Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.05.2011, Az. V ZR 166/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6687

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V ZR
166/10
Verkündet am:

13. Mai 2011

Weschenfelder

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
WEG § 12
Haben die Wohnungseigentümer die Entscheidung über die an sich von dem [X.] zu erteilende Zustimmung zur Veräußerung von Wohnungseigentum an sich [X.] und beschlossen, sie zu verweigern, sind sie und nicht der Verwalter für die Klage auf Erteilung der Zustimmung passivlegitimiert. Das gilt auch dann, wenn die Wohnungseigentümer ihre Entscheidung in der Form einer Anweisung an den [X.] getroffen haben, die Zustimmung zu verweigern.

[X.], Urteil vom 13. Mai 2011 -
V [X.] -
LG Berlin

[X.]

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Der V.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2011 durch [X.] [X.], [X.] und [X.] und die Richterinnen Dr.
Brückner und [X.]
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 9. Juni 2010 wird auf Kosten der Klägerin zu-rückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Klägerin gehört eine Eigentumswohnung in einer Wohnanlage, nach deren Gemeinschaftsordnung die Veräußerung von Wohnungseigentum, abge-sehen von hier nicht einschlägigen Ausnahmen, der Zustimmung durch den Verwalter bedarf, welche die Wohnungseigentümer durch einen Beschluss mit einfacher Mehrheit ersetzen können. Mit Vertrag vom 19. Januar 2009 verkauf-te die Klägerin ihre Eigentumswohnung an ihren Prozessbevollmächtigten II.
Instanz. Die seinerzeitige Verwalterin teilte der Klägerin mit Schreiben vom 30. Januar 2009 mit, es gebe Unstimmigkeiten wegen der Erteilung der Zu-stimmung. Deshalb solle die Angelegenheit in der nächsten Versammlung den Wohnungseigentümern zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Auf der
Ver-sammlung am 19.
Februar 2009 beschlossen die Wohnungseigentümer, die Zustimmung zu verweigern. Da die bisherige Verwalterin dem Beschluss nicht 1
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entsprechen wollte, ersetzten sie diese
durch den Beklagten, der die Zustim-mung nicht erteilte. Die Klägerin nimmt ihn auf Erteilung der Zustimmung in [X.]. Dieser hält die übrigen Wohnungseigentümer für passivlegitimiert und macht geltend, es lägen wichtige Gründe für die Verweigerung der Zustimmung
vor.
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat sie abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision will die Klägerin weiterhin die Ver-pflichtung des Beklagten zur
Erteilung
der Zustimmung zu dem Verkauf ihrer Wohnung erreichen. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hält die Klage mangels Passivlegitimation des [X.] für unbegründet. Auf Zustimmung sei im vorliegenden Fall nicht der [X.] als Verwalter der Anlage zu verklagen, sondern die übrigen Wohnungs-eigentümer. Zwar sei die Erteilung der Zustimmung zum Verkauf einer Eigen-tumswohnung nach der Teilungserklärung grundsätzlich Sache des Verwalters. Hier hätten die Wohnungseigentümer aber von ihrem Recht Gebrauch ge-macht, die Angelegenheit an sich zu ziehen. Dann aber müsse der an dem [X.] seiner Wohnung interessierte Wohnungseigentümer die übrigen [X.] und nicht die Verwaltung in Anspruch nehmen.

