Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.02.2015, Az. I ZR 136/13

I. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 15972

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I
ZR
136/13
Verkündet am:

5. Februar 2015

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.] der Woche

[X.] § 5, § 8 Abs. 1; GG Art. 5 Abs.
1 Satz 2

a)
In den Schutzbereich der Pressefreiheit sind nicht nur Presseerzeugnisse im herkömmlichen Sinne einbezogen, sondern auch Zeitschriften, die neben Werbung zumindest auch unterhaltende Beiträge wie Horoskope, Rätsel oder
Prominentenporträts enthalten.

b)
Der Schutzumfang der Pressefreiheit ist umso geringer, je weniger ein Pres-seerzeugnis der Befriedigung eines Informationsbedürfnisses von öffentli-chem Interesse oder der Einwirkung auf die öffentliche Meinung dient und je mehr es eigennützige Geschäftsinteressen wirtschaftlicher Art verfolgt. [X.] kann sich ein [X.] grundsätzlich nicht mit Erfolg auf die Grundsätze der eingeschränkten Haftung der Presse für wettbewerbswidrige (hier im Sinne von § 5 [X.] irreführende) Werbeanzeigen Dritter berufen, wenn die fragliche Zeitschrift keinen nennenswerten meinungsbildenden [X.] hat, sondern nahezu ausschließlich Werbung enthält.

[X.], Urteil vom 5. Februar 2015 -
I [X.] -
OLG Stuttgart

[X.]

-
2
-
Der I.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 5.
Februar
2015
durch die Richter Prof. Dr.
Koch,
Prof.
Dr.
Schaffert,
Dr.
Löffler, die Richterin Dr.
Schwonke
und [X.] Feddersen

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 2.
Zivilsenats
des Oberlandes-gerichts Stuttgart vom 11.
Juli 2013 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

-
3
-
Tatbestand:

Die Beklagte
ist
eine Gesellschaft der Unternehmensgruppe [X.]. Sie gibt die Zeitschrift
"[X.] der Woche"
heraus. Die Publikation
enthält haupt-sächlich Werbeanzeigen für Produkte, die in [X.]-Märkten erhältlich sind. Diese Märkte werden von anderen Gesellschaften der [X.]-Gruppe betrie-ben. Daneben erscheinen in dem Blatt vereinzelt Anzeigen anderer Einzelhan-delsgeschäfte und unterhaltende Beiträge wie Horoskope, Rätsel oder Promi-nentenporträts.

Die Beklagte veröffentlichte in den Ausgaben des Blatts "[X.] der Woche"
vom 10.
Oktober 2011 und vom 2.
Februar 2012 die in den nachstehend wie-dergegebenen Klageanträgen eingeblendeten Werbeanzeigen
für Geschirrspül-maschinentabs
und
für
Teigwaren.

In der
im Oktober 2011 erschienenen Anzeige
sind
unter der Überschrift "Ausgezeichnete Qualität
für Ihre Spülmaschine"
vier verschiedene Sorten von
Geschirrspülmaschinentabs abgebildet. Im Vordergrund sind
die Packung der Tabs "fit [X.] [X.] in 1"
und rechts davor -
teilweise überlappend
-
die Packung des Produkts "fit [X.] [X.]"
zu sehen. Davor
ist

teilweise überschneidend mit der vorderen Packung
-
das
Logo der [X.] mit folgendem Zusatz abgedruckt:

TESTSIEGER
[X.] (2,1)
[X.]: 17 [X.]
Ausgabe 08/2010

In der im Februar 2012 erschienenen Anzeige sind unter der Überschrift "[X.]"
drei Nudelprodukte mit der Bezeichnung "[X.]"
abge-bildet. Im Vordergrund sind die Packungen der Nudeln "[X.] Eliche"
und
1
2
3
4
-
4
-
-
teilweise davon verdeckt
-
"[X.] Gno[X.]hi"
zu sehen. Darüber ist
das
Logo der [X.] mit folgenden Angaben abgedruckt:

[X.] (2,0)
[X.]: 25 Marken [X.]
Ausgabe 4/2011

Die [X.]
hatte nicht alle abgebildeten Produkte, sondern
lediglich die
[X.]
"fit [X.] [X.] [X.]"
und
die Nudeln "[X.] Eliche"
untersucht und bewertet.

