Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.03.2009, Az. XI ZR 288/08

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 4219

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 31. März 2009 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: [X.]: Nein [X.]R: Ja _____________________

[X.] § 428
Schließen Ehepartner gemeinsam einen Bausparvertrag, ist, sofern nichts anderes vereinbart wird, davon auszuge-hen, dass ein Kontokorrentkonto, das die Bausparkasse für sie führt, ein "[X.]" ist und die Ehepartner eine Ge-samtgläubigerstellung mit [X.] haben. [X.], Urteil vom 31. März 2009 - [X.]/08 - [X.]

LG Münster - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 31. März 2009 durch [X.] [X.], [X.] [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil des 34. Zivilsenats des [X.] vom 19. August 2008 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die beklagte Bausparkasse auf Auszahlung ei-nes Kontoguthabens in Anspruch. 1 Die Klägerin und ihr am 15. August 2006 verstorbener Ehemann schlossen am 28./29. Juni 1999 mit der Beklagten einen [X.] über 100.000 DM. Die dabei vereinbarten Allgemeinen Be-dingungen für Bausparverträge ([X.]) sehen in § 17 den Abschluss einer Risiko-Lebensversicherung zur Rückführung des Bauspardarlehens bei Tod des Versicherten vor. Nach § 29 führt die Beklagte ein Kontokor-rentkonto, dem sämtliche für den Bausparer bestimmten Geldeingänge 2 - 3 - einschließlich der von der Beklagten dem Bausparer zu vergütenden Be-träge gutzuschreiben sind. 3 Die Beklagte schloss für die Eheleute eine [X.] auf das Leben des Ehemannes der Klägerin ab, die mit dessen Tod oder im Erlebensfall mit dem Ablauf des Jahres endete, in dem das Darlehen getilgt wurde. Nach Nr. 11.3 der Bestimmungen zur Risiko-Lebensversicherung war die Beklagte Bezugsberechtigte; sie hatte den von der Versicherung erhaltenen Betrag dem Konto des [X.] und den nach Tilgung ihrer Ansprüche gegen den Bausparer verbleibenden Rest an die nach gesetzlichen Vorschriften oder [X.] Vereinbarung Berechtigten auszuzahlen.
Die Rückführung des Bauspardarlehens erfolgte am 15. März 2006. Nach dem Tod des Ehemannes der Klägerin am 15. August 2006 zahlte die Versicherung 24.414 • an die Beklagte. Die Klägerin, die ebenso wie ihre Kinder und Enkel die Erbschaft nach ihrem Ehemann ausgeschlagen hat, ist der Auffassung, hinsichtlich des Anspruchs gegen die Beklagte auf Auszahlung der Versicherungsleistung bestehe eine Gesamtgläubigerschaft, so dass sie die Auszahlung des gesamten [X.] an sich allein verlangen könne. Die Beklagte ist hingegen der Auffassung, zwischen der Klägerin und den unbekannten Rechtsnachfol-gern ihres Ehemannes bestehe eine Bruchteilsgemeinschaft. 4 Die Klage auf Zahlung von 24.414 • nebst Zinsen hatte in den [X.] Erfolg. Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revi-sion verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. 5 - 4 - Entscheidungsgründe:
6 Die Revision ist unbegründet.
