Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.10.2004, Az. IV ZR 287/03

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 1340

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS IV ZR 287/03
vom 6. Oktober 2004 in dem Rechtsstreit

- 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.]

am 6. Oktober 2004

beschlossen:
Die Gegenvorstellung der Prozeßbevollmächtigten des
[X.] gegen den [X.]sbeschluß vom 19. Mai 2004 wird zurückgewiesen.

Gründe:

Mit Beschluß vom 19. Mai 2004 hat der [X.] die Anträge des [X.] auf Bestellung eines Notanwalts und auf Verlängerung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, ferner die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] als unzulässig verworfen. Den Streitwert hat der [X.] für alle Instanzen auf 17.307,23 • festgesetzt. Gegen diese Festsetzung wendet sich die Prozeßbevollmächtigte des [X.] mit ihrer Gegenvorstellung.

[X.] Zugrunde liegt folgendes:
- 3 -

1. Der Kläger hat vom beklagten Kaskoversicherer [X.] in Höhe von insgesamt 33.850 DM wegen des behaupteten Diebstahls seines Kraftfahrzeuges am 3. September 2000 gefordert. An-läßlich der Schadensmeldung hatte ihm die Beklagte zunächst ein [X.] Darlehen in Höhe von 32.000 DM (16.361,34 •) mit einer Laufzeit von zwölf Monaten gewährt. Es war vereinbart, daß dieses [X.] auf Anforderung der Beklagten zurückzuzahlen war, ohne daß Gründe für die Rückforderung benannt zu werden brauchten. Das Darle-hen sollte überdies sofort zur Rückzahlung fällig sein, wenn die ab-schließende Überprüfung des [X.] durch die Beklagte ergäbe, daß dem Kläger kein Anspruch auf Versicherungsleistungen zustünde.

In der Folgezeit lehnte die Beklagte Versicherungsleistungen ab, weshalb der Kläger Klage auf die Feststellung erhob, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm eine Versicherungsleistung von 32.000 DM (16.361,34 •), das entspricht der Höhe des [X.], zu ge-währen. Den restlichen [X.] forderte er mittels einer auf die Zahlung von 1.850 DM (945,89 •) gerichteten Leistungsklage ein. [X.] verlangte die Beklagte die Rückzahlung des Darlehens.

2. Der [X.] ist bei der Streitwertfestsetzung davon ausgegangen, daß der Feststellungsantrag und die Widerklage hier wirtschaftlich den-selben Gegenstand betrafen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG a.F.), wes-halb er bei der Streitwertfestsetzung insoweit lediglich den höheren Wert der Widerklage (16.361,34 •) in Ansatz gebracht hat. Zusammen mit dem Leistungsantrag des [X.] (945,89 •) ergab sich der festgesetzte Streitwert von 17.307,23 •.
- 4 -

I[X.] Die Gegenvorstellung macht geltend, anders als ein auf die Rückforderung einer Vorschußleistung gerichteter Bereicherungsan-spruch sei der mit der Widerklage verfolgte Darlehensrückzahlungsan-spruch rechtlich unabhängig von einer Leistungsverpflichtung aus dem Versicherungsvertrag und betreffe daher einen anderen Gegenstand im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG a.F. als der Feststellungsantrag des [X.]. Das zeige sich auch daran, daß im Darlehensvertrag ein [X.] hinsichtlich des [X.] ver-einbart gewesen sei. Selbst ein Erfolg der Feststellungsklage habe daher den Darlehensrückzahlungsanspruch nicht zu Fall bringen können.

II[X.] Das überzeugt nicht. Der [X.] hält daran fest, daß [X.] und Widerklage hier denselben Gegenstand im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 3 GKG a.F. betreffen.

1. Die Werte von Klage und Widerklage werden nach § 19 Abs. 1 GKG a.F. zusammengerechnet, sofern die Ansprüche wirtschaftlich nicht denselben Gegenstand betreffen. Zweck der Vorschrift ist es, den Ge-bührenstreitwert niedrig zu halten, wenn die gemeinschaftliche [X.] von Klage und Widerklage die Arbeit des Gerichts vereinfacht ([X.], [X.] 1977, 177, 180). Deshalb kommt es nicht auf den zivil-prozessualen [X.] an, von dem § 19 Abs. 1 GKG a.F. auch nicht spricht ([X.], Urteil vom 28. September 1994 - [X.] - NJW 1994, 3292 unter 3 b; [X.], ZPO 22. Aufl. § 5 [X.]. 48; [X.], ZPO, 2. Aufl. § 5 [X.]. 40). Der kostenrechtliche Gegenstandsbegriff der Vorschrift erfordert vielmehr ei-ne wirtschaftliche Betrachtung. Eine Zusammenrechnung hat grundsätz-- 5 -

lich nur dort zu erfolgen, wo durch das Nebeneinander von Klage und Widerklage eine "wirtschaftliche [X.]" entsteht (vgl. dazu [X.], Beschluß vom 29. Januar 1987 - [X.] - NJW-RR 1987, 1148; [X.] in Musielak, ZPO 3. Aufl. § 5 [X.]. 1 und 13), beide also nicht das wirtschaftlich identische Interesse betreffen ([X.], Beschluß vom 23. Ok-tober 1990 - VI ZR 135/90 - NJW-RR 1991, 186; [X.], NJW 1982, 2800, 2802).