Der Kläger, der [X.] und Verbrau-cherverbände, hat die Werbeanzeigen als irreführend beanstandet. Er hat
gel-tend gemacht, der Verbraucher werde aufgrund der konkreten Anordnung des Logos der [X.] den unzutreffenden Eindruck gewinnen, dass
nicht nur die Produkte "fit [X.] [X.] [X.]"
und
"[X.] Eliche", son-dern auch die Produkte "fit [X.] [X.] [X.] in 1"
und "[X.] Gno[X.]hi"
von der Stiftung wie beim
Logo dargestellt untersucht und bewertet
worden [X.].

Der Kläger hat, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, beantragt,
die Beklagte unter Androhung von [X.] zu verurteilen, es zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen zu werben oder werben zu lassen,
5
6
7
-
5
-
a)
für die [X.] "fit [X.] [X.] [X.] in 1"
mit dem Logo der [X.] "Testsieger [X.] (2,1), [X.]: 17
[X.], Ausgabe 08/2010"
wie nachfolgend abgebildet:

-
6
-
b)
für die Nudeln von [X.] "Gno[X.]hi"
mit dem Logo der [X.] "[X.] (2,0), [X.]: 25 Marken [X.], Ausgabe 4/2011"
wie nachfolgend abgebil-det:

-
7
-
Der Kläger hat die Beklagte ferner auf Erstattung
von Abmahnkosten in Anspruch genommen.

[X.] [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Die Berufung der [X.] ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Re-vision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

A. [X.] Berufungsgericht hat die Werbeanzeigen als irreführend erachtet und die
Beklagte für diesen Wettbewerbsverstoß als verantwortlich
angesehen. Dazu hat es ausgeführt:

Die Werbeanzeigen seien irreführend, weil sie dem Verbraucher den un-zutreffenden Eindruck
vermittelten, auch die in räumlicher Nähe des Logos der [X.] abgebildeten Produkte "fit [X.] [X.] [X.] in 1"
und "[X.] Gno[X.]hi"
seien von der Stiftung untersucht und mit den ausgewiesenen Gesamtnoten bewertet worden.
Als Herausgeberin des Blatts
"[X.] der Woche"
sei die Beklagte
für den wettbewerbswidrigen Inhalt der Anzeigen auch im [X.] der grundrechtlich geschützten Pressefreiheit verantwortlich. Bei der Zeit-schrift "[X.] der Woche"
handele es sich nicht um ein klassisches Presseer-zeugnis, sondern um ein kommerziell ausgerichtetes Werbeblatt der [X.]-Gruppe. Die für die Beklagte
streitende Pressefreiheit müsse daher hinter dem Schutz der Verbraucher vor irreführender Werbung zurücktreten.

B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg. [X.] Berufungsgericht
hat mit Recht angenommen, dass dem Kläger die
geltend gemachten Unterlassungsansprüche
nach §§
3, 5 Abs.
1 Satz
1 und 2 Nr.
1, §
8 Abs.
1 und 3 Nr.
3 [X.] zustehen, weil die Werbeanzeigen irreführende 8
9
10
11
12
-
8
-
geschäftliche Handlungen
sind (dazu
B I)
und die Beklagte für diese Anzeigen
wettbewerbsrechtlich verantwortlich ist (dazu
B II).
Der Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten ist gleichfalls begründet (dazu B III).

I. [X.] Berufungsgericht hat zutreffend irreführende geschäftliche Hand-lungen
im Sinne von §§
3, 5 Abs.
1 Satz
1 und 2 Nr.
1 [X.] bejaht.

1.
Bei der [X.] der Werbeanzeigen handelt es sich um eine geschäftliche Handlung der [X.].

a) Nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 [X.] ist eine geschäftliche Handlung jedes Verhalten zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder
des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objek-tiv zusammenhängt.

b) [X.]
Berufungsgericht
hat angenommen, bei der [X.] der Werbeanzeigen handele es sich um geschäftliche Handlungen
der [X.]. Die Beklagte habe damit zum einen den Absatz
der die Anzeigen schaltenden Hersteller
der beworbenen Waren gefördert. Zum anderen habe sie damit nach dem Erscheinungsbild der Zeitschrift "[X.] der Woche"
und namentlich dem Hinweis auf die Einkaufsmöglichkeit bei "[X.]"
auch den
Wettbewerb der Betreiber der [X.]-Märkte gefördert. Diese Beurteilung wird von der [X.] nicht beanstandet und lässt auch keinen Rechtsfehler erkennen.

