Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.08.2005, Az. XII ZB 112/05

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 2220

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[X.][X.]/05
vom 10. August 2005 in der [X.]
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

BGB §§ 1617 a Abs. 2, 1617 b Das geltende Recht gestattet dem Vater, der mit der allein sorgeberechtigten Mutter nicht verheiratet war und nach deren Tod die Sorge für das Kind erlangt, nicht, dem Kind seinen Namen zu erteilen. Angesichts der bewussten und ein-deutigen Willensentscheidung des Gesetzgebers ist eine Abhilfe durch Analo-gieschlüsse nicht möglich. [X.], Beschluss vom 10. August 2005 - [X.] 112/05 - OLG Stuttgart LG Ellwangen

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 10. August 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Prof. Dr. [X.] und [X.] beschlossen: Auf die sofortige Beschwerde und die sofortige weitere Beschwer-de des Beteiligten zu 3 werden der Beschluss der 1. Zivilkammer des [X.] vom 19. April 2005 und der Be-schluss des [X.] vom 9. Februar 2005 aufge-hoben. [X.] der Stadt [X.]wird angewiesen, die [X.] durch den Beteiligten zu 1 als nicht wirksam [X.].

Gründe: [X.] Das am 29. Juni 1999 geborene Kind [X.] führt den Familien-namen seiner Mutter "[X.]". Die Mutter, die mit dem Vater - dem Beteiligten zu 1 - nicht verheiratet und für [X.] allein sorgeberechtigt war, verstarb am 12. Februar 2004. Die elterliche Sorge für das Kind wurde dem Vater [X.]. Der Vater erteilte dem Kind durch Erklärung gegenüber dem [X.] seinen Familiennamen "[X.] " und erklärte als gesetzlicher Ver-treter des Kindes zugleich dessen Einwilligung. - 3 - [X.], der die Voraussetzungen einer [X.] nicht für gegeben ansah, hat die Sache über den Beteiligten zu 3 (Rechtsauf-sichtsbehörde über das Standesamt) gemäß § 45 Abs. 2 PStG dem Amtsge-richt zur Entscheidung vorgelegt. Das Amtsgericht hat den Standesbeamten angewiesen, von der Rechtswirksamkeit der Erteilung des Familiennamens "[X.] " auszugehen und diesen Familiennamen als Geburtsnamen des Kindes im [X.] zu beurkunden. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 3 hat das [X.] zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des [X.] zu 3, die das [X.] gemäß § 28 Abs. 2 [X.] dem [X.] zur Entscheidung vorgelegt hat. Das [X.] hält das Rechtsmittel für zulässig und begründet. Die Voraussetzungen für eine [X.] nach § 1617 a Abs. 2 BGB lä-gen nicht vor. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift komme nicht in [X.], da es ausweislich der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift an einer unbewussten Planwidrigkeit der gesetzlichen Regelung fehle. Das [X.] möchte die angefochtenen Beschlüsse daher aufheben, sieht sich hier-an aber durch eine Entscheidung des [X.] ([X.] 2004, 229) gehindert, nach der ein Vater, dem nach dem Tod der mit ihm nicht verheirateten alleinsorgeberechtigten Mutter die elterliche Sorge übertra-gen wird, dem Kind analog § 1617 a Abs. 2 BGB seinen eigenen Namen ertei-len kann. I[X.] 1. Die Vorlage ist zulässig, da dem Vorlagebeschluss - wie erforderlich - zu entnehmen ist, dass das vorlegende Gericht bei Befolgung der vom [X.] - schen Obersten Landesgericht vertretenen Ansicht, von der es abweichen will, zu einer anderen Fallentscheidung gelangen würde. Da auch sonst keine for-mellen Bedenken bestehen, hat der Senat gemäß § 28 Abs. 3 [X.] anstelle des [X.]s über die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 zu entscheiden. 