Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2015, Az. XII ZR 98/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 9599

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 98/13
Verkündet am:

17. Juni 2015

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
[X.] § 550
Entspricht der Vertragsschluss nicht den Anforderungen des §
126 Abs.
2 [X.], ist aber eine von beiden Parteien unterzeichnete Mietvertragsurkunde vorhanden, die inhaltlich vollständig die Bedingungen eines später mündlich oder konkludent abge-schlossenen Mietvertrags enthält, ist die Schriftform nach §
550 Satz
1 [X.] gewahrt (im [X.] an [X.]surteil vom 24.
Februar 2010
XII
ZR
120/06
NJW 2010, 1518).
BGH, Urteil vom 17. Juni 2015 -
XII ZR 98/13 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 2015 durch [X.] und [X.], Dr.
Günter, Dr.
Nedden-Boeger und Dr.
Botur
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.]n wird das Urteil des 10.
Zivilsenats des [X.] vom 6.
Juni 2013 aufgehoben.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 13.
Zivilkammer des [X.] vom 24.
Oktober 2012 wird [X.].
Die Klägerin
hat die Kosten beider
Rechtsmittelverfahren
zu tra-gen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin verlangt die Räumung und Herausgabe von Geschäftsräu-men.
Der [X.] begehrt widerklagend die Rückzahlung wegen Mietminde-rungen überzahlter Miete.
Der [X.] mietete im Jahre
2000 Büroräume im 4.
Obergeschoss
des Anwesens [X.] in D. Eigentümer des Grundstücks waren zu diesem Zeit-punkt je zur Hälfte G.
und eine Erbengemeinschaft
nach seiner verstorbenen Ehefrau.
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3
-
Der [X.] übersandte einen auf den 10.
November 2000
datierenden und von ihm unterzeichneten [X.]
an G., in dem dieser als allei-niger Vermieter
bezeichnet war. Der Vertragsentwurf sah eine zunächst auf fünf Jahre befristete Mietdauer vor. Nach einer ebenfalls vom [X.]n unterschrie-benen Anlage zum Mietvertrag sollte der Mieter das Recht haben, mehrmals eine Option von jeweils maximal fünf Jahren zur Fortsetzung des Mietverhält-nisses auszuüben. Eine in dem Vertragsentwurf zunächst vorgesehene Rege-lung zur Mietanpassung hatte der [X.] gestrichen. G.
unterzeichnete die Vertragsurkunde und die beigefügte Anlage jeweils ohne Vertretungszusatz und ergänzte seinerseits die Vertragsurkunde um eine weitere Anlage, die eine [X.] enthielt. Da der [X.] die [X.] nicht akzeptieren wollte, unterzeichnete
er die weitere Anlage nicht.
In der [X.] wurde das Mietverhältnis mit dem vom [X.]n eingefügten Options-recht, aber ohne die von G.
gewünschte Regelung zur Mietanpassung durchge-führt.
Mit notariellem Vertrag vom 21.
September 2006 veräußerten die [X.] das Grundstück an die Klägerin. Zu diesem Zeitpunkt war in dem Objekt nur die vierte Etage

und zwar an den [X.]n

vermietet. In dem [X.] ist hierzu folgendes geregelt:
"Das bezüglich des Büros im 4.
Obergeschoss bestehende Miet-verhältnis wird vom Käufer übernommen. Der Verkäufer tritt mit Wirkung ab [X.] alle Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Mietvertrag, einschließlich der Zahlung des [X.], an den dies annehmenden Käufer ab."

