Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2001, Az. IX ZR 223/99

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 3854

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:18. Januar 2001PreußJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________BGB § 675Ein Steuerberater ist verpflichtet, bei Beendigung des Mandats auf die Gefahr [X.] der Frist für eine Antragstellung hinzuweisen, wenn für ihn erkennbar ist,daß der Mandant - unabhängig vom Umfang des Mandats [X.] aufgrund von dessenfrüherem Verhalten darauf vertraut, daß er (der Berater) den Antrag von sich ausstellen werde.[X.], Urteil vom 18. Januar 2001 - [X.] - [X.] 2 -Der IX. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 18. Januar 2001 durch [X.] [X.] und die [X.], Kirchhof, Dr. Fischer und Raebelfür Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin und ihres Streithelfers wird das Ur-teil des 19. Zivilsenats des [X.] am Mainvom 26. Mai 1999 im [X.] und insoweit aufgehoben,als die Klage in Höhe von 290.002,50 DM nebst darauf entfallen-den Zinsen abgewiesen worden ist.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.] einschließlich derjenigen der [X.],an das Berufungsgericht zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin, eine Kapitalgesellschaft [X.] Rechts, kauftedurch notariellen Vertrag vom 30. November 1989/22. Januar 1990 von ihremGesellschafter und jetzigen Streithelfer ein Grundstück für 20 Mio. DM. Die [X.] anfallende Grunderwerbsteuer setzte das Finanzamt auf 400.000 [X.]. Auf Einspruch, den die Rechtsvorgängerin der [X.], eine Wirt-- 3 -schaftsprüfungs- und Steuerberatergesellschaft (im folgenden: [X.]), [X.] der Klägerin einlegte, wurde die Steuerschuld auf 386.870 DM herab-gesetzt. Da die Klägerin die ihr im Grundstückskaufvertrag auferlegte Ver-pflichtung, in Höhe eines Kaufpreisteils von 16 Mio. DM die Befreiung des [X.] von der persönlichen Haftung für die dinglichen Belastungen [X.] zu erwirken, nicht erfüllen konnte, machte der Streithelfer vor [X.] von dem ihm für diesen Fall eingeräumten Recht, [X.] rückgängig zu machen, Gebrauch. Die [X.] übersandte ihm [X.] September 1992 den Entwurf eines an das Finanzamt gerichteten, von [X.] unterzeichnenden Schreibens, mit dem die Aufhebung der [X.]festsetzung nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 [X.] beantragt werden sollte. [X.] und Absendung des Schreibens unterblieb. Mit Schreiben [X.] September 1993 legte die [X.] das Mandat nieder.Die Klägerin wirft der [X.] vor, sie habe nicht, wie es ihre Pflichtgewesen wäre, durch rechtzeitige Antragstellung bis zum Ablauf der dafürmaßgeblichen Frist am 31. Dezember 1994 dafür gesorgt, daß ihr, der Kläge-rin, nach Rückgängigmachung des [X.] die gezahlteGrunderwerbsteuer erstattet wurde. Das [X.] hat die auf Zahlung [X.] nebst 10,25 % Zinsen seit dem 1. März 1993 gerichtete Klage ab-gewiesen; das Berufungsgericht hat ihr in Höhe von 96.667,50 DM nebst 4 %Zinsen seit dem 27. August 1996 stattgegeben und im übrigen die Klageabwei-sung bestätigt. Dieses Urteil haben sowohl die Klägerin und ihr Streithelfer alsauch die [X.] im Rahmen ihrer [X.]eiligen Beschwer mit dem [X.] Revision angegriffen. Der [X.] hat die Revision der [X.] nicht [X.] angenommen und die Revision der Klägerin und ihres [X.] -fers durch Beschluß als unzulässig verworfen, soweit die Klage wegen [X.] der Zinsen auf den zuerkannten Betrag abgewiesen worden ist.Entscheidungsgründe:Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung und Zurückverweisung,soweit die Klage in Höhe von 290.002,50 DM nebst darauf entfallenden Zinsenabgewiesen worden ist.