Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.10.2010, Az. V R 12/10

5. Senat | REWIS RS 2010, 2555

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Gegenstand

(Verpflegung bei Seminaren grundsätzlich nicht steuerfrei - richtlinienkonforme Auslegung von § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG - Aufteilung eines einheitlichen Entgelts für steuerfreie als auch steuerpflichtige Leistungen)


Leitsatz

Die Verpflegung von Seminarteilnehmern ist nur bei geringfügigen Verpflegungsleistungen nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG steuerfrei .

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein Berufsverband für Unternehmer in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Nach seiner Satzung fördert er die Aus- und Weiterbildung der selbständigen Unternehmer, des [X.] und der Mitarbeiter.

2

Der Kläger veranstaltete Tagesseminare in Hotels zu unternehmerbezogenen Themen wie z.B. Schuldrechtsreform, Personalentwicklung, Betriebsverfassungsrecht, Beendigung von Arbeitsverhältnissen, Strategie oder Pressearbeit.

3

Die Teilnehmer hatten hierfür einen nicht weiter aufgeschlüsselten Seminarpreis zu zahlen. Der Kläger wies in den Informationen zu den Seminaren darauf hin, dass der jeweilige Seminarpreis von 200 € bis 600 € Seminarunterlagen und Verpflegung während des [X.] enthalte, ohne hierzu nähere Angaben zu machen. Der Kläger stellte Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis aus. Nach den Kostenstellenauswertungen des [X.] ergab sich z.B. für ein Seminar bei Gesamteinnahmen von 8.710 € und direkt zugeordneten Kosten für Reisekosten, Referenten sowie für Räumlichkeiten, Verpflegung und Getränke im Hotel von 4.869,66 € ein Überschuss von 3.840,34 €. Andere Seminare führten zu geringeren Überschüssen.

4

Im [X.] an eine [X.] ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) davon aus, dass die Seminarleistungen des [X.] im Streitjahr 2002 nach § 4 Nr. 22 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) steuerfrei seien. Er sei daher nicht zu dem bisher in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug berechtigt, schulde die in Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer aber gleichwohl nach § 14 Abs. 2 UStG. Das [X.] erließ am 2. September 2002 einen entsprechenden Änderungsbescheid, aus dem sich eine Nachforderung von 28.277,35 € ergab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

5

Das Finanzgericht ([X.]) bestätigte die Auffassung des [X.], dass die durch den Kläger erbrachten Leistungen die Voraussetzungen von § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG erfüllt hätten. Die Seminare seien belehrender Art gewesen. Es habe sich um berufliche Fortbildungsmaßnahmen gehandelt. Hierzu gehörten wie im Ertragsteuerrecht Tätigkeiten, um in einem ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben, den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden und so in dem ausgeübten Beruf besser vorwärts zu kommen. Es komme auf die Veranlassung durch den bereits ausgeübten Beruf und die Förderung der Kenntnisse und Fähigkeiten in dem betreffenden Berufsfeld an. Es bestehe keine Festlegung auf bestimmte institutionalisierte Fortbildungsformen wie z.B. Ausbildungsgänge. Tageweise andauernde Fortbildungsveranstaltungen reichten aus. Es müsse sich nicht um eine ähnlich einem Lehr- oder Ausbildungsverhältnis strukturierte Fortbildungsmaßnahme handeln. Es bestehe kein Zweifel an der Berufsförderlichkeit der durch den Kläger veranstalteten Seminare. Dass bei den Vereinsmitgliedern als voll ausgebildeten Unternehmern keine Fortbildung mehr möglich sei, sei unzutreffend. Auch die bei den Seminaren erfolgte Kontakt- und Netzwerkpflege stehe im Hinblick auf die Maßgeblichkeit der Leistungsinhalte der Steuerfreiheit nicht entgegen. Die Einnahmen seien auch überwiegend zur Kostendeckung verwendet worden.