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4
-
Die Klägerin wurde am 25.
Januar 2007 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Mit Schreiben vom 1.
Dezember 2006 teilte sie dem [X.]n mit, dass sie das Mietverhältnis mit ihm übernommen habe.
Die in dem
Mietvertrag enthaltene
Verlängerungsoption
wurde vom [X.] mehrfach

auch noch gegenüber der Klägerin

ausgeübt.
Mit Schreiben vom 1.
Dezember 2011 erklärte die Klägerin unter [X.] auf einen Schriftformmangel die Kündigung des Mietvertrags zum 30.
Juni 2012, hilfsweise zum 31.
Dezember 2012.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin von dem [X.]n Räumung
und Herausgabe der Mieträume. Der [X.], der 2011 die Miete lediglich unter dem Vorbehalt der Minderung wegen Lärmbelästigungen aufgrund von im 5.
Obergeschoss
durchgeführten Bauarbeiten bezahlt hat, begehrt widerkla-gend Rückzahlung eines Teils der an die Klägerin gezahlten Miete.
Das [X.] hat die Klage durch Teilurteil abgewiesen. Auf die [X.] der Klägerin hat das [X.] der Klage stattgegeben.
Mit der vom [X.] zugelassenen Revision
verfolgt der [X.] seinen Klageabwei-sungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung und zur Wiederherstellung des
erstinstanzlichen Urteils.

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5
-
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung folgen-des ausgeführt:
Der Klägerin stehe gemäß §
546 Abs.
1 [X.] ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Mieträume zu, weil das Mietverhältnis durch die [X.] vom 1.
Dezember 2011 beendet worden sei.
Das [X.] habe zu Recht über die Räumungsklage durch Teilurteil entschieden. Bei einer späteren Entscheidung über die auf Rückzahlung der unter Vorbehalt gezahlten Miete gerichteten Widerklage könne sich das Gericht nicht in Widerspruch zu der Entscheidung über die Räumungsklage setzen.
Die Klägerin sei gemäß §
566 [X.] analog in den Mietvertrag der [X.] eingetreten. Zwar sei die veräußernde Miteigentümergemeinschaft nicht zu-gleich die Vermieterin des [X.]n, weshalb es an der für den Eintritt in den Mietvertrag nach §
566 [X.] grundsätzlich erforderlichen Identität zwischen Vermieter und Veräußerer fehle. Aufgrund der Besonderheiten des Falles sei es jedoch gerechtfertigt, den Mietvertrag in
entsprechender Anwendung des §
566 [X.] so zu behandeln, als hätten die übrigen Miteigentümer die Mieträume mit-vermietet. Eine analoge Anwendung des §
566 [X.] sei gerechtfertigt, wenn das Mietobjekt durch einen von mehreren Miteigentümern vermietet worden sei und die anderen Miteigentümer hiermit einverstanden gewesen seien.
Im vor-liegenden Fall sei davon auszugehen, dass die übrigen Miteigentümer in die Vermietung der Büroräume durch einen von ihnen an den [X.]n eingewilligt haben.
Jedenfalls
sei die Klägerin aufgrund der Vereinbarung unter III. Ziffer
6 Abs.
2 in dem notariellen Kaufvertrag vom 21.
September 2006 im Wege
der 11
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Vertragsübernahme durch zweiseitigen
Vertrag zwischen ihr und der [X.] als neue Vermieterin in den bestehenden Mietvertrag eingetreten.
Der [X.] habe dem
[X.] zumindest konkludent dadurch zugestimmt, dass er in der Folgezeit die Miete auf ein Kon-to der Klägerin gezahlt und auch dieser gegenüber
die Optionserklärung auf Verlängerung des
Mietverhältnisses abgegeben
habe.
Die Klägerin sei jedoch nur in ein unbefristetes Mietverhältnis eingetre-ten, das mangels Einhaltung der gesetzlichen Schriftform gemäß §
580
a Abs.
2 [X.] von ihr ordentlich habe gekündigt werden können.
Der [X.] habe den von ihm unterzeichneten [X.] dem Miteigentümer
G.
als Vermieter übersandt. Dieser habe das hierin liegende Vertragsangebot aber nicht angenommen.
Denn er
habe die von ihm unter-schriebene Mietvertragsurkunde nebst Zusatzvereinbarung ergänzt und den so abgeänderten
Vertrag
an den [X.]n zurückgereicht. Damit habe er das Vertragsangebot des [X.]n nur mit einer Modifizierung angenommen. Dies bedeute rechtlich, dass er das Vertragsangebot des [X.]n abgelehnt und diesem ein neues Vertragsangebot unterbreitet habe. Der [X.] habe die von G.
gewünschte Ergänzung des Mietvertrags auch als solche verstanden. Denn er habe das neue Angebot abgelehnt und dies auch schriftlich gegenüber G.
kommuniziert. Zum Abschluss eines schriftlichen Mietvertrags sei es dann in der Folgezeit nicht mehr gekommen.
Die Schriftform sei auch nicht dadurch wieder aufgelebt, dass sich die Parteien

