Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.07.2022, Az. II ZR 103/20

2. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 3781

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Gegenstand

Bekanntmachungspflichten im Vorfeld einer ordentlichen Hauptversammlung


Leitsatz

Der Bericht des Vorstands über die beabsichtigte Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre gemäß § 186 Abs. 4 Satz 2 AktG muss nicht entsprechend § 124 Abs. 2 Satz 3 Fall 2 AktG a.F. mit seinem wesentlichen Inhalt bekanntgemacht werden.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 28. Mai 2020 wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft. Die Kläger sind Aktionäre der [X.]. Am 28. April 2016 veröffentlichte der Vorstand der [X.] im elektronischen Bundesanzeiger die Einberufung der ordentlichen Hauptversammlung zum 9. Juni 2016. Unter Tagesordnungspunkt 5 sollte ein Beschluss zur Ermächtigung des Vorstands zur Ausgabe von Options- und/oder Wandelanleihen, Genussrechten oder Gewinnschuldverschreibungen herbeigeführt werden. Das Bezugsrecht der Aktionäre sollte der Vorstand unter bestimmten Bedingungen mit Zustimmung des Aufsichtsrats ausschließen können.

2

Die Beklagte machte weder den vollständigen noch den wesentlichen Inhalt des Berichts des Vorstands zum Ausschluss des Bezugsrechts bekannt. In der Einberufung wurde darauf hingewiesen, dass bestimmte, näher bezeichnete Dokumente zur Einsicht in den Geschäftsräumen der [X.] auslägen und jeder Aktionär auf Anforderung eine Abschrift dieser Unterlagen erhalten könne. Der Vorstandsbericht war dabei nicht aufgeführt. Die Hauptversammlung, an der die Kläger nicht teilnahmen, fasste den Beschluss zu Tagesordnungspunkt 5, den die Kläger für nichtig erklären lassen wollen.

3

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision der Kläger hat keinen Erfolg.

5

I. Das [X.]erufungsgericht hat zur [X.]egründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von [X.]edeutung, ausgeführt:

6

Eine [X.]ekanntmachung des wesentlichen Inhalts des [X.] zum [X.]ezugsrechtsausschluss entsprechend § 124 Abs. 2 Satz 3 Fall 2 [X.] in der Fassung des [X.] ([X.]) sei nicht erforderlich. Jedenfalls seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie ([X.]) vom 30. Juli 2009 ([X.] [X.]) könne eine planwidrige Regelungslücke nicht mehr angenommen werden. Im Zuge der Gesetzesänderung sei eine Neustrukturierung der Vorschriften zur Einberufung der Hauptversammlung (§ 121 [X.]) und zu Ergänzungsverlangen bzw. Vorschlägen zur [X.]eschlussfassung (§ 124 [X.]) erfolgt. § 186 Abs. 4 Satz 2 [X.] erfordere seither, den Vorstandsbericht „zugänglich zu machen“. Zudem seien mit dem Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie ([X.] II) vom 12. Dezember 2019 ([X.] I S. 2637) erneut Änderungen in § 124 Abs. 2 Satz 3 [X.] a.F. erfolgt, ohne den Vorstandsbericht nach § 186 Abs. 4 Satz 2 [X.] in die [X.]ekanntmachungspflichten aufzunehmen.

7

Schließlich liege ein Einberufungs- bzw. [X.]ekanntmachungsfehler auch nicht darin, dass der Vorstandsbericht zum [X.]ezugsrechtsausschluss in der Einladung zur Hauptversammlung nicht in der Liste der zur Einsicht ausliegenden Unterlagen aufgeführt sei. Selbst für börsennotierte Gesellschaften sei nur gemäß § 121 Abs. 3 Satz 3 [X.] vorgeschrieben, dass in der Einberufung die Internetseite der Gesellschaft anzugeben sei, über die die Informationen nach § 124a Satz 1 Nr. 3 [X.] zugänglich seien.

