Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2013, Az. III ZR 405/12

III. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2637

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
III ZR 405/12

Verkündet am:

19. September 2013

Bott

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
StGB § 67d ([X.]: 26. Januar 1998); [X.]. 5 Abs. 1, 5, Art. 7 Abs. 1
Zum Schadensersatz und zur Passivlegitimation bei unter Verstoß gegen Art.
5 Abs.
1, 5, Art.
7 Abs.
1 [X.] nachträglich verlängerter Sicherungsverwahrung.
[X.], Urteil vom 19. September 2013 -
III ZR 405/12 -
OLG
[X.]

LG [X.]
-

2

-

Der III.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom
19.
September 2013
durch den Vizepräsidenten [X.] sowie
die Richter Dr.
Herrmann, [X.], [X.] und Reiter

für Recht erkannt:

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 29.
November 2012 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des [X.].

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger begehrt von dem beklagten Land immateriellen Schadenser-satz wegen nachträglich verlängerter Sicherungsverwahrung.

Der Kläger wurde durch Urteil des [X.] H.

vom 12.
Fe-bruar 1981 wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperver-letzung und wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und neun Monaten verurteilt; zugleich
ordnete das Gericht anschließende Si-cherungsverwahrung an.
Diese wurde nach Verbüßung der Strafhaft ab dem 3.
Juni 1988 in der Justizvollzugsanstalt [X.]

vollzogen.

1
2
-

3

-

Nach §
67d Abs.
1, Abs.
3 StGB in der im Zeitpunkt der Verurteilung des [X.] geltenden Fassung des [X.] vom 4. Juli 1969 ([X.]) durfte die Dauer der erstmaligen Unterbrin-gung in der Sicherungsverwahrung zehn Jahre nicht übersteigen; nach Ablauf dieser [X.] war der Untergebrachte zu entlassen. Durch das [X.] von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26.
Januar 1998 ([X.]
[X.]) wurde diese Regelung geändert. Die [X.] von 10 Jahren entfiel; §
67d Abs.
3 StGB bestimmte nunmehr, dass nach [X.] von zehn Jahren das Gericht die Sicherungsverwahrung für erledigt erklärt, wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Hanges
erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder kör-perlich schwer geschädigt werden. Zugleich wurde in dem neu angefügten [X.] des -
mittlerweile (durch Art.
4 Nr.
1 des [X.] und zu begleitenden Regelungen vom 22.
Dezember 2010, [X.] I S.
2300) in Gänze aufgehobenen -
Art.
1a [X.] festgelegt, dass §
67d StGB neuer Fassung uneingeschränkt Anwen-dung findet, also auch für Altfälle und damit für Straftäter gelten soll, die ihre Tat vor Verkündung und Inkrafttreten des Gesetzes begangen hatten und vor die-sem Zeitpunkt verurteilt worden waren (siehe auch §
2 Abs.
6 StGB sowie BT-Drucks. 13/9062 S.
12).

Aufgrund der Gesetzesänderung wurde der Kläger nicht am 2.
Juni 1998 aus
der Sicherungsverwahrung entlassen. Vielmehr ordnete das [X.] [X.]

(Strafvollstreckungskammer) -
jeweils auf der Grundlage eingeholter Gutachten von Sachverständigen
-
in Abständen
von 2 Jahren, zuletzt mit [X.] vom 7.
Dezember 2009 an, dass die Sicherungsverwahrung fortzudau-ern habe, da von dem Kläger weiterhin ein Risiko ausgehe.

3
4
-

4

-

Auf die sofortige Beschwerde des [X.] hob das [X.] K.

am 15. Juli 2010 den Beschluss des [X.] [X.]

vom 7.
Dezember 2009 auf und stellte die Erledigung der Sicherungsverwahrung fest. Der Kläger wurde noch am gleichen Tag aus der Sicherungsverwahrung entlassen. Das [X.] stützte seine Entscheidung maßgeblich auf das im Rahmen eines Individualbeschwerdeverfahrens eines anderen siche-rungsverwahrten Straftäters ergangene Urteil des [X.] ([X.]) -
V. Sektion -
vom 17.
Dezember 2009 ([X.]. 19359/04), wonach die Änderung des §
67d Abs.
3 StGB mit Art.
5 Abs.
1 und Art.
7 Abs.
1 der Europäischen Menschenrechtskonvention ([X.]) nicht vereinbar sei. Diese Entscheidung ist seit dem 10. Mai 2010 end-gültig, nachdem ein
Ausschuss der [X.] den Antrag der Bundesre-gierung auf Verweisung an die [X.] nach Art.
43 Abs.
2 [X.] ab-gelehnt hat
(Art.
44 Abs.
2
Buchst.
c [X.]).

