Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2017, Az. KZR 50/15

Kartellsenat | REWIS RS 2017, 881

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:121217UKZR50.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
KZR 50/15
Verkündet am:

12. Dezember 2017

Bürk

Amtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]
GWB § 20 Abs. 1 Satz 1
a)
Steht eine sortimentsbedingte Abhängigkeit in Rede, kommt es für die [X.], wann ein Unternehmen als kleines oder mittleres Unternehmen anzu-sehen ist, regelmäßig entscheidend auf einen Vergleich der Größe des be-hinderten Unternehmens mit seinen Wettbewerbern an (Bestätigung von [X.], Beschluss vom 19. Januar 1993 -
KVR 25/91, [X.]/E [X.] 2875
-
Herstellerleasing).
b)
Entschließt sich ein Anbieter zu einem bestimmten Zeitpunkt dazu, den [X.] seiner Waren auf ein qualitatives selektives Vertriebssystem umzustel-len, spricht es regelmäßig für das Vorliegen einer [X.], wenn sich für den Zeitraum zuvor eine hohe Distributionsrate fest-stellen lässt (Fortführung von [X.], Urteil vom 9. Mai 2000 -
KZR 28/98, [X.], 1108 -
[X.]).
[X.], Urteil vom 12. Dezember 2017 -
KZR 50/15 -
OLG [X.]

LG [X.] I

-
2
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Der Kartellsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12.
Dezember 2017 durch die Präsidentin des [X.] [X.], die Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Meier-Beck und Dr. Raum sowie [X.] und Dr.
Deichfuß
für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 17. September 2015 auf-gehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin betreibt den Einzelhandel mit Lederwaren, zu denen unter anderem
Koffer rechnen. Sie unterhält fünf Ladengeschäfte in [X.] und eines in [X.]. Die Klägerin veräußert vielfach Waren zu Preisen, die unter den von den Herstellern empfohlenen Verkaufspreisen liegen. Darauf macht sie durch farbige Preisschilder aufmerksam, auf denen dem durchgestri-chenen empfohlenen Verkaufspreis des Herstellers der
von ihr geforderte, niedrigere
Preis gegenübersteht.

