Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 12.12.2011, Az. 2 B 34/11

2. Senat | REWIS RS 2011, 589

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Landesrechtliche Regelung des disziplinargerichtlichen Verfahrens; Eröffnung der Revisionsinstanz durch Landesgesetz


Leitsatz

Der Landesgesetzgeber ist berechtigt, in Disziplinarsachen keine Revisionsinstanz zu eröffnen.

Gründe

1

Die [X.]eschwerde ist entgegen der Rechtsmittelbelehrung des [X.]erufungsurteils unzulässig, weil das Landesdisziplinargesetz des [X.] ([X.]) für landesrechtliche Disziplinarverfahren eine Revisionsinstanz nicht eröffnet (vgl. auch Entwurfsbegründung [X.] 4/2364 S. 81).

2

Der [X.]esgesetzgeber hat nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG unter anderem die Kompetenz, Verfassung und Verfahren der Verwaltungsgerichte zu regeln. Von dieser Kompetenz hat er durch Erlass der Verwaltungsgerichtsordnung Gebrauch gemacht und das verwaltungsgerichtliche Verfahren erschöpfend geregelt. Auch bei umfassender und erschöpfender Regelung eines Gegenstandes der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz durch den [X.] sind landesrechtliche Regelungen jedoch insoweit zulässig, als das [X.]esrecht Vorbehalte zugunsten der Landesgesetzgebung enthält. Einen solchen Vorbehalt enthält § 187 Abs. 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift können die Länder den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit Aufgaben der Disziplinargerichtsbarkeit übertragen sowie dabei die [X.]esetzung und das Verfahren regeln (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 22. Juli 1970 - 2 [X.]vL 8/70 - [X.]E 29, 125 <137 ff.> m.w.N.).

3

[X.] hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Nach § 45 Satz 1 Halbs. 1 [X.] nehmen die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit die Aufgaben der Disziplinargerichtsbarkeit nach dem Landesdisziplinargesetz wahr.

4

§ 187 Abs. 1 VwGO belässt dem Landesgesetzgeber nicht nur die Kompetenz, den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit Aufgaben der Disziplinargerichtsbarkeit zu übertragen. Er eröffnet ihm auch die Möglichkeit, die [X.]esetzung und das Verfahren abweichend von den Regelungen der Verwaltungsgerichtsordnung zu regeln, ohne dass er dabei eine umfassende eigenständige Verfahrensregelung treffen müsste. Der Landesgesetzgeber kann sich auf den Erlass einiger abweichender Verfahrensbestimmungen beschränken ([X.], [X.]eschluss vom 22. Juli 1970 a.a.[X.] f.). Diese Kompetenz umfasst die [X.]efugnis, den Instanzenzug abweichend vom Regelfall der Verwaltungsgerichtsordnung zu regeln.

5

Der Landesgesetzgeber in [X.] hat eine Revisionsinstanz für das Disziplinarverfahren nicht eingeführt. Nach Art. 99 GG kann dem [X.]esverwaltungsgericht für den letzten Rechtszug durch Landesgesetz die Entscheidung in solchen Sachen zugewiesen werden, bei denen es sich um die Anwendung von Landesrecht handelt. Die Vorschrift eröffnet den Ländern damit die Möglichkeit, Zuständigkeiten von [X.]esgerichten im [X.]ereich des Landesrechts und damit auch im [X.]ereich des [X.] durch Landesgesetz zu begründen (vgl. zum Verhältnis zu § 127 [X.]: [X.], [X.]eschluss vom 2. Februar 1960 - 2 [X.] - [X.]E 10, 285 <292 f., 301 f.> und [X.], Urteil vom 29. April 2010 - [X.] 2 C 77.08 - [X.]E 137, 30 <31> = [X.] 271 [X.] Rn. 6; zum Personalvertretungsrecht: [X.], [X.]eschluss vom 13. Januar 1961 - [X.] 7 P 3.60 - [X.]E 11, 336 <337>, Urteile vom 16. Dezember 1977 - [X.] 7 P 27.77 und 28.77 - [X.] 238.3A § 106 [X.]PersVG Nr. 1 S. 4 und zum Rundfunkgebührenrecht: [X.]eschluss vom 9. Januar 1990 - [X.] 7 [X.] 199.89 - juris Rn. 4). Für eine solche Zuweisung genügt eine allgemeine Verweisungsnorm wie § 3 [X.], mit der zur Ergänzung des Landesdisziplinargesetzes die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung für entsprechend anwendbar erklärt werden, nicht. Es bedarf vielmehr nach Art. 99 GG einer ausdrücklichen landesgesetzlichen Zuweisung an das [X.]esverwaltungsgericht als Revisionsinstanz. Eine solche enthält das Disziplinargesetz des [X.] nicht.

Meta

2 B 34/11

12.12.2011

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 2. Dezember 2010, Az: 10 L 1/10, Urteil

Art 74 Abs 1 GG, Art 99 GG, § 187 Abs 1 VwGO, § 45 S 1 DG ST 2006, § 3 DG ST 2006

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 12.12.2011, Az. 2 B 34/11 (REWIS RS 2011, 589)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 589

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 B 16/18 (Bundesverwaltungsgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde in Verfahren nach dem Disziplinargesetz Sachsen-Anhalt unstatthaft


2 B 94/13 (Bundesverwaltungsgericht)

Versetzung eines Gerichtsvollziehers aus personenbezogenen Gründen; dauerhafte Geschäftsüberlastung


3 B 13/13 (Bundesverwaltungsgericht)

Berufsgerichtsbarkeit für Heilberufe; keine Revisionsinstanz im Land Berlin


2 BvR 2055/16 (Bundesverfassungsgericht)

Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis durch Verwaltungsakt verfassungsgemäß - keine Verletzung der hergebrachten Grundsätze …


2 BvR 1745/17 (Bundesverfassungsgericht)

Nichtannahmebeschluss: Kommunalverfassungsrechtliches Abwahlverfahren begründet keine "besondere Suspendierungsschranke" bzgl der vorläufigen Dienstenthebung eines kommunalen Wahlbeamten auf …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.