monate lang verhütet und dann den Erfolg der Sterilisation endoskopisch überprüfen lassen, wenig plausibel, weil sie in Kenntnis des üblichen Versagerrisikos nicht verhütet habe. 9 - 6 - I[X.] 10 Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Revision nicht stand. 11 1. Allerdings ist die uneingeschränkt zugelassene und eingelegte [X.] mangels jeglicher Begründung nicht zulässig, soweit sie sich gegen die [X.] wendet (§§ 552 Abs. 1, 551 Abs. 3 Satz 1 Ziff. 2 ZPO; vgl. Senat, [X.] 85, 327 ff.; OLG Mün-chen NJW 2001, 2806, 2807). Im Übrigen ist die Revision jedoch zulässig und begründet, auch zum Feststellungsantrag, der auf denselben Grundlagen ba-siert wie der Leistungsantrag. 2. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats sind die mit der Geburt eines nicht gewollten Kindes für die Eltern verbundenen wirtschaftli-chen Belastungen, insbesondere die Aufwendungen für dessen Unterhalt, als ersatzpflichtiger Schaden auszugleichen, wenn der Schutz vor solchen Belas-tungen Gegenstand des Behandlungs- oder Beratungsvertrages war. Diese - am Vertragszweck ausgerichtete - Haftung des Arztes hat der Senat insbe-sondere bejaht für Fälle fehlgeschlagener Sterilisation aus Gründen der [X.] (vgl. Senat, [X.] 76, 249, 255; 76, 259, 262; Urteile vom 2. Dezember 1980 - [X.] ZR 175/78 - VersR 1981, 278; vom 10. März 1981 - [X.] ZR 202/79 - VersR 1981, 730; vom 19. Juni 1984 - [X.] ZR 76/83 - [X.], 864; vom 27. Juni 1995 - [X.] ZR 32/94 - [X.], 1099, 1101), bei feh-lerhafter Behandlung mit einem empfängnisverhütenden Mittel (vgl. Senat, Ur-teil vom 14. November 2006 - [X.] ZR 48/06 - [X.], 109), bei fehlerhafter Beratung über die Sicherheit der empfängnisverhütenden Wirkungen eines vom Arzt verordneten [X.] (vgl. Senat, Urteil vom 3. Juni 1997 - [X.] ZR 133/92 - [X.], 1422 f.) sowie für Fälle fehlerhafter genetischer Beratung vor Zeugung eines genetisch behinderten Kindes (vgl. Senat, [X.] 124, 12 - 7 - 128 ff.). Diese Rechtsprechung des Senats hat das [X.] im Beschluss vom 12. November 1997 als verfassungsrechtlich unbedenklich erachtet ([X.] 96, 375 ff.). 13 Der Senat hat ferner ausgesprochen, dass die Herbeiführung einer un-gewollten Schwangerschaft selbst dann, wenn diese ohne pathologische Be-gleiterscheinungen verläuft, einen Schmerzensgeldanspruch der Frau auslösen kann (vgl. Senat, Urteil vom 18. März 1980 - [X.] ZR 247/78 - [X.], 558, insoweit nicht abgedruckt in [X.] 76, 259 ff.). Demnach kommt es zweifelsfrei in Frage, dass der [X.] zu 2, soweit ihm ein Fehler zur Last fällt, der Klägerin zu 1 ein Schmerzensgeld schuldet. Bei Vorliegen der Voraussetzungen hierzu kann ihn - bei Einbeziehung des [X.] zu 2 in den Schutzbereich des [X.] (vgl. Senat, [X.] 143, 389, 393; Urteile vom 3. Juni 1997 - [X.] ZR 133/96 - [X.], 1422 f.; vom 19. Februar 2002 - [X.] ZR 190/01 - [X.], 767) - auch eine vertragli-che Schadensersatzpflicht gegenüber den klagenden Eltern wegen der diesen erwachsenen und künftig erwachsenden Unterhaltsbelastungen treffen. 14 Auch an der Haftung des [X.]n zu 3, der zusammen mit dem [X.] zu 2 eine gynäkologische Gemeinschaftspraxis betrieben hat, bestehen aus Rechtsgründen jedenfalls auf Grund der bisherigen Feststellungen keine grundsätzlichen Bedenken (vgl. Senat, [X.] 165, 36, 39; [X.], [X.] 154, 88, 93 f.; [X.] VersR 2005, 655). 15 3. Das Berufungsgericht hat indessen den [X.] aus [X.] Gründen abgewiesen. Unter Bezugnahme auf das Gutachten der Sach-verständigen konnte es sich nicht davon überzeugen, dass die Erfolglosigkeit des Sterilisationseingriffs auf einem Fehler bei dessen Durchführung beruhe. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. 