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Die [X.] stellt her und vertreibt Koffer unter der Marke "[X.]". Sie belieferte die Klägerin zuletzt auf der Grundlage eines [X.] aus dem Jahr 2005. Diesen Vertrag kündigte sie zum 30. September 2012. Zugleich bot sie der Klägerin den Abschluss eines neuen "[X.] zum selektiven Vertriebssystem 2011"
an, der unter anderem
die Verpflichtung des Händlers vorsieht, die Koffer der [X.] in bestimmter Weise zu präsentieren und ein Shop-in-Shop-System der [X.] zu erwerben und einzusetzen. Auf einen Abschluss des neuen [X.] für sämtliche Ladengeschäfte der [X.] konnten sich die [X.]en nicht einigen. Der Auftritt der Klägerin entspricht aus Sicht der [X.] nicht ihrem Geschäftskonzept und ihrer Marketingstra-tegie.
Das [X.] hat die Klage, die darauf gerichtet ist, die [X.] zu verurteilen, das Angebot der Klägerin zum Abschluss des [X.] für die sechs Ladengeschäfte anzunehmen und die Klägerin zu den Konditionen dieses Vertrags mit dem
jeweilig aktuellen Produktsortiment zu den Preisen der jeweils aktuellen Händlerpreislisten zu beliefern, abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht die [X.] antragsgemäß verurteilt. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der [X.], der die Klägerin entgegentritt.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht (OLG [X.], [X.]/E [X.]-R 4910 = [X.] 2015, 490) hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Klägerin habe gegenüber der [X.] nach §
33 Abs.
1 Satz 1 in Verbindung mit §§
20 Abs.
1 Satz 1, 19 Abs.
1, Abs.
2 Nr.
1 GWB einen An-2
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spruch auf Abschluss des [X.] und auf Belieferung, da sie auf die Belieferung durch die [X.] angewiesen sei.
Nachdem der Umsatz der Klägerin deutlich unter 25 Millionen Euro pro Jahr liege, sei sie als kleines bis mittleres Unternehmen im Sinne von §
20 Abs.
1 GWB anzusehen.
Sachlich relevant sei der Markt für hochpreisige und hochwertige Koffer. Zwar seien Koffer nach ihrem Verwendungszweck ohne weiteres austauschbar, weil sie funktionell, unabhängig von Qualität und Preis, dem Transport und Schutz von Gepäck dienten. Berücksichtige man jedoch auch die Eigenschaften und die Preislage von Koffern, unterscheide der Verbraucher zwischen ver-schiedenen Preissegmenten. Dass die Grenzen zwischen diesen Preissegmen-ten möglicherweise nicht eindeutig festlägen, sei insoweit nicht ausschlagge-bend.
Auf diesem Markt nehme die [X.] aufgrund der Qualität und Exklusi-vität ihrer Produkte eine Spitzenstellung in dem Sinne ein, dass ihre Ware für einen Händler durch gleichartige Waren anderer Hersteller nicht ersetzbar sei. Hinweise auf
eine Spitzenstellungsabhängigkeit könnten sich aus hervorragen-der Qualität, einmaliger technischen Gestaltung oder exponierter Werbung er-geben. Setze der Verkehr das Angebot des betreffenden Produkts bei einem Händler als selbstverständlich voraus und führe sein Fehlen zu einer gewichti-gen Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit des Händlers, werde sich dies in einer entsprechenden Distributionsrate niederschlagen. Die Ware werde sich in diesem Fall im Sortiment fast aller vergleichbaren Händler finden. Eine hohe Distributionsrate stelle damit ein deutliches Indiz für eine Spitzenstellungsab-hängigkeit dar. Nach dem Vortrag der [X.] sei davon auszugehen, dass ihre Koffer jedenfalls bis 2008 in beinahe jedem Fachgeschäft in [X.] angeboten worden
seien. Dementsprechend führten auch die zahlreichen Wett-bewerber der Klägerin in der [X.] noch immer Produkte der 6
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[X.] in ihrem Sortiment. Auch wenn die [X.] sich um eine Ausdün-nung ihres Händlernetzes bemühe, setze der Verkehr weiterhin als selbstver-ständlich voraus, dass ein Händler wie die Klägerin Koffer der [X.] könne. Bestätigt werde dies dadurch, dass die [X.] nach einer von der Klägerin vorgelegten GfK-Studie im Segment hochpreisiger Hartschalenkoffer deutlich dominiere. Ein Ausweichen auf andere Hersteller sei für die Klägerin nicht ausreichend und zumutbar.
Durch ihre Weigerung, den neuen Händlervertrag mit der Klägerin abzu-schließen, behandele die [X.] die Klägerin ohne sachlich rechtfertigenden
Grund anders als gleichartige Unternehmen. Soweit die [X.] das [X.] der Klägerin beanstande, könne dies ihre Weigerung schon deshalb nicht rechtfertigen, weil der [X.] zwölf Monate Zeit einräume, um den von der [X.] aufgestellten qualitativen Kriterien zu genügen. Da die Klägerin sich nicht von vornherein geweigert habe, dieses Erscheinungsbild zu ändern, sei ihr Gelegenheit zu geben, die Filialen vertragskonform umzuge-stalten.
I[X.] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem [X.] Punkt nicht stand.
1. Zutreffend sieht das Berufungsgericht die Klägerin als kleines oder mittleres Unternehmen im Sinne von §
20 Abs.
1 Satz 1 GWB an.
Der Gesetzgeber hat bewusst nicht alle von einem marktstarken
Unter-nehmen abhängige Nachfrager unter den Schutz des §
20 Abs.
1 Satz 1 GWB gestellt. Wie sich aus der Begründung der fünften Novelle des [X.] ergibt, mit welcher diese Beschränkung in das Gesetz aufgenommen wurde, hat
der Gesetzgeber angenommen, einer gesetz-lichen Belieferungspflicht bedürfe es gegenüber großen Unternehmen nicht, weil sie sich selbst bei bestehender Abhängigkeit auch ohne diesen Schutz be-haupten könnten (BT-Drucks. 11/4610, S. 21 f.).
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Wann ein Unternehmen als kleines oder mittleres Unternehmen anzuse-hen ist, ist im Gesetz nicht bestimmt. Nach der Rechtsprechung des Senats lässt sich diese Einstufung nicht nach absoluten Zahlen festlegen ([X.], [X.] vom 24.
September 2002 -
KVR
8/01, [X.]Z 152, 97,
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Konditio-nenanpassung). Steht -
wie hier -
eine sortimentsbedingte Abhängigkeit in Re-de, kommt es regelmäßig entscheidend auf einen Vergleich der Größe des be-hinderten Unternehmens mit seinen Wettbewerbern an ([X.], Beschluss vom 19. Januar 1993 -
KVR