Mit Urteil vom 4.
Mai 2011 ([X.] 128, 326) erklärte das Bundesver-fassungsgericht die gesetzlichen Regelungen zur nachträglichen Verlängerung der Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig.

Der Kläger hat das beklagte Land auf Zahlung einer
Entschädigung
für die ab 3.
Juni 1998 weiter vollzogene Sicherungsverwahrung in Anspruch ge-nommen. Das [X.] hat den Beklagten -
unter Abweisung der weiterge-henden Klage
-
zur Zahlung von 73.000

Zinsen verurteilt. Die Berufung des beklagten [X.] hat keinen Erfolg gehabt. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten.

5
6
7
-

5

-

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht ist in Übereinstimmung mit dem [X.] davon ausgegangen, dass dem Kläger gegen das beklagte Land ein Anspruch auf Schadensersatz nach Art.
5 Abs.
5 [X.] zusteht.

Die Anordnung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung auf der [X.] von §
67d Abs.
3 StGB in der Fassung des Gesetzes vom 26. Januar 1998 und deren Vollzug im Zeitraum vom 3.
Juni 1998 bis zum 15.
Juli 2010 stellten eine -
nach Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung wegen Verstoßes gegen das Grundgesetz und gegen Art.
5 Abs.
1, Art.
7 Abs.
1 [X.]
-
rechts-widrige Freiheitsentziehung im Sinne von Art.
5 Abs.
5 [X.] dar. Der hieraus resultierende Anspruch auf Schadensersatz richte sich auch gegen das [X.]. Zweifel an dessen Passivlegitimation seien
nicht deshalb begründet, weil die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung in Anwendung bundesrechtlicher Vorschriften erfolgt sei. Zwar hätten diese Normen
den Frei-heitsentzug nach Ablauf der früheren [X.] erst ermöglicht. Der unmittel-bare Eingriff in das Freiheitsrecht des [X.] habe sich jedoch aus der gericht-lichen Anordnung der Verlängerung sowie dem Vollzug der Sicherungsverwah-rung ergeben, die durch die Vollstreckungsbehörden des Beklagten erfolgt [X.].

Die
vom [X.] zugebilligte immaterielle Entschädigung
in Höhe von 73.000

it ca. 500

e-messungspraxis des [X.] in vergleichbaren Fällen sowie unter Berücksichti-gung des Umstands nicht zu beanstanden, dass ein Verschulden der handeln-8
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-

den Organe nicht
festgestellt
werden
könne.
Dass
der Kläger
erst gegen den Beschluss des [X.] [X.]

vom 7.
Dezember 2009 ein Rechtsmittel eingelegt habe, begründe kein Mitverschulden nach §§
839 Abs.
3, §
254 Abs.
2 BGB. Ihm sei nicht vorzuwerfen, die Widerrechtlichkeit des [X.] nicht bereits zuvor gerügt zu haben, da ihm vormals nicht zeitnah ein er-folgversprechendes Rechtsmittel zur Verfügung gestanden habe.

II.

Die zulässige Revision ist
unbegründet.
Nach Maßgabe der Rechtspre-chung des [X.] und des [X.]s mussten
die Vorinstan-zen davon ausgehen, dass dem Kläger ein Schadensersatz nach Art.
5 Abs.
5 [X.] zusteht.

1.
Nach Art.
5 Abs.
5 [X.] hat jede Person einen Anspruch auf [X.], die unter Verletzung dieses Artikels von Festnahme und Freiheits-entziehung betroffen ist. In den vorstehenden Absätzen werden die Voraus-setzungen näher beschrieben, unter denen die Freiheit entzogen werden darf.