16 - 8 - Eine Haftung der [X.]n für den durch die Geburt der Tochter [X.] ver-ursachten Schaden der Kläger setzt voraus, dass der [X.] zu 2 entweder vorwerfbar von einer vertraglich vereinbarten Behandlung abgewichen ist oder fehlerhaft eine nicht dem medizinischen Standard des Jahres 2001 entspre-chende Sterilisationsmethode gewählt oder die vereinbarte bzw. standardge-mäße Methode schuldhaft fehlerhaft ausgeführt und dadurch die weitere Schwangerschaft (mit-)verursacht hat. 17 Das Berufungsgericht ist - sachverständig beraten - davon ausgegangen, dass der [X.] jedenfalls eine Tubenligatur durchgeführt habe, meint aber, die Kläger hätten nicht bewiesen, dass der [X.] zu 2 die [X.] der Eileiter nicht oder nur fehlerhaft durchgeführt habe. Es bestünden zwar er-hebliche Anhaltspunkte dafür, dass keine ordnungsgemäße Koagulation [X.] habe, weil makroskopisch in der [X.] und histologisch we-der eine Kaliberschwankung noch einschlägige Vernarbungen der Tuben hätten festgestellt werden können. Auch habe die Sachverständige E. erläutert, es sei nicht sehr wahrscheinlich, dass eine ordnungsgemäß durchgeführte [X.] keinerlei Spuren hinterlasse. Andererseits habe sie darauf hingewiesen, dass aus den fehlenden Spuren wegen der besonderen nachgeburtlichen [X.] (venöse Stauung und Ödeme an den Tuben sowie extrem gute Durchblutung des kleinen Beckens) nicht der sichere Schluss auf eine nicht ordnungsgemäße Koagulation gezogen werden könne. 18 Diese Erwägungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand, weil die tat-sächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht verfahrensfehlerfrei zu-stande gekommen sind und insbesondere das Sachverständigengutachten [X.] ausreichende Grundlage bildet. Auf den Streit der [X.]en, ob im konkreten Fall vertraglich eine Sterilisation mittels Teilresektion der Eileiter vereinbart war, von welcher der [X.] zu 2 trotz intraoperativ aufgetretener Komplikationen 19 - 9 - nicht habe abweichen dürfen, kommt es deshalb aus revisionsrechtlicher Sicht nicht an. 20 a) Vom Standpunkt des Berufungsgerichts aus, dass der [X.] zu 2 eine Tubenligatur mit [X.] habe durchführen dürfen, geht es um die Frage, ob letztere ausgeführt worden ist. Hierzu meint das Berufungsge-richt, dass die Kläger einen Behandlungsfehler beweisen müssten. Insoweit bestünden zwar erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass der [X.] zu 2 die [X.] nicht [X.] durchgeführt habe, ohne dass jedoch der sichere Schluss gezogen werden könne, dass keine ordnungsgemäße Koagula-tion stattgefunden habe. Soweit es sich hierfür auf die Ausführungen der [X.] Sachverständigen stützt, rügt die Revision, dass diese inhaltlich das von den Klägern vorgelegte Privatgutachten bestätigt habe und das Berufungs-gericht ohnehin dieses Privatgutachten hätte berücksichtigen müssen. Damit hat sie Erfolg. Die Sachverständige hat ausgeführt, sie halte eine Sterilisation durch Li-gatur ohne Durchtrennung der Eileiter jedoch mit [X.] trotz der [X.] guten Durchblutung des [X.] und des dadurch bedingten höheren Versagerrisikos an sich für [X.]. Indes könne sie aus dem Fehlen von sichtbaren Spuren an den Eileitern nur schließen, dass die [X.] lediglich oberflächlich oder überhaupt nicht durchgeführt worden sei. Sie halte es für nicht sehr wahrscheinlich, dass man gar nichts von der Ko-agulation sehe. Auf der anderen Seite aber könne aus fehlenden Spuren wegen der [X.] extrem guten Durchblutung des kleinen Beckens nicht der [X.] Schluss gezogen werden, dass keine ordnungsgemäße Koagulation [X.] habe. Diese Ansicht stimmt bei der gebotenen kritischen Würdigung von Gutachten medizinischer Sachverständiger, welche eine gelegentlich auch kol-legenschützende Haltung medizinischer Sachverständiger berücksichtigen 21 - 10 - muss (vgl. Senat, [X.] 172, 254, 259 f.; Urteile vom 27. September 1977 - [X.] ZR 162/76 - VersR 1978, 41, 42 f.; vom 19. Januar 1993 - [X.] ZR 60/92 - [X.], 835, 836; vom 16. Januar 2001 - [X.] ZR 408/99 - VersR 2001, 783), weitgehend mit den Ausführungen des Privatsachverständigen überein. Nach diesem führt eine exakt vorgenommene [X.] immer zu sichtbaren makroskopischen und histologischen Veränderungen der Eileiter, die hier unstreitig nicht vorhanden waren. Der Eingriff