2. Das gemäß § 27 Abs. 1, § 29 Abs. 2 [X.] in Verbindung mit §§ 48, 49 Abs. 1 PStG zulässige Rechtsmittel ist begründet. a) Das Begehren des allein sorgeberechtigten [X.], seinem Kind sei-nen Namen zu erteilen, kann sich nicht - jedenfalls nicht unmittelbar - auf § 1617 a Abs. 2 BGB stützen. Denn nach dieser Vorschrift kann der allein sor-geberechtigte Elternteil dem Kind nur den Namen des anderen - nicht sorgebe-rechtigten - Elternteils, nicht jedoch seinen eigenen Namen erteilen. b) Die Frage, ob eine analoge Anwendung des § 1617 a Abs. 2 BGB dem allein sorgeberechtigten Elternteil die Möglichkeit eröffnet, dem Kind - wie hier vom Vater begehrt - den eigenen Namen zu erteilen, wird unterschiedlich beantwortet. Zum Teil wird eine analoge Anwendung der Vorschrift bejaht. Dabei wird auf die Regelung des früheren Rechts verwiesen, nach welcher der Vater eines nichtehelichen Kindes mit Einwilligung des Kindes und der Mutter diesem sei-nen Familiennamen erteilen konnte (§ 1618 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB in der bis zum Inkrafttreten des [X.] geltenden Fas[X.]). Die Neuregelung des § 1617 a Abs. 2 BGB habe lediglich die Befugnis zur [X.] an die [X.] eines Elternteils (in der Regel: der Mutter) knüpfen und - als Folge - den nicht sorgeberechtigten Elternteil (in der Regel: den Vater) auf ein bloßes Einwilligungsrecht verweisen sollen. An der grundsätzlichen Möglichkeit, dem Kind nicht miteinander verheirateter Eltern - sei es im Einvernehmen beider [X.] 5 - ternteile, sei es nach dem Tod der bis dahin allein sorgeberechtigten Mutter durch Erklärung des [X.] - den Namen des [X.] erteilen zu können, habe diese Neuregelung nichts ändern wollen (BayObLG [X.]O; [X.] Gessaphe [X.]. § 1617 a Rdn. 22; für den Fall einer von bei-den Elternteilen konsentierten [X.]: [X.], 145 = [X.] 2000, 340; [X.] [18. ZS] [X.] 2002, 11). Die Gegenmeinung hält eine analoge Anwendung des § 1617 a Abs. 2 BGB für nicht zulässig ([X.] [15. ZS] [X.] 2002, 366; [X.] FamRZ 2003, 1687; [X.]/[X.] BGB 13. Bearb. § 1617 a Rdn. 6, 18, 21; [X.]/[X.] BGB § 1617 a Rdn. 2; [X.]/[X.], [X.], § 1617 a Rdn. 23). Sie verweist auf die Systematik der Vorschrift, aber auch auf die Entstehungsgeschichte des neuen Rechts. Der Rechtsaus-schuss des [X.] habe sich ausdrücklich gegen die [X.] ausgesprochen, dem nach dem Tod des bis dahin allein sorgeberechtig-ten Elternteils nunmehr seinerseits allein sorgeberechtigt gewordenen anderen Elternteil eine Einbenennung des Kindes zu ermöglichen. Diese klare Wertent-scheidung lasse sich rechtspolitisch kritisieren, dürfe aber nicht im Wege [X.] Rechtsfortbildung unterlaufen werden. c) Der Senat folgt der zweitgenannten Auffas[X.]. Er verkennt dabei nicht das Interesse des Kindes an seiner namensmäßigen Integration in die Familie seines allein sorgeberechtigt gewordenen Elternteils, das vielfach für eine [X.] durch diesen Elternteil sprechen und - wie der [X.] zeigt - gerade im Falle des Todes des bislang allein sorgeberechtigten Elternteils besondere Bedeutung gewinnen wird (zur rechtspolitischen Kritik ausführlich [X.]