2.
Erfolglos wendet sich die Revision gegen die Annahme des [X.], die Anzeigen für [X.] und für Teigwaren seien nach §
5
Abs.
1 Satz
1 und 2 Nr.
1 [X.] irreführend, weil sie dem Verbraucher den unzutreffenden Eindruck vermittelten, die [X.] habe nicht nur die 13
14
15
16
17
-
9
-
Produkte "fit [X.] [X.] [X.]"
und "[X.] Eliche", sondern auch die Waren "fit [X.] [X.] [X.] in 1"
und "[X.] Gno[X.]hi"
untersucht und bewertet.

a) Eine geschäftliche Handlung ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 [X.] irreführend, wenn sie zur Täuschung geeignete Angaben über wesentli-che Merkmale der Ware enthält. Dazu gehören auch die Ergebnisse von Wa-rentests. Für die Beurteilung, ob eine geschäftliche Handlung irreführend ist, kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den maßgeblichen [X.] hervorruft. Sie ist irreführend, wenn das Verständnis, das sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen erweckt, mit den tatsächlichen [X.] nicht übereinstimmt ([X.], Urteil vom 6. November 2013 -
I [X.], [X.], 88 Rn. 30 = [X.], 57 -
Vermittlung von [X.], [X.]).

b) Die Beurteilung der Verkehrsauffassung liegt im Wesentlichen
auf tat-richterlichem Gebiet. Sie ist im Revisionsverfahren nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht einen unzutreffenden rechtlichen Maßstab zugrunde ge-legt, bei seiner Würdigung gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche
Umstände unberücksichtigt gelassen hat (vgl. [X.], Urteil vom 13.
September 2012 -
I
ZR
230/11, [X.]Z 194, 314 Rn.
42

Biomineral-wasser; Urteil vom 24.
September 2013 -
I
ZR
89/12, [X.], 1254 Rn.
16 = WRP 2013, 1596 -
Matratzen Factory Outlet; [X.], [X.], 88 Rn.
31

Vermittlung von [X.]). Solche Rechtsfehler lässt das angefochtene Urteil nicht erkennen.

aa) [X.] Berufungsgericht hat angenommen, die Verpackungen der Ge-schirrspültabs "fit [X.] [X.] [X.]"
und "fit [X.] [X.] [X.] in
1"
präsentierten sich aufgrund ihrer bildlichen Überlagerung optisch als Ein-heit, so dass der Betrachter das in die Verpackung der [X.] "fit 18
19
20
-
10
-
[X.] [X.] [X.]"
hineinragende Logo der [X.] auch dem nicht geprüften Produkt "fit [X.] [X.] [X.] in 1"
zuordne.

(1) Die Revision rügt
ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe bei seiner Annahme, der Verbraucher bringe die Testergebnisse auch mit den nicht vom Logo der [X.] überlagerten Produkten in Verbindung, das [X.] verkannt. Der die Anzeige
mit der gebotenen [X.] wahrnehmende Durchschnittsverbraucher erkenne, dass es sich bei den abgebildeten Packungen um unterschiedliche Erzeugnisse handele, und folgere aus dem Umstand, dass das Logo der [X.] nur in das im Vordergrund abgebildete Erzeugnis hineinrage, dass im Zweifel nur dieses Pro-dukt getestet worden sei.

Für die Frage, wie eine Werbung verstanden wird, ist die Sichtweise des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers maßgebend, der einer
Werbung die
der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt
(st. Rspr.; vgl. nur
Urteil vom 30.
Juni 2011

I
ZR
157/10, [X.], 184 Rn.
19 = [X.], 194 -
Branchenbuch Berg; Urteil vom 8.
März 2012

