Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.10.2016, Az. XII ZB 464/15

12. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 4481

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Gegenstand

Vergütung des berufsmäßigen Verfahrensbeistands: Geltung der Ausschlussfrist von 15 Monaten für die Abrechnung der Vergütung


Leitsatz

Auf den Vergütungsanspruch des berufsmäßigen Verfahrensbeistands in einer Kindschaftssache findet die Ausschlussfrist von 15 Monaten nach § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB entsprechende Anwendung.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des 6. [X.] des [X.] vom 14. August 2015 aufgehoben.

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des [X.] vom 8. Juli 2015 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.

[X.]: 550 €

Gründe

I.

1

Die Rechtsbeschwerde betrifft die Frage, ob für einen Verfahrensbeistand, der das Amt berufsmäßig führt, bei der Abrechnung seiner Vergütung eine Ausschlussfrist von 15 Monaten gilt.

2

Der Beteiligte zu 1 wurde in einem Umgangsrechtsverfahren zum Verfahrensbeistand bestellt. Ihm wurde der erweiterte Aufgabenkreis gemäß § 158 Abs. 4 Satz 3 FamFG übertragen und festgestellt, dass er das Amt berufsmäßig ausübt. In der Folgezeit nahm er seine Tätigkeit auf. Gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 6. März 2013, der dem Beteiligten zu 1 am 13. März 2013 zugegangen ist, hat der Vater Beschwerde eingelegt, die der Beteiligte zu 1 am 28. April 2013 erhalten hat. Durch Beschluss vom 19. Juni 2013 hat das [X.] die Beschwerde des [X.] ohne erneute mündliche Verhandlung zurückgewiesen. Diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 1 am 26. Juni 2013 erhalten.

3

Mit zwei vom 27. Februar 2015 datierenden Schreiben hat der Beteiligte zu 1 die Festsetzung seiner Vergütung für beide Instanzen in Höhe von jeweils 550 Euro beantragt. Durch Beschluss vom 8. Juli 2015 hat das Amtsgericht die beiden Anträge zurückgewiesen.

4

Auf die hiergegen von dem Beteiligten zu 1 eingelegte Beschwerde hat das [X.] den amtsgerichtlichen Beschluss teilweise abgeändert und eine Vergütung nur für die 2. Instanz in Höhe von 550 € festgesetzt. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Staatskasse.

II.

5

Die gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und zur Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

6

1. Das [X.] hat seine in [X.] 2016, 78 veröffentlichte Entscheidung wie folgt begründet:

7

Der Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers für die zweite Instanz sei nicht infolge des Ablaufs der 15-monatigen Ausschlussfrist gemäß § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB erloschen und der Staatskasse stehe auch kein Leistungsverweigerungsrecht wegen Verjährung des Anspruchs - wie bezüglich des Anspruchs für die erste Instanz - zu. Über § 168 Abs. 1 FamFG, auf den § 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG Bezug nehme, finde kein Verweis auf die in § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB enthaltene Ausschlussfrist statt. § 168 FamFG enthalte keine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage; eine Rechtsgrundverweisung finde an dieser Stelle nicht statt. Im Übrigen kenne § 158 Abs. 7 FamFG keine Ausschlussfrist. Wortlaut und Aufbau der Norm mit ihrer klaren Differenzierung zwischen dem Vergütungsanspruch des berufsmäßigen und des nicht berufsmäßigen [X.] gestatteten keine analoge Anwendung der in § 158 Abs. 7 Satz 1 FamFG getroffenen Verweisung auf § 277 FamFG hinsichtlich der Vergütungsansprüche des berufsmäßigen [X.].