6

Als Nebenleistung zu einer steuerfreien Hauptleistung sei auch die Verpflegung bei den Seminaren steuerfrei. Diese sei weder gesondert berechnet noch in den [X.] besonders hervorgehoben worden. Es habe sich nur um ein Mittel gehandelt, um die ganztägige Fortbildung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Selbst wenn entsprechend dem Vortrag des [X.] unterstellt würde, dass 50 % bis 88 % der Kosten auf Speisen und Getränke entfallen seien, komme dieser quantitativen Relation aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers keine Bedeutung zu. Bei einem geprüften Einzelfall hätten die Kosten für Speisen und Getränke nur 40 % der Gesamtkosten und nur 24 % der Einnahmen ausgemacht. Aus der Steuerfreiheit folge die Kürzung des Vorsteuerabzugs und die Steuerschuld aufgrund des Steuerausweises in Rechnungen nach § 14 Abs. 2 UStG.

7

Mit seiner Revision macht der Kläger Verletzung materiellen Rechts geltend. § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sei nicht anwendbar. Die Seminarteilnehmer würden "in Hotels mit Spitzengastronomie umfangreich bewirtet". Die Kosten hierfür hätten sich auf zwei Drittel bis drei Viertel der Teilnehmergebühren belaufen. Die Teilnehmer seien nicht "aus- und fortbildungsbegierig" gewesen, sondern wollten "in angenehmer Umgebung mit gleichgesinnten Familienunternehmern Erfahrungen und Informationen vermittelt bekommen und austauschen" und wollten dabei "Netzwerke" aufbauen und ausbauen. Die Bewirtung sei daher nicht Nebenleistung gewesen. Für den Begriff der Aus- und Fortbildung sei auf das [X.] abzustellen. Danach liege im Streitfall keine Aus- oder Fortbildung vor. Die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach Art. 13 Teil [X.]. i der [X.] zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[X.] (Richtlinie 77/388/[X.]) lägen nicht vor, da er seine Seminare in Konkurrenz mit umsatzsteuerpflichtigen Veranstaltern anbiete.

8

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des [X.] aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2002 vom 2. September 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. Oktober 2005 dergestalt zu ändern, dass die zu 16 % steuerpflichtigen Umsätze um 197.557 € erhöht, die steuerfreien Umsätze um 229.166 € gemindert und die abzugsfähigen Vorsteuern um 24.000 € erhöht werden.

Er regt hilfsweise eine Vorlage an den [X.] ([X.]) an.

9

Das [X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Das Urteil des [X.] ist aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Zwar ist die eigentliche Seminarleistung steuerfrei, nicht aber auch die Gewährung von Verpflegung auf den Seminaren. Das vom Kläger vereinnahmte Entgelt ist daher aufzuteilen. Hierzu sind weitere Feststellungen zu treffen.

1. Zahlungen der Mitglieder eines Vereins wie z.B. Mitgliedsbeiträge sind nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ([X.]) nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG Entgelt für die Leistungen des Vereins an seine Mitglieder, wenn diese einen konkreten Vorteil erhalten (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 29. Oktober 2008 [X.], [X.]E 223, 493, [X.]/NV 2009, 324, unter II.2.). Die Seminarleistungen des [X.] gegenüber seinen Mitgliedern gegen gesondert vereinbartes Entgelt waren dementsprechend steuerbar.

2. Die durch den Kläger erbrachten Aus- und Fortbildungsleistungen waren steuerfrei.

a) Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Unkosten verwendet werden.

§ 4 Nr. 22 Buchst. a UStG setzt Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/[X.] in nationales Recht um und ist entsprechend dieser Bestimmung auszulegen ([X.]-Urteil vom 27. April 2006 [X.], [X.]E 213, 256, [X.], 16, unter [X.]). Danach befreien die Mitgliedstaaten von der Steuer die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- oder Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche Umschulung sowie die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung.