[X.] Berufungsgericht hat ausgeführt, es sei aufgrund der erstinstanzlichdurchgeführten Beweisaufnahme weder bewiesen, daß die [X.] von derKlägerin ein umfassendes steuerliches Mandat, noch, daß sie "definitiv" einenAuftrag zur Einreichung eines Antrags auf Rückerstattung der [X.] erhalten habe. Die [X.] habe gleichwohl "im Zusammenhang mitdem Grunderwerbsteuervorgang" seit 1992 mit der Klägerin "in [X.]" gestanden. Sie habe sich [X.] mit der Angelegenheit be-faßt, ein Schreiben an das Finanzamt entworfen und angekündigt, die [X.] beantragen zu wollen. Selbst wenn sie hierzu aus ihrer Sicht im [X.] einer endgültigen Auftragserteilung noch entgegengesehen habe,habe sie die naheliegende Möglichkeit in Betracht ziehen müssen, daß dieKlägerin im Hinblick auf die soeben erwähnten Umstände auf eine umgehende- 5 -Vollziehung der bereits vorbereiteten Antragstellung vertrauen könnte. [X.] für sie in Form einer rechtlichen Nebenverpflichtung die [X.], auf die unterbliebene Antragstellung hinzuweisen. Die Klägerintreffe jedoch an dem Verlust des Erstattungsanspruchs ein überwiegendes [X.]. Sie habe bis zur Mandatsniederlegung durch die [X.] nicht"definitiv" gewußt, ob der Antrag tatsächlich beim Finanzamt eingereicht [X.] sei, und hätte deshalb nachfragen müssen. Die Untätigkeit der Klägerin biszum Ablauf der Festsetzungsfrist Ende 1994 sei ein schwerer Verstoß gegenihre eigenen Obliegenheiten und habe zur Folge, daß sie den ihr entstandenenSchaden zu 3/4 selbst tragen müsse.I[X.] Berufungsurteil kann mit dieser Begründung, soweit es um die [X.] des Mitverschuldens geht, nicht bestehen bleiben.1. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin der[X.] zwar nicht "definitiv" den Auftrag erteilt, den von dieser schon vorbe-reiteten Antrag beim Finanzamt einzureichen. Es bestanden danach aber in derGrunderwerbsteuerangelegenheit von 1992 bis zur Mandatsbeendigung "ver-tragliche Beziehungen" zwischen den Parteien. Daraus ergab sich, ohne daßes darauf ankommt, ob die [X.] umfassend mit der Bearbeitung der steu-erlichen Angelegenheiten der Klägerin beauftragt war, für die [X.] [X.], die Klägerin über Möglichkeit und Voraussetzungen eines An-spruchs auf Erstattung der bereits gezahlten Grunderwerbsteuer zu unterrich-- 6 -ten. Tatsächlich hat sie das insoweit getan, als sie ein [X.] andas Finanzamt entwarf und den Entwurf der Klägerin zu Händen des Streithel-fers zur Prüfung übersandte. Ein entsprechendes Schreiben konnte so, wie [X.] war, ohne ihr, der [X.], weiteres Tätigwerden nicht an das Fi-nanzamt abgesandt werden, denn es sah ihre Unterschrift vor. Solange ihr [X.] nicht abverlangt wurde, konnte die [X.] nicht davon ausgehen, daß [X.] beim Finanzamt gestellt war. Das Berufungsgericht hat darüber hinausfestgestellt, die [X.] habe damit rechnen müssen, daß die Klägerin daraufvertraute, daß sie, die [X.], nach dem vom Streithelfer erklärten [X.] Kaufvertrag die Antragstellung umgehend "vollziehen" werde.Unter diesen besonderen Umständen war die [X.] verpflichtet,spätestens bei Beendigung des Mandats die Klägerin darauf aufmerksam zumachen, daß der Antrag noch nicht beim Finanzamt eingereicht war, und sieaußerdem darüber zu unterrichten, bis wann der Antrag gestellt werden mußte.Der Auftraggeber hat zwar keinen Anspruch darauf, bei [X.] umfas-send über die Sach- und Rechtslage sowie die sich daraus ergebende zweck-mäßige künftige Sachbehandlung unterrichtet zu werden ([X.], Urt. v. 24. Ok-tober 1996 - IX ZR 4/96, [X.], 77, 78; v. 28. November 1996 - [X.]