Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2016, Az. I ZB 44/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 14063

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:220316BIZB44.15.0

BUN[X.]SGERI[X.]HTSHOF

BES[X.]HLUSS
I [X.]
vom

22. März 2016

in der Rechtsbeschwerdesache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Gestörter Musikvertrieb
[X.] §§ 233 I, 519 Abs. 1, § 520 Abs. 3 Satz 1; [X.] § 104 Satz 1, § 105 Abs.
1; [X.] [X.] § 6
Abs. 2
Besteht für eine [X.] eine landesgesetzliche Konzentrati-on nach §
105 [X.] für [X.] und erteilt das erstinstanzli-che Gericht eine unzutreffende Belehrung über das für das Rechtsmittelverfah-ren zuständige Gericht, kann die [X.] bei dem in der Rechtsmittelbelehrung angeführten Gericht fristwahrend Rechtsmittel einlegen, auch wenn dessen [X.] für das Rechtsmittelverfahren tatsächlich nicht gegeben ist.
[X.], Beschluss vom 22. März 2016 -
I [X.] -
LG [X.]

AG [X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 22.
März 2016
durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Büscher,
die Richter Prof. Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Prof. Dr.
Koch und Feddersen

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird
der
Beschluss der 6.
Zivilkammer des [X.] ([X.]) vom 27.
April 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung,
auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Beschwerdegericht
zurückverwie-sen.
[X.]: 1.383,60

Gründe:
[X.] Die Klägerin betreibt unter ihrer [X.]adresse eine Plattform für den Digitalvertrieb, auf der sie Künstler deren Musiktitel vertreiben lässt.
Der [X.] ist ein Sänger, der sich am 3.
Oktober 2010 als Nutzer im [X.]portal der Klägerin anmeldete.
Am 7.
Oktober 2011 stellte er die Auf-nahme des Musiktitels "[X.]: Aloha Heya He
2011"
in das [X.] ein. Am 31.
Januar 2013 fertigte die Klägerin eine sogenannte Kompilation, die diesen
Musiktitel enthielt. Nach Veröffentlichung der Kompilation ließ der [X.] am 13.
Mai 2013 die [X.] und die [X.] 1
2
-
3
-
als Betreiberin des [X.]portals "[X.]" wegen angeblicher rechtswidri-ger Verbreitung seines Musiktitels im Rahmen der von der Klägerin erstellten Kompilation abmahnen. Die Klägerin, die Vertriebspartnerin der beiden vom [X.]n abgemahnten Unternehmen ist,
beauftragte daraufhin einen Rechts-anwalt, die vom [X.]n mit seiner Abmahnung geltend gemachten [X.] zurückzuweisen.
Im
vorliegenden Rechtsstreit nimmt sie den [X.]n unter dem Gesichtspunkt eines
Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auf Ersatz der ihr dadurch entstandenen Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
Das von der Klägerin angerufene [X.] hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe nicht bewiesen, dass der [X.] die Rechtslage in fahrlässiger Weise verkannt und sich damit wegen
ei-nes Eingriffs in den eingerichteten Gewerbebetrieb der Klägerin [X.] gemacht habe.
Dem Urteil ist eine Rechtsmittelbelehrung beige-fügt. Danach ist die Berufung gegen das Urteil beim [X.] einzu-legen.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 8.
August 2014 zugestellte Urteil des Amtsgerichts
am
8.
September 2014 Berufung eingelegt, die sie an das [X.]
[X.] gerichtet und nach
entsprechender Fristverlängerung
am 10.
November 2014
begründet hat. Der Vorsitzende der
Berufungskammer des [X.] hat die Klägerin mit Schreiben vom 11.
Dezember 2014
darauf hingewiesen, dass es sich bei der Sache um eine [X.]s-streitsache
handele, für die nach §
6 der [X.] Landesverord-nung über die gerichtliche Zuständigkeit
in Zivilsachen und Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit vom 22.
November 1985 (GVBl.
1985, S.
267

