Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2018, Az. 2 StR 516/17

2. Strafsenat | REWIS RS 2018, 11465

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:280318U2STR516.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
2 StR 516/17
vom
28. März 2018
in der Strafsache
gegen

wegen Körperverletzung

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 28.
März
2018, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],

[X.] am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. [X.],
[X.],
[X.],
[X.]in am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],

[X.] am Amtsgericht

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
1.
Die Revision der St[X.]tsanwaltschaft gegen das Urteil des [X.] vom 18. Juli 2017 wird verwor-fen.
2.
Die St[X.]tskasse
hat die Kosten des Rechtsmittels und die hier-durch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und ma-teriellen Rechts gestützte Revision der St[X.]tsanwaltschaft bleibt ohne
Erfolg.

I.
Nach den Feststellungen des [X.]s stellte der Angeklagte, der zum Alkoholmissbrauch sowie einer kombinierten Persönlichkeitsstörung und Impulskontrollstörun

März 2015 fest, dass er kein Bargeld mehr 1
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zur Verfügung hatte, um sich Zigaretten und Lebensmittel kaufen zu können. Deshalb rief er gegen 14.30 Uhr seinen Betreuer, den [X.]

, an, und
bat ihn, ihm weiteres Geld zur Verfügung zu
stellen. Der Zeuge, der als Betreu-er für Vermögensangelegenheiten bestellt war, lehnte dies ab, weil der Ange-klagte das ihm für die Woche zur Verfügung stehende Geld bereits erhalten hatte. Es kam zu mehreren Telefonaten. Schließlich teilte der Angeklagte
um 14.35
Uhr mit, dass er vor der Sparkasse in F.

stehe und diese nun
überfallen werde. Der Zeuge D.

versuchte, ihn
von seinem Vorhaben ab-
zubringen.
Der Angeklagte begab sich
gleichwohl
in die Filiale der F.

Spar-
kasse, in der
Hand eine Dose Pfefferspray, die er zuvor gefunden hatte. Dort sprach er am [X.]
3 die Angestellte S.

an und forderte unter Hin-
weis auf das auf den Oberkörper der Zeugin gerichtete Pfefferspray mit den Worten:

Das ist ein Überfall! Das Geldie Zeugin angab, am [X.] nicht über Bargeld zu verfügen, nahm der bot diese
an, in der Schublade des [X.]s befindliches Münzgeld zu übergeben. Der Angeklagte, der die Zeugin losgelassen hatte, ließ sich darauf Papiergeld meinte. Daraufhin begaben sich der Angeklagte und die Zeugin S.

in Richtung des Foyers
der Sparkasse, nachdem der stellvertretende Filialleiter

um den Angeklagten abzulenken

angeboten hatte, ihm Papiergeld aus [X.] zu bringen. Er ging daraufhin in Richtung des [X.], während der Angeklagte und die Zeugin stehen blieben. Nach etwa 20-30 Sekunden sagte der Angeklagte [X.] nach Hause, rief seinen Betreuer an und teilte ihm mit, Mist gebaut zu haben. Dessen Rat, sich der Polizei zu stellen, kam der Angeklagte unmittelbar nach und legte bei der Polizei ein umfassendes Geständnis ab.
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Das [X.] hat den Angeklagten lediglich wegen Körperverletzung, nicht aber wegen versuchter besonders schwerer räuberischen Erpressung verurteilt; insoweit ist die [X.]
von einem strafbefreienden Rücktritt ausgegangen. [X.] beraten hat sie aufgrund der Erkrankung des Angeklagten sowie seines Alkoholkonsums vor der Tat eine erheblich vermin-derte Steuerungsfähigkeit i.S.d. §
21 StGB angenommen, von
einer Unterbrin-gung des Angeklagten in einer psychiatrischen Klinik oder einer Entziehungs-anstalt indes
abgesehen.