[X.] Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: 7 Die Klage sei begründet, weil die Klägerin neben den Erben ihres Ehemannes [X.] des § 428 [X.] sei. Das [X.] sei ein sogenanntes "[X.]". Dies ergebe sich aus den Vertrags- und Lebensumständen sowie dem wohnungswirtschaftlichen Bedürfnis für die Begründung einer Gesamtgläubigerschaft bei gemeinschaftlichen Bausparverträgen von Ehegatten. 8 Die Klägerin und ihr Ehemann hätten den Bauspardarlehensvertrag gemeinschaftlich als Bausparer abgeschlossen. Die [X.] sei nach den Versicherungsbedingungen dem Konto des [X.] gutzuschreiben gewesen. Dieses Konto sei nach den Bauspar-bedingungen als Kontokorrentkonto zu führen gewesen. Gemeinsame Girokonten von Ehegatten würden typischerweise als "[X.]" ge-führt, bei dem beide Eheleute als Gesamtgläubiger jeweils allein über ein Guthaben verfügen könnten. Dies entspreche auch dem Interesse der Kreditinstitute, in den nicht seltenen [X.] einseitiger "Konto-Abräu-mung" nicht in den internen Streit zwischen Eheleuten einbezogen zu 9 - 5 - werden. Auch die dem Konzept des [X.] zugrunde liegende woh-nungswirtschaftliche Motivation spreche dagegen, dass [X.] die zur Aus- oder Fortführung eines Bauvorhabens erforderlichen Mittel bis zur Ermittlung der gesetzlichen Erben eines verstorbenen Bauspa-rers, gegebenenfalls auf Jahre hinaus, sistierten. Die komplikationslose Abwicklung im Interesse der Bausparkasse und der Bausparer würde unzumutbar erschwert und verzögert, wenn die Bausparkasse vor der Auszahlung erst die Berechtigung des betreffenden [X.] im [X.] zu seinem Mitsparer klären müsste.
I[X.] Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. 10 1. Das Berufungsgericht hat den [X.] des Bauspardarlehensver-trages zu Recht entnommen, dass das Kontokorrentkonto, das die [X.] für Bausparer führt, in [X.], in denen ein Ehepaar den Bauspar-darlehensvertrag geschlossen hat, ein so genanntes "[X.]" ist und jeder Ehepartner allein die Auszahlung eines Kontoguthabens an sich verlangen kann. 11 a) Da der Anwendungsbereich der [X.] über den Bezirk des Beru-fungsgerichts hinausgeht, kann der Senat sie selbständig und ohne Bindung an die Auslegung des Berufungsgerichts auslegen (Senat [X.]Z 144, 245, 248; [X.]Z 163, 321, 323 f.). Ausgangspunkt der bei [X.] gebotenen objektiven, nicht am [X.] - 6 - len der konkreten Vertragsparteien zu orientierenden Auslegung (st. Rspr.; [X.]Z 102, 384, 389 f.; Senat, Urteil vom 10. Juni 2008 - [X.] ZR 331/07, [X.], 1350, [X.]. 15) ist der [X.]. Ist die-ser nicht eindeutig, kommt es entscheidend darauf an, wie der [X.] aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der [X.] verständiger und redlicher Vertragsparteien beachtet werden muss ([X.], Urteil vom 18. Juli 2007 - [X.], [X.], 2078, [X.]. 23 m.w.N.). b) Nach dem Wortlaut des § 29 [X.] ist davon auszugehen, dass der Anspruch auf Auszahlung eines Kontoguthabens dem Bausparer zu-steht. Dem Wortlaut ist allerdings nicht zu entnehmen, in welcher Weise Ehepartner, die den Bauspardarlehensvertrag gemeinsam abgeschlos-sen haben, berechtigt sind. Aufgrund des Vertragszwecks und der Inter-essen der typischerweise an Bausparverträgen der vorliegenden Art be-teiligten Vertragsparteien ist davon auszugehen, dass das [X.] als "[X.]" geführt wird und die Ehepartner eine Gesamtgläubigerstellung (§ 428 [X.]) mit [X.] haben (vgl. allg. zu Oder-Konten: [X.]Z 93, 315, 320 f.; 95, 185, 187; Senat, Urteil vom 25. Juni 2002 - [X.] ZR 218/01, [X.], 1683, 1685; Hadding/Häuser in [X.]/Bunte/[X.], [X.], [X.]., § 35 Rn. 6 ff. m.w.N.). Diese in Rechtsprechung und Literatur ganz überwiegend vertretene Auffassung ([X.], [X.], 1368, 1369; [X.], FamRZ 1990, 1240; [X.]/[X.], [X.] (2005), § 428 Rn. 77; [X.], [X.], 5. Aufl., § 428 Rn. 8; [X.]/[X.], [X.], 68. Aufl., § 428 Rn. 3; [X.]/Ehmann, [X.], 12. Aufl., § 428 Rn. 8; [X.]/[X.], [X.], [X.]., § 428 Rn. 2; [X.]/[X.]/Gehrlein, [X.], 2. Aufl., § 428 Rn. 2; [X.] - 7 - Stickelbrock in [X.]/[X.], Anwaltskommentar [X.], § 428 Rn. 11; Hk-[X.]/[X.], [X.], 5. Aufl., § 428 Rn. 2; juris PK-[X.]/ [X.], [X.]., § 428 Rn. 14; [X.], Urteile vom 10. Mai 1995 - 29 C 666/94 und vom 17. Januar 1996 - 29 C 467/95; [X.], Urteil vom 9. August 1999 - 28 [X.]) hält der Senat für richtig.