/[X.] [X.]O). Indes sieht sich der Senat durch die ge-setzliche Regelung gehindert, diesem Kindesinteresse Rechnung zu tragen. Der Gesetzgeber hat in einer bewussten Wertentscheidung - und zwar gerade - 6 - auch für den Fall des Todes des bis dahin allein sorgeberechtigten Elternteils - dem Interesse des Kindes an einer Kontinuität seiner Namensführung aus-drücklich den Vorrang vor der Möglichkeit eingeräumt, den Wechsel in der [X.] durch eine entsprechende Anpas[X.] des Kindesna-mens nachzuvollziehen. Daran ist der Senat gebunden. Im einzelnen: [X.]) Für eine analoge Anwendung des § 1617 a Abs. 2 BGB fehlt es be-reits an der Vergleichbarkeit der [X.] mit der hier vorliegenden Kon-stellation. Der Anwendungsbereich des § 1617 a Abs. 2 BGB erklärt sich aus dem Zusammenhang mit § 1617 a Abs. 1 BGB, der dem Kind kraft Gesetzes den Namen als Geburtsnamen zuweist, den sein im Zeitpunkt seiner Geburt allein-sorgeberechtigter Elternteil führt (vgl. BT-Drucks. 13/8511 [X.]). Diese strikte Namenszuwei[X.] wird durch § 1617 a Abs. 2 BGB aufgelockert, der es dem allein sorgeberechtigten Elternteil ermöglicht, dem Kind im Einvernehmen mit dem anderen - nicht sorgeberechtigten - Elternteil dessen Namen zu erteilen. Das Gesetz vermeidet mit der gesetzlichen Namenszuwei[X.] nach § 1617 a Abs. 1 BGB eine - in der vorliegenden Fallkonstellation ohnehin nicht in [X.] kommende - rechtliche Auseinandersetzung der Eltern über die [X.]; zugleich gibt es mit der Erteilungsmöglichkeit nach Ab-satz 2 einer abweichenden einvernehmlichen Namensentscheidung der Eltern Raum. Konsequenterweise erlaubt deshalb § 1617 a Abs. 2 BGB dem allein sorgeberechtigten Elternteil nur, dem Kind den Namen des anderen, nicht [X.] Elternteils zu erteilen; denn nur dieser Name ist dem Kind nicht schon nach § 1617 a Abs. 1 BGB als Geburtsname zugewiesen. Für die Ertei-lung des eigenen Namens des allein sorgeberechtigten Elternteils bietet § 1617 a Abs. 2 BGB, wie sich aus dessen systematischem Zusammenhang mit § 1617 a Abs. 1 BGB ergibt (vgl. dazu BT-Drucks. 13/8511 [X.]O), keine - 7 - Grundlage. Diese Vorschrift kann daher auch nicht herangezogen werden, wenn - wie im vorliegenden Fall - die [X.] von dem nach § 1617 a Abs. 1 BGB namensgebenden Elternteil auf den anderen Elternteil übergegangen ist und dieser Elternteil dem Kind nunmehr seinen Namen erteilen möchte. [X.]) Auch nach § 1617 b BGB ist die Nachzeichnung eines Sorgerechts-wechsels im Kindesnamen, wie der Beteiligte zu 1 sie erstrebt, nicht zulässig. Diese Vorschrift gestattet es den Eltern, den Geburtsnamen ihres Kindes neu zu bestimmen, wenn sie eine gemeinsame Sorge für das Kind begründen und das Kind zu diesem Zeitpunkt bereits einen Geburtsnamen führt. Mit dem Wechsel von der alleinigen zur gemeinsamen Sorge geht gleichsam die [X.] Hand in Hand, den Geburtsnamen des Kindes an die neue [X.] anzupassen. Für den hier vorliegenden Fall des Wechsels von der [X.] des einen zur [X.] des anderen Elternteils ist eine solche Anpas[X.] des Kindesnamens indes im Gesetz nicht vorgesehen. Sie lässt sich auch nicht auf eine analoge Anwendung des § 1617 b Abs. 1 BGB stützen; denn insoweit fehlt es an einer Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Un-vollständigkeit, die im Wege der Analogie geschlossen werden könnte. Das ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes: Nach § 1618 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB (in der bis zum Inkrafttreten des [X.] gel-tenden Fas[X.]) konnte der Vater mit Einwilligung der Mutter und des [X.] Kindes diesem seinen Namen erteilen. Der Regierungsentwurf des [X.] (BT-Drucks. 