I
ZR
202/10, [X.], 1053 Rn.
19 = [X.], 1216
Marktführer Sport). Der Grad seiner
Aufmerksamkeit ist von der jeweiligen Situation und vor allem von der Bedeutung abhängig, die die beworbenen Waren für ihn haben. Bei geringwertigen Gegenständen des täglichen Bedarfs oder beim ersten Durchblättern von Werbebeilagen oder Zeitungsanzeigen ist seine [X.] regelmäßig eher gering, so dass er
die Werbung eher flüchtig zur Kenntnis nehmen wird ([X.], Urteil vom 20.
Oktober 1999 -
I
ZR
167/97, [X.], 619, 621 = [X.], 517 -
Orient-Teppichmuster; Urteil vom 2.
Oktober 2003 -
I
ZR
150/01, [X.]Z 156, 250, 252 f.
-
Marktführerschaft; Urteil vom 11.
Dezember 2003 -
I
ZR
50/01, [X.], 605, 606 = [X.], 735

Dauertiefpreise).

21
22
-
11
-
Von diesen Grundsätzen
ist erkennbar
auch das Berufungsgericht aus-gegangen. Es hat
bei seiner Beurteilung auf den [X.] [X.], durchschnittlich informierten Verbraucher abgestellt. Aus der Sicht ei-nes solchen Verbrauchers hat es
in dem Umstand,
dass das Logo der [X.] in die Abbildung nur des getesteten Produkts
hineinragt, wegen der räumlichen Nähe des Logos auch zu den nicht untersuchten
Waren keine
hin-reichende Klarstellung des
beschränkten [X.] gesehen.
Diese
Be-urteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Sie ist
insbesondere nicht erfah-rungswidrig.
Der Durchschnittsverbraucher wird das Blatt "[X.] der Woche"
re-gelmäßig nur beiläufig durchblättern und die Werbeanzeigen lediglich flüchtig wahrnehmen. Soweit die Revision
von einer anderen Sichtweise des Verbrau-chers ausgeht, ersetzt sie in revisionsrechtlich unzulässiger Weise die [X.] durch ihre eigene
Bewertung,
die an einem die Anzeigen situationsuntypisch aufmerksam wahrnehmenden
Verbraucher aus-gerichtet
ist.

[X.] Die
Revision macht weiter ohne Erfolg geltend, die Annahme des Be-rufungsgerichts, der Verbraucher werde die Anzeigen zwar nur flüchtig wahr-nehmen, dabei aber dennoch die Abbildung andersartiger Verpackungen und damit die Bewerbung verschiedener Produkte bemerken, sei widersprüchlich.
Mit ihrer abweichenden Beurteilung
begibt sich die Revision
erneut auf das ihr verschlossene Gebiet tatrichterlicher
Würdigung, ohne einen Rechtsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen.

bb) [X.] Berufungsgericht hat angenommen, bei der Anzeige für Nudel-produkte überschneide sich das Logo der [X.] zwar nur mit der darunter abgebildeten Verpackung der Nudeln "[X.] Eliche". Da das Logo
aber teilweise über der abgebildeten
Verpackung der Nudeln "[X.] Gno[X.]hi"
angeordnet sei, beziehe es sich aus Sicht des Betrachters auch auf dieses tat-sächlich nicht untersuchte Erzeugnis. Die
Angabe des
Testprodukts "Spiralnu-23
24
25
-
12
-
deln"
im Logo der [X.] verdeutliche dem Verbraucher mangels Wiederholung dieser
Angabe auf der abgebildeten Verpackung der Nudeln "[X.]"
nicht hinreichend,
dass sich das
Testergebnis nur
auf diese
Nudeln [X.].

Die Revision macht ohne Erfolg geltend, der
die Anzeigen mit der gebo-tenen Aufmerksamkeit wahrnehmende Durchschnittsverbraucher erkenne, dass nur das im Vordergrund abgebildete Erzeugnis
"[X.] Eliche"
getestet worden sei. Ein solches Verständnis dränge sich ihm umso mehr
auf, als nur die Pa-ckung "[X.] Eliche"
[X.] enthalte, wie sie nach den Angaben im Lo-go der [X.] getestet worden seien.