II.
Die Revision der St[X.]tsanwaltschaft hat keinen Erfolg.
1. Es kann dahinstehen, ob das Rechtsmittel der St[X.]tsanwaltschaft, die zwar einen umfassenden Aufhebungsantrag gestellt und auch die Verletzung materiellen Rechts umfassend und ausdrücklich ohne Beschränkung gerügt
hat, angesichts lediglich eingeschränkt geltend gemachter konkreter Einwen-dungen auf den Schuldspruch sowie die Nichtanwendung der Unterbringung des
Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus beschränkt ist.
Denn eine solche Beschränkung wäre im vorliegenden Fall unwirksam. Die Revision wendet sich im Rahmen einer Verfahrensrüge ausdrücklich gegen die im Rah-men des §
63 StGB getroffene Prognoseentscheidung der [X.], die vorliegend

mit Blick auf die beim Angeklagten festgestellte psychische Er-krankung und seinen Alkoholmissbrauch

in untrennbarem Zusammenhang mit dem Strafausspruch, der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Be-währung und der [X.] des §
64 StGB steht (vgl. Senat, [X.], 148).
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2. Die Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg.
a) Soweit die St[X.]tsanwaltschaft eine Verletzung der Amtsaufklärungs-pflicht im Hinblick auf den von der [X.] angenommenen Rücktritt nach §
24 StGB geltend macht und die Vernehmung der Zeugen Sp.

, B.

und
Dö.

vermisst, ist diese
Rüge
bereits nicht zulässig erhoben (§
344 Abs.
2
Satz
2 StPO).
Die Revisionsbegründung gibt die polizeilichen Aussagen der benannten Zeugen nicht vollständig, sondern lediglich auszugsweise und bruchstückhaft wieder;
zudem versäumt sie es mitzuteilen, dass die Zeugin Sp.

in der Ver-
handlung vor dem Amtsgericht zeugenschaftlich vernommen worden ist und welche Angaben sie
dort gemacht hat. Ohne Kenntnis dieser Umstände lässt sich

auch wenn es sich bei den genannten Zeugen um unmittelbare Tatzeu-gen handelt

nicht nachvollziehen, ob sich das [X.] gedrängt sehen musste, die Zeugen (ergänzend) zu hören.
b) Auch die weitere Rüge der Verletzung des §
244 Abs.
2 StPO ist nicht zulässig erhoben (§
344 Abs.
2 Satz
2 StPO). Die Beschwerdeführerin, die die Beiziehung von Ermittlungsakten vermisst, trägt weder eine bestimmte [X.] vor noch legt sie dar, welches Beweisergebnis sich aus der [X.] der Ermittlungsakten ergeben hätte.
3. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils hat einen sachlich-rechtlichen
Fehler zum Vorteil des Angeklagten nicht ergeben.
a) Der Schuldspruch allein wegen Körperverletzung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Ohne Rechtsfehler ist das [X.] von einem Rücktritt vom Versuch der besonders schweren räuberischen Erpressung ausgegangen.
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Seine
Annahme, der Angeklagte sei freiwillig von einem unbeendeten Versuch zurückgetreten, hält rechtlicher Nachprüfung stand. Anhaltspunkte [X.], dass der Versuch zu dem Zeitpunkt, als der Angeklagte die Bank verließ, bereits fehlgeschlagen
war
und daher für einen strafbefreienden Rücktritt kein Raum gewesen wäre, liegen nach dem festgestellten Tatgeschehen nicht vor. Die Zeugin S.