8

Im Übrigen seien auch die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung nicht gegeben. Ursprünglich sei vom Gesetzgeber zwar die Geltung einer Ausschlussfrist für alle Vergütungsansprüche beabsichtigt gewesen. Den Motiven des Gesetzgebers zur derzeitigen Fassung des § 158 Abs. 7 FamFG sei jedoch nicht eindeutig zu entnehmen, ob für die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs des berufsmäßig tätigen [X.] eine Ausschlussfrist gelten solle oder nicht. Die mit dem [X.] eingeführten Fallpauschalen für den berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistand sollten diesem eine verfassungsrechtlich gebotene auskömmliche Vergütung gewähren und den bei der aufwandsbezogenen Vergütung bestehenden hohen Abrechnungs- und Kontrollaufwand minimieren. Zudem sollte sich die Vergütung des [X.] an den entsprechenden [X.] für einen in einer Kindschaftssache tätigen Rechtsanwalt orientieren. In der Gesamtbetrachtung sei es dem Gesetzgeber sowohl bei der Einführung des § 158 FamFG ebenso wie bei der Ergänzung des § 1835 Abs. 1 BGB ausschließlich um Gesichtspunkte gegangen, die den Zeitpunkt der Abrechnung des berufsmäßigen [X.] nach Fallpauschale nicht berührten. [X.] sich die Notwendigkeit der Geltung einer Ausschlussfrist nicht aus den Motiven des Gesetzgebers, so könne nicht von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden. Es bestehe auch keine Veranlassung, die Geltung der für den nicht berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistand, den Verfahrenspfleger und den Vormund bestehenden Sonderregelungen auf den berufsmäßigen Verfahrensbeistand auszudehnen.

9

Für eine analoge Anwendung einer Ausschlussfrist fehle es darüber hinaus auch an der Vergleichbarkeit des zu beurteilenden Sachverhalts mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand. Denn die Vergütungen der genannten Ämter würden jeweils aufwandsbezogen abgerechnet. Ziel der dafür jeweils vorgesehenen Ausschlussfristen sei es aber, häufige Abrechnungen und den damit einhergehenden Kontrollaufwand für die Staatskasse für zeitlich weiter zurückliegende Ereignisse zu vermeiden.

Schließlich würde die Einführung einer Ausschlussfrist für die Geltendmachung der Vergütung auch in die Berufsausübungsfreiheit des berufsmäßig tätigen [X.] eingreifen, so dass nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erforderlich sei.

Da somit auf den Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers lediglich die allgemeinen Verjährungsvorschriften anwendbar seien, sei der Vergütungsanspruch für die erste Instanz verjährt, derjenige für die zweite Instanz hingegen nicht.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Zutreffend nimmt das Beschwerdegericht allerdings an, dass dem Wortlaut von § 158 Abs. 7 Sätze 2 bis 6 FamFG eine Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Vergütungsanspruchs des berufsmäßigen [X.] - im Gegensatz zu § 158 Abs. 7 Satz 1 FamFG, der für den ehrenamtlichen Verfahrensbeistand auf § 277 Abs. 1 FamFG verweist, der wiederum auf § 1835 Abs. 1 bis 2 BGB weiterverweist - nicht zu entnehmen ist. Auch aus dem in § 158 Abs. 7 Satz 6 FamFG enthaltenen Verweis auf § 168 Abs. 1 FamFG ergibt sich eine solche nicht.

b) Entgegen der Auffassung des [X.] findet jedoch die Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB auf den Vergütungsanspruch des berufsmäßig tätig werdenden [X.] entsprechende Anwendung.

aa) In der obergerichtlichen Rechtsprechung werden unterschiedliche Auffassungen dazu vertreten, ob der Vergütungsanspruch des berufsmäßigen [X.] in entsprechender Anwendbarkeit des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB der dort geregelten 15-monatigen Ausschlussfrist unterfällt. Teilweise wird dies mit dem Beschwerdegericht verneint, weil insoweit weder eine offene noch eine verdeckte Regelungslücke vorliege. Außerdem bestünde im Hinblick auf die Pauschalierung der Vergütung des berufsmäßigen [X.] auch kein Bedürfnis dafür, den Vergütungsanspruch der kurzen Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB zu unterwerfen (vgl. [X.] JurBüro 2015, 494; [X.] FamRZ 2015, 1830 zu § 2 [X.]). Andere [X.]e bejahen eine entsprechende Anwendung des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass der Gesetzgeber den Vergütungsanspruch des berufsmäßigen [X.] anders behandeln wollte als den des berufsmäßigen Betreuers oder Vormunds (vgl. [X.] Beschluss vom 6. November 2015 - 6 [X.]/15 - juris; [X.] MDR 2015, 772).

bb) Die letztgenannte Auffassung trifft zu. Die Voraussetzungen für eine Analogie liegen vor. Es ist nicht nur eine planwidrige Regelungslücke gegeben, vielmehr ist der zur Beurteilung stehende Sachverhalt auch mit dem vergleichbar, den der Gesetzgeber geregelt hat.