[X.]
Berufungsgericht ist ersichtlich
davon ausgegangen, dass ein erheb-licher Teil der Verbraucher, die die Angabe des Testprodukts "[X.]"
im Logo der [X.] lesen, auch die "[X.]
als von den Un-tersuchungen der [X.] erfasste [X.] einordnet.
Diese tatrichterliche Beurteilung
lässt keinen Rechtsfehler
erkennen. Ein die Werbe-anzeige [X.] flüchtig betrachtender Verbraucher wird
die genaue Ausformung der durch die teilweise durchsichtige Verpackung wahrnehmbaren "[X.] nicht ohne weiteres bemerken
und kann diese Nudeln
des-halb für spiralförmig halten. Ebenso muss sich dem Durchschnittsverbraucher, der der Anzeige [X.] nur geringe Aufmerksamkeit schenkt, nicht der Gedankengang aufdrängen, dass es sich bei als "Gno[X.]hi"
bezeichneten
Teigwaren üblicherweise
nicht um [X.] handelt und die so bezeichne-ten Produkte deshalb nicht
von der [X.] überprüft worden sein können. Soweit die Revision von einer anderen Wahrnehmung und einem an-deren Verständnis des Verbrauchers ausgeht, bewertet sie den Sachverhalt ab-weichend von der tatrichterlichen Würdigung, ohne einen Rechtsfehler aufzu-zeigen.

26
27
-
13
-
II. [X.] Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte für die wettbewerbswidrigen Anzeigen verantwortlich ist.

1. [X.] Berufungsgericht hat nicht festgestellt, ob die beanstandeten [X.] von der [X.] oder von [X.] gestaltet worden sind. Für die Nach-prüfung in der Revisionsinstanz ist daher zugunsten der [X.] zu unterstel-len, dass sie -
wie von ihr behauptet
-
keinen Einfluss auf die Gestaltung der Anzeigen gehabt und von den Herstellern gestaltete Anzeigen veröffentlicht hat. Dies
steht einer
Verantwortlichkeit der [X.] allerdings nicht entgegen.
Schuldner der in §
8 [X.] geregelten Abwehransprüche ist jeder, der durch sein Verhalten den objektiven Tatbestand einer Zuwiderhandlung im Sinne von §§
3, 7
[X.] selbst, durch
einen anderen oder gemeinschaftlich mit einem an-deren adäquat kausal verwirklicht. Im Falle der Verbreitung wettbewerbswidri-ger Äußerungen in [X.] haftet neben dem Urheber der Äußerung jeder an der Weitergabe und der Verbreitung Beteiligte, soweit sein Verhalten
wie im Streitfall rechtsfehlerfrei festgestellt
(vgl. oben Rn. 16) eine geschäftliche Handlung im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
1 [X.] darstellt (vgl. [X.], Urteil vom 10.
Februar 2011
I
ZR
183/09, [X.], 340 Rn.
27
=
WRP 2011, 459

Irische Butter, [X.]).

2.
Die Revision macht
ohne Erfolg geltend, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte nach den Grundsätzen der einge-schränkten Haftung der Presse für wettbewerbswidrige Anzeigen ihrer Inseren-ten nicht auf Unterlassung in Anspruch genommen werden
könne.

a)
Nach ständiger Rechtsprechung des [X.]
haftet
ein [X.] für die [X.] gesetzwidriger
Werbeanzeigen Dritter nur, wenn es gegen seine Pflicht zur Prüfung verstoßen hat, ob die [X.] der Anzeigen
gegen gesetzliche Vorschriften verstößt. Bei dem Umfang der Prüfungspflicht ist zu berücksichtigen, dass die Beurteilung von
28
29
30
31
-
14
-
Anzeigen bei der [X.] unter dem Gebot der raschen Entscheidung steht. Um die Arbeit von [X.] nicht über Gebühr zu erschweren und die Verantwortlichen nicht zu überfordern, besteht daher mit Blick auf die Gewährleistung der Pressefreiheit gemäß Art.
5 Abs.
1 GG nur eine einge-schränkte Prüfungspflicht. Sie beschränkt sich auf grobe und unschwer erkenn-bare Rechtsverstöße (vgl. [X.], Urteil vom 26.
April 1990 -
I
ZR
127/88, [X.], 1012, 1014 = [X.], 19 -
Pressehaftung
I;
Urteil vom 7.
Mai 1992

I
ZR
119/90, [X.], 618, 619
Pressehaftung
II; Urteil vom 9.
November 2000
I
ZR
167/98, [X.], 529, 531 = [X.], 531