wie vom [X.]n behauptet

anlässlich eines Telefonats nach Zu-gang des geänderten [X.] mündlich darauf geeinigt haben
sollen, den Mietvertrag ohne die Regelung zur Mietanpassung durchzuführen. 16
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Hierzu habe es einer erneuten Beurkundung des Vertrags durch die Parteien bedurft.
Zwischen den Parteien sei durch Gewährung des vertragsmäßigen [X.] und Zahlung der Miete oder mündlich ein Mietverhältnis zustande [X.], das jedoch mangels Einhaltung der gesetzlichen Schriftform als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen gelte und nach Maßgabe des §
550 Satz
2 [X.] von der Klägerin habe ordentlich gekündigt werden können.
Der [X.] könne auch nicht geltend machen, die Berufung der Kläge-rin auf den Formmangel verstoße gegen §
242 [X.]. Nur ausnahmsweise, wenn die Nichtigkeit des Vertrags zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis
führen würde, könne es gemäß §
242 [X.] treuwidrig sein, sich auf den [X.] zu berufen. Dem Vorbringen des insoweit darlegungs-
und beweisbe-lasteten [X.]n seien für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls keine ausreichenden Tatsachen zu entnehmen. Allein der Umstand, dass es der [X.] übernommen habe, die Mieträume umfangreich umzubauen, rechtfertige jedenfalls nach einer zwischenzeitlichen Vertragsdauer von mehr als 10
Jahren keinen Kündigungsausschluss gemäß §
242 [X.].

II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
1. Aus Rechtsgründen ist nicht zu beanstanden, dass die Instanzgerichte über die Räumungsklage durch Teilurteil entschieden haben.

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8
-
Die Revision wendet hiergegen ein, die Klägerin sei nur dann für den mit der Widerklage geltend gemachten Anspruch passivlegitimiert, wenn sie Ver-tragspartnerin des [X.]n geworden sei. Deshalb hingen der Erfolg der Räumungsklage und die Entscheidung über die Widerklage jeweils davon ab, ob die Klägerin mit dem Erwerb der Immobilie in
den bestehenden Mietvertrag eingetreten sei. Bei einer Aufspaltung des Verfahrens durch den Erlass eines Teilurteils bestehe die Gefahr, dass diese entscheidungserhebliche Vorfrage, die nicht an der Rechtskraft der Entscheidung über die Räumungsklage [X.], unterschiedlich beantwortet werde. Deshalb habe über die Räumungs-klage nicht durch Teilurteil entschieden werden dürfen.
Damit kann die Revision keinen Erfolg haben.
a) Nach §
301 ZPO ist ein Teilurteil zwar nur dann zulässig, wenn es über einen aussonderbaren, einer selbständigen Entscheidung zugänglichen Teil des Verfahrensgegenstands ergeht und der Ausspruch über diesen Teil un-abhängig von demjenigen über den restlichen Verfahrensgegenstand getroffen werden kann, so dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist ([X.]surteil vom 25.
Oktober 2006

XII
ZR
141/04

FamRZ
2007, 117
f.
mwN). Der Erlass eines Teilurteils setzt neben der Teilbar-keit des Streitgegenstandes oder einer Mehrheit von Streitgegenständen vo-raus, dass die Widerspruchsfreiheit von Teil-
und Schlussurteil garantiert ist ([X.]/Vollkommer ZPO 30.
Aufl. §
301 Rn.
7 mwN). Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteils-
elementen geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach §
318 ZPO für das weitere Verfahren binden können (vgl. nur [X.], 356 =
NJW 2011, 2736 Rn.
13 mwN).
Zudem
ist der Erlass eines Teilurteils bereits dann unzulässig, wenn sich die Gefahr durch die abweichende Beurteilung ei-23
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nes Rechtsmittelgerichts im Instanzenzug ergeben kann ([X.]surteil vom 11.
Januar 2012