Eine solche wirtschaftliche Identität von Klage und Widerklage liegt nach der von der Rechtsprechung entwickelten "Identitätsformel" dann vor, wenn die Ansprüche aus Klage und Widerklage nicht in der Weise nebeneinander stehen können, daß das Gericht unter Umständen beiden stattgeben kann, sondern die Verurteilung nach dem einen Antrag not-wendigerweise die Abweisung des anderen Antrages nach sich zieht ([X.]Z 43, 31, 33; [X.], 164, 166; [X.], Beschluß vom 27. Februar 2003 - [X.]/02 - NJW-RR 2003, 713 unter II; [X.], [X.], 33. Aufl. § 19 GKG [X.]. 10; [X.]/[X.], [X.] für den Zivilprozeß 11. Aufl. [X.]. 2625, 2626, 2630, 2631; Stein/[X.]/[X.] aaO).

2. Bei der danach gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung zeigt sich zunächst, daß alleiniger Anlaß für die Darlehensgewährung der vom Kläger zuvor mit der Schadensmeldung erhobene Anspruch auf [X.] war. Nur deshalb war vereinbart, daß das Darlehen zinslos gewährt wurde und sofort zurückzuzahlen war, wenn die Beklagte einen Anspruch auf Versicherungsleistungen nach abgeschlossener Sachprüfung verneinte. Wirtschaftlich ging es erkennbar darum, dem Kläger einen jederzeit zurückholbaren Vorschuß auf die beanspruchten - 6 -

Versicherungsleistungen zu gewähren. Ein anderes Motiv für die [X.], dem Kläger ein Darlehen zu gewähren, ist nicht erkennbar. Die recht-liche Konstruktion einer Darlehensgewährung mit einem Verbot der [X.] (gegen den Darlehensrückzahlungsanspruch) verfolgte allein den Zweck, den Versicherer von der Beweislast für den Wegfall des [X.] zu befreien, die ihn bei einer Rückforderung einer norma-len Vorschußzahlung nach Bereicherungsrecht getroffen hätte (vgl. dazu [X.]Z 123, 217, 219 ff.).

Wegen dieser besonderen Zweckbestimmung der Darlehensge-währung schließen sich die mit der Klage und der Widerklage verfolgten Ansprüche auch in der von der "Identitätsformel" beschriebenen Art und Weise gegenseitig aus. Denn wäre der Kläger mit seinem Feststellungs-antrag durchgedrungen, stünde also fest, daß die Beklagte ihm wegen des Diebstahls seines Fahrzeuges Versicherungsleistungen in Höhe von 32.000 DM zu gewähren hätte, so hätte die Widerklage ungeachtet der im Darlehensvertrag vereinbarten [X.] und des [X.]s letztlich keinen Erfolg mehr haben können. Vielmehr hätte die Auslegung des Darlehensvertrages ergeben, daß die [X.] jedenfalls im Falle einer Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Versicherungsleistungen in gleicher Höhe ausgeschlossen sein sollte. Denn daß die Frage der [X.] nach dem Willen der Parteien nicht völlig von der Leistungspflicht der Beklagten aus dem Versicherungsfall abgekoppelt sein sollte, ergibt sich schon aus dem Anlaß der Darlehensgewährung sowie daraus, daß das Darlehen ungeachtet der vereinbarten zwölfmonatigen Laufzeit bei einer endgültigen Leistungsablehnung sofort zur Rückzahlung fällig sein sollte. - 7 -

Auf die Frage, ob die Voraussetzungen der Identitätsformel auch dadurch erfüllt wären, daß der Kläger bei Erfolg seines Feststellungsan-trages der Beklagten den Arglisteinwand der Pflicht zur alsbaldigen Rückgewähr der 32.000 DM (dolo [X.], [X.], quod statim redditurus sit, vgl. dazu [X.]/[X.], [X.]. § 242 [X.]. 52) hätte ent-gegenhalten können, kommt es danach nicht mehr an.

Terno [X.] [X.]

Dr. [X.]

[X.]

Meta

IV ZR 287/03

06.10.2004

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.10.2004, Az. IV ZR 287/03 (REWIS RS 2004, 1340)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 1340

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