[X.]; Urteil vom 14.
Juni 2006
I
ZR
249/03, [X.], 957 Rn.
14 = [X.], 1225
[X.]; [X.] in [X.]/Bornkamm, [X.], 33.
Aufl., §
9 Rn.
2.3; [X.]/Goldmann in Harte/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
8 Rn.
102).

b)
[X.] Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte könne sich ihrer Haftung für die [X.] der wettbewerbswidrigen Werbeanzeigen nicht unter Berufung auf die Pressefreiheit entziehen. Bei der Zeitschrift "[X.] der [X.]"
handele es sich nicht um ein klassisches Presseerzeugnis, sondern um ein Werbeblatt. Die Zeitschrift
stehe in Bezug auf ihren presserechtlichen Schutz einem Werbeprospekt gleich. Diese Beurteilung hält der Nachprüfung stand.

aa)
Die Anwendung der Grundsätze der eingeschränkten Prüfungspflicht der Presse kann allerdings nicht allein
mit der Begründung verneint werden, bei der Zeitschrift "[X.] der Woche"
handele es sich
nicht um ein klassisches Pres-seerzeugnis, sondern um ein Werbeblatt.

(1) Maßgeblich für die eingeschränkte Prüfungspflicht der Presse ist die durch Art.
5 Abs.
1 Satz 2 GG geschützte Pressefreiheit ([X.], [X.], 1012, 1014 -
Pressehaftung
I; [X.], 618, 619
Pressehaftung
II), die der Presse als Institution zukommt und auch den Anzeigenteil eines Presseor-32
33
34
-
15
-
gans umfasst (vgl. [X.] 21, 271, 278

Südkurier; [X.], [X.], 170, 172). Der Schutz des Art.
5 Abs.
1 Satz
2 GG gebührt nicht nur Presseer-zeugnissen im herkömmlichen Sinne (vgl. [X.], Urteil vom 18.
Dezember 1968

I
ZR
113/66, [X.]Z 51, 236, 246
f. -
Stuttgarter Wochenblatt
I). Die grund-rechtliche Garantie der Pressefreiheit gilt vielmehr auch für Kundenzeitschriften (vgl. [X.], 184, 189; [X.], [X.] 2009, 136, 137) und für Anzeigenblätter, die hauptsächlich Werbeanzeigen und zu einem geringeren Anteil redaktionelle Beiträge enthalten (vgl. [X.]Z 51, 236, 238
f.
und 246
f.
-
Stuttgarter Wochenblatt
I; [X.], Urteil vom 12.
November 1991
KZR
18/90, [X.]Z 116, 47, 54

Amtsanzeiger; Urteil vom 20.
November 2003
-
I
ZR
151/01, [X.]Z 157, 55, 62 -
20
Minuten [X.]; Urteil vom 26.
Januar 2006

I
ZR
121/03, [X.], 429, 431 = [X.], 584

[X.]).

[X.] Danach
fällt das
Blatt der [X.] in den Schutzbereich der [X.]. Bei dem Werbeblatt handelt es sich nicht um einen reinen Werbepros-pekt. Es enthält nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zwar vor allem Werbung für in den [X.]-Märkten erhältliche Produkte. Daneben enthält
es aber auch unterhaltende Beiträge
wie Horoskope, Rätsel oder Prominentenpor-träts.

bb) [X.] Berufungsgericht hat jedoch ohne Rechtsfehler angenommen, die Zeitschrift "[X.] der Woche"
stehe in Bezug auf ihren presserechtlichen Schutz einem (reinen) Werbeprospekt gleich.

(1) Der Schutzumfang der Pressefreiheit ist umso geringer, je weniger ein Presseerzeugnis der Befriedigung eines Informationsbedürfnisses von [X.] Interesse oder der Einwirkung auf die öffentliche Meinung dient und je mehr es eigennützige Geschäftsinteressen wirtschaftlicher Art verfolgt
(vgl. [X.]Z 116, 47, 54

Amtsanzeiger; [X.] in [X.]/Bornkamm
aaO
§
3 Rn.
83; zu Art.
5 Abs.
1 Satz
1 GG Ahrens in Harte/[X.]
aaO
Einl
G Rn.
76). Da-35
36
37
-
16
-
nach kann sich ein [X.] grundsätzlich nicht mit Erfolg auf eine eingeschränkte Haftung für gesetzwidrige Werbeanzeigen Dritter berufen, wenn die fragliche Zeitschrift keinen nennenswerten meinungsbildenden Bezug hat, sondern nahezu
ausschließlich
Werbung enthält.

