Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.07.2013, Az. 3 StR 76/13

3. Strafsenat | REWIS RS 2013, 3857

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Gegenstand

Revisionsbegründung: Formale Anforderungen an einen Revisionsantrag bei Erhebung der allgemeinen Sachrüge


Tenor

Der Beschluss des [X.] vom 10. Januar 2013 wird aufgehoben.

Gründe

1

Der Antrag des Angeklagten [X.]auf Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 346 Abs. 2 Satz 1 StPO) ist zulässig und begründet. Die Revision des Angeklagten ist - entgegen der Ansicht des [X.] und des [X.] - zulässig.

2

Der Angeklagte hat am 19. September 2012 mit einem per Fax übermittelten Schriftsatz seines Verteidigers gegen das Urteil des [X.] Wuppertal vom 17. September 2012 Revision eingelegt und diese am 18. Dezember 2012 - innerhalb der Frist des § 345 Abs. 1 StPO - damit begründet, dass er die allgemeine Sachrüge erhebe.

3

Das [X.] hat das Rechtsmittel mit Beschluss vom 10. Januar 2013 als unzulässig verworfen (§ 346 Abs. 1 StPO). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass weder die [X.] noch die Revisionsbegründung den nach § 344 Abs. 1 StPO erforderlichen Revisionsantrag enthalte, durch den der Umfang der Urteilsanfechtung bezeichnet werde. Zwar könne das Fehlen eines solchen ausdrücklichen Antrags dann unschädlich sein, wenn sich der Umfang der Anfechtung aus dem Inhalt der Revisionsbegründung ergebe, was zum Beispiel dann angenommen werde, wenn - wie hier - die uneingeschränkte allgemeine Sachrüge erhoben werde. Das bei fehlendem Revisionsantrag zu berücksichtigende Verhalten des Angeklagten und seines Verteidigers im Verlauf des Verfahrens führten vorliegend aber dazu, dass es eines [X.] bedurft hätte: Der Angeklagte habe ein umfassendes Geständnis bezüglich aller zur Aburteilung gelangten Taten abgegeben und sich im letzten Wort für sein Fehlverhalten entschuldigt. Sein Verteidiger - "Fachanwalt für Strafrecht" - habe im [X.] die Verurteilung seines Mandanten in allen Fällen beantragt, wenn auch teilweise mit anderer rechtlicher Würdigung und niedrigeren Strafen. Zudem habe er im [X.] ausdrücklich mitgeteilt, "Anträge und Begründungen" blieben einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten. Bei dieser Sachlage bleibe allein aufgrund der allgemein erhobenen Sachrüge völlig unklar, inwieweit der Angeklagte das Urteil anfechten wolle. Dies führe zur Unzulässigkeit des Rechtsmittels.

4

Diese Begründung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

5

Allerdings ist das [X.] zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass das Fehlen eines ausdrücklichen Antrags gemäß § 344 Abs. 1 StPO unschädlich ist, wenn sich der Umfang der Anfechtung aus dem Inhalt der Revisionsbegründung ergibt und nach der Rechtsprechung bei Revisionen des Angeklagten in der Erhebung der uneingeschränkten allgemeinen Sachrüge regelmäßig die Erklärung zu sehen ist, dass das Urteil insgesamt angefochten werde (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschluss vom 7. November 2002 - 5 [X.], [X.], 120 mwN). [X.] ist aber die Ansicht des [X.], dies sei im vorliegenden Fall aufgrund des Verhaltens des Angeklagten und seines Verteidigers im Verlaufe des Verfahrens und der Ankündigung im [X.]satz anders zu beurteilen. Die vom [X.] herangezogenen Umstände sind nicht geeignet, ein Abweichen von der für Angeklagtenrevisionen geltenden, oben dargelegten Regel zu begründen. Die vom [X.] für seine Rechtsauffassung zitierte Entscheidung des [X.]s (Beschluss vom 31. Oktober 1989 - 3 StR 381/89, [X.], 96) besagt nichts anderes: Auch in dieser Sache hatte der Angeklagte innerhalb der Begründungsfrist allgemein die Verletzung materiellen Rechts gerügt und keinen ausdrücklichen Antrag im Sinne der § 344 Abs. 1, § 352 Abs. 1 StPO gestellt. Der [X.] hat entschieden, dass dies unter den gegebenen Umständen unschädlich sei; eines besonders hervorgehobenen Antrags bedürfe es dann nicht, wenn sich das Begehren des Beschwerdeführers sicher aus der Revisionsbegründung - auch unter Berücksichtigung des bisherigen Verfahrens - ergebe. Er hat dies näher damit begründet, dass der Angeklagte die mehreren selbständigen Taten, derentwegen er verurteilt worden war, insgesamt bestritten hat. Der vom [X.] hieraus gezogene Umkehrschluss, der im vorliegenden Verfahren umfassend geständige Angeklagte, dessen Verteidiger nur teilweise von der Verurteilung abweichende Schlussanträge gestellt hat, müsse einen solchen Antrag ausdrücklich stellen, um seine Revision zulässig zu begründen, ist rechtlich nicht zutreffend. Auch unter diesen Umständen ergibt sich hier aus der Erhebung der uneingeschränkten allgemeinen Sachrüge hinreichend sicher, dass der Angeklagte das Urteil umfassend anfechten will. Die Mitteilung im [X.]satz, dass "Anträge und Begründungen" einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten bleiben, stellt eine den Angeklagten nicht bindende Ankündigung dar und vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern. Die vom [X.] zitierte Entscheidung ([X.], Beschluss vom 5. November 2009 - 2 [X.], [X.], 288) und der dort seinerseits zitierte Beschluss des [X.] (Beschluss vom 7. November 2002 - 5 [X.], NJW 2003, 839) betreffen jeweils eine Revision der Staatsanwaltschaft, für deren zulässige Begründung hinsichtlich der Erforderlichkeit eines ausdrücklichen Antrags gemäß § 344 Abs. 1, § 352 Abs. 1 StPO unter den in diesen Entscheidungen dargelegten Umständen etwas anderes gelten kann.

6

Der Wiedereinsetzungsantrag des Angeklagten ist danach gegenstandslos.

[X.]     

     Pfister     

Hubert

Ri[X.] Dr. Schäfer befindet
sich im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.

[X.]

Spaniol     

Meta

3 StR 76/13

25.07.2013

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Wuppertal, 10. Januar 2013, Az: 22 KLs 1/12

§ 344 Abs 1 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.07.2013, Az. 3 StR 76/13 (REWIS RS 2013, 3857)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3857

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