(1) Dem Gesetzgebungsverfahren zu § 158 FamFG ist zu entnehmen, dass die inhaltlichen Regelungen des § 50 [X.] weiter gelten sollten. Der Verfahrensbeistand nach § 158 FamFG ersetzt den früher in § 50 [X.] vorgesehenen Verfahrenspfleger für minderjährige Kinder (BT-Drucks. 16/6308 S. 238). In seiner zuletzt geltenden Fassung nahm § 50 Abs. 5 [X.] auf § 67 a [X.] Bezug, der wiederum in seinem Absatz 1 für den Aufwendungsersatz des Pflegers auf § 1835 Abs. 1 BGB verwies. Die ursprünglich vorgesehene Fassung des § 158 FamFG sah keine Unterscheidung zwischen der berufsmäßigen und der nicht berufsmäßigen Führung der [X.]chaft vor; für die Vergütung des [X.] war die entsprechende Regelung wie in § 50 Abs. 5 [X.] vorgesehen (BT-Drucks. 16/6308 S. 40, 240).

Erst in der Stellungnahme des Rechtsausschusses vom 23. Juni 2008 zum Entwurf des [X.]es war § 158 Abs. 7 FamFG in seiner Gesetz gewordenen Fassung aufgenommen (BT-Drucks. 16/9733 S. 75). Darin wurde nur noch für den Aufwendungsersatz des nicht berufsmäßigen [X.] auf § 277 FamFG verwiesen (Satz 1), im Übrigen war für die berufsmäßige [X.]chaft eine Vergütung nach Fallpauschalen geregelt, ohne ausdrückliche Vorgaben für die Geltung einer Ausschlussfrist zu machen (Sätze 2 bis 6). Der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses ist daher kein Anhaltspunkt für oder gegen eine Weitergeltung der Ausschlussfrist zu entnehmen (BT-Drucks. 16/9733 S. 294).

Durch die Schaffung der Fallpauschalen als eigenständige und abschließende Regelung für Vergütung und Aufwendungsersatz des berufs-mäßigen [X.] (vgl. [X.]sbeschluss vom 9. Oktober 2013 - [X.] 667/12 - FamRZ 2013, 1967 Rn. 7) war ein Verweis auf § 277 Abs. 1 FamFG entbehrlich geworden. Die Entstehungsgeschichte verdeutlicht, dass das Fehlen einer Verweisung auf eine die Ausschlussfrist regelnde Norm bzw. das Unterbleiben der Aufnahme einer vergleichbaren Bestimmung in § 158 Abs. 7 Satz 2 bis 6 FamFG nicht auf einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung beruht. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber den berufsmäßigen Verfahrensbeistand - abweichend von der Vorgängernorm des § 50 [X.] - durch den Verzicht auf eine Ausschlussfrist privilegieren wollte. Vielmehr liegt nahe, dass im Zuge der Einführung der Fallpauschalen die Regelung einer Ausschlussfrist oder die Aufnahme einer auf eine solche verweisenden Vorschrift übersehen wurde und es sich insoweit um eine planwidrige Regelungslücke handelt (vgl. [X.]sbeschluss vom 27. November 2013 - [X.] 682/12 - FamRZ 2014, 373 Rn. 13 zur analogen Anwendung von § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG für den Mitarbeiter eines Betreuungsvereins als Verfahrensbeistand).