[X.] Nach diesen Maßstäben ist es aus Rechtsgründen nicht zu bean-standen, dass das Berufungsgericht die Zeitschrift "[X.] der Woche"
in Bezug auf ihren presserechtlichen Schutz
einem (reinen) Werbeprospekt gleichgestellt hat. Die Zeitschrift weist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keinen meinungsbildenden Bezug, sondern eine fast durchweg kommerzielle [X.] auf. Sie wird
von Werbeanzeigen beherrscht und nur zu dem Zweck her-ausgegeben, die Leser zu bewegen, "im [X.] einzukaufen". Die unterhal-tenden Bestandteile der Zeitschrift treten in ihrem Umfang und ihrer Bedeutung dahinter zurück. Die Revision hat diese Feststellungen nicht angegriffen. Sie hat insbesondere nicht
geltend gemacht, die Zeitschrift "[X.] der Woche"
verfü-ge über einen nennenswerten redaktionellen Teil.
Unter diesen Umständen lässt die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte könne sich nicht auf die
eingeschränkte Prüfungspflicht von [X.] berufen, keinen Rechtsfehler erkennen.

[X.]) Ohne Erfolg macht die
Revision
geltend, eine eingeschränkte Ver-antwortlichkeit der [X.]
folge daraus, dass es sich bei der Veröffentli-chung von
Werbeanzeigen
durch die Beklagte um ein
Massengeschäft
handele.

(1) Der Bundesgerichtshof
hat das Erfordernis einer eingeschränkten Pressehaftung allerdings auch damit begründet, dass [X.] re-gelmäßig unter Zeitdruck stehen und eine umgehende Überprüfung sämtlicher Anzeigen auf Gesetzesverstöße
die Arbeit der Presse unzumutbar erschweren würde (vgl. [X.], [X.], 1012, 1014 -
Pressehaftung
I; [X.], 957 Rn.
14 -
[X.]).
38
39
40
-
17
-

[X.] Bei dem Werbeblatt "[X.] der Woche"
handelt es sich nach den Fest-stellungen des Berufungsgerichts jedoch nicht um ein der
aktuellen Berichter-stattung verpflichtetes Presseerzeugnis. Die Beklagte kann sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, sie stehe als Herausgeberin dieses Blattes bei der Bear-beitung der Anzeigenaufträge unter dem Gebot einer
raschen Entscheidung.

III. Den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung von
Abmahnkosten hat das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf das landgerichtliche Urteil nach §
12 Abs.
1 Satz
2 [X.] für begründet erachtet. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Revision hat
insoweit auch keine eigenstän-digen Rügen
erhoben.

41
42
-
18
-
C. Die Revision ist danach auf Kosten der [X.] (§
97 Abs.
1 ZPO)
zurückzuweisen.

Koch
Schaffert
Löffler

Schwonke
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 31.10.2012 -
8 O 20/12 Hä -

OLG Stuttgart, Entscheidung vom 11.07.2013 -
2 [X.] -

43

Meta

I ZR 136/13

05.02.2015

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.02.2015, Az. I ZR 136/13 (REWIS RS 2015, 15972)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15972

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZR 136/13 (Bundesgerichtshof)

Wettbewerbsverstoß durch irreführende Werbung: Sonderangebotswerbung in der Kundenzeitschrift einer Supermarktkette mit unrichtigen Angaben zu Testergebnissen …


I ZR 253/02 (Bundesgerichtshof)


I-15 U 24/15 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


4 HK O 14545/21 (LG München I)

Werbung, Arzt, Leistungen, Krankenhaus, Facharzt, Dienstleistungen, Unterlassungsanspruch, Medizin, Klinik, Pressefreiheit, Anlage, Arbeit, Vergleich, Leistungserbringer, leitende …


I ZR 197/12 (Bundesgerichtshof)

Wettbewerbsrecht: Werbung für Lebensmittel mit Testergebnissen der Stiftung Warentest


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

I ZR 136/13

I ZR 104/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.