a) Art.
5 Abs.
5 [X.] gewährt dem
Betroffenen einen unmittelbaren Schadensersatzanspruch wegen rechtswidriger Freiheitsbeschränkungen durch die öffentliche Hand (vgl. nur [X.], Urteile vom 10.
Januar 1966 -
III
ZR 70/64, [X.]Z 45, 46, 49
ff und vom 4.
Juli 2013 -
III
ZR 342/12, juris Rn.
28, zur [X.] in [X.]Z vorgesehen), der vom Verschulden der handelnden [X.] unabhängig ist (vgl. nur [X.], Urteile vom 31.
Januar 1966 -
III
ZR 118/64, [X.]Z 45, 58, 65
ff und vom 4.
Juli 2013 aaO) und auch den Ersatz 11
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-

7

-

immateriellen Schadens umfasst (vgl. nur [X.], Urteile vom 29.
April 1993
-
III
ZR 3/92, [X.]Z 122, 268, 279
ff und vom 4.
Juli 2013 aaO).

b) Die Vorinstanzen haben festgestellt, dass die nachträgliche Anord-nung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung des [X.] und deren Vollzug vom 3.
Juni 1998 bis zum 15.
Juli 2010 eine rechtswidrige Freiheitsentziehung im Sinne von Art.
5 Abs.
5 [X.] dargestellt haben. Diese auch von der [X.] nicht beanstandete Annahme ist rechtsfehlerfrei.

Nach Art.
5 Abs.
1 [X.] hat jede Person das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den nachfolgend im Satz 2 Buchst. a bis f aufgeführten Fällen -
von denen für den hier streitgegenständlichen [X.] von vorneherein nur die Buchstaben a, c und e in Betracht kommen
-
und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden.

Art.
5 Abs.
1 [X.] zählt damit die Gründe, aus denen eine Freiheitsent-ziehung zulässig ist, erschöpfend auf ([X.], Urteil vom 17. Dezember 2009
-
Beschwerde-Nr. 19359/04, NJW 2010, 2495 = [X.], 25 Rn.
86 mwN). Der Entzug der Freiheit muss darüber hinaus "rechtmäßig"
sein, wobei sich die Rechtswidrigkeit nicht nur aus der Konvention selbst, sondern auch aus dem nationalen Recht ergeben kann ([X.] aaO Rn.
90 mwN; vgl. auch [X.],
Urteil vom 4. Juli 2013 aaO mwN).

Das Berufungsgericht ist insoweit
in Übereinstimmung mit dem [X.] zutreffend davon ausgegangen, dass die nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung des [X.] durch das [X.] [X.]

nicht mit Art.
5 Abs.
1 [X.] vereinbar war.

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17
-

8

-

aa) Eine rechtmäßige Freiheitsentziehung "nach Verurteilung durch ein zuständiges Gericht"
(Art.
5 Abs.
1 Satz 2 Buchst. a [X.]) liegt nicht vor. Die Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer stellen keine "Verurteilung"
im [X.] der [X.] dar (vgl. [X.] aaO Rn.
87, 96). Zwischen der Verurteilung durch das [X.] H.

vom 12. Februar 1981 und der Fortdauer der Sicherungsverwahrung fehlt es an dem notwendigen (spezifischen) Kausalzu-sammenhang, da die Verlängerung allein auf der Gesetzesänderung im [X.] beruht (vgl. [X.] aaO Rn.
88, 100). Nach Maßgabe dieser Rechtspre-chung ist in den so genannten [X.], in denen der Betroffene wegen seiner Anlasstat bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung verurteilt wurde, eine Recht-fertigung des [X.] nach dieser Bestimmung als generell ausge-schlossen anzusehen (vgl. [X.] 128, 326, 395).

bb) Der Haftgrund des Art.
5 Abs.
1 Satz 2 Buchst. c [X.] ("wenn be-gründeter Anlass zu der Annahme besteht, dass es notwendig ist, sie [= die betreffende Person] an der Begehung einer Straftat ... zu hindern") erlaubt kein präventives Vorgehen gegen einen Einzelnen oder eine Gruppe von Personen, die wegen ihres fortbestehenden Hangs zu Straftaten eine Gefahr darstellen. Er bietet den Vertragsstaaten -
zudem nur "zur Vorführung vor die zuständige Ge-richtsbehörde"
-
lediglich ein Mittel zur Verhütung einer konkreten und spezifi-schen Straftat und eignet sich deshalb zur Rechtfertigung der Sicherungsver-wahrung nicht (vgl. [X.] aaO Rn.
89 und -
insoweit in NJW 2010, 2495 nicht abgedruckt
-
Rn.
102; siehe auch [X.]
aaO S. 396).