(2) Die für eine Analogie erforderliche Vergleichbarkeit des zu entscheidenden Falls mit dem gesetzlich geregelten ergibt sich aus einer Gegenüberstellung mit allen anderen gerichtlich zu bestellenden Personen wie Vormund, Betreuer, Verfahrenspfleger in Unterbringungs- und [X.] sowie Umgangspfleger. Alle für die vorgenannten Ämter bestellten Personen haben bei der Geltendmachung ihrer Aufwendungs- und/oder Vergütungsansprüche eine Ausschlussfrist von 15 Monaten zu beachten. Dies gilt sowohl unabhängig davon, ob sie ihre Tätigkeit berufsmäßig oder ehrenamtlich ausüben, als auch unabhängig davon, ob sie ihre Ansprüche zunächst gegen den Mündel - bei Ersatzhaftung der Staatskasse - oder direkt gegen die Staatskasse geltend machen. Dabei gilt für den Vormund und den Betreuer die 15-monatige Ausschlussfrist gemäß § 2 Satz 1 [X.], welcher für den berufsmäßigen Verfahrenspfleger in [X.] gemäß § 277 Abs. 2 Satz 2 FamFG ebenfalls Anwendung findet. Der in [X.] ehrenamtlich tätige Verfahrenspfleger ist auf Grund der §§ 276, 277 Abs. 1 FamFG iVm § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB an eine Ausschlussfrist gebunden, während sich für den Verfahrenspfleger in Unterbringungssachen die Geltung der Ausschlussfrist aus §§ 317, 318, 277 Abs. 1 FamFG iVm § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB ergibt. Für den Umgangspfleger ist die Ausschlussfrist in § 1684 Abs. 3 Satz 6 BGB iVm § 277 FamFG und iVm § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB geregelt.

Die für die genannten Ämter geltenden Vorschriften stellen - entgegen der Auffassung des [X.]s - keineswegs Sondervorschriften dar. Anderenfalls würde das Verhältnis von Regel und Ausnahme in sein Gegenteil verkehrt, wofür ein sachlicher Grund jedoch nicht vorliegt.

c) Auch die übrigen vom [X.] herangezogenen Argumente sprechen nicht gegen die Anwendbarkeit einer Ausschlussfrist bei der Geltendmachung der Vergütung des berufsmäßigen [X.].

aa) Zwar war vorrangiger Gesichtspunkt bei der Einführung der Fallpauschale für den berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistand, "die Belastung der [X.] infolge der Ausweitung der Bestellungspflicht in kalkulierbaren Grenzen zu halten" (BT-Drucks. 16/9733 S. 294). Die Notwendigkeit einer Ausschlussfrist ist jedoch auch nach Einführung der Fallpauschalen nicht obsolet geworden. Auch wenn auf Grund der betragsmäßig bestimmbaren Höhe ein "Auflaufen" hoher Forderungen nicht mehr möglich ist, verschafft die Geltung einer Ausschlussfrist der Staatskasse als Primärschuldnerin (§ 158 Abs. 7 Satz 5 FamFG) dennoch Rechtssicherheit dahingehend, dass nach Ablauf der Frist keine Vergütung mehr auszuzahlen ist, und trägt auf diese Weise zur Erreichung des genannten Ziels bei. Eine Reduzierung der ([X.] war auch die Intention des Gesetzgebers bei der Einführung des [X.] in § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB (BT-Drucks. 13/7158 S. 22 f.).

bb) Die Anwendbarkeit der Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB läuft auch nicht der gesetzgeberischen Intention, dem Verfahrensbeistand eine verfassungsrechtlich gebotene auskömmliche Vergütung zu gewähren (BT-Drucks. 16/9733 S. 294), zuwider. Durch die Ausschlussfrist ändert sich nichts an dem Anspruch des [X.] auf jeweils eine Pauschale pro Kind und Verfahren ([X.]sbeschluss [X.], 40 = [X.], 1893 Rn. 14 ff.) und Instanz (§ 158 Abs. 7 Satz 2 FamFG). Auch seine Aufgabenwahrnehmung wird dadurch nicht erschwert (vgl. [X.]sbeschluss [X.], 40 = [X.], 1893, Rn. 22 f.). Der Verfahrensbeistand ist lediglich gehalten, seinen Vergütungsanspruch binnen einer bestimmten Frist geltend zu machen, was insbesondere bei einem berufsmäßigen Tätigwerden auch nicht unangemessen erscheint. Selbst wenn - was das Beschwerdegericht für ausreichend hält - allein die allgemeinen Verjährungsvorschriften gelten würden, müsste der Verfahrensbeistand gleichfalls eine Frist einhalten und könnte seinen Anspruch nicht ohne zeitliche Begrenzung geltend machen.