/96, [X.], 321, 322, [X.]. für einen Fall der Anwaltshaftung). Der [X.] muß aber, ebenso wie der Rechtsanwalt, auf eine ihm erkennbareGefahr, die dem Auftraggeber bei Beendigung des Mandats insbesonderedurch den mit einem [X.] verbundenen Ablauf einer Frist droht, [X.] dann hinweisen, wenn er die Gefahr selbst mitverursacht hat ([X.],Urt. v. 28. November 1996 aaO). Dem steht der hier gegebene Fall gleich, daßder Mandant für den Berater erkennbar aufgrund von dessen früherem Ver-- 7 -halten darauf vertraut, daß dieser das Erforderliche von sich aus veranlassenwerde.Aus diesen Gründen hat der [X.] die Revision der [X.] nicht [X.] angenommen.2. Die Revision wendet sich dagegen, daß das Berufungsgericht derKlägerin ein - überwiegendes - Mitverschulden zur Last gelegt hat. Damit hatsie Erfolg.Grundsätzlich trifft denjenigen, der sich auf die ordnungsgemäße Aus-führung des einem Fachmann übertragenen Auftrags verläßt, auch dann keinMitverschulden, wenn er die Unzulänglichkeit der Auftragserfüllung bei gehöri-ger Sorgfalt hätte erkennen können. Anders ist es nur, wenn er etwas ver-säumt, was in den Bereich seiner Eigenverantwortung fällt ([X.], Urt. [X.] April 1997 - [X.], [X.], 1396, 1398 m.w.N.; v. 11. Dezember1997 - [X.], [X.], 302, 304). Das Berufungsgericht hat letzteresder Sache nach angenommen, weil es sich nicht feststellen lasse, daß die Klä-gerin der [X.] im Rahmen des die [X.] auch die Aufgabe übertragen habe, für sie [X.] unmittelbar beim Finanzamt einzureichen. Blieb die Antrag-stellung als solche die Sache der Klägerin, dann stellte es in der Tat eine Au-ßerachtlassung ihrer eigenen Obliegenheiten dar, wenn sie sich darum nichtweiter kümmerte. Die Würdigung, der das Berufungsgericht den [X.] hat, ist jedoch, wie die Revision zutreffend rügt, insoweit [X.] 8 -Das Berufungsgericht hat gemeint, es lasse sich nicht feststellen, [X.] [X.] von der Klägerin beauftragt worden ist, einen Antrag auf [X.] der Grunderwerbsteuer zu stellen. Demgegenüber rügt die Revision [X.], daß das Berufungsgericht bei seiner Sachverhalts- und Beweiswürdi-gung den Prozeßstoff nicht ausgeschöpft hat. Das Berufungsgericht hat [X.], daß die [X.] dem Streithelfer am 18. September 1992 den [X.] eines an das Finanzamt gerichteten Antrags übersandte, noch nicht alsein sicheres Indiz für eine "definitive" Auftragserteilung gewertet. Dabei hat [X.] erkennbar berücksichtigt, daß der Entwurf des [X.]s so [X.] war, daß er von der [X.] als offener Stellvertreterin der Klägerinzu unterzeichnen war. Die sich daraus ergebende Indizwirkung wird nicht ohneweiteres durch den Hinweis der Revisionserwiderung auf die Praxis entkräftet,wonach ein Rechtsmittelanwalt oftmals eine Rechtsmittelbegründung entwirft,ohne bereits einen Auftrag erhalten zu haben, den Entwurf auch [X.] mit einem solchen Entwurf sollen zunächst