25/91, [X.]/E [X.] 2875, 2879
-
Herstellerleasing).
Danach kann die Klägerin nicht als Großunternehmen des Handels an-gesehen werden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts betreibt sie lediglich sechs Einzelhandelsgeschäfte für Lederwaren in [X.] und [X.]. Sie steht zudem nicht nur mit anderen Einzelhändlern, sondern, wie das Vorbringen der Revisionsbegründung in anderem Zusammenhang bestä-tigt, auch mit den Betreibern großer Kaufhäuser im Wettbewerb. Sind diese da-nach
in die Beurteilung einzubeziehen, ist die Annahme des Berufungsgerichts, bei der Klägerin handele es sich um ein kleines oder allenfalls mittleres Unter-nehmen, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Es kann daher offen bleiben, ob der Hinweis des Berufungsgerichts, der Jahresumsatz
der Klägerin überschreite 25 Millionen Euro nicht, als solcher genügte, um sie als kleines oder mittleres Unternehmen einzuordnen.
2. Ob die Annahme des Berufungsgerichts zutrifft, der sachlich relevante Markt sei in der Weise abzugrenzen, dass es einen eigenen Markt für Koffer gebe, die höhere Qualität aufweisen und zu höheren Preisen veräußert werden, kann offen bleiben. Eine sortimentsbedingte Abhängigkeit der
Klägerin von der [X.] kommt
unabhängig davon bereits dann in Betracht, wenn ein Fach-einzelhändler für Lederwaren, der in nennenswertem Umfang Koffer führt, [X.] angewiesen ist, dass er seinen Kunden jedenfalls auch Koffer aus dem Sortiment der [X.] anbieten kann. Die Revision hat jedenfalls deshalb 13
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Erfolg, weil die Feststellungen des
Berufungsgerichts zu den Umständen, aus denen es eine Spitzenstellungsabhängigkeit der Klägerin von der [X.] gefolgert hat, nicht verfahrensfehlerfrei getroffen worden sind.
a) Nach der Rechtsprechung des [X.] liegt eine Spitzen-stellungsabhängigkeit vor, wenn ein Hersteller aufgrund der Qualität und Exklu-sivität seines Produkts ein solches Ansehen genießt und eine solche Bedeu-tung auf dem Markt erlangt hat, dass der nachfragende Händler in seiner Stel-lung als Anbieter darauf angewiesen ist, gerade (auch) dieses Produkt zu füh-ren, weil sein Fehlen im Angebot zu einem Verlust an Ansehen und zu einer gewichtigen Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit des Händlers führte und sich daher vorhandene Möglichkeiten, auf andere Anbieter
auszuweichen, nicht als ausreichend und zumutbar erweisen.
Ob eine solche Form der sortimentsbedingten Abhängigkeit vorliegt, ist anhand einer umfassenden Würdigung der Umstände des konkreten Falls zu beurteilen. Hinweise auf eine Spitzenstellung des Anbieters können sich etwa aufgrund der hervorragenden Qualität, der einmaligen technischen Gestaltung oder der exponierten Werbung ergeben.
Maßgebliche Bedeutung kommt regelmäßig der Distributionsrate zu. Verhält es sich
so, dass der Verkehr das Angebot eines
bestimmten Produkts bei einem Händler als selbstverständlich voraussetzt, und führt das Fehlen die-ser Ware im Angebot zu einem Verlust an Ansehen und zu einer gewichtigen Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit des Händlers, wird sich dies auch in einer
entsprechenden Distributionsrate niederschlagen. Die Ware wird sich in diesem Fall im Sortiment fast aller vergleichbaren Händler finden. Eine hohe Distributionsrate stellt daher zumindest bei Waren, die nicht über ein selektives Vertriebssystem abgesetzt
werden, ein deutliches Indiz für eine Spitzenstel-lungsabhängigkeit dar ([X.], Urteil vom 9. Mai 2000 -
KZR 28/98, [X.], 16
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1108, 1109 mwN -
[X.]). Die Darlegungs-
und Beweislast liegt insoweit bei demjenigen, der einen Belieferungsanspruch geltend macht.
Bei einem Vertrieb der betreffenden Waren über ein qualitatives selekti-ves Vertriebssystem kann diesem Indiz ein geringeres Gewicht beizulegen sein. In diesem Fall beliefert der Anbieter nur solche Händler, die bereit sind, [X.] qualitative Vorgaben, etwa eine gehobene Ausstattung oder eine be-vorzugte Lage des Ladengeschäfts, zu erfüllen. Die Bereitschaft der Händler hierzu kann darauf hinweisen, dass die Produkte des Anbieters für sie von [X.] Bedeutung sind. Zugleich kann der Befund, dass die betreffenden Wa-ren nicht von fast allen vergleichbaren Händlern geführt werden, bei einer [X.] Sachlage seine Erklärung darin finden, dass bestimmte Händler den Krite-rien des selektiven Vertriebs nicht genügen. Entschließt sich ein Anbieter zu einem bestimmten Zeitpunkt dazu, auf ein qualitatives selektives Vertriebs-system umzustellen, spricht
es regelmäßig für das Vorliegen einer Spitzenstel-lungsabhängigkeit, wenn sich für den Zeitraum zuvor eine hohe Distributionsra-te feststellen lässt.
b) Die danach erforderliche Beurteilung, ob eine [X.] besteht, ist grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten und vom [X.] nur darauf zu überprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des §
286 ZPO mit dem Prozessstoff und den [X.] [X.] und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt ([X.],
[X.], 1108, 1109 -
Designer-Polster-möbel). Die Annahme des Berufungsgerichts, die Voraussetzungen einer Spit-zenstellungsabhängigkeit lägen im Streitfall vor, beruht auf [X.].
[X.]) Die [X.] hat sich im [X.] dafür entschieden, ihre Waren künftig in einem qualitativen selektiven Vertriebssystem abzusetzen. Das [X.] ist daher im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass der Dis-19
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tributionsrate in den Jahren 2005 bis 2010 Bedeutung zukommt. Es hat jedoch wesentliches Vorbringen der [X.] hierzu nicht berücksichtigt.
(1) Das Berufungsgericht hat sich wesentlich darauf gestützt, dass die [X.] in markenrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen [X.] vorgetragen hat, ihre Koffer seien jedenfalls bis zum [X.] in [X.] jedem Fachgeschäft in [X.] angeboten worden, und die Gerichte in diesen Verfahren das Vorbringen der [X.] zugrunde gelegt haben (vgl. [X.], Urteil vom 30. April 2008 -
I [X.], [X.], 793 Rn. 1 und 18