cc) Soweit es der [X.] (aaO Rn.
103, insoweit in NJW 2010, 2495 nicht abgedruckt) nicht ausgeschlossen hat, dass in Ausnahmefällen die Siche-rungsverwahrung bestimmter Straftäter die Bedingungen einer rechtmäßigen Freiheitsentziehung "bei psychisch Kranken" (Art.
5 Abs.
1 Satz 2 Buchst.
e 18
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-

[X.]) erfüllen kann, liegen die hierfür notwendigen Voraussetzungen (vgl. [X.] aaO S.
396 ff) nicht vor, wie die Vorinstanzen zutreffend festgestellt haben. Dies wird auch von der
Revision nicht in Zweifel gezogen.

dd) Darüber hinaus handelt es sich auch nicht um eine "rechtmäßige"
Freiheitsentziehung im Sinne von Art.
5 Abs.
1 [X.]. Denn die nachträgliche Anordnung der Fortdauer der Sicherungsverwahrung verstößt gegen das Rückwirkungsverbot des Art.
7 Abs.
1 [X.] ([X.] aaO Rn.
117 ff, 135, 137). Der Freiheitsentzug ist zudem nicht mit Art.
2 Abs.
2 Satz 2 (auch [X.]. Art.
20 Abs.
3), 104 Abs.
1 Satz 1 GG vereinbar ([X.] aaO S.
372 ff und S.
388 ff).

c) Entgegen der Auffassung der Revision ist das beklagte Land auch passivlegitimiert.

Zwar ist im Verfahren der Individualbeschwerde nach Art.
34 [X.] die [X.] als Vertragspartei Beschwerdegegner; dement-sprechend trifft sie eine etwaige vom [X.] nach Art.
41 [X.] dem jeweiligen Beschwerdeführer zugesprochene Entschädigung.

Im Rahmen der innerstaatlichen Geltendmachung eines Schadenser-satzanspruchs nach Art.
5 Abs.
5 [X.] ist jedoch, wie der [X.] bereits in seinem Urteil vom 31.
Januar 1966 (aaO S.
74) angedeutet
hat, die Frage der Person des Verpflichteten -
wie bei der Amtshaftung
-
durch Anwendung des Art.
34 GG zu klären. Danach
ist der Hoheitsträger (Bund, Land oder sonstige Gebietskörperschaft) verantwortlich, dessen Hoheitsgewalt bei der rechtswidri-gen Freiheitsentziehung ausgeübt wurde (vgl. in diesem Sinne auch [X.], [X.] 2003, 156, 157
= NVwZ Beilage I 5/2003, 40; [X.] in [X.]/
[X.], [X.]/GG, [X.] zum [X.] und [X.] 21
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10

-

Grundrechtsschutz, Kap.
13, Rn.
106; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Art.
5 Rn.
136; [X.] in [X.], Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz, 26.
Aufl., [X.], [X.];
[X.];
Art.
5 [X.], Art.
9, 10, 11 [X.]
Rn.
379; [X.], Menschenrechte im Strafverfahren, [X.] und [X.], Art.
5 [X.], Art.
9, 11 [X.] Rn.
134; [X.], Die Europäi-sche Menschenrechtskonvention
[1968], Art.
5 Erl.
43; [X.]/[X.], [X.], 56.
Aufl., Anh.
4 [X.], Art.
5 Rn.
14; [X.] in SK-[X.], 4.
Aufl., Art.
5 Rn.
71a; [X.] in [X.]/[X.], Internationaler Kommentar zur [X.], Art.
5 Rn.
322).

Der unmittelbare Eingriff in das Freiheitsrecht des [X.] ist -
wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben
-
hier durch die Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer
des [X.] [X.]

und deren anschließen-den Vollzug in der Justizvollzugsanstalt [X.]

erfolgt. Dass die Anordnung der nachträglichen Sicherungsverwahrung auf der Anwendung bundesrechtli-cher Vorschriften beruhte
und es im vorliegenden Fall auch nicht darum geht, dass den zuständigen Amtsträgern bei der Anwendung dieser Normen Fehler im Einzelfall unterlaufen sind, ändert im Verhältnis der Parteien zueinander nichts an der Passivlegitimation des Beklagten. Es geht entgegen der [X.] der Revision nicht ausschließlich um legislatives Unrecht, für das der [X.] nicht einzustehen habe. Vielmehr knüpft Art.
5 Abs.
5 [X.] an eine rechtswidrige (konventionswidrige) Freiheitsentziehung an. Diese ist hier aber durch ein Gericht des Beklagten (und in Umsetzung der [X.] durch die Vollzugsbehörden des Beklagten) erfolgt, wobei es im Verhältnis der Parteien zueinander nicht darauf ankommt, dass -
so die Revision
-
das Gericht gar keine andere Wahl gehabt habe, als die erst später für rechtswidrig erkannte Vorschrift des §
67d Abs.
3 StGB anzuwenden.