b) Bei richtlinienkonformer Auslegung von § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind nicht alle Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen zur Erlernung von Fähigkeiten oder Fertigkeiten "wissenschaftlicher oder belehrender Art" im Sinne dieser Vorschrift befreit, sondern nur diejenigen, die als Erziehung von Kindern und Jugendlichen, als Schul- oder Hochschulunterricht, als Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung anzusehen sind ([X.]-Urteil in [X.]E 213, 256, [X.], 16, unter [X.]). Dies ist im Rahmen richtlinienkonformer Auslegung des § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG von Amts wegen (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 213, 256, [X.], 16) und nicht --wie der Kläger meint-- nur auf Verlangen des Steuerpflichtigen im Rahmen eines von ihm geltend gemachten Anwendungsvorrangs der Richtlinie 77/388/[X.] zu berücksichtigen. Im Übrigen kommt im Rahmen der richtlinienkonformen Auslegung eine Auslegung des § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG nach Maßgabe des nationalen Berufsbildungsgesetzes nicht in Betracht (vgl. [X.]-Urteil vom 14. Juni 2007 [X.], [X.], [X.]. 2007, [X.]. 24 f.).

c) Im Streitfall hat das [X.] zu Recht die Voraussetzungen einer Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG für die durch den Kläger als Berufsverband erbrachten Leistungen bejaht.

aa) Nach den Feststellungen des [X.] (vgl. § 118 Abs. 2 [X.]O) ließen die vom Kläger veranstalteten Seminare bereits nach ihrer Thematik eine Zweckrichtung und Eignung zur beruflichen Fortbildung erkennen, wie sich aus Veranstaltungsthemen wie z.B. "Kundenbindung", "Verkaufen im Verdrängungswettbewerb" oder "Personalmanagement" ergebe. Ohne dass dies revisionsrechtlich zu beanstanden wäre, hat das [X.] die erforderliche Zweckrichtung und Eignung zur beruflichen Fortbildung auch insoweit bejaht, als andere Seminare dazu dienten, die Effizienz bei der Bewältigung beruflicher Herausforderungen zu verbessern und hat dabei zutreffend einen bloßen Freizeitcharakter der Seminare verneint.

Zu Recht hat das [X.] des Weiteren entschieden, dass Aus- und Fortbildung auch im Rahmen von Tagesveranstaltungen erfolgen kann.

bb) Das [X.] ist darüber hinaus auch zutreffend davon ausgegangen, dass Einnahmen dann überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden, wenn sie --wie im [X.] zumindest zur Hälfte zur Deckung der Kosten dienen.

Der Kläger kann sich hiergegen nicht darauf berufen, dass nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Spiegelstrich der Richtlinie 77/388/[X.] Dienstleistungen i.S. von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i dieser Bestimmung von der Steuerfreiheit ausgeschlossen sind, "wenn sie im wesentlichen dazu bestimmt sind, der Einrichtung zusätzliche Einnahmen durch Tätigkeiten zu verschaffen, die in unmittelbarem Wettbewerb mit Tätigkeiten von der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt werden".

Zwar mag es sein, dass der Kläger seine Seminarleistungen im Wettbewerb mit anderen Seminaranbietern erbringt. Für Tätigkeiten, die --wie im [X.] den Kernbereich der Befreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/[X.] betreffen, kommt jedoch ein Ausschluss nach Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. b zweiter Spiegelstrich der Richtlinie 77/388/[X.] nicht in Betracht. Ansonsten liefe die Befreiung in weiten Teilen leer (bereits [X.]-Urteil vom 3. April 2008 [X.]/07, [X.]E 221, 451, [X.]/NV 2008, 1631, unter II.3.c aa).