8

II. Die Entscheidung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

9

1. Der [X.]ericht des Vorstands über die beabsichtigte Ermächtigung zum Ausschluss des [X.]ezugsrechts der Aktionäre gemäß § 186 Abs. 4 Satz 2 [X.] muss nicht entsprechend § 124 Abs. 2 Satz 3 Fall 2 [X.] a.F. mit seinem wesentlichen Inhalt bekanntgemacht werden.

a) Die Ermächtigung des Vorstands zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen nach § 221 Abs. 2 [X.] kann vorsehen, dass der Vorstand analog § 203 Abs. 2 Satz 1 [X.] über den Ausschluss des [X.]ezugsrechts der Aktionäre (§ 221 Abs. 4 Satz 1 [X.]) entscheidet ([X.], [X.]eschluss vom 21. November 2005 - [X.], [X.], 368 Rn. 6; [X.]eschluss vom 11. Juni 2007 - [X.], [X.], 2122 Rn. 2; Urteil vom 18. Mai 2009 - [X.], [X.]Z 181, 144 Rn. 26 - Mindestausgabebetrag). Entsprechendes gilt für die Ermächtigung zur Ausgabe von Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechten ([X.], [X.], 16. Aufl., § 221 Rn. 39; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 221 Rn. 173; [X.] in [X.], [X.], 4. Aufl., § 221 Rn. 104). Die beabsichtigte Ermächtigung zum Ausschluss des [X.]ezugsrechts ist nach § 221 Abs. 4 Satz 2, § 186 Abs. 4 Satz 1 [X.] ausdrücklich und ordnungsgemäß bekanntzumachen. Der Vorstand hat der Hauptversammlung einen schriftlichen [X.]ericht über den Grund für die Ermächtigung zum teilweisen oder vollständigen Ausschluss des [X.]ezugsrechts zugänglich zu machen (§ 221 Abs. 4 Satz 2, § 186 Abs. 4 Satz 2 [X.]). Diese Vorgaben wurden eingehalten.

b) Eine Pflicht zur [X.]ekanntmachung des wesentlichen Inhalts des [X.]erichts des Vorstands im Vorfeld der Hauptversammlung entsprechend § 124 Abs. 2 Satz 3 Fall 2 [X.] a.F. besteht nicht.

aa) Die Frage ist streitig.

Nach teilweise vertretener Auffassung muss entsprechend § 124 Abs. 2 Satz 3 Fall 2 [X.] a.F. der wesentliche Inhalt des [X.]erichts bekannt gemacht werden ([X.], [X.] 2001, 1140; [X.], [X.] 2005, 1320, 1321; MünchKomm[X.]/Schürnbrand/Verse, 5. Aufl., § 186 Rn. 90; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 203 Rn. 55; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 221 Rn. 181; [X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 203 Rn. 111; Ziemons in [X.], [X.], 4. Aufl., § 124 Rn. 79; [X.] in [X.], [X.] 4. Aufl., § 221 Rn. 104; [X.]eckOGK [X.]/[X.], Stand: 1.2.2022, § 186 Rn. 45; [X.]eckOGK [X.]/[X.], Stand: 1.2.2022, § 203 Rn. 72 f.; [X.]eckOGK [X.]/[X.], Stand: 1.2.2022, § 221 Rn. 93; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 186 Rn. 50; Liebscher in Henssler/Strohn, [X.], 5. Aufl., § 124 [X.] Rn. 4c; [X.] in Henssler/Strohn, [X.], 5. Aufl., § 186 Rn. 11; [X.] in [X.], [X.], 5. Aufl., § 186 Rn. 36; KK-[X.]/Ekkenga, 3. Aufl., § 186 Rn. 181; KK-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 221 Rn. 268; [X.]/[X.] in Hölters/[X.], [X.], 4. Aufl., § 186 Rn. 52; [X.]/Dürr, [X.], 3. Aufl., § 186 Rn. 18; [X.]/[X.]er, [X.], 3. Aufl., § 124 Rn. 15; Fest in [X.]/[X.], Schuldverschreibungsrecht, § 221 [X.] Rn. 627; [X.], AG 1994, 342, 351; [X.]osse ZIP 2001, 104, 105; [X.], [X.], 145, 154; [X.], [X.] 1993, 291, 310; [X.], [X.], 685, 688; [X.]osse ZIP 2001, 104, 105; [X.], [X.] bei Kapitalerhöhungen von Aktiengesellschaften, 2003, [X.]; [X.]ühler, [X.]erichtspflichten bei Strukturmaßnahmen von Aktiengesellschaften, 2017, 200 f.).

Andere lehnen eine solche [X.]ekanntmachungspflicht ab (MünchHdb[X.] IV/[X.], 5. Aufl., § 57 Rn. 134; [X.]eckOGK [X.]/Rieckers, Stand: 1.2.2022, § 124 Rn. 37; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 124 Rn. 12; [X.], [X.], 16. Aufl., § 124 Rn. 15, § 186 Rn. 23; [X.] in [X.], 4. Aufl., § 186 Rn. 20; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 124 Rn. 27; Großkomm. [X.]/[X.], 5. Aufl., § 124 Rn. 54; Lieder in [X.]ürgers/Körber/Lieder, [X.], 5. Aufl., § 186 Rn. 33; [X.]/[X.] in Geßler/[X.]/[X.]/[X.], [X.], § 186 Rn. 102; Köster, Vorbeugender und vorläufiger Rechtsschutz im Rahmen des genehmigten Kapitals bei der Aktiengesellschaft, 2019, S. 140).

bb) Die letztgenannte Auffassung ist richtig.

(1) Dem Urteil des [X.] vom 9. November 1992 lässt sich nichts anderes entnehmen ([X.], Urteil vom 9. November 1992 - [X.], [X.]Z 120, 141, 156). Der [X.] hat in dieser Entscheidung, zumal vor Inkrafttreten der Änderung des § 186 Abs. 4 [X.] durch das [X.], die Frage einer zusätzlichen [X.]ekanntmachung entsprechend § 124 Abs. 2 Satz 3 Fall 2 [X.] a.F. offengelassen und lediglich die damals herrschende Meinung im Schrifttum referiert, ohne sich ihr anzuschließen, da die beklagte Gesellschaft den wesentlichen Inhalt des [X.]erichts bekanntgemacht hatte und die Rechtsfrage deshalb nicht entscheidungserheblich war. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Leitsatz der Entscheidung, laut dem die [X.]ekanntgabe des wesentlichen Inhalts des [X.]erichts dem Informationsbedürfnis der Aktionäre genügt. Das bedeutet nicht, dass eine solche [X.]ekanntgabe des [X.]erichts vor der Hauptversammlung auch erforderlich ist.

(2) Nach der Vorstellung des Gesetzgebers genügt grundsätzlich die fristgerechte [X.]ekanntmachung der Tagesordnung einschließlich der [X.] (§ 121 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 1, § 123 Abs. 1 [X.]) als sachgemäße Information der Aktionäre, aufgrund der sie in die Lage versetzt werden, sich mit den einzelnen Gegenständen der Tagesordnung zu befassen und aufgrund dieser Vorbereitung ihr Rede-, Frage- und Stimmrecht sinnvoll auszuüben sowie als Grundlage für die Entscheidung der Aktionäre, ob sie wegen der Wichtigkeit der Tagesordnung persönlich an der Hauptversammlung teilnehmen oder nicht und welche Weisungen sie ihren Vertretern erteilen wollen (vgl. [X.], Urteil vom 14. Juli 2020 - [X.], [X.]Z 226, 224 Rn. 13 mwN; [X.],[X.]T-Drucks. 4/171, [X.]). Für einen beabsichtigten Ausschluss des [X.]ezugsrechts hat der Gesetzgeber in § 186 Abs. 4 Satz 1 [X.] gesteigerte Anforderungen aufgestellt, wonach der Ausschluss ausdrücklich und ordnungsgemäß bekanntgemacht werden muss. Da diese Regelung eine Hinweis- und Warnfunktion erfüllen soll, muss der beabsichtigte [X.]ezugsrechtsausschluss deutlich und eindeutig angekündigt werden (MünchKomm[X.]/Schürnbrand/Verse, 5. Aufl., § 186 Rn. 79; [X.] in [X.], [X.], 4. Aufl., § 221 Rn. 103; Lieder in [X.]ürgers/Körber/Lieder, [X.], 5. Aufl., § 186 Rn. 31; [X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 186 Rn. 112). Eine über § 186 Abs. 4 Satz 1 [X.] hinausgehende [X.]ekanntmachungspflicht für den wesentlichen Inhalt des [X.]erichts des Vorstands ist im Gesetz nicht angelegt. Der Gesetzgeber hat in Kenntnis des Streits weder das [X.] noch das [X.] II zum Anlass genommen, eine entsprechende [X.]ekanntmachung zu regeln.