XII
ZR
40/10

NJW 2012, 844 Rn.
19 mwN).

b) Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht im vorliegenden Fall jedoch nicht. Denn die Klägerin ist für den mit der Widerklage geltend gemachten Anspruch auch dann passivlegitimiert, wenn sie nicht in den bestehenden Mietvertrag eingetreten ist.
Stellt sich im weiteren Verfahren heraus, dass der [X.] aufgrund der von ihm behaupteten Mängel der Mietsache zur Minderung der Miete berechtigt gewesen sein sollte, steht ihm ein Anspruch aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 [X.] (Leistungskondiktion) auf Rückzahlung überzahlter Miete zu. Dieser Bereiche-rungsanspruch richtet sich grundsätzlich gegen den Leistungsempfänger. Dies ist im vorliegenden Fall
die Klägerin,
unabhängig davon, ob und in welcher Form sie in den Mietvertrag eingetreten ist, weil der [X.] die Miete an sie geleistet hat.
Nach den von der Revision
nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]sgerichts hat die Klägerin jedenfalls im Dezember 2006 dem [X.]n mitgeteilt, dass sie ab Januar 2007 das Mietverhältnis fortführen werde. In der Folgezeit hat der [X.] die Miete
auch nur noch an die Klägerin gezahlt. Dies zeigt, dass er die Klägerin ab 2007 als seine Vertragspartnerin angesehen hat. Der [X.] hat also aus der für die Auslegung maßgeblichen Sicht des Empfängers (§
133 [X.]) das Schreiben vom Dezember 2006 erkennbar da-hingehend verstanden, dass zukünftig
die Klägerin seine Vermieterin ist. [X.] folgt, dass der [X.] die Miete zur Erfüllung einer gegenüber der Kläge-rin bestehenden Schuld geleistet hat und auch leisten wollte.
Durch die [X.] hat auch die Klägerin gezeigt, dass sie die [X.] des [X.]n als eine an sie
gerichtete Leistung ansieht (§
133 [X.]). 26
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-
Die Gefahr einer unterschiedlichen Beurteilung der Frage, ob und in welcher Form die Klägerin in den Mietvertrag eingetreten ist, besteht daher bei der Ent-scheidung über die Widerklage nicht.
2. Dagegen ist die Auffassung
des Berufungsgerichts, der Mietvertrag genüge nicht der Schriftform des §
550 Satz
1 [X.]
und könne daher von der Klägerin ordentlich gekündigt werden,
nicht frei von Rechtsirrtum.
a) Allerdings
ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die materiell-rechtlichen
Anforderungen des §
126 Abs.
2 [X.] für das [X.], der einer gesetzlich vorgesehenen Schriftform genügen muss, nicht erfüllt wären. Ein [X.], für den die gesetzliche Schriftform vorgeschrieben ist, kommt grundsätzlich nur dann rechtswirksam zustande, wenn sowohl der Antrag als auch die Annahme (§§
145
ff. [X.]) in der Form des §
126 [X.] erklärt werden und in dieser Form dem anderen Vertragspartner zugegangen sind.
Diese Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des Berufungs-gerichts hier nicht vor. Denn G.
als Vermieter hat das ihm vom [X.]n durch die Übersendung des unterzeichneten [X.] übersandte Angebot auf
Abschluss eines Mietvertrags nicht angenommen, sondern um eine Preis-anpassungsklausel ergänzt an diesen zurückgesandt. Damit hat er gemäß §
150 Abs.
2 [X.] ein neues Angebot abgegeben. Dieses hat der [X.] wie-derum nicht angenommen, weil er den Nachtrag, der die [X.] enthielt, nicht unterzeichnet hat. Auch eine solche Annahme unter [X.] gilt nach §
150 Abs.
2 [X.] als Ablehnung des Angebots [X.] mit einem neuen Antrag. Ein Vertragsschluss, der den sich aus §
126 Abs.
2 [X.] ergebenden Anforderungen an die Schriftform genügt, liegt daher 29
30
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-
11
-
nicht vor. Der Mietvertrag ist vielmehr nur mündlich oder konkludent durch den Vollzug des Mietverhältnisses zustande gekommen.
b) Das Berufungsgericht hat jedoch nicht erkannt, dass trotz der [X.] Einhaltung der materiell-rechtlichen
Anforderungen des §
126 Abs.
2 [X.] im vorliegenden Fall das Schriftformerfordernis des §
550 Satz
1 [X.] für Miet-verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr erfüllt ist.
[X.]) Der [X.] hat bereits für den ähnlich gelagerten Fall der verspäteten Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Mietvertrags für die Einhaltung der Schriftform des §
550 Satz
1 [X.] entschieden, dass die Einhaltung der bloßen Schriftlichkeit der Erklärungen (äußere Form) zur Wahrung der Schrift-form des §
550 [X.] ausreicht ([X.]surteil vom 24.
Februar 2010