3. Die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG erstreckt sich entgegen dem [X.]-Urteil nicht auf die Verpflegung der Seminarteilnehmer. Insoweit handelt es sich nicht um eine Aus- oder [X.]. Es liegt auch im Grundsatz keine mit der Aus- oder Fortbildung eng verbundene Dienstleistung oder eine Nebenleistung zu einer steuerfreien Leistung vor.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] gilt für die Steuerfreiheit der eng mit Aus- und Fortbildung verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen und der Steuerfreiheit als Nebenleistung Folgendes:

aa) Dienstleistungen und Lieferungen (Umsätze) sind nur dann mit dem Unterricht "eng verbunden" und deshalb nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/[X.] steuerfrei, wenn sie tatsächlich als Nebenleistungen zum Unterricht, der die Hauptleistung ist, erbracht werden ([X.]-Urteil vom 14. Juni 2007 [X.]/05, [X.], [X.]. 2007, [X.], [X.]/NV Beilage 2007, 389 Rdnr. 28). Danach gelten für die Frage, ob ein eng verbundener Umsatz vorliegt, dieselben Grundsätze wie im Verhältnis zwischen Haupt- und Nebenleistungen.

Maßgeblich ist daher für die Steuerfreiheit als eng verbundener Umsatz wie auch als steuerfreie Nebenleistung, dass der Umsatz oder die Nebenleistung keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter den bestmöglichen Bedingungen zu erhalten ([X.]-Urteil [X.] in [X.]. 2007, [X.], [X.]/NV Beilage 2007, 389 Rdnr. 29).

bb) Nach der Rechtsprechung des [X.] ist z.B. die entgeltliche Forschungstätigkeit staatlicher Hochschulen nicht als eng mit dem Hochschulunterricht verbundene Dienstleistung steuerfrei, da sie für den Hochschulunterricht nur nützlich, nicht aber unverzichtbar ist ([X.]-Urteil vom 20. Juni 2002 C-287/00, [X.], [X.]. 2002, [X.] [X.]. 47 ff.).

Unter Bezugnahme auf sein Urteil in der Rechtssache [X.] in [X.]. 2002, [X.] hat der [X.] mit Urteil vom 1. Dezember 2005 [X.]/04 und [X.]/04, [X.] ([X.]. 2005, [X.] [X.]. 27 ff.) weiter zu den mit einer Krankenhausbehandlung eng verbundenen Umsätzen nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 77/388/[X.] entschieden, dass Dienstleistungen, die wie die Zurverfügungstellung von Telefonen und die Vermietung von Fernsehgeräten an Krankenhauspatienten und die Unterbringung und Verpflegung von Begleitpersonen dieser Patienten dazu dienen, den Komfort und das Wohlbefinden der Krankenhauspatienten zu verbessern, in der Regel nicht steuerfrei sind, soweit diese Leistungen nicht zur Erreichung der mit der Krankenhausbehandlung verfolgten therapeutischen Ziele unerlässlich sind.

cc) Schließlich sind eng verbundene Umsätze und Nebenleistungen nach dem [X.]-Urteil [X.] in [X.]. 2007, [X.], [X.]/NV Beilage 2007, 389 [X.]. 38 ff. nach zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i i.V.m. Abs. 2 Buchst. b erster Spiegelstrich der Richtlinie 77/388/[X.] nur steuerfrei, wenn diese Leistungen unerlässlich sind.

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Verpflegung von Seminarteilnehmern im Allgemeinen entgegen dem [X.]-Urteil nicht als mit der Aus- oder Fortbildung eng verbundene Dienstleistung oder als Nebenleistung zur Aus- oder Fortbildung steuerfrei. Bei der Verpflegung von Seminarteilnehmern handelt es sich nicht um eine für die Aus- oder Fortbildung unerlässliche Leistung, sondern um eine hierfür nur nützliche Maßnahme, die vorrangig dazu dient, den Komfort und das Wohlbefinden bei der Inanspruchnahme der Bildungsmaßnahme zu steigern.