(3) Eine Pflicht zur [X.]ekanntmachung des [X.] entsprechend § 124 Abs. 2 Satz 3 Fall 2 [X.] a.F. widerspricht dem Sinn und Zweck dieser Norm. Soll die Hauptversammlung über einen Vertrag, der nur mit Zustimmung der Hauptversammlung wirksam wird, beschließen, ist der wesentliche Inhalt des Vertrags auch deshalb bekanntzugeben, weil der Vertrag selbst Gegenstand der [X.]eschlussfassung ist. In diesem Fall genügt die [X.]ekanntmachung der Tagesordnung nicht, um den Aktionären ausreichende Informationen darüber zu verschaffen, über was sie abstimmen sollen. [X.]ei solchen Verträgen ist es erforderlich, die Aktionäre schon vor der Hauptversammlung über den wesentlichen Inhalt zu unterrichten, um ihnen eine angemessene Zeit zur [X.]ildung ihres Urteils zu lassen ([X.], [X.]T-Drucks. IV/171, [X.]) und um zu entscheiden, ob sie wegen der Wichtigkeit des [X.] persönlich an der Hauptversammlung teilnehmen oder nicht und welche Weisungen sie ihren Vertretern erteilen wollen (vgl. [X.], Urteil vom 14. Juli 2020 - [X.], [X.]Z 226, 224 Rn. 13 mwN). Anders liegt der Fall bei dem gemäß § 186 Abs. 4 Satz 2 [X.] erforderlichen Vorstandsbericht. Dieser ist nicht Gegenstand der [X.]eschlussfassung. Gegenstand der [X.]eschlussfassung ist vielmehr der beabsichtigte [X.]ezugsrechtsausschluss. Dem auf Kenntnis des Gegenstands der [X.]eschlussfassung gerichteten Informationsinteresse der Aktionäre wird bereits dadurch genüge getan, dass der beabsichtigte [X.]ezugsrechtsausschluss gemäß § 186 Abs. 4 Satz 1 [X.] ausdrücklich und ordnungsgemäß bekanntgemacht werden muss.

Der Vorstandsbericht hat einen neben der [X.]ekanntmachung der [X.]eschlussgegenstände liegenden Informationszweck. Er soll die Aktionäre umfassend über die Gründe für den beabsichtigten [X.]ezugsrechtsausschluss informieren und in die Lage versetzen, die Interessen der Gesellschaft an einer Kapitalerhöhung mit [X.]ezugsrechtsausschluss gegenüber Alternativen zu bewerten, die Nachteile für die ausgeschlossenen Aktionäre zu erkennen und beides gegeneinander abzuwägen ([X.], Urteil vom 19. April 1982 - [X.], [X.]Z 83, 319, 326). Der Vorstandsbericht soll die Aktionäre damit nicht über den Gegenstand der [X.]eschlussfassung informieren, sondern mit den für die Stimmrechtsausübung notwendigen Informationen versorgen. Dieser Informationsauftrag wird bereits dadurch erfüllt, dass der Vorstand gemäß § 186 Abs. 4 Satz 2 [X.] der Hauptversammlung den schriftlichen [X.]ericht über den Grund für den teilweisen oder vollständigen Ausschluss des [X.]ezugsrechts zugänglich machen muss.