[X.]
[X.]) im zweiten Rechtszug das [X.] zuständig sei. Die Prozessbevollmächtigten der Klägerin sind mit Schriftsatz vom 17.
Dezember 2014, der am selben Tag bei Gericht eingegangen ist, der An-3
4
-
4
-
sicht
entgegengetreten, es liege eine [X.] vor;
zugleich haben
sie hilfsweise die Verweisung des Rechtsstreits an das [X.] und weiter
hilfsweise Wiedereinsetzung in den vorigen Stand [X.]. Die Berufungskammer des
[X.]s
[X.] hat hierauf mit [X.] ihres Vorsitzenden
vom

richtig

29.
Dezember 2014 darauf hingewiesen, dass sie derzeit keine Erforderlichkeit
sehe, bereits jetzt vor dem [X.] einen mit einer Berufungseinlegung verbundenen Wiedereinset-zungsantrag zu stellen. Mit Beschluss vom 13.
Januar 2015 hat sich das Land-gericht [X.]
für funktionell unzuständig erklärt und
den Rechtsstreit an das [X.] verwiesen.
Dieses hat die Berufung der
Klägerin mit Beschluss als unzulässig verworfen und den Antrag der Klägerin auf Wieder-einsetzung in den vorigen Stand vom 17.
Dezember 2014 als unzulässig zu-rückgewiesen.
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin, mit der sie die Aufhebung des Beschlusses des [X.] und die Zurückver-weisung der Sache, hilfsweise unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Berufung und weiter hilfsweise auch unter Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung des Antrags auf Wiedereinsetzung wegen der versäumten Fristen
beantragt.
I[X.] Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Berufungsgericht ausge-führt:
Die für die Einlegung der Berufung einzuhaltende Monatsfrist sei durch die Einlegung des Rechtsmittels bei
dem für Berufungen in [X.] funktionell nicht zuständigen [X.] nicht gewahrt [X.]. Der Umstand, dass sich die Unzuständigkeit des [X.] erst
aus der besonderen Zuweisung der funktionellen Zuständigkeit in Urheber-5
6
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-
5
-
rechtsstreitsachen ergebe, erlaube keine Abweichung von dem Grundsatz, dass die Einlegung der Berufung beim unzuständigen Gericht nicht fristwahrend sei. Die der Klägerin erteilte falsche Rechtsmittelbelehrung sei unerheblich, weil es Sache des Prozessbevollmächtigten einer [X.] sei, die Voraussetzungen einer Berufung und die Zuständigkeit des dabei anzurufenden Gerichts zu prü-fen.
Der von der Klägerin gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand sei nicht zulässig, weil es an dem dafür erforderlichen fristgerecht gestellten Wiedereinsetzungsantrag gegenüber dem erkennenden Gericht feh-le. Mit dem Hinweis in dem Schreiben
vom 29.
Dezember 2014 habe die Beru-fungskammer des [X.] lediglich eine unverbindliche und vor-läufige Rechtsansicht geäußert, die angesichts ihres eindeutigen Hinweises in dem Schreiben ihres Vorsitzenden vom 11.
Dezember 2014 nicht geeignet ge-wesen sei, ein Vertrauen in die Fristwahrung der Berufungseinlegung beim [X.] Gericht zu schaffen.
II[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsbeschwerde
ist zuläs-sig (dazu unter III
1)
und hat auch
in
der Sache Erfolg. Das [X.]
hat im angefochtenen Beschluss zwar mit Recht angenommen, dass es sich bei der vorliegenden Sache um eine [X.] handelt (dazu
unter III
2).