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II.
Diese Erwägung trifft zu.
1. Dem Eigentümer einer Eigentumswohnung steht nach § 12 Abs. 2 WEG ein Anspruch auf Erteilung der in der Teilungserklärung vorgesehenen Zustimmung zur Veräußerung von Wohnungseigentum zu, wenn ein wichtiger Grund, der die Verweigerung der Zustimmung rechtfertigt, nicht vorliegt ([X.], NJW-RR 1993, 279, 280; [X.] in [X.], WEG, 11. Aufl., §
12 Rn.
41).
2. Schuldner dieses Anspruchs ist derjenige, von dessen Zustimmung die Veräußerung der Eigentumswohnung
nach der Teilungserklärung abhängt. Das ist der Verwalter, wenn die Teilungserklärung die Veräußerung von seiner Zustimmung abhängig macht. Etwas anderes gilt aber dann, wenn der [X.] -
wie hier
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die Zustimmung auf Grund eines entsprechenden Beschlusses der Wohnungseigentümer verweigert oder nicht erteilt. Dann richtet sich der Anspruch gegen die übrigen Wohnungseigentümer, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat.
a) Die Frage, ob in dieser Konstellation der Verwalter oder die übrigen Wohnungseigentümer auf Erteilung der Zustimmung in Anspruch zu nehmen sind, ist bislang in einem entscheidenden Punkt nicht geklärt. Einigkeit besteht einerseits darüber, dass der Verwalter seine Passivlegitimation nicht allein [X.] verliert, weil er bei der Verweigerung der Zustimmung einer Weisung der Wohnungseigentümer folgt ([X.] in [X.], WEG, 10. Aufl., § 12 Rn. 47; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 12 Rn.
62). Im Wesentlichen unumstritten ist andererseits, dass die Wohnungseigentümer m-4
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Köln, [X.], 54, 55; [X.], NJW-RR 1994, 1103 [in casu aber wegen [X.] verneint]; [X.] in [X.], aaO, § 12 Rn. 42 [X.]; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 12 Rn. 62, [X.]/[X.], WEG, 3. Aufl., § 12 Rn. 152 [X.]; [X.] in [X.] [2002] S. 161, 168). Wann der eine und wann der andere Fall anzu-nehmen ist, wird einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls überlassen. Kriterien, anhand derer die Würdigung vorzunehmen ist, fehlen.
b) Diese Unterscheidung überzeugt den Senat nicht. Der Verwalter ist für eine Klage auf Erteilung der Zustimmung zum Verkauf von Wohnungseigentum nur passivlegitimiert, solange die Wohnungseigentümer die Zustimmung nicht verweigert oder Vorgaben für ihre Erteilung getroffen haben. Ist das geschehen, sind die Wohnungseigentümer selbst passivlegitimiert.
aa) Auszugehen ist davon, dass eine Regelung der Teilungserklärung, welche die Veräußerung von Wohnungseigentum von der Zustimmung des Verwalters abhängig macht, dem Verwalter in aller Regel keine originäre eigene Kompetenz verschafft, die nur er allein wahrnehmen könnte. Der Verwalter wird bei der Entscheidung über die Zustimmung zur Veräußerung vielmehr als Treu-händer und mittelbarer Stellvertreter der Wohnungseigentümer tätig ([X.], Ur-teil vom 26. September 1990 -
IV
ZR 226/89, [X.]Z 112, 240, 242; OLG Zwei-brücken, NJW-RR 1987, 269; [X.], [X.] 1984, 162, 163; [X.]/
Hogenschurz, WEG, §
12 Rn. 23). Diese sind zwar auch auf Vorlage durch den Verwalter oder den betroffenen Wohnungseigentümer nicht verpflichtet, sich mit der Zustimmung zur Veräußerung zu befassen ([X.], NJW-RR 1994, 1103). Sie können sich aber, anders als die Klägerin meint, jederzeit -
auch ohne Vorlage des Verwalters oder des betroffenen Wohnungseigentü-8
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mers
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mit der Zustimmung zur Veräußerung befassen und die Entscheidung darüber an sich ziehen und selbst treffen (BayObLG, [X.] 1980, 29, 35; [X.], [X.], 953, 954; [X.], [X.] 1984, 162, 163; [X.], NJW-RR 1987, 269; [X.] in [X.], aaO, §
12 Rn. 25; Bub, [X.], 502, 503). Etwas anderes gilt nur, wenn die Teilungserklärung aus-nahmsweise dem Verwalter die Erteilung der Zustimmung eindeutig als eigenes -
nur von ihm wahrnehmbares Recht
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zuweist ([X.]/Pick, WEG, 19. Aufl., §
12 Rn.
8; Bub, [X.], 502, 503). Dieser Fall liegt hier nicht vor. Nach der Teilungserklärung haben die Wohnungseigentümer die Möglichkeit, die Zu-stimmung zu erteilen, auch wenn sie der Verwalter verweigern möchte. Diese Möglichkeit schließt die Annahme einer eigenständigen,
nicht rückholbaren Zu-stimmungskompetenz des Verwalters aus.
bb) Eine inhaltliche Befassung der Wohnungseigentümer mit der Frage der Erteilung der Zustimmung schließt zwar eine eigenständige Mitwirkung des Verwalters nicht in jedem Fall aus. Sie wäre etwa dann möglich, wenn die Wohnungseigentümer nur einige Vorgaben beschließen, dem Verwalter aber im Übrigen freie Hand lassen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Dezember 1995 -
V
ZB 4/94, [X.]Z 131, 346, 352 für Zustimmung zu baulichen Veränderun-gen). Etwas anderes gilt aber, wenn die Wohnungseigentümer als Ergebnis ihrer
Befassung mit der Angelegenheit eine Entscheidung treffen und beschlie-ßen, die Zustimmung zu verweigern. Mit dieser Entscheidung durch die [X.] selbst verliert der Verwalter sein Recht, als deren Treuhänder und Stellvertreter über die Zustimmung zu entscheiden. Er ist dann nur noch Vollzugsorgan und hat die Entscheidung der Wohnungseigentümer ohne eige-nen Entscheidungs-
oder Gestaltungsspielraum umzusetzen. Dabei macht es keinen Unterschied, in welcher Form die Wohnungseigentümer ihre Entschei-10
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dung treffen: ob sie den Verwalter anweisen, die Zustimmung zu verweigern, ob sie selbst die Verweigerung beschließen oder ob sie auch beschließen, die [X.] selbst dem betroffenen Wohnungseigentümer bekanntzugeben. [X.] ist, ob die Wohnungseigentümer das Ergebnis -
die Verweigerung der Zustimmung
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vorgegeben haben. Ist das der Fall, sind in Wirklichkeit wie-der sie selbst Träger der Zustimmungskompetenz, nicht mehr der Verwalter. Als Folge der Rückholung ihrer auf den Verwalter nur delegierten Entscheidungs-kompetenz sind jetzt die Wohnungseigentümer selbst Schuldner des Zustim-mungsanspruchs des betroffenen Wohnungseigentümers, wenn ein wichtiger Grund zur
Verweigerung der Zustimmung nicht bestehen sollte. Der Verwalter könnte die Zustimmung nach einer solchen Entscheidung der Wohnungseigen-tümer selbst dann nicht mehr erteilen, wenn er die Entscheidung der [X.] für falsch hält oder wenn diese falsch ist, weil entgegen der Annahme der Wohnungseigentümer ein wichtiger Grund zur
Verweigerung der Zustimmung nicht vorliegt. Das schließt seine Passivlegitimation aus.
cc) Hier hat die seinerzeitige Verwalterin der Klägerin auf ihre Bitte um Zustimmung mitgeteilt, sie werde wegen interner Unstimmigkeiten die Angele-genheit auf der nächsten Versammlung den Wohnungseigentümern vorlegen. Anders als in dem von der Klägerin herangezogenen Fall des [X.] (NJW-RR 1994, 1103) haben es die Wohnungseigentümer auch nicht ab-gelehnt, sich mit der Frage zu befassen. Sie haben die Frage vielmehr behan-delt und beschlossen, die Zustimmung zu verweigern. Damit haben sie die [X.] an sich gezogen und der Verwalterin die Entscheidungskompetenz entzogen. Dies wird hier dadurch besonders deutlich, dass die Wohnungseigen-tümer die frühere Verwalterin, die dennoch die Zustimmung erteilen wollte, ab-berufen und durch den Beklagten ersetzt haben. Hierüber hatte die ersetzte 11
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Verwalterin die Klägerin vorher informiert. Daran ändert es entgegen der [X.] der Klägerin nichts, dass die Wohnungseigentümer auf ihrer Versammlung vom 26.
Juni 2009 beschlossen haben, den Beklagten von den Prozesskosten freizustellen. Die Wohnungseigentümer sind dabei nämlich davon ausgegan-gen, dass sich der Beklagte nicht über ihren Beschluss hinwegsetzen dürfe.

III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Krüger
[X.]t-Räntsch
Roth

Brückner
[X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.01.2010 -
77 C 116/09 WEG -

LG Berlin, Entscheidung vom 09.06.2010 -
85 S 60/10 WEG -

12

Meta

V ZR 166/10

13.05.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.05.2011, Az. V ZR 166/10 (REWIS RS 2011, 6687)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6687

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I-3 Wx 381/01 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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V ZR 166/10

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