13/4899) schlug vor, dieses an die nichteheliche Vater-schaft anknüpfende Einbenennungsrecht zu beseitigen und die Befugnis, dem Kind den Namen des mit der Mutter nicht verheirateten [X.] zu erteilen, an die elterliche Sorge zu binden: Nach § 1618 Abs. 2 [X.] sollte der Elternteil, dem die elterliche Sorge für das Kind allein zustand (im Regelfall also: die [X.]), diesem mit Einwilligung des anderen - nicht sorgeberechtigten - Elternteils - 8 - (im Regelfall also: des [X.]) dessen Namen erteilen können. Im Falle des Wechsels der [X.] vom einen auf den anderen Elternteil (im Regelfall also von der Mutter auf den Vater) sollte - abgesehen von den Fällen der [X.] - nach § 1617 b Abs. 2 BGB dem nun-mehr allein sorgeberechtigt gewordenen Elternteil die Möglichkeit eröffnet wer-den, durch eine Neubestimmung des Kindesnamens einen Gleichlauf seines Namens mit dem Kindesnamen herstellen zu können. Dieses Neubestim-mungsrecht sollte namentlich in Fällen praktisch werden, in denen der ur-sprünglich "namensgebende" Elternteil verstirbt und dem anderen Elternteil damit die [X.] zufällt (BT-Drucks. 13/4899 [X.]). Auf Empfehlung des Rechtsausschusses des [X.] (BT-Drucks. 13/8511) ist in der Gesetz gewordenen Fas[X.] § 1618 Abs. 2 [X.] als Absatz 2 in § 1617 a BGB eingestellt und § 1617 b Abs. 2 ersatzlos gestrichen worden. Zur Begründung ist im Bericht des Rechtsausschusses ausgeführt, es erscheine nicht geboten, Ausnahmen vom Grundsatz der Na-menskontinuität in dem vom [X.] in § 1617 b Abs. 2 [X.] vorgesehenen Umfang zuzulassen. Dies gelte insbesondere auch für den Fall, dass der bis dahin gemeinsam oder allein sorgeberechtigte Elternteil, dessen Namen das Kind trage, verstorben sei, die [X.] dem anderen Elternteil zufalle und dieser nunmehr den Namen des Kindes neu bestimmen wolle. Die mit der emp-fohlenen Streichung des vom [X.] vorgeschlagenen § 1617 b Abs. 2 verbun-dene Stärkung des Kontinuitätsprinzips decke sich in der rechtspolitischen Ziel-setzung mit den Änderungsvorschlägen des Ausschusses zu § 1618 BGB, die eine lediglich additive, also den bisherigen Kindesnamen als Namensbestand-teil beibehaltende Einbenennung ermöglichten (BT-Drucks. 13/8511 [X.]). Damit hat der Gesetzgeber auch und gerade für Fälle der vorliegenden Art der Kontinuität des Kindesnamens ausdrücklich Vorrang vor einer [X.] 9 - [X.] des Kindesnamens an die geänderte [X.] einge-räumt. Zwar verkürzt das Gesetz mit dieser Entscheidung die Rechte des [X.] eines nichtehelichen Kindes, indem es für Fälle der vorliegenden Art die Einbenennungsmöglichkeit, die ihm das frühere Recht eröffnete (vgl. § 1618 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB in der bis zum Inkrafttreten des [X.] geltenden Fas[X.]) abschafft. Es handelt sich hierbei jedoch um eine bewusste, Fälle der hier vorliegenden Art ausdrücklich einbeziehende Wertentscheidung, die - [X.] rechtspolitischer Kritik (vgl. hierzu [X.]/[X.] [X.]O), die der Senat teilt - von der Rechtsprechung hinzunehmen ist. Hahne [X.] [X.] [X.] [X.]

Meta

XII ZB 112/05

10.08.2005

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.08.2005, Az. XII ZB 112/05 (REWIS RS 2005, 2220)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 2220

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