Dafür sprechen der mit Bausparverträgen verfolgte Zweck, den Bausparern Finanzmittel für Bauvorhaben zur Verfügung zu stellen, und das Interesse der Vertragsparteien, diese Mittel zügig und unkompliziert auszuzahlen. Dieser Interessenlage widerspräche es, eine Einzelverfü-gungsbefugnis eines Ehepartners über das Konto zu verneinen und die Auszahlung des [X.] zeitaufwändi-gen Ermittlung der Erben des anderen Ehepartners abhängig zu machen. Dem steht nicht entgegen, dass im Streitfall das Bauspardarlehen selbst bereits vor Entstehung des Kontoguthabens durch Auszahlung der Versi-cherungsleistung vollständig getilgt war. § 29 Abs. 3 [X.] bestimmt, dass alle für den Bausparer bestimmten Geldeingänge dem Konto gutzu-schreiben sind, und ist insoweit einheitlich auszulegen. 14 Eine andere Auslegung ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil die rechtsgeschäftliche Begründung einer Gesamtgläubigerschaft angesichts der damit für die Gläubiger verbundenen, nicht unerheblichen Gefahren nur selten vorkommt ([X.], Urteil vom 20. Juni 1996 - [X.], [X.], 1632). Da der Schuldner mit befreiender Wirkung an einen der Gläubiger leisten kann, sind die anderen auf ihren Ausgleichsanspruch (vgl. hierzu [X.], [X.] (2005), 858, 872 ff.) gegen den Empfänger angewiesen und tragen insoweit das Insolvenzrisiko ([X.], [X.], 5. Aufl., § 428 Rn. 3). Diesem Umstand kommt hier keine 15 - 8 - entscheidende Bedeutung zu, weil bei Ehepartnern, die gemeinsam ei-nen Bauspardarlehensvertrag schließen und dadurch die Einrichtung ei-nes [X.] veranlassen, typischerweise von einer inneren Verbundenheit ausgegangen werden kann, die die Hinnahme des [X.] rechtfertigt (vgl. [X.]/Ehmann, [X.], 12. Aufl., § 428 Rn. 12). Dies gilt, anders als die Revision meint, nicht nur für Girokonten mit kleinen Guthaben, die für den laufenden Lebensunterhalt genutzt werden, sondern auch für Konten, die von [X.] geführt wer-den. Die Möglichkeit, dass ein Ehepartner seine Einzelverfügungsbefug-nis missbraucht und über das Kontoguthaben verfügt, ohne gegenüber dem anderen Ehepartner hierzu berechtigt zu sein, rechtfertigt keine an-dere Auslegung. Es ist nicht davon auszugehen, dass verständige und redliche Vertragsparteien in dem für die Auslegung maßgeblichen Zeit-punkt des Vertragsschlusses, in dem typischerweise eine innere Verbun-denheit der Ehepartner besteht, einem denkbaren Missbrauch der [X.] wesentliches Gewicht beimessen. Im Übrigen ist es der Beklagten unbenommen, eine [X.] durch eine entsprechende Gestaltung ihrer [X.] auszuschließen. - 9 - 16 2. Die Klägerin ist somit berechtigt, allein über das im Übrigen nach Grund und Höhe unstreitige Kontoguthaben zu verfügen und Aus-zahlung an sich zu verlangen.
[X.] [X.] Joeres [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 22.11.2007 - 14 O 336/07 - [X.], Entscheidung vom 19.08.2008 - 34 U 1/08 -

Meta

XI ZR 288/08

31.03.2009

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 31.03.2009, Az. XI ZR 288/08 (REWIS RS 2009, 4219)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 4219

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