sei wegen der [X.] Veränderungen an den Eileitern erschwert, das Legen von Ligaturen allein sei nicht erfolgversprechend gewesen und habe zwangsläufig zum Versagen des Eingriffs führen müssen, wenn nicht die Durchtrennung oder Entfernung von [X.] noch hinzugekommen sei. Das Berufungsgericht hätte bei seiner Würdigung der Gutachten auch berücksichtigen müssen, dass es nicht um einen medizinisch-naturwissen-schaftlichen Nachweis und nicht um eine mathematische, jede Möglichkeit ei-nes abweichenden Geschehensablaufs ausschließende, von niemandem [X.] Gewissheit ("mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit") ge-hen kann (vgl. Senat, [X.] 159, 254, 255 f.; Urteil vom 8. Juli 2008 - [X.] ZR 247/07 - z.[X.].; [X.], Urteil vom 22. November 2006 - [X.] - [X.], 1429). Ausreichend ist vielmehr ein Grad von Gewissheit, der Zweifeln eines besonnenen, gewissenhaften und lebenserfahrenen Beurteilers Schwei-gen gebietet; Zweifel, die sich auf lediglich theoretische Möglichkeiten gründen, für die tatsächliche Anhaltspunkte nicht bestehen, sind hierbei nicht von Bedeu-tung (vgl. Senat, [X.] 159, 254, 257; Urteile vom 9. Mai 1989 - [X.] ZR 268/88 - [X.], 758, 759; vom 18. Januar 2000 - [X.] ZR 375/98 - [X.], 503, 505; [X.], [X.] 53, 245, 256 - [X.]; [X.]/[X.], NJW 1982, 2094, 2098; [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., Rn. [X.]). 22 - 11 - Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hätte der Schluss nahegele-gen, dass eine [X.] unterblieben und der Eingriff infolgedessen vorwerfbar unvollständig ausgeführt war. 23 24 b) Im Übrigen hat das Berufungsgericht selbst dann, wenn es die gericht-liche Sachverständige anders hätte verstehen können, gegen seine Pflicht ver-stoßen, das von den Klägern vorgelegte Privatgutachten zu berücksichtigen. Es hätte ihr nämlich dann dessen entgegenstehende und von Sachkenntnis getra-gene Ansicht vorhalten müssen, wonach bei [X.] Veränderungen an den Eileitern, wie sie der [X.] zu 2 für den [X.], eine Sterilisation nicht erfolgversprechend mit dem Legen einer Ligatur er-reicht werden könne, das alleinige Legen von Ligaturen zwangsläufig zum Ver-sagen führe und eine exakt vorgenommene [X.], die immer zu hier nicht festgestellten makroskopischen und histologischen Veränderungen der Eileiter führe, dann nicht genüge; vielmehr müsse die Durchtrennung der Tuben oder zusätzlich die Entfernung von [X.] erfolgen, um den [X.] erfolgversprechend und den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend zu gestalten. Das Unterlassen dieses [X.] verstößt gegen § 286 Abs. 1 ZPO. [X.] von Sachverständigen unterliegen zwar der freien Beweiswürdigung durch das Gericht (§ 286 Abs. 1 ZPO). Der erkennende Senat hat jedoch [X.] ausgesprochen, dass der Tatrichter allen Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen von Amts wegen nachzugehen hat; insbesondere hat er [X.] einer [X.] gegen das Gutachten eines gerichtlichen [X.] zu berücksichtigen und die Pflicht, sich mit von der [X.] vorgelegten Privatgutachten auseinander zu setzen und auf die weitere Aufklärung des Sachverhalts hinzuwirken, wenn sich ein Widerspruch zum Gerichtsgutachten ergibt (vgl. Senat, Urteile vom 14. Dezember 1993 - [X.] ZR 67/93 - [X.], 25 - 12 - 480, 482; vom 9. Januar 1996 - [X.] ZR 70/95 - [X.], 647, 648; vom 10. Oktober 2000 - [X.] ZR 10/00 - VersR 2001, 525, 526; vom 13. Februar 2001 - [X.] ZR 272/99 - VersR 2001, 722, 723; vom 23. März 2004 - [X.] ZR 428/02 - VersR 2004, 790, 791). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht nicht [X.]. 