befand sich im unmittelbaren [X.] des Angeklag-
ten, der stellvertretende Filialleiter, der angeboten hatte, Papiergeld aus [X.]raum der Bank zu holen, ging in Richtung des [X.]. Bei dieser Sachlage gibt
es keinen Anhalt dafür, dass der Angeklagte davon ausgehen musste oder davon ausgegangen ist, die Vollendung der Tat mit den bereits eingesetzten oder zur Hand liegenden Mitteln nicht mehr erreichen zu können.
Es begegnet im Übrigen
auch keinen Bedenken, dass die [X.] insoweit von einem unbeendeten Versuch ausgegangen ist. Die dem zugrunde liegende Annahme, der Angeklagte habe keineswegs sicher sein können, mit den bereits eingesetzten Nötigungsmitteln alles Erforderliche zur Erlangung des [X.] durch den stellvertretenden Filialleiter, der sich außerhalb seines [X.]s befand, getan zu haben, beruht auf einer tragfähigen Beweis-würdigung.
b) Auch der Strafausspruch ist frei von [X.].
[X.]) Dies gilt zunächst für die Bemessung der festgesetzten [X.]. Ohne durchgreifende Rechtsfehler hat die [X.] dabei insbesondere die Voraussetzungen des §
21 StGB angenommen und ihrer Straffestsetzung den gemäß §
49 Abs.
1 StGB gemilderten Strafrahmen zugrunde gelegt. Der Senat entnimmt dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe, die an [X.] Stellen auf die psychische Erkrankung des Angeklagten eingehen, in noch hinreichendem Maße, dass es sich bei der bei dem Angeklagten vorlie-13
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genden

20, 21 StGB handelt und aufgrund dessen seine Steuerungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt erheblich vermindert war.
[X.]) Auch die Strafaussetzung zur Bewährung leidet nicht unter einem Rechtsfehler. Eine Strafe von unter einem Jahr Freiheitsstrafe kann gemäß §
56 Abs.
1 StGB zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lässt und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr be-gehen wird. Bei der insoweit anzustellenden Gesamtwürdigung, insbesondere der in §
56 Abs.
1 Satz
2 StGB genannten Umstände, kommt dem Tatrichter ein Bewertungsspielraum zu, die vom [X.] bis zur Grenze des [X.] hinzunehmen ist (vgl. [X.],
[X.], 303).
Gemessen daran liegt ein durchgreifender Rechtsfehler, der allein dem [X.] ein Einschreiten ermöglichen würde, im Ergebnis nicht vor. Es ist der Revision zwar zuzugeben, dass sich die Begründung der Aussetzungs-entscheidung dem Wortlaut nach allein auf zwei zu Gunsten des Angeklagten sprechende Umstände (frühes, umfassendes Geständnis, und Fehlen einer Verurteilung zu Freiheitsstrafe) beschränkt und das [X.] gegen den [X.] sprechende Umstände wie etwa dessen
Krankheitsbild oder die gut-achterliche Einschätzung des [X.]en zu seiner künftigen Gefährlich-keit, nicht ausdrücklich in seine Prüfung einbezogen hat.
Es ist aber [X.], dass der [X.] diese Gesichtspunkte aus dem Blick geraten sein könnten. Der Senat entnimmt vielmehr
auch hier
dem Gesamtzusammen-hang der Urteilsgründe, in deren Rahmen das [X.] sich ausdrücklich, vor allem im Zusammenhang mit der Prüfung einer Unterbringung nach §
63 StGB, mit der Einschätzung der Gefährlichkeit des Angeklagten auseinander 17
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gesetzt
hat, dass es diese Umstände gesehen und auch bei seiner Ausset-zungsentscheidung berücksichtigt hat.
c)
Dass das [X.] von einer Unterbringung nach §
63 StGB abge-sehen hat, hält ebenfalls
rechtlicher Nachprüfung stand. Ohne Rechtsfehler hat die [X.] dargelegt, dass es sich bei der [X.] nicht um eine erheb-liche rechtswidrige Tat im Sinne von §
63 Satz
1 StGB handelt und besondere Umstände fehlen, die die Erwartung rechtfertigen würden, der Angeklagte [X.] infolge seines Zustandes derartige erhebliche Taten begehen. Der [X.] Einschätzung des [X.]en ist das [X.] mit tragfähi-ger und rechtlich nicht zu beanstandender Begründung nicht gefolgt.
d) Schließlich weist auch die [X.] der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach §
64 StGB keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Ange-klagten auf. Die [X.] hat

insoweit gestützt auf die Angaben des [X.]en

rechtlich unbedenklich ausgeschlossen, dass die began-gene Tat auf einem schädlichen
Gebrauch von Alkