Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.09.2015, Az. V R 9/14

5. Senat | REWIS RS 2015, 4899

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Gegenstand

Anforderungen an den Vorsteuervergütungsantrag


Leitsatz

Die Ausschlussfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG wahrt nur, wer einen Antrag stellt, in dem er Angaben zu den entsprechend Art. 3 Buchst. a Satz 2 i.V.m. Anhang C Buchst. F der Richtlinie 79/1072/EWG geforderten Mindestinformationen (Art der Tätigkeit oder des Gewerbezweigs für die er die Leistungen bezogen hat) macht .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 21. März 2013  2 K 586/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) --eine GmbH nach [X.] Recht-- übt ihre wirtschaftliche Tätigkeit in [X.] aus.

2

Mit dem am 30. Juni 2008 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Bundeszentralamt für Steuern --BZSt--) eingegangenen "Antrag auf Vergütung der Umsatzsteuer" begehrte die Klägerin die Vergütung von [X.] in Höhe von 27.653,87 € im Rahmen des besonderen Vorsteuervergütungsverfahrens nach § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr (2007) geltenden Fassung (UStG) i.V.m. §§ 59 bis 61 der [X.] (UStDV) für den Vergütungszeitraum Juni bis Dezember 2007. Dabei reichte die Klägerin die zweite Seite des [X.], auf der sich auch die Unterschrift des Geschäftsführers der Klägerin sowie der Firmenstempel befand, in Kopie ein. Zudem enthielt das Antragsformular unter Ziffer 9 a ("Der Unternehmer erklärt, a) dass die aufgeführten Gegenstände und sonstigen Leistungen für seine Zwecke als Unternehmer verwendet worden sind anlässlich ...") keine Eintragung.

3

Mit Bescheid vom 6. Oktober 2008 lehnte das BZSt die beantragte Vergütung mit der Begründung ab, der Antrag sei wegen der fehlenden Originalunterschrift des Geschäftsführers der Klägerin unwirksam. [X.] oder Anträge mit einer einkopierten oder eingescannten Unterschrift könnten die Antragsfrist nicht wahren. Bis zum Ablauf der sechsmonatigen Antragsfrist habe die Klägerin keinen wirksamen Antrag gestellt.

4

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

5

Mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2014, 1052 veröffentlichten Urteil führte das Finanzgericht ([X.]) aus, der [X.] vom 30. Juni 2008 sei unwirksam, weil sowohl der innerhalb der Antragsfrist eingereichte [X.] als auch der während des [X.] erneut gestellte Antrag keine Eintragung in Ziffer 9 a des [X.] enthalte. Ein [X.] sei unwirksam, wenn er nicht alle entscheidungserheblichen Angaben des amtlichen Musters enthalte. Die Erklärung in Ziffer 9 a des [X.] erschöpfe sich nicht --wie im Streitfall geschehen-- in der bloßen Unterzeichnung dieses Abschnitts. Das Vordruckfeld erfordere eine inhaltliche Ergänzung, die über die allgemeine Angabe, die Leistungen für unternehmerische Zwecke verwenden zu wollen, hinausgehe. Solche Angaben könnten nur innerhalb der Antragsfrist nachgeholt oder ergänzt werden. Dies stehe im Einklang mit dem Unionsrecht.

6

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.

7

Weder aus nationalem Recht noch aus Art. 3 der --im Streitzeitraum [X.] [X.] zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern --Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige [X.] (Richtlinie 79/1072/[X.]) ergäbe sich, dass ein unvollständiger [X.] nach Ablauf der Antragsfrist nicht mehr ergänzt werden könne. Zudem sei es dem [X.] nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 79/1072/[X.] verwehrt, nach Ablauf der dort geregelten Frist, Ablehnungsgründe nachzuschieben, insbesondere bei der Klageabweisung von anderen Gründen als das BZSt auszugehen.

8

Die Klägerin beantragt,
den Ablehnungsbescheid über die Vergütung von Vorsteuern für den Zeitraum Juli bis Dezember 2007 vom 6. Oktober 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Januar 2010 sowie das Urteil des [X.] Köln vom 21. März 2013  2 K 586/10 aufzuheben und eine Vergütung in Höhe von 27.653,87 € für diesen Vergütungszeitraum festzusetzen,
hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und den [X.] ([X.]) nach Art. 267 Abs. 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]) mit folgender Frage anzurufen: "Ist Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 79/1072/[X.] [...] unter Berücksichtigung des Neutralitätsprinzips und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dahingehend auszulegen, dass ein [X.], der fristgerecht bis zum 30. Juni des Folgejahres bei der zuständigen Behörde eingegangen ist und dem lediglich die Angabe im Feld 9a fehlte, zwingend unwirksam ist?"

9

Das BZSt beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Es stützt seine Ausführungen u.a. auf die Gründe der Vorentscheidung sowie die Rechtsprechung des Senats. Indem Art. 3 Satz 1 der Richtlinie 79/1072/[X.] auf das in Anhang A aufgeführte Muster verweise, bestimme diese Vorschrift den Inhalt des abzugebenden Antrags. Im Übrigen sei die Ablehnung des [X.]s auch deshalb gerechtfertigt, weil dieser keine Originalunterschrift enthalte.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der [X.]inanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin den [X.] nicht innerhalb der Antragsfrist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG in der erforderlichen [X.]orm gestellt hat. Daran fehlt es, weil die Klägerin den Antrag ohne die nach Ziffer 9 a des amtlichen Antragsformulars erforderlichen Angaben eingereicht hat.

1. Die Geltendmachung des Vorsteuerabzugs im [X.] setzt einen ordnungsgemäß und fristgerecht gestellten Antrag voraus.

a) Nach § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG kann zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens das [X.] mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung die Vergütung der Vorsteuerbeträge (§ 15 UStG) an im Ausland ansässige Unternehmer, abweichend von § 16 UStG und von § 18 Abs. 1 bis 4 UStG, in einem besonderen Verfahren regeln. Der [X.] ist gemäß § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist. Nach § 61 Abs. 1 UStDV hat der Unternehmer die Vergütung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck bei dem BZSt zu beantragen.

b) Aus der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) ergibt sich, dass der Unternehmer zur Wahrung der Ausschlussfrist des § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG einen Antrag stellen muss, in dem er Angaben zu den entsprechend Art. 3 Buchst. a Satz 2 i.V.m. Anhang [X.]. [X.] der Richtlinie 79/1072/[X.] geforderten [X.] (Art der Tätigkeit oder des Gewerbezweigs für die er die Leistungen bezogen hat) macht (vgl. Urteil vom 19. November 2014 V R 39/13, [X.]E 248, 399, [X.], 352, Rz 13, m.w.[X.]). Der [X.] hat bereits entschieden, dass Anträge und Erklärungen, die nach einem amtlichen Muster abzugeben sind, in allen Einzelheiten dem amtlichen Muster entsprechen müssen, wenn amtliche Vordrucke nicht verwendet werden. [X.]ehlen dem nicht amtlichen Vordruck Angaben, die der amtliche Vordruck vorsieht und erklärt sich der Antragsteller daher innerhalb der Antragsfrist nicht zu solchen Angaben, ist der Antrag abzulehnen ([X.]-Urteil vom 21. Oktober 1999 V R 76/98, [X.]E 190, 239, [X.], 214, unter [X.], Rz 17, m.w.[X.]). Daraus leitet die Rechtsprechung des [X.] (Beschlüsse vom 14. Dezember 2012 V B 19/12, [X.]/NV 2013, 602, Rz 7 f.; vom 14. Dezember 2012 V B 20/12, [X.]/NV 2013, 996, Rz 7 f., und vom 19. Dezember 2012 XI B 111/11, [X.]/NV 2013, 785, Rz 11 bis 13, zu Ziffer 9 b des Antrags; vgl. auch [X.]-Beschluss vom 9. Januar 2014 XI B 11/13, [X.]/NV 2014, 915, Rz 9 f.) ab, dass ein vollständiger Antrag auch die Angabe in Ziffer 9 a des [X.] erfordert. Diese Angabe zur Leistungsverwendung ist zur Beurteilung erforderlich, ob der beantragte Vergütungsanspruch besteht.

c) Nach diesen Maßstäben ist der gestellte [X.] im Streitfall abzulehnen, weil die Angabe in Ziffer 9 a des amtlichen Vordrucks --wie vom [X.] bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 [X.]O)-- fehlt. Der Grund für die Unvollständigkeit ist unbeachtlich.

Im Streitfall kann auch nicht aus anderen Unterlagen --hier: "Anlage zum Antrag auf Vergütung der Umsatzsteuer"-- auf die Verwendung der Eingangsleistung geschlossen werden, die durch die Angaben in Ziffer 9 a des Vordrucks aufgeklärt werden soll. Auf der Grundlage der [X.]eststellungen des [X.] ist zudem nicht davon auszugehen, dass sich auf den Eingangsrechnungen, die dem Vorsteuerabzug zugrunde liegen und dem gestellten Antrag nach § 18 Abs. 9 Satz 4 UStG im Original beizufügen sind (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 248, 399, [X.], 352, Rz 13, m.w.[X.]), Vermerke der Klägerin befinden, die den Zweck der Leistungsbezüge erläutern.

2. Die Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch.

a) Die Anforderungen an den [X.] ergeben sich für den Vergütungszeitraum zweifelsfrei aus Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 79/1072/[X.]. Danach hat der Steuerpflichtige den Antrag bei der zuständigen Behörde nach dem in Anhang A der Richtlinie 79/1072/[X.] aufgeführten Muster zu stellen. Das in Anhang A aufgeführte Muster erfordert dieselbe Angabe wie Ziffer 9 a des nationalen [X.]. Damit hat der Unternehmer auch unionsrechtlich die Pflicht, Angaben darüber zu machen, anlässlich welchen Ereignisses die [X.] für Zwecke seines Unternehmens verwendet worden sind (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]/NV 2014, 915, Rz 10, m.w.[X.]).

Bestätigt wird dies durch Art. 3 Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 79/1072/[X.], wonach die Mitgliedstaaten den Antragstellern eine Erläuterung zur Verfügung stellen, die auf jeden [X.]all die [X.] laut Anhang [X.] der Richtlinie 79/1072/[X.] enthalten muss. Nach Anhang [X.]. [X.] der Richtlinie 79/1072/[X.] hat der Antragsteller "unter Ziffer 9 a des [X.]ormulars die Art der Tätigkeit oder des [X.] anzugeben, für die er die Güter erworben bzw. die sonstigen Leistungen erbracht hat, auf die sich der Antrag auf Steuervergütung bezieht (z.B. Beteiligung an der internationalen Ausstellung von ... in ... vom ... bis zum ..., Stand Nr., oder grenzüberschreitende Güterbeförderung von ... nach ... am ...)". Damit ist --wie sich aus der [X.] Sprachfassung ergibt (the applicant shall describe the nature of the activities for which he has acquired the goods or received the services referred to in the application for refund of the tax)-- die Beschreibung der Leistungsverwendung erforderlich. Nicht ausreichend ist danach die Angabe der unternehmerischen Tätigkeit des Antragstellers --hier: [X.] im Allgemeinen. Als Mindestanforderung sind vielmehr Ausführungen erforderlich, in welchem Zusammenhang die Eingangsleistung zur wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen stehen (vgl. z.B. [X.]-Beschluss in [X.]/NV 2013, 602, Rz 8 f.). Nur durch eine solche Angabe wird die Behörde in die Lage versetzt, über den beantragten Vergütungsanspruch inhaltlich entscheiden zu können.

[X.]ür den erkennenden [X.] bestehen keine Zweifel an der zutreffenden Auslegung des Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 79/1072/[X.]. Daher bedarf es nicht der Entscheidung des [X.], ob Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 79/1072/[X.] dahingehend auszulegen ist, dass ein unvollständiger --innerhalb der [X.] bei der Behörde eingegangener Antrag auf Vorsteuervergütung unwirksam ist. Der [X.] kann zudem offenlassen, ob --wie die Klägerin vorträgt-- vor dem Hintergrund von Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 79/1072/[X.] Ergänzungen oder Erläuterungen bestimmter Angaben auch noch nach Ablauf der Ausschlussfrist zulässig sind. [X.]ehlen --wie im [X.] Angaben insgesamt, können diese auch nicht ergänzt oder erläutert werden.

b) Ein Verstoß gegen die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Effektivität liegt nicht vor.

aa) Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dürfen Maßnahmen nicht über das zur Erreichung ihres Zieles Erforderliche hinausgehen (vgl. z.B. [X.]-Urteil Molenheide vom 18. Dezember 1997 [X.]-286/94, [X.]:[X.]:1997:623, Rz 48; [X.]-Urteil vom 22. Juli 2010 V R 36/08, [X.]/NV 2011, 316). Der vollständig ausgefüllte Antrag soll die Behörde in die Lage versetzen, die Voraussetzungen für die Steuervergütung zeitnah (vgl. dazu Art. 7 Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 79/1072/[X.]) überprüfen zu können. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Pflicht, Angaben in Ziffer 9 a des amtlichen Vordrucks zu machen, mit der eine Zuordnung der Eingangsleistung zu einer bestimmten Tätigkeit des Steuerpflichtigen (Leistungsverwendung) ermöglicht wird, geeignet, erforderlich und zweckmäßig.

bb) Auch der Grundsatz der Effektivität steht einer Auslegung des Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 79/1072/[X.] dahingehend, dass der Antrag vollständig sein muss, nicht entgegen. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit hat der [X.] im Urteil [X.] vom 21. Juni 2012 [X.]-294/11 ([X.]:[X.]:2012:382, Rz 26 und Rz 29, jeweils m.w.[X.]) entschieden, ein nach Ablauf der sechsmonatigen Ausschlussfrist gestellter Antrag sei unzulässig. Im Urteil [X.] vom 3. Dezember 2009 [X.]-433/08 ([X.]:[X.]:2009:750) geht er zudem davon aus, dass die Mitgliedstaaten den Steuerpflichtigen keine über Art. 3 oder 4 der Richtlinie 79/1072/[X.] hinausgehenden Pflichten auferlegen dürfen. Die nationalen Regelungen stehen mit den unionsrechtlichen Regelungen im Einklang mit der [X.]olge, dass die Ausübung der Unionsrechte weder praktisch unmöglich gemacht noch übermäßigt erschwert werden (vgl. z.B. [X.]-Urteil [X.] vom 7. Januar 2004 [X.]-201/02, [X.]:[X.]:2004:12, Rz 67).

c) Dem [X.] ist es nicht verwehrt, die Ablehnung des [X.]s abweichend von den Ablehnungsgründen des BZSt zu begründen. Gegenteiliges ergibt sich nicht aus Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 79/1072/[X.].

aa) Die für den Vergütungszeitraum beantragte Steuervergütung (§§ 37, 43 der Abgabenordnung --AO--) ist nach § 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 AO durch ([X.] festzusetzen. Die antragsgemäße [X.]estsetzung der Steuervergütung oder deren Ablehnung geschieht durch einen gebundenen Verwaltungsakt. [X.]ür die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines solchen Verwaltungsaktes kommt es --sowohl bei der Anfechtungs- als auch bei der [X.] auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der finanzgerichtlichen Entscheidung an (z.B. [X.]-Urteil vom 16. April 2013 VII R 44/12, [X.]E 241, 291, [X.], 778, Rz 9). Zu überprüfen ist nach § 100 Abs. 1 oder § 101 Satz 1 [X.]O die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes, nicht hingegen seine Begründung. Deshalb kann das [X.] bei der Rechtmäßigkeitskontrolle andere Gründe heranziehen als die Behörde dem Bescheid zu Grunde gelegt hat.

bb) Dem steht Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 79/1072/[X.] nicht entgegen. Nach Art. 7 Abs. 4 Unterabs. 2 Satz 1 der Richtlinie 79/1072/[X.] sind [X.] zu begründen. Diese Bestimmung lässt keine Ausschlussfrist zur Begründung der Ablehnung eines [X.]s erkennen. [X.] ergibt sich auch nicht aus den von der Klägerin angeführten [X.]-Urteilen Kommission/[X.] vom 3. Juni 1992 [X.]-287/91 ([X.]:[X.]:1992:242) und Kommission/[X.] vom 14. Dezember 1995 [X.]-16/95 ([X.]:[X.]:1995:459), die jeweils zu Art. 7 Abs. 4 Unterabs. 1 der Richtlinie 79/1072/[X.] ergangen sind.

d) Das BZSt war auch nicht unter [X.] gehalten, die Klägerin auf die Unvollständigkeit des Antrags hinzuweisen. Denn die Klägerin hatte den [X.] für den Streitzeitraum erst am 30. Juni 2008 und damit am letzten Tag der sechsmonatigen [X.]rist gestellt. In einem solchen [X.]all kann von der Behörde nicht erwartet werden, noch innerhalb der Antragsfrist auf die Unvollständigkeit des Antrags hinzuweisen ([X.]-Urteil vom 18. Januar 2007 V R 23/05, [X.]E 217, 32, [X.], 430, unter II.5.).

3. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

a) Es liegt kein Verstoß gegen [X.] (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes --GG--) im Hinblick darauf vor, dass das [X.] die Rechtssache nicht dem [X.] zur Vorabentscheidung vorgelegt hat. Nach Art. 267 A[X.]V ist ein [X.] nicht zur Anrufung des [X.] verpflichtet, weil seine Entscheidung noch angefochten werden kann (vgl. z.B. [X.]-Beschluss vom 14. März 2002 V B 119/01, [X.]/NV 2002, 1038, unter [X.] aa). Nur letztinstanzlich entscheidende nationale Gerichte sind zur Vorlage an den [X.] als [X.] i.S. von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verpflichtet, wenn es um die Auslegung von Unionsrecht geht (Beschluss des [X.] vom 9. Januar 2001  1 BvR 1036/99, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 1267, 1268, unter [X.]). Diese Auffassung wird vom [X.] sogar für den [X.]all geteilt, dass eine Zulassung des Rechtsmittels durch ein oberstes Gericht erforderlich ist ([X.]-Urteil [X.] vom 4. Juni 2002 [X.]-99/00, [X.]:[X.]:2002:329, Rz 16 f.).

b) Das [X.] hat bei seiner Entscheidung auch nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens unberücksichtigt gelassen und damit nicht gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.]O verstoßen. Danach entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Nach dieser Vorschrift hat das [X.] seiner Entscheidung den gesamten konkretisierten Prozessstoff zugrunde zu legen, insbesondere ist es verpflichtet, den Inhalt der vorliegenden Akten vollständig und einwandfrei zu berücksichtigen (z.B. [X.]-Urteil vom 13. [X.]ebruar 2014 V R 5/13, [X.]E 245, 92, Rz 24). Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang darlegt, das [X.] habe die --vermeintliche-- Begründungsfrist des Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 79/1072/[X.] und die Angabe der Klägerin, Arzneimittelforschung zu betreiben, unberücksichtigt gelassen sowie die [X.]rage der Ansässigkeit der Klägerin unzutreffend gewürdigt, rügt sie im [X.] einen materiell-rechtlichen [X.]ehler der Vorentscheidung. Mit einer vermeintlich fehlerhaften Würdigung des [X.] kann ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 [X.]O jedoch nicht begründet werden (z.B. [X.]-Beschluss vom 26. Mai 2010 V B 70/09, [X.]/NV 2010, 1837). Darüber hinaus stützte das [X.] seine Entscheidung nicht darauf, dass die Klägerin im [X.] ansässig sei, sondern zog die Regelungen zu [X.]en lediglich zur Stützung seiner Auslegung heran.

4. Nachdem der [X.] bereits wegen seiner Unvollständigkeit abzulehnen war, braucht der [X.] weder auf die Auswirkung der fehlenden Originalunterschrift im Antrag vom 30. Juni 2008 noch auf etwaige Auswirkungen des Nachreichens der zweiten Seite des [X.]s im Original --mit Originalunterschrift des Geschäftsführers der [X.] während des Einspruchsverfahrens einzugehen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V R 9/14

24.09.2015

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend FG Köln, 21. März 2013, Az: 2 K 586/10, Urteil

§ 96 Abs 1 S 1 FGO, § 100 Abs 1 FGO, § 101 S 1 FGO, § 118 Abs 2 FGO, § 135 Abs 2 FGO, § 37 AO, § 43 AO, § 155 Abs 1 S 1 AO, § 155 Abs 4 AO, § 15 UStG 2005, § 16 UStG 2005, § 18 Abs 1 UStG 2005, § 18 Abs 9 S 1 UStG 2005, § 18 Abs 9 S 3 UStG 2005, § 18 Abs 9 S 4 UStG 2005, § 59 UStDV 2005, § 61 Abs 1 UStDV 2005, Art 3 Buchst a EWGRL 1072/79, Art 7 Abs 4 EWGRL 1072/79, UStG VZ 2007

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 24.09.2015, Az. V R 9/14 (REWIS RS 2015, 4899)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4899

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