Dem steht die Senatsentscheidung zur Steuerfreiheit der durch Studentenwerke erbrachten Verpflegungsleistungen an Studenten ([X.]-Urteil vom 28. September 2006 [X.], [X.]E 215, 351, [X.], 846, unter [X.]; a.[X.] vom 27. September 2007, [X.], 768) nicht entgegen. Maßgebend hierfür war, dass dem Studentenwerk als Anstalt des öffentlichen Rechts im Zusammenwirken mit den Hochschulen die [X.] Betreuung und Förderung der Studenten obliegt (vgl. den Leitsatz der Entscheidung und die Gründe unter [X.]). Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar, weil der Kläger --anders als das [X.] keine Einrichtung des öffentlichen Rechts ist, die mit solchen Aufgaben betraut ist, und es an einer durch öffentlich-rechtliche Vorschriften geregelten Verbindung von Fortbildung und [X.]r Betreuung (bereits [X.]-Urteil vom 12. Februar 2009 [X.], [X.]E 225, 178, [X.], 677) fehlt. Dass es sich um die Leistungen eines Berufsverbands an seine Mitglieder handelte, reicht insoweit nicht aus.

4. Die Sache ist nicht spruchreif.

a) Im zweiten Rechtsgang sind nähere Feststellungen zu Art und Weise der Verpflegung der Seminarteilnehmer zu treffen. Bei der Veranstaltung von [X.] kann die Gewährung von Verpflegung unter bestimmten Voraussetzungen unerlässlich sein. Zur Verpflegung von Arbeitnehmern bei [X.] hat der [X.] mit Urteil vom 11. Dezember 2008 [X.]/07, [X.], [X.] ([X.]. 2008, I-9549 [X.]. 60 f.) entschieden, dass die Gewährleistung der Kontinuität und des ordnungsgemäßen Sitzungsablaufs es rechtfertigten, die Bewirtung der an Sitzungen teilnehmenden Arbeitnehmer mit Sandwichs und kalten Gerichten, die im Sitzungsraum serviert werden, nicht als unternehmensfremd anzusehen. Dementsprechend ist auch die Verpflegung mit kalten oder kleinen Gerichten im Seminarraum, wie z.B. bei Kaffeepausen, unerlässlich für die Durchführung von ganztägigen Seminaren.

b) Hat der Kläger danach sowohl steuerfreie als auch steuerpflichtige Leistungen erbracht und erhält er hierfür ein einheitliches Entgelt, ist der einheitliche Preis nach der einfachst möglichen Berechnungs- oder Bewertungsmethode aufzuteilen ([X.]-Urteil vom 25. Februar 1999 [X.]/96, [X.], [X.]. 1999, [X.]. 31). Dies hat ggf. durch eine Schätzung nach § 162 der Abgabenordnung zu erfolgen. Hierzu sind nähere Feststellungen zu treffen. Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass bei [X.] im [X.] im Vergleich zum Seminarprogramm keine besonders hervorgehobene Bedeutung zukommt. Dies kann es rechtfertigen, den Anteil des Entgelts für die gegenüber den Seminarteilnehmern steuerpflichtig erbrachten Leistungen in Höhe der für die Verpflegung entstandenen Kosten im Verhältnis zu den Gesamtkosten zu schätzen. Der Steuerausweis in den Rechnungen des [X.] wäre dann hinsichtlich der steuerpflichtig erbrachten Leistungen zutreffend, so dass die Klage insoweit Erfolg hätte.

5. Die Einholung einer Vorabentscheidung des [X.] gemäß Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der [X.] ist nicht erforderlich. Bestehen --wie hier-- nach Auffassung des Senats hinsichtlich im Streitfall entscheidungserheblicher Auslegung der Begriffe Aus- und Fortbildung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/[X.] keine Zweifel, obliegt die Entscheidung über die Beurteilung des konkreten Sachverhalts dem nationalen Gericht. Hinsichtlich der Beurteilung des [X.] kam eine Vorlage im Hinblick auf die durch die [X.]-Urteile Kommission/ Deutschland in [X.], 2002, [X.] und [X.] in [X.]. 2005, [X.] bereits eingetretene Klärung nicht in Betracht.

Meta

V R 12/10

07.10.2010

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 18. Februar 2010, Az: 2 K 7422/05 B, Urteil

§ 4 Nr 22 Buchst a UStG 1999, Art 13 Teil A Abs 1 Buchst i EWGRL 388/77, § 162 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 07.10.2010, Az. V R 12/10 (REWIS RS 2010, 2555)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2555

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