Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.07.2016, Az. II R 57/14

2. Senat | REWIS RS 2016, 8390

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Gegenstand

Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei Grundstücksschenkung unter einer Auflage


Leitsatz

Grundstücksschenkungen unter einer Auflage unterliegen hinsichtlich des Werts der Auflage der Grunderwerbsteuer, wenn die Auflage bei der Schenkungsteuer abziehbar ist . Unerheblich ist, ob die Auflage tatsächlich bei der Schenkungsteuer abgezogen wurde. Das gilt selbst dann, wenn die Grundstücksschenkung insgesamt von der Schenkungsteuer befreit ist .

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 21. Oktober 2014  5 K 2894/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein gemeinnütziger Verein. Mit notariell beurkundetem [X.] erlangte er im Wege einer Schenkung den hälftigen Miteigentumsanteil an einem bebauten Grundstück. Die im Zeitpunkt der Schenkung fast 90 Jahre alte [X.] behielt sich das dingliche Recht zur alleinigen und ausschließlichen Nutzung der Wohnung im Obergeschoss des Hauses sowie zur Mitbenutzung aller Gemeinschaftsräume und Einrichtungen vor.

2

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) setzte mit [X.] vom 5. April 2012 die Grunderwerbsteuer auf 428 € fest. Als Bemessungsgrundlage legte er den Kapitalwert des Wohnungsrechts in Höhe von 17.128 € ([X.] 4.200 € x Vervielfältiger 4,078) zugrunde und rechnete diesen hälftig dem Kläger zu.

3

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts ([X.]) ist die Grundstücksschenkung zwar grundsätzlich nach § 3 Nr. 2 Satz 1 des Grunderwerbsteuergesetzes ([X.]) von der Besteuerung ausgenommen. Eine Ausnahme gelte nach § 3 Nr. 2 Satz 2 [X.] aber bei einer Schenkung unter Auflage. Der Wert der Auflage unterliege der Grunderwerbsteuer, wenn die Auflage bei der Schenkungsteuer abziehbar sei. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2015, 317, veröffentlicht.

4

Dagegen richtet sich die Revision. Der Kläger rügt eine Verletzung von § 3 Nr. 2 Satz 2 [X.]. Der Wert der Auflage habe nicht bei der Schenkungsteuer abgezogen werden können, da die Zuwendung nach § 13 Nr. 16 Buchst. b des [X.] (ErbStG) von der Schenkungsteuer befreit gewesen sei.

5

Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung, den Grunderwerbsteuerbescheid vom 5. April 2012 und die Einspruchsentscheidung vom 23. Juli 2012 aufzuheben.

6

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass die Grunderwerbsteuer nach dem Wert der Auflage zu bemessen ist, obwohl die Zuwendung des Grundstücks an den Kläger nicht der Schenkungsteuer unterliegt.

8

1. Der Wert des Wohnungsrechts unterliegt der Grunderwerbsteuer.

9

a) Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks begründet, der Grunderwerbsteuer. Von der Besteuerung ausgenommen sind nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG [X.]en unter Lebenden i.S. des [X.] Schenkungen unter einer Auflage unterliegen der Besteuerung jedoch hinsichtlich des Werts solcher Auflagen, die bei der Schenkungsteuer abziehbar sind (§ 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG).

b) Eine Schenkung unter einer Auflage (§ 525 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--) in Gestalt einer Nutzungs- oder Duldungsauflage liegt vor, wenn die Leistung des Beschenkten nicht für die Zuwendung, sondern auf der Grundlage und aus dem Wert der Zuwendung erfolgen soll (Urteil des [X.] --BFH-- vom 20. November 2013 II R 38/12, [X.], 411, [X.], 479, Rz 9, m.w.[X.]). Dies ist der Fall, wenn die [X.] unter der Auflage einer Nießbrauchsbestellung oder der Bestellung eines dinglichen Wohnungsrechts (§§ 1090, 1093 BGB) zugunsten des [X.]s oder eines [X.] vorgenommen wird (BFH-Urteile vom 13. April 2011 II R 27/09, [X.], 174, [X.], 730, Rz 12, und in [X.], 411, [X.], 479, Rz 9).