25
-

11

-

2.
Ohne Erfolg bleiben auch die [X.] der Revision zur Höhe der
zuer-kannten Entschädigung.

a) Die Bemessung eines immateriellen Schadens
ist grundsätzlich [X.] des Tatrichters, der hier durch §
287 ZPO besonders freigestellt ist. Sie kann vom Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob die Festsetzung Rechtsfehler enthält, insbesondere ob das Gericht sich mit allen für die Bemes-sung der
Entschädigung
maßgeblichen Umständen ausreichend auseinander-gesetzt und um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Beeinträchtigungen bemüht hat (vgl. nur [X.], Urteile vom 12.
Mai 1998 -
VI
ZR 182/97, [X.]Z 138, 388, 391 und vom 23.
April 2012 -
II
ZR 163/10, [X.]Z 193, 110 Rn.
68).

b) Auf der Grundlage dieser eingeschränkten Prüfungsmöglichkeit lässt das Berufungsurteil keinen Rechtsfehler zum Nachteil des beklagten [X.] erkennen. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Instanzge-richte an der Bemessungspraxis des [X.] in vergleichbaren Fällen (Urteile
vom 17.
Dezember 2009 -
Beschwerde-Nr. 19359/04, [X.], 25 Rn.
139, 141, insoweit in NJW 2010, 2495 nicht abgedruckt; vom 13.
Januar 2011 -
Beschwerde-Nr.
17792/07, [X.], 255 Rn.
88,
Beschwerde-Nr.
20008/07, juris Rn.
71,
Beschwerde-Nr. 27360/04
und 42225/07, juris Rn.
92; vom 24.
November 2011 -
Beschwerde-Nr.
48038/06, juris Rn.
115, 116 und vom 19.
April 2012 -
Beschwerde-Nr. 61272/09, juris Rn.
105) orientiert haben.

Die Auffassung des beklagten [X.], es hätte berücksichtigt werden müssen, dass der Kläger erst gegen den Beschluss des [X.] [X.]

vom 7.
Dezember 2009 Beschwerde eingelegt und somit durch sein "passives"
26
27
28
29
-

12

-

Verhalten selbst zur Fortdauer der Sicherungsverwahrung beigetragen habe, geht fehl. Insoweit bedarf es keiner Entscheidung der Frage, ob §
839 Abs.
3 BGB oder §
254 BGB -
der ebenfalls gebieten kann, einen belastenden hoheitli-chen Akt durch geeignete Rechtsbehelfe abzuwehren (vgl. nur [X.], Urteil vom 26.
Januar 1984 -
III
ZR 216/82, [X.]Z 90, 17, 31
ff)
-
auf einen Anspruch aus Art.
5 Abs. 5 [X.] anwendbar sind (offen gelassen auch in den [X.]sur-teilen vom 29.
April 1993
-
III
ZR 3/92, [X.]Z 122, 268, 278 f und vom 4.
Juli 2013 -
III
ZR 342/12, juris Rn.
33
mwN zum [X.]). Denn dem Kläger kann eine schuldhafte Versäumung von Rechtsbehelfen nicht angelastet wer-den, da auch das [X.] die Anwendung der streitgegen-ständlichen Regelungen mit Urteil vom 5.
Februar 2004 ([X.] 109, 133) in Übereinstimmung mit der fachgerichtlichen Rechtsprechung zunächst als

-

13

-

rechtmäßig beurteilt hat. Die von der Revision gerügte "Passivität"
des [X.] kann deshalb nicht zu seinem Nachteil berücksichtigt werden.

[X.]
Herrmann
[X.]

[X.]
Reiter

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.04.2012 -
2 [X.]/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 29.11.2012 -
12 [X.] -

Meta

III ZR 405/12

19.09.2013

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.09.2013, Az. III ZR 405/12 (REWIS RS 2013, 2637)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2637

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