Rillenkoffer; [X.], [X.], 518, 519 f.). Es hat dabei nicht berücksichtigt, dass die dort getroffenen Feststellungen von der jeweils [X.], die mit der Klägerin nicht identisch ist, nicht bestritten wurden und schon deshalb der Entscheidung des Gerichts zugrunde zu legen waren (§
138 Abs.
3 ZPO). Zudem ging es in diesen Rechtsstreitigkeiten nicht darum, ob der [X.] eine relative Marktmacht i.S. von §
20 Abs.
1 GWB zukomme. Der Verbreitung der Produkte der [X.] kam dort lediglich Bedeutung für die Kennzeichnungskraft der Klagemarke ([X.],
[X.], 793 Rn. 18 -
Ril-lenkoffer) bzw. für die Frage zu, ob das Design der von ihr vertriebenen Koffer wettbewerbliche Eigenart aufweist ([X.], [X.], 518, 520).
(2) Demgegenüber hat sich das Berufungsgericht nicht mit dem Vortrag der [X.] dazu auseinandergesetzt, wie viele [X.] sie bislang mit Koffern aus ihrer Produktion beliefert hat.
Danach hat sie im Jahr 2005 rund 700 von insgesamt mindestens 1.843 Lederfacheinzelhändlern beliefert, also rund 38%, im Jahr 2010
-
also unmittel-bar vor der Einführung eines selektiven Vertriebs -
rund 350 von insgesamt 1.673 [X.]n und damit rund 21%. Aktuell beliefere sie nur noch 299 Händler, was eine Distributionsrate von unter 20% bedeute.
Das Berufungsgericht hat es unter Verstoß gegen §
286 ZPO versäumt, sich mit diesem Vorbringen der [X.] auseinanderzusetzen.
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Der Umstand, dass es nicht ohne weiteres mit dem Vortrag der [X.] in anderen rechtlichen Auseinandersetzungen mit anderen [X.]en in [X.] stehen mag, rechtfertigt es nicht, dieses Vorbringen von vornherein als unbeachtlich anzusehen (vgl. [X.], Urteil vom 8.
November 1995