cc) Auch wenn ein weiteres Ziel bei der Einführung der Fallpauschalen darin lag, den bei einer aufwandsbezogenen Vergütung anfallenden hohen Abrechnungs- und Kontrollaufwand zu reduzieren, und dieses Ziel schon durch die Einführung der Pauschalvergütung selbst erreicht wurde, stellt dies dennoch keinen Grund dar, auf die Geltung einer Ausschlussfrist verzichten zu können. Die für die Staatskasse zu erreichende Rechtssicherheit wie auch der Vergleich mit den übrigen oben genannten Ämtern sprechen für die Geltung einer Ausschlussfrist.

dd) Weiter stellte der Gesetzentwurf darauf ab, dass mit der Einführung der Fallpauschale eine "wünschenswerte Annäherung der Vergütung des [X.] an die gebührenorientierte Vergütung der Rechtsanwälte" bewirkt werden sollte (BT-Drucks. 16/9733 S. 294). Dies war jedoch - entgegen der Auffassung des [X.] - nur im Hinblick auf eine betragsmäßige Annäherung (vgl. [X.], 40 = [X.], 1893 Rn. 20), nicht jedoch auch auf die Geltung weiterer anwaltlicher Vergütungsvorschriften wie beispielsweise § 55 [X.] zu verstehen.

d) Die gesetzgeberische Entscheidung für die Abrechnung nach Fallpauschalen begegnet auch mit Blick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit des [X.] gemäß Art. 12 Abs. 1 GG keinen Bedenken.

Zwar ist eine Begrenzung der Vergütung verfassungsrechtlich nur zulässig, soweit die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt bleibt ([X.] FamRZ 2004, 1267, 1269). Eine höhenmäßige Begrenzung der Vergütung steht hier aber nicht in Rede. Vielmehr hat es der Verfahrensbeistand selbst in der Hand, sich seinen Vergütungsanspruch durch eine rechtzeitige Geltendmachung zu erhalten.

e) Ob für den Fristbeginn der Ausschlussfrist auf das Entstehen des Vergütungsanspruchs mit Aufnahme der Tätigkeit (vgl. [X.]sbeschluss vom 1. August 2012 - FamRZ 2012, 1630 Rn. 18) oder auf deren Ende (vgl. [X.]sbeschluss vom 28. Mai 2008 - [X.] 53/08 - [X.], 1611 Rn. 29 zur Betreuervergütung; [X.] Beschluss vom 6. November 2015 - 6 [X.]/15 Rn. 11, juris für die Vergütung des [X.]) abgestellt wird, kann hier offen bleiben. Denn selbst seit dem Abschluss der zweiten Instanz am 26. Juni 2013, also dem zugunsten des [X.] unterstellten spätest möglichen Zeitpunkt des Fristbeginns, waren bei Eingang der [X.] für beide Instanzen am 2. März 2015 schon mehr als 15 Monate vergangen.

3. Danach ist der angegriffene Beschluss aufzuheben und die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden, da keine weiteren Feststellungen mehr zu treffen sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist, § 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG.

Klinkhammer                          Schilling                          Günter

                          Botur                              Krüger

Meta

XII ZB 464/15

05.10.2016

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 14. August 2015, Az: 6 WF 168/15, Beschluss

§ 158 Abs 7 FamFG, § 168 Abs 1 FamFG, § 277 Abs 1 FamFG, § 1835 Abs 1 S 3 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.10.2016, Az. XII ZB 464/15 (REWIS RS 2016, 4481)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 574 REWIS RS 2016, 4481

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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