(4) Entgegen der Revision lässt sich auch § 16 Abs. 4 Satz 7 WpÜG nichts Gegenteiliges entnehmen. Zwar ist danach der [X.]ericht nach § 186 Abs. 4 Satz 2 [X.] allen Aktionären der Zielgesellschaft zugänglich und in Kurzfassung bekannt zu machen. Es handelt sich hierbei jedoch um eine Sondervorschrift, die dem Umstand Rechnung trägt, dass die Zielgesellschaft, insbesondere im Fall eines Übernahmeangebots, die Möglichkeit haben muss, sofort zu reagieren. Dazu wird es ihr ermöglicht, die Monatsfrist des § 123 Abs. 1 [X.] zu unterschreiten und mit einer Frist von mindestens zwei Wochen eine außerordentliche Hauptversammlung einzuberufen ([X.], [X.]T-Drucks. 14/7034, [X.]). Mit der dadurch möglicherweise verkürzten Zeitspanne zwischen Einberufung und Hauptversammlung gehen gesteigerte [X.]ekanntmachungspflichten einher. Aus der für diesen speziellen Fall vorgesehenen [X.]ekanntmachung der Kurzfassung des [X.]erichts zum beabsichtigten [X.]ezugsrechtsausschluss lassen sich keine Rückschlüsse auf eine allgemein vom Gesetzgeber gewollte [X.]ekanntmachungspflicht ziehen. Dieser Regelung, bis zur Neufassung durch das [X.] zum 1. September 2009 inhaltsgleich in § 16 Abs. 4 Satz 5 WpÜG enthalten, hätte es nicht bedurft, wenn die [X.]ekanntmachung des [X.]erichts des Vorstands ohnehin erfolgen müsste.

(5) Ob der [X.]ericht des Vorstands durch eine entsprechende Anwendung von § 175 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 [X.] im Vorfeld der Hauptversammlung in den Geschäftsräumen der [X.] der Aktionäre ausgelegt und diesen auf Verlangen abschriftlich zugesandt werden muss, bedarf vorliegend erneut keiner Entscheidung (bereits offengelassen in [X.], Urteil vom 9. November 1992 - [X.], [X.]Z 120, 141, 156). Nach den vom [X.]erufungsgericht getroffenen, von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen hat dem die [X.]eklagte entsprochen und somit dem im Schrifttum geforderten [X.] für das berechtigte Informationsbedürfnis der Aktionäre genügt (vgl. [X.]eckOGK [X.]/Rieckers, Stand: 1.2.2022, § 124 Rn. 37; [X.] in [X.], 4. Aufl., § 186 Rn. 20; [X.], [X.], 16. Aufl., § 186 Rn. 23; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 124 Rn. 27; Großkomm. [X.]/[X.], 5. Aufl., § 124 Rn. 54; Lieder in [X.]ürgers/[X.]/Lieder, [X.], 5. Aufl., § 186 Rn. 33; [X.] in [X.]ürgers/[X.]/Lieder, [X.], 5. Aufl., § 221 Rn. 61; MünchKomm[X.]/Schürnbrand/Verse, 5. Aufl., § 186 Rn. 90; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 203 Rn. 55; [X.] in Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 203 Rn. 111; [X.], Vorbeugender und vorläufiger Rechtsschutz im Rahmen des genehmigten Kapitals bei der Aktiengesellschaft, 2019, S. 140).

2. Der [X.]eschluss zu Tagesordnungspunkt 5 ist auch nicht deshalb nach § 243 Abs. 1 [X.] anfechtbar, weil die [X.]eklagte den Vorstandsbericht zur beabsichtigten Ermächtigung zum [X.]ezugsrechtausschluss in der Einberufung zur Hauptversammlung nicht in der Liste der zur Einsicht ausliegenden und auf Anfrage in Abschrift zu übersendenden Unterlagen aufgeführt hat.

a) Selbst wenn man den im Schrifttum vertretenen Mindeststandard zugrunde legte, wonach eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft entsprechend § 175 Abs. 2 Satz 1 und 2 [X.] zur Auslage des [X.] in den Geschäftsräumen der Gesellschaft und auf Anforderung zur Zusendung einer Abschrift an die Aktionäre verpflichtet ist, bestünde keine Pflicht, in der Einberufung der Hauptversammlung hierauf hinzuweisen.