VIII
ZR
227/94, NJW 1996, 394
zu vorprozessualen Äußerungen;
Urteil vom 13.
März 2012 -
II ZR 50/09, NJW-RR 2012, 728 Rn.
16 mwN zu [X.] Vortrag einer [X.] innerhalb desselben Verfahrens).
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist dieser Vortrag auch nicht deshalb von vornherein unbeachtlich, weil nicht auszuschließen ist, dass die von der [X.] genannten Zahlen sowohl Einzelhändler einschließen, die sich auf den Verkauf von Handtaschen, Geldbörsen, Schirme und derglei-chen beschränken, deren Angebot also keine Koffer umfasst, als auch solche, die zwar Koffer anbieten, jedoch aufgrund zu geringen Umsatzes nicht in der Lage sind, die Koffer der [X.] in ihr Angebot aufzunehmen. Zwar trifft zu, dass es für die Bestimmung der Distributionsrate nur auf solche Händler an-kommt, die mit der Klägerin vergleichbar sind ([X.],
[X.], 1108, 1109

[X.]), die also zumindest in nennenswertem Umfang Koffer anbieten. Es fehlt jedoch an Feststellungen dazu, ob und wenn ja in welchem Umfang die von der [X.] genannten Zahlen auch [X.], die danach bei der Bestimmung der Distributionsrate außer Betracht zu bleiben haben.
Der vom Berufungsgericht ergänzend in Bezug genommene Artikel aus einer Fachzeitschrift des Lederwarenhandels rechtfertigt keine andere Beurtei-lung. Ihm
lässt sich lediglich entnehmen, dass es Kunden gibt, die gezielt nach Produkten der [X.] fragen. Welchen Anteil an der gesamten Kundschaft solche Kunden ausmachen, ergibt sich hieraus nicht.
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bb) Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht die Voraussetzungen für eine Spitzenstellungsabhängigkeit der Klägerin ver-neint hätte, wenn es dieses Vorbringen der [X.] berücksichtigt hätte.
3. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Feststellungen dazu, ob die [X.], wie die Klägerin weiter gel-tend macht, eine marktbeherrschende Stellung innehat, hat das Berufungsge-richt, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, nicht getroffen.
II[X.] Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zu
neu-er Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
[X.]
Meier-Beck
Raum

[X.]
Deichfuß
Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 09.09.2014 -
1 [X.] 7249/13 -

OLG [X.], Entscheidung vom 17.09.2015 -
U 3886/14 Kart -

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Meta

KZR 50/15

12.12.2017

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2017, Az. KZR 50/15 (REWIS RS 2017, 881)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 881

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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