Gleichwohl hat die Klägerin mit der Einlegung der [X.] gegen das Urteil des Amtsgerichts und seiner nachfolgenden Begrün-dung bei dem [X.] die Fristen
zur Einlegung und Begründung des Rechtsmittels gewahrt (dazu unter III
3).
1. Die nach §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, §
238 Abs.
2 Satz
1, §
522 Abs.
1 Satz
4 [X.] statthafte Rechtsbeschwerde ist nach
§
574 Abs.
2 Nr.
1
[X.]
zu-lässig, weil der
Sache aufgrund
der
nachfolgenden Ausführungen grundsätzli-che Bedeutung zukommt.
8
9
10
-
6
-
2. Bei der vorliegenden Sache handelt es sich um eine [X.]s-streitsache im Sinne von §
104 Satz
1 [X.], für die in der Berufungsinstanz nach §
105
Abs.
1 [X.] in Verbindung mit §
6 der [X.] [X.] vom 22.
November 1985 das [X.] [X.] zuständig ist.
a) Nach §
6 Abs.
1 der Verordnung werden die [X.]sstreitsa-chen für die
Bezirke mehrerer Amtsgerichte
dem [X.] für den Bezirk des Oberlandesgerichts [X.] und dem [X.] ([X.]) für den Bezirk des [X.] zugewiesen. §
6 Abs.
2 der Verordnung sieht vor, dass die [X.], für die das [X.] in erster Instanz oder in der Berufungsinstanz zuständig ist, dem [X.] ([X.]) für die Bezirke der Oberlandesgerichte [X.] und [X.] zugewiesen werden. Die Voraussetzungen der [X.] des [X.] ([X.]) nach §
6 Abs.
2 der [X.] sind im Streitfall erfüllt, weil es sich um eine Berufung gegen eine Ent-scheidung des Amtsgerichts [X.] in einer [X.] handelt.
b) [X.] sind nach der Legaldefinition des §
104 Satz
1 [X.] alle Rechtsstreitigkeiten, durch die ein Anspruch aus einem der im [X.]sgesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird. Zweck der Konzentration von [X.] auf den ordentlichen Rechtsweg (§
104 Satz
1 [X.]) und der Ermächtigung zur Konzentration sol-cher Streitsachen bei bestimmten Amtsgerichten (§
105 Abs.
2 [X.]) und [X.]en (§
105 Abs.
1 [X.])
ist die besondere Sachkunde des auf Urhe-berrechtsstreiten spezialisierten Gerichts ([X.], Beschluss vom 17.
Januar 2013
I
ZR
194/12, [X.], 757
Rn.
7 = W[X.] 2013, 811 mwN). Wegen dieses Zwecks
ist der Begriff der [X.] weit auszulegen ([X.], [X.], 757 Rn.
7; [X.], [X.], 4.
Aufl., §
104
[X.] Rn.
3; J.
B.
[X.] in [X.]/[X.], Urheber-11
12
13
-
7
-
recht, 11.
Aufl., §
104 [X.] Rn.
1; [X.] in Dreier/[X.], [X.], 5.
Aufl., §
104 Rn.
2).
Unter den Begriff fallen daher außer Streitigkeiten über Anspruchsgrundlagen
aus dem [X.]sgesetz, aus dem [X.]s-wahrnehmungsgesetz und aus dem Verlagsgesetz auch Streitigkeiten über Angelegenheiten
aus anderen Gesetzen oder Rechtsquellen, die unter An-wendung
der genannten drei Gesetze zu entscheiden sind, so dass urheber-rechtlichen Rechtsquellen
zumindest mittelbare Relevanz zukommt (vgl. [X.], [X.], 757 Rn.
8; [X.], Beschluss vom 4.
März 2004
I
ZR
50/03, [X.], 622 zum Begriff der Kennzeichenstreitsache in §
140 Abs.
1 [X.]; J.
B.
[X.] in [X.]/[X.] aaO §
104 [X.] Rn.
1 mwN).
c) Nach diesem Maßstab handelt es sich bei der vorliegenden Sache um eine [X.], auch wenn
die Klägerin den [X.]n unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Ge-werbebetrieb auf Ersatz der ihr entstandenen Rechtsanwaltskosten in Anspruch nimmt.
Die Klägerin hat im ersten Rechtszug und mit
der Berufungsbegründung geltend gemacht, dass für die Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen [X.] die Beauftragung der Klägerin mit der Auswertung der Aufnahme des [X.]n im Wege der digitalen Distribution und Verbreitung nach Nr.
1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen maßgeblich sei. Nach Nr.
3 Abs.
3 Satz
2 und Nr.
3 Abs.
4 Satz
1 dieser Allgemeinen Geschäftsbedingungen habe der [X.] der Klägerin zu diesem Zweck das ausschließliche und übertrag-bare Recht, seine Musikaufnahmen für
den
digitalen Download durch den [X.] [X.] in den digitalen Verkaufsplattformen anzubieten,
in den hierzu erforderlichen Datenbanken abzuspeichern und zum Abruf bereitzustel-len,
sowie das Recht übertragen, alle eingestellten Files
und Bundles, das heißt
alle vom Lizenzgeber angebotenen und eingestellten Musikaufnahmen in jeder 14
15
-
8
-
Art und Weise zu veröffentlichen oder mit anderen Projekten (z.B. Kompilation) zu kombinieren. Nach diesem Vortrag der Klägerin war die Klage begründet, weil die vom [X.]n ausgesprochenen Abmahnungen eine rechtswidrige Reaktion auf ein urheberrechtskonformes Verhalten der Klägerin darstellten und diese dadurch einen
Schaden erlitten hatte, den der [X.] unter dem Ge-sichtspunkt eines schuldhaften Eingriffs in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu ersetzen
hatte.
3.
Die von der Klägerin danach gegenüber dem [X.] einzuhaltenden Fristen zur Einlegung der Berufung (§
519 Abs.
1 [X.])
und zu deren Begründung (§
520 Abs.
3 Satz
1
[X.])
sind vorliegend durch die [X.] der Berufung und der Berufungsbegründung bei dem funktionell unzu-ständigen [X.] gewahrt.
a) In der Rechtsprechung (vgl. OLG [X.], [X.] 2001, 392, 393; LG München
I, [X.] 87 [1980], 338, 340; [X.] [X.], [X.] 2003, 168; [X.], Beschluss vom 5.
November 2008
2
S
3/08, [X.] 11, 52 = juris Rn.
32
ff.)
und
im
Schrifttum (vgl. [X.] in Dreier/[X.] aaO §
105 Rn.
7; [X.] aaO §
105 [X.] Rn.
7) wird die Ansicht vertreten, dass die [X.] bei einer aufgrund einer gesetzli-chen Ermächtigung wie der des §
105 Abs.
1 [X.] in einer (landesrechtlichen) Vorschrift bestimmten
Spezialzuständigkeit auch durch die rechtzeitige [X.] der Schriftsätze bei dem ohne diese Spezialzuständigkeit zuständigen Gericht eingehalten
werden. Dies wird damit begründet, dass es sich bei den nach §
105 [X.] zulässigen Konzentrationsregelungen nicht um gesetzliche Zuständigkeitsregelungen handelt, sondern -
wie bei der Konzentration von Kar-tellsachen
-
um eine
von den einzelnen Ländern unterschiedlich wahrgenom-mene Ermächtigung zur Konzentration. Es gehe zu weit, einer [X.] die [X.] einer speziellen Zuständigkeitsregelung anzulasten, die einer Ge-schäftsverteilung gleichkomme, und deshalb dürfe eine fristwahrende Verwei-16
17
-
9
-
sung nicht abgelehnt werden
([X.] aaO §
104 [X.] Rn.
7).
b) Eine solche
Sichtweise ist
in Fällen
gerechtfertigt, in denen
die gesetz-liche Regelung der Zuständigkeit für das Rechtsmittel nicht mit hinreichender Sicherheit erkennen lässt, ob über das Rechtsmittel
das allgemein zuständige Rechtsmittelgericht oder aber das Rechtsmittelgericht zu entscheiden hat, das nach einer Spezialregelung
zuständig ist, durch die die Zuständigkeit bei einem bestimmten Rechtsmittelgericht konzentriert worden ist (vgl. [X.], Urteil vom 30.
Mai 1978
KZR
12/77, [X.]Z 71, 367, 371
ff. zu §
92 Satz
2 GWB
aF).
Wenn dagegen die gesetzliche Regelung zur Zuständigkeit für das Rechtsmit-telverfahren
eindeutig ist, kann die Berufung fristwahrend nur bei
dem nach der Zuständigkeitskonzentration zuständigen Gericht eingereicht werden (vgl. [X.], Urteil vom 9.
Dezember 1999
III
ZR
73/99, [X.], 1574, 1576 zu
der [X.] Regelung, mit der die Berufungszuständigkeit in [X.] beim [X.] konzentriert worden ist; [X.]/[X.], [X.], 31.
Aufl., §
519 Rn.
7).
c) Die Regelung zur Zuständigkeit für die Entscheidung über das [X.] der Berufung in [X.]
ließ nicht hinreichend erken-nen, ob über das Rechtsmittel der von der Klägerin gegen das Urteil des [X.] eingelegten Berufung das [X.] oder -
was nach den Ausführungen zu vorstehend III
2 zutrifft
-
das [X.] zu [X.] hatte. Mit der Frage, ob eine [X.] vorliegt, kön-nen schwierige [X.] verbunden sein. Diese können dazu füh-ren, dass für die [X.]en die Beurteilung, bei welchem Gericht Berufung einzu-legen ist, zweifelhaft erscheinen kann. Eine [X.] kann sich deshalb in einem Fall, in dem die Zuständigkeit nach §
105 [X.] in Verbindung mit landesrechtli-chen Zuständigkeitsvorschriften in Rede steht, grundsätzlich darauf verlassen, dass die vom erstinstanzlichen Gericht erteilte Rechtsmittelbelehrung zutreffend 18
19
-
10
-
ist. Dementsprechend sind mit den von der Klägerin innerhalb der Frist zur [X.] des Rechtsmittels und innerhalb der
-
verlängerten
-
Frist zu dessen Be-gründung beim [X.] eingereichten Schriftsätzen diese Fristen nach dem Grundsatz der [X.], nach
dem für die [X.]en zwei-felsfrei erkennbar sein muss, welches Rechtsmittel für sie in Betracht kommt und unter welchen Voraussetzungen es zulässig ist (vgl. [X.] 108, 341, 349; [X.], Beschluss vom 19.
November 2015 -
I ZR
58/14, juris Rn.
3), als gewahrt anzusehen.
aa) Dabei ist
zu berücksichtigen, dass das [X.] bereits in der Verfügung vom 10.
Oktober 2013, mit der es nach Eingang der An-spruchsbegründung die Durchführung eines schriftlichen Vorverfahrens ange-ordnet hat, darauf hingewiesen hat, der geltend gemachte Schadensersatzan-spruch gemäß §§
823, 678 BGB sei keine [X.]sstreitigkeit im Sinne von §
104 [X.], sondern sei nur die mittelbare Folge einer derartigen Verlet-zung, so dass eine (örtliche) Zuständigkeit des Amtsgerichts [X.] nicht ge-geben erscheine. In Übereinstimmung damit hat das Amtsgericht in der Rechtsmittelbelehrung in seinem Urteil das [X.] als für die Ent-scheidung über eine Berufung zuständiges Rechtsmittelgericht bezeichnet.
bb) In dem der Klägerin am 15.
Dezember 2014 zugestellten Schreiben des Vorsitzenden der Berufungskammer des [X.] vom 11.
De-zember 2014 wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei der Sache um eine [X.] handelte, für die nach der einschlägigen landesrecht-lichen Regelung im zweiten Rechtszug das [X.] zuständig war; dieser Umstand sei bei der [X.] gemäß
Verfügung vom 5.
Dezember 2014 übersehen worden. Zugleich wurde in dem Schreiben vom 11.
Dezember 2014 bei der Klägerin angefragt, ob sie die Verweisung der Sa-che an das [X.] beantrage.
20
21
-
11
-
Nachdem die Klägerin mit am 17.
Dezember 2014 beim [X.] eingegangenem Schreiben vom selben Tag der Ansicht entgegenge-treten war, dass eine [X.] vorlag, und hilfsweise die [X.] des Rechtsstreits an das [X.] und weiter [X.] Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt hatte, hat die Berufungs-kammer des [X.] mit Schreiben ihres Vorsitzenden vom 29.
Dezember 2014 der Klägerin mitgeteilt, dass sie derzeit kein Erfordernis sehe, bereits jetzt vor dem [X.] einen mit einer [X.] verbundenen Wiedereinsetzungsantrag zu stellen. Mit Beschluss vom 13.
Januar 2015 hat das [X.] den Rechtsstreit an das [X.] verwiesen, wo die Akten am 20.
Januar 2015 einge-gangen sind.
cc) Unter den vorstehend dargestellten Umständen ließ die gesetzliche Regelung der [X.] im Streitfall nicht mit der gebotenen Klarheit erkennen, bei welchem Gericht die Klägerin Berufung einlegen müsste. Ursächlich hierfür sind der unrichtige Hinweis und die unzutreffende Rechtsmit-telbelehrung des erstinstanzlichen Gerichts und die Schwierigkeiten, die mit der Einordnung einer [X.] verbunden sein können. Diese vom Berufungsgericht der Klägerin angesonnene Verfahrensweise, nach dem Hinweis
des Vorsitzenden der Berufungskammer des [X.], beim [X.] ([X.]) Berufung einzulegen und Wiedereinset-zung zu beantragen, hätte zu zwei Berufungsverfahren geführt, von denen ei-nes unzulässig gewesen wäre. Für eine derartige Handhabung der [X.] zu Lasten der Klägerin bestand in Anbetracht der unrichtigen Rechtsmittelbelehrung des erstinstanzlichen Gerichts
nach dem bei der Einord-nung des Rechtsstreits als [X.] bestehenden Zweifelsfra-gen kein Anlass. Da die Einlegung und Begründung
der Berufung
beim Landge-richt [X.] die [X.] wahrte, kommt es nicht mehr darauf an, 22
23
-
12
-
dass andernfalls
der von der Klägerin vor dem [X.] am 17.
Dezember 2014 gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als fristwahrend und damit zulässig sowie als begründet
hätte angesehen wer-den müssen. Ein durch eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung hervorgerufener Rechtsirrtum einer anwaltlich vertretenen [X.] ist als nicht schuldhaft anzuse-hen, wenn die Rechtsmittelbelehrung nicht offenkundig fehlerhaft und der durch sie verursachte Irrtum nachvollziehbar
und verständlich ist ([X.], Beschluss vom 12.
Januar 2012

V
ZB
198/11
und 199/11, [X.], 2443 Rn.
11; [X.] vom 18.
Dezember 2013 -
XII
ZB
38/13, NJW-RR 2014, 517 Rn.
20, jeweils mwN).
Davon ist vorliegend auszugehen.
IV. Nach allem kann der
mit der Rechtsbeschwerde angefochtene [X.]
des [X.]s keinen Bestand haben; er
ist deshalb aufzuheben.
24
-
13
-
Da davon auszugehen ist, dass die Klägerin die Berufung rechtzeitig [X.] und begründet hat, wird das [X.] im Weiteren zu prüfen haben, ob dieses Rechtsmittel in der Sache Erfolg hat.

Büscher

Schaffert

Kirchhoff

Koch

Feddersen
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 06.08.2014 -
142 [X.] 2279/13 -

LG [X.], Entscheidung vom 27.04.2015 -
6 S 9/15 -

25

Meta

I ZB 44/15

22.03.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.03.2016, Az. I ZB 44/15 (REWIS RS 2016, 14063)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14063

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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