c) Derartige Nutzungs- oder Duldungsauflagen mindern bei der Schenkungsteuer die Bereicherung i.S. des § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] (BFH-Urteil in [X.], 411, [X.], 479, Rz 10, m.w.[X.]). Dies gilt für [X.] nach dem 31. Dezember 2008 auch dann, wenn die Grundstücksnutzung dem [X.] oder dessen Ehegatten zusteht; denn das insoweit früher in § 25 Abs. 1 Satz 1 [X.] vorgesehene Abzugsverbot wurde durch Art. 1 Nr. 20 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 des [X.] (ErbStRG) vom 24. Dezember 2008 ([X.], 3018) mit Wirkung ab 1. Januar 2009 aufgehoben und gilt daher gemäß § 37 Abs. 1 [X.] i.d.F. des Art. 1 Nr. 29 Buchst. a ErbStRG nicht mehr für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 31. Dezember 2008 entsteht (BFH-Urteil in [X.], 411, [X.], 479, Rz 10, m.w.[X.]).

d) Im Streitfall liegt eine [X.] i.S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 [X.] vor. Die Schenkung erfolgte unter dem Vorbehalt eines Wohnungsrechts. Dabei handelt es sich um eine Nutzungs- oder Duldungsauflage, deren Wert bei der Schenkungsteuer abziehbar ist. Die Abziehbarkeit bei der Schenkungsteuer hat nach § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG zur Folge, dass der Grundstückserwerb mit dem Wert der Auflage der Grunderwerbsteuer unterliegt.

2. Der Wert der Auflage unterliegt nach § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG der Grunderwerbsteuer, obwohl die [X.] im Streitfall insgesamt von der Schenkungsteuer befreit ist.

a) § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG stellt seinem Wortlaut nach allein darauf ab, dass die Auflage bei der Schenkungsteuer "abziehbar ist". Dadurch hat der Gesetzgeber im [X.] an den Beschluss des [X.] vom 15. Mai 1984  1 BvR 464/81 u.a. ([X.] 67, 70, [X.] 1984, 608, unter [X.].) klargestellt, dass Auflagen, die bei der Schenkungsteuer nicht abziehbar sind, sondern nur zu einer Stundung der Steuer nach § 25 [X.] a.F. führen, der Bemessung der Grunderwerbsteuer nicht zugrunde gelegt werden dürfen (vgl. BFH-Urteil in [X.], 411, [X.], 479, Rz 13, m.w.[X.]). Hätte der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen wollen, dass eine Schenkung unter einer Auflage nur insoweit der Grunderwerbsteuer unterliegt, als der Wert der Auflage bei der Schenkungsteuer tatsächlich abgezogen wurde, hätte er dies durch eine entsprechende Formulierung regeln können und müssen (vgl. BFH-Urteil in [X.], 411, [X.], 479, Rz 14). Es spielt für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer daher keine Rolle, ob Schenkungsteuer tatsächlich festgesetzt wurde und ggf. mit welchem Wert die Auflage sich dabei bereicherungsmindernd auswirkte (BFH-Urteil in [X.], 411, [X.], 479, Rz 12, m.w.[X.]). Die Festsetzung von Schenkungsteuer einerseits und von Grunderwerbsteuer andererseits haben verfahrensrechtlich und materiell-rechtlich grundsätzlich unabhängig voneinander nach den jeweils geltenden Vorschriften zu erfolgen ([X.] in [X.], [X.], 18. Aufl., § 3 Rz 100).

b) Nach diesen Grundsätzen ist es nach § 3 Nr. 2 Satz 2 GrEStG ohne Bedeutung, dass die freigebige Zuwendung des Grundstücks an den Kläger zwar steuerbar ist, aber nach § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b [X.] steuerfrei bleibt. Ausreichend ist, dass der Wert des Wohnungsrechts dem Grunde nach vom Erwerb im schenkungsteuerrechtlichen Sinn abziehbar ist. Das ist --wie ausgeführt-- hier der Fall.

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O, die Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung auf § 121 Abs. 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 [X.]O.

Meta

II R 57/14

12.07.2016

Bundesfinanzhof 2. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 21. Oktober 2014, Az: 5 K 2894/12, Urteil

§ 3 Nr 2 S 2 GrEStG, § 13 Abs 1 Nr 16 Buchst b ErbStG, § 525 Abs 1 BGB, § 10 Abs 1 S 1 ErbStG vom 24.12.2008, § 25 Abs 1 S 1 ErbStG vom 27.02.1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.07.2016, Az. II R 57/14 (REWIS RS 2016, 8390)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8390

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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