Nach dem Willen des Gesetzgebers sind allein börsennotierte Gesellschaften verpflichtet, alsbald nach der Einberufung der Hauptversammlung über die Internetseite der [X.] zugänglich zu machenden Unterlagen zu veröffentlichen (§ 124a Satz 1 Nr. 3 [X.]) und die Internetseite, über die diese Informationen zugänglich sind, in der Einberufung anzugeben (§ 121 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 [X.]). Die Einberufung der Hauptversammlung nicht börsennotierter Aktiengesellschaften beinhaltet nach den gesetzlichen Vorgaben vorbehaltlich spezieller Regelungen nur Angaben zum organisatorischen Rahmen (§ 121 Abs. 3 Satz 1 [X.]) und die Tagesordnung (§ 121 Abs. 3 Satz 2 [X.]). § 221 Abs. 4 Satz 2, § 186 Abs. 4 Satz 2 [X.] begründen keine weitergehenden gesetzlichen Pflichten für den [X.]ericht des Vorstands. Auch andere Vorschriften des [X.] sehen keine Hinweispflicht in der Einberufung auf die Auslegung der Unterlagen und die Möglichkeit, Abschriften zu erhalten, vor (vgl. etwa § 52 Abs. 2 Satz 2 und 3, § 175 Abs. 2 Satz 1 und 2, § 179a Abs. 2 Satz 1 und 2, § 293f Abs. 1 und 2, § 319 Abs. 3 Satz 1 und 2, § 327c Abs. 3 und 4 [X.]).

Anders als die Revision meint, besteht auch keine ungeschriebene Verpflichtung für eine Aktiengesellschaft, in der Einberufung zur Hauptversammlung auf die Auslegung der Unterlagen und die Möglichkeit, Abschriften zu erhalten, hinzuweisen. Ein solches Vorgehen erscheint zwar zweckmäßig, ist aber nach zutreffender Auffassung nicht erforderlich (allgemein: [X.], [X.], 5. Aufl., [X.] Rn. 95; für § 293f Abs. 1 [X.]: [X.]eckOGK [X.]/[X.]/[X.], Stand: 1.2.2022, § 293f Rn. 6; MünchKomm[X.]/[X.], 5. Aufl., § 293f Rn. 4; [X.] in [X.]/[X.], Aktien und GmbH-Konzernrecht, 9. Aufl., § 293f [X.] Rn. 5; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 293f Rn. 4; KK-[X.]/[X.], 3. Aufl., § 293f Rn. 11; [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 293f Rn. 2 [X.]. 2; [X.] in [X.]ürgers/Körber/Lieder, [X.], 5. Aufl., § 293f Rn. 2; [X.]ungert, [X.] 1995, 1449, 1450; aA Köster, Vorbeugender und vorläufiger Rechtsschutz im Rahmen des genehmigten Kapitals bei der Aktiengesellschaft, 2019, S. 140 f.).

b) Entgegen der Ansicht der Revision begründet der unvollständige Hinweis der [X.]eklagten in der Einberufung auf die in den Geschäftsräumen zur Einsicht ausliegenden und den Aktionären als Abschrift zu übersendenden Unterlagen keinen Gesetzesverstoß, § 243 Abs. 1 [X.].

Macht die Gesellschaft in der Einberufung freiwillig Angaben zu Rechten der Aktionäre im Hinblick auf die Hauptversammlung, bezweckt sie deren ausreichende Information. Sind ihre Angaben dabei nur unvollständig, kann ein Gesetzesverstoß jedenfalls dann nicht angenommen werden, wenn hierdurch die sachgerechte Wahrnehmung der [X.] nicht beeinträchtigt wird. Anhaltspunkte für eine solche [X.]eeinträchtigung sind weder dargetan noch ersichtlich.

[X.]orn     

      

Wöstmann     

      

[X.]ernau

      

[X.]     

      

Adams     

      

Meta

II ZR 103/20

19.07.2022

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 28. Mai 2020, Az: 12 U 10/18

§ 124 Abs 2 S 3 Alt 2 AktG vom 22.12.2015, § 186 Abs 4 S 2 AktG, § 203 Abs 2 S 1 AktG, § 221 Abs 2 AktG, § 221 Abs 4 S 1 AktG, § 221 Abs 4 S 2 AktG, § 243 Abs 1 AktG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.07.2022, Az. II ZR 103/20 (REWIS RS 2022, 3781)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3781 WM 2022, 1600 REWIS RS 2022, 3781 MDR 2022, 1226-1227 REWIS RS 2022, 3781

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Auskunftsrecht, Aktionär, Hauptversammlung, Urkundenverlesung, Wandelschuldverschreibung, Investorenvereinbarung, Bezugsrechtsrechtsausschluss, Teilanfechtung


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