XII
ZR
120/06

NJW 2010, 1518 Rn.
23
ff.). Ein Mietvertrag genügt danach
auch dann der Schriftform des §
550 [X.], wenn er inhaltsgleich mit den in der äußeren Form des §
126 [X.] niedergelegten Vertragsbedingungen nur mündlich
oder konkludent abgeschlossen worden ist. Die Auslegung von §
550 [X.] führt unter Berücksichtigung seines Schutzzwecks und seiner Rechtsfolge zu dem Ergebnis, dass §
550 [X.] über die Einhaltung der äußeren Form hin-aus nicht voraussetzt, dass der Vertrag durch die schriftlich abgegebenen [X.] zustande gekommen ist
([X.]surteil vom 24.
Februar 2010

XII
ZR
120/06
NJW 2010, 1518 Rn.
24). §
550 [X.] dient in erster Linie dem Informationsbedürfnis des Erwerbers, dem durch die Schriftform die Möglichkeit eingeräumt werden soll, sich von dem Umfang und Inhalt der auf ihn überge-henden Rechte und Pflichten zuverlässig zu unterrichten. Diesen Schutzzweck erfüllt eine nur der äußeren Form genügende Mietvertragsurkunde, in der die von beiden Parteien unterzeichneten Bedingungen des später konkludent ab-geschlossenen Vertrages enthalten sind. Eine solche Urkunde informiert den Erwerber über die Bedingungen des [X.], in die er, wenn der Mietver-32
33
-
12
-
trag
mit diesem Inhalt zustande gekommen ist
und
noch besteht, eintritt.
Auch die zusätzlich mit der Schriftform des §
550 [X.] verfolgten Zwecke, die Be-weisbarkeit langfristiger Abreden sicherzustellen und die Vertragsparteien vor der unbedachten Eingehung langfristiger Bindungen zu warnen (vgl. [X.], 301 =
NJW 2008, 2178 mwN Rn.
17), werden durch die bloße Einhaltung der äußeren Form gewahrt ([X.]surteil vom 24.
Februar 2010