die Erfolgsaussichten [X.] dargelegt werden, und es bleibt der Entscheidung des Mandan-ten überlassen, ob er auf der Grundlage des Entwurfs das Rechtsmittelverfah-ren durchführen will. Eine solche Bedeutung kam dem [X.], mitdem ein feststehender Anspruch beim Finanzamt geltend gemacht werdensollte, nicht zu.Das Berufungsgericht hat dem im September 1992 verfaßten und über-sandten [X.] auch deswegen keine ausschlaggebende Bedeu-tung beigemessen, weil damals die Voraussetzungen für die Aufhebung derSteuerfestsetzung noch nicht geschaffen gewesen seien. Das läßt indessen- auch dies beanstandet die Revision zu Recht - eine Auseinandersetzung mit- 9 -der an anderer Stelle des Berufungsurteils erwähnten Aussage des durch das[X.] vernommenen Zeugen W. vermissen, wonach bei einer Bespre-chung im November 1992 Klarheit darüber bestanden habe, daß [X.], derdamals bei der [X.] mit der Bearbeitung der Angelegenheit befaßt war,den Antrag beim Finanzamt stellen werde, "sobald die Rückabwicklung [X.]kaufvertrages vollzogen sein sollte". Der [X.] wurde [X.] des Streithelfers vom Vertrag unmittelbar durch den beurkundendenNotar mit Schreiben vom 15. Dezember 1992 mitgeteilt.II[X.] Berufungsurteil ist danach aufzuheben, soweit zum Nachteil derKlägerin entschieden worden ist. Da der Rechtsstreit, soweit er nicht durch [X.] des [X.]s vom 5.Oktober 2000 erledigt ist, nicht entscheidungsreifist, ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Für die [X.] weist der [X.] auf folgendes hin:Das Berufungsgericht hat in seiner Annahme, daß die Klägerin für die[X.] erkennbar "auf eine umgehende Vollziehung der bereits vorbereitetenAntragstellung" vertraut haben könnte, keine Grundlage für einen diese Aufga-be umfassenden Vertragsschluß gesehen. Dabei hat es in rechtlicher Hinsichtin Betracht gezogen, daß in einem solchen nach außen zum Ausdruck gekom-menen Vertrauen der Klägerin und der widerspruchslosen Hinnahme einerderartigen Erwartung durch die [X.] ein stillschweigender Vertragsschlußliegen könnte. Wie eine [X.] auch stillschweigende [X.] Willenserklärung zu verste-- 10 -hen ist, richtet sich nach dem objektiven Gehalt, den sie aus der Sicht [X.] hat. Das Berufungsgericht wird das Verhalten der Parteien unterdiesem Gesichtspunkt bei der erneuten Prüfung der Mitverschuldensfrage zuwürdigen und im übrigen, soweit dann noch erforderlich, die Ausführungen zu [X.] beachten haben. In seine abschließende tatrichterliche Beurteilung wird [X.] auch, falls es darauf noch ankommt, das in der letzten mündlichen [X.] in der Berufungsinstanz von der Klägerin vorgelegte Schreiben vom13. Juli 1992, dessen Berücksichtigung es bisher unter Verspätungsgesichts-punkten abgelehnt hat, einzubeziehen haben. Die Zulassung dieses [X.] kann nach der Zurückverweisung der Sache die Erledigung des [X.] nicht mehr verzögern. In der neuen Berufungsverhandlung haben dieKlägerin und ihr Streithelfer auch Gelegenheit, die in der Revisionsbegründungenthaltenen weiteren Einwendungen gegen die bisherige Beweiswürdigung [X.] vorzutragen.[X.] [X.] Kirchhof Fischer Raebel

Meta

IX ZR 223/99

18.01.2001

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.01.2001, Az. IX ZR 223/99 (REWIS RS 2001, 3854)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3854

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