26 Die Anwesenheit des Privatsachverständigen in der [X.] enthob das Berufungsgericht nicht seiner hiernach bestehenden Pflicht zur Aufklärung von Widersprüchen. Solange der Privatsachverständige nicht zum gerichtlichen Sachverständigen bestellt war, war er lediglich zur Un-terstützung der [X.] anwesend und hatte keine Mitwirkungsrechte (vgl. §§ 402, 397 Abs. 2 ZPO). Wenn das Privatgutachten tatsächliche Behauptungen zur Begründung des Klageantrags und damit neuen Sachvortrag enthalten sollte, wären die Klä-ger mit diesem nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie ihn erstmals in der Beru-fung gehalten haben. Die Kläger traf an der objektiven Verspätung des [X.] selbst dann kein Verschulden, wenn sie den Auftrag zur Erstellung eines Gutachtens erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz erteilt haben sollten. Die [X.] ist im [X.] berechtigt, ihre [X.] gegen ein gerichtliches Sachverständigengutachten zunächst ohne Hilfe eines privaten Sachverständigen vorzubringen. Es kann nicht als [X.] angesehen werden, wenn sie erst im zweiten Rechtszug ihren Angriff mit Hilfe eines Privatsachverständigen konkretisiert (vgl. Senat, [X.] 159, 245, 253; [X.], Urteil vom 19. Februar 2003 - [X.] - VersR 2004, 83, 84). 27 4. Nach allem ist das angefochtene Urteil im Umfang der zulässigen An-fechtung aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der erkennende Senat vermag der-zeit nicht zu beurteilen, ob die Entscheidung wenigstens im Ergebnis Bestand 28 - 13 - haben wird, so dass es der Zurückverweisung an das Berufungsgericht bedarf (§ 563 Abs. 1 ZPO). Bei seiner erneuten Entscheidung wird das Berufungsge-richt auch die weiteren [X.] der Revision zu beachten haben. 29 a) Soweit die Revision die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Si-cherungsaufklärung beanstandet, macht sie einen (weiteren) Behandlungsfeh-ler (vgl. Senat, Urteile vom 2. Dezember 1980 - [X.] ZR 175/78 - VersR 1981, 278 ff.; vom 10. März 1981 - [X.] ZR 202/79 - VersR 1981, 730 ff.; vom 25. Januar 2000 - [X.] ZR 68/99 - n.v.) geltend. Hiernach ist davon auszugehen, dass wegen der auch nach fehlerfreier Ausführung bei jeder der möglichen Ste-rilisationsmethoden gegebenen - unterschiedlich großen und je nach dem Zeit-punkt der Sterilisation ([X.] oder im Intervall) unterschiedlichen - Versa-gerquoten ein deutlicher Hinweis auf diese Versagermöglichkeiten geboten ist (sog. therapeutische Aufklärung oder Sicherungsaufklärung). Der [X.] zu 2 hatte darüber hinaus die Klägerin zu 1 postoperativ (vgl. Senat, [X.] 163, 209, 217 f.) auf eine Abweichung von der ursprünglich geplanten Vorgehensweise bei der Sterilisation hinzuweisen und sie von einer hierdurch möglicherweise erfolgten Erhöhung des Versagerrisikos umfassend in Kenntnis zu setzen. Dass er dieser Pflicht nachgekommen wäre, behauptet er selbst nicht. 30 Ein (auf die Fälle der Selbstbestimmungsaufklärung beschränkter) [X.] ist für eine Haftung wegen des in der Verletzung einer sol-chen (präoperativen oder postoperativen) Sicherungsaufklärung liegenden Be-handlungsfehlers nicht erforderlich. 31 b) Zur Kausalität dieses Fehlers für den durch die Geburt des Kindes ver-mittelten Schaden wird das Berufungsgericht nicht ohne weitere Feststellungen davon ausgehen können, dass die Kläger, die ein erhöhtes statistisches Versa-32 - 14 - gerrisiko nach der ordnungsgemäß durchgeführten zweiten Sterilisation mittels Teilresektion der Eileiter in Kauf genommen haben, dies in gleicher Weise in Kenntnis des erhöhten Versagerrisikos bei einer [X.]en Sterilisation mit-tels Tubenligatur und [X.] ohne Durchtrennung der Eileiter getan und auch nach der hier gebotenen nachträglichen Information der Klägerin zu 1 über ein erhöhtes Versagerrisiko ebenfalls nicht verhütet hätten (vgl. Senat, Urteile vom 2. Dezember 1980 - [X.] ZR 175/78 - aaO, 279; vom 10. März 1981 - [X.] ZR 202/79 - aaO, 731 f.; vom 28. März 1989 - [X.] ZR 157/89 - [X.], 700, 701). [X.]

[X.] [X.] [X.]

Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 22.11.2005 - 1 MO 3224/03 - [X.], Entscheidung vom 16.11.2006 - 1 U 2385/06 -

Meta

VI ZR 259/06

08.07.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.07.2008, Az. VI ZR 259/06 (REWIS RS 2008, 2933)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 2933

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