XII
ZR
120/06

NJW 2010, 1518 Rn.
27).
bb) Diese Erwägungen gelten auch im vorliegenden Fall.
Die von beiden Mietvertragsparteien unterzeichnete Vertragsurkunde vom 10.
November
2000 entspricht in vollem Umfang den Bedingungen des von den Parteien später mündlich oder jedenfalls konkludent durch Invollzugsetzung des Mietverhältnis-ses abgeschlossenen Mietvertrags. Ein Erwerber des Grundstücks könnte aus der Vertragsurkunde alle für ihn notwendigen Informationen über das Mietver-hältnis entnehmen. Die für die Einhaltung des Schriftformerfordernisses genü-gende "äußere Form"
des Mietvertrags ist daher gewahrt.
3. Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als rich-tig dar (§
561 ZPO).
a) Ein Mangel der Schriftform ergibt sich nicht daraus, dass die Mietver-tragsurkunde allein von
G.
unterzeichnet worden ist.
[X.]) Für die Einhaltung der Schriftform ist es erforderlich, dass alle Ver-tragsparteien die Vertragsurkunde unterzeichnen
(vgl. [X.]surteil BGHZ
176, 301, 307 =
NJW 2008, 2178 Rn. 24). Unterzeichnet für eine Vertragspartei ein Vertreter den Mietvertrag, muss dies aus der Urkunde hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen ([X.]surteil vom 22.
April 2015
XII
ZR
55/14
-
Juris Rn.
14
ff., 24). Dies gilt aber nur, wenn nach dem Erscheinungsbild der Urkun-de die Unterschrift des Unterzeichners in seiner Eigenschaft als Mitglied des 34
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13
-
mehrgliedrigen Organs abgegeben ist. Nur dann erweckt die Urkunde den [X.], es könnten noch weitere Unterschriften, nämlich diejenigen der übrigen Organmitglieder, fehlen
(vgl. [X.]surteile [X.], 67 =
NJW 2010, 1453
Rn.
14
und
vom 16.
Juli 2003

XII
ZR
65/02

NJW 2003, 3053, 3054).
bb) Im vorliegenden Fall hat das [X.] den Mietvertrag [X.] ausgelegt, dass der Vertrag von G.
nicht als Vertreter der Miteigentümer-gemeinschaft, sondern in eigenem Namen abgeschlossen worden ist. Dieser Auslegung, die aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist, hat sich das [X.]sgericht angeschlossen. Nach dem äußeren Anschein der Vertragsurkunde war demnach ein Vertretungszusatz neben der Unterschriftsleistung von G.
nicht erforderlich.
b) Die Einhaltung der Schriftform des Mietvertrags wird auch nicht durch den in dem notariellen
Grundstückskaufvertrag vom 21.
September 2006 erklär-ten [X.]
in Frage gestellt.
Diese Vereinbarung wahrt die Schriftform, weil der neue Vermieter seine Vermieterstellung durch eine (notarielle) Urkunde nachweisen kann, die nach den getroffenen Feststellungen ausreichend deutlich
auf den Ursprungsmietver-trag Bezug nimmt und durch die Bezeichnung des veräußerten Grundstücks zugleich die Lage des Mietobjekts kennzeichnet (vgl. [X.]surteil [X.], 171 =
NJW 2003, 2158, 2160). Allerdings ist der [X.] hier nicht durch dreiseitigen Vertrag, sondern durch zweiseitigen Vertrag zwischen altem und neuem Vermieter mit (notwendiger) Zustimmung der Mieterin zustande [X.] (zu diesen beiden Möglichkeiten vgl. [X.], 88, 95
=
NJW 1985, 2528, 2530), wobei jedoch die Zustimmung des Mieters zu einem zwischen früherem und neuem Vermieter vereinbarten [X.] nicht der Schriftform bedarf
(vgl. [X.]surteil [X.], 171 =
NJW 2003, 2158, 2160)
38
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-
14
-
und hier jedenfalls konkludent in der Zahlung der Miete an die Klägerin zu se-hen ist.
c) Schließlich ergibt sich ein Mangel der Schriftform auch nicht aus der in §
24 Ziffer
9
enthaltenen Regelung, mit der dem Mieter das Recht eingeräumt wird, mehrmals eine Option von jeweils maximal fünf Jahren zur Fortsetzung des Mietverhältnisses auszuüben.
Die Revision hält diese Regelung für zu [X.], weil dem Adverb "mehrmals"
nicht entnommen werden könne, wie oft der Mieter das Optionsrecht ausüben könne. Dem kann nicht gefolgt werden.
[X.]) Zwar ist es zur Wahrung der Schriftform des §
550 [X.] grundsätz-lich erforderlich, dass sich die wesentlichen Vertragsbedingungen

insbeson-dere Mietgegenstand, Mietzins sowie Dauer und Parteien des Mietverhältnis-ses

aus der Vertragsurkunde ergeben. Regelungen zur Dauer der Mietzeit wahren nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s dann die Schriftform, wenn sich Beginn und Ende der Mietzeit im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in hinreichend bestimmbarer Weise aus der Vertragsurkunde ergeben (vgl. [X.] vom 24.
Februar 2010

XII
ZR
120/06

NJW 2010, 1518 Rn.
11
mwN). Die Einhaltung der Schriftform wird dabei
nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Vereinbarung über die Mietzeit auslegungsbedürftige Begriffe enthält oder die Feststellung, ob die Umstände, an die die Parteien eine Verlängerung der Vertragslaufzeit geknüpft haben, tatsächlich auch eingetreten sind (vgl. [X.] vom 24.
Juli 2013

XII
ZR
104/12

NJW 2013, 3361 Rn.
24). [X.] ist, dass für einen möglichen Erwerber der Mietsache aus der schriftlich niedergelegten Vereinbarung die für die Mietzeit maßgeblichen Umstände so genau zu entnehmen sind, dass er beim Vermieter oder Mieter entsprechende Nachforschungen anstellen kann.

41
42
-
15
-
bb) So liegt der Fall hier. Mit der in der Vertragsurkunde enthaltenen Op-tionsregelung haben die Vertragsparteien das, was sie zur zeitlichen Befristung des Mietverhältnisses vereinbart haben, vollständig und richtig niedergelegt.
Für einen möglichen Erwerber des Mietobjekts ist ersichtlich, dass dem
Mieter das Recht eingeräumt ist, das Mietverhältnis durch einseitige Erklärung mehrfach zu verlängern.
Der Erwerber weiß daher, dass das Mietverhältnis möglicherweise nicht bereits nach der zunächst vereinbarten Laufzeit von fünf
Jahren
enden wird, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, über den er sich noch auf an-dere Weise Gewissheit verschaffen muss und regelmäßig auch kann ([X.]sur-teil
vom 24.
Juli 2013

XII
ZR
104/12
NJW 2013, 3361 Rn.
26).
Die hinrei-chende Bestimmbarkeit der Mietzeit i.S.v. §
550 Satz
1 [X.] wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich der Regelung wegen der Verwendung des Begriffs "mehrfach"
nur durch Auslegung
entnehmen lässt, wie oft der Mieter von dem Optionsrecht Gebrauch machen kann. Aufgrund der Vorschrift des §
544 Satz
1 [X.], die auch auf Verträge anwendbar ist, bei denen eine [X.] auf über 30
Jahre durch vertraglich
vereinbarte Options-rechte erzwungen werden kann (vgl. [X.] Mietrecht
43
-
16
-
11.
Aufl. §
544 [X.] Rn.
12; Bub/[X.]/[X.] Handbuch der Geschäfts-
und Wohnraummiete 4.
Aufl. [X.]
IV Rn.
442), weiß der Erwerber
jedenfalls, dass er das Mietverhältnis nach Ablauf von 30
Jahren durch eine außerordentli-che Kündigung mit der gesetzlichen Frist beenden kann.
Dem von §
550 Satz
1 [X.] bezweckten Schutz des Grundstückserwerbers ist damit ausreichend Ge-nüge getan.
4. Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Der [X.] kann in der Sache abschließend entscheiden, da weitere tatsächliche Feststel-lungen, die für die Entscheidung von Bedeutung sein könnten, weder zu erwar-ten noch erforderlich sind (§
563 Abs.
3 ZPO).

Dose

Schilling

Günter

Nedden-Boeger

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.10.2012 -
13 O 113/12 -

O[X.], Entscheidung vom 06.06.2013 -
I-10 [X.] -

44

Meta

XII ZR 98/13

17.06.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.06.2015, Az. XII ZR 98/13 (REWIS RS 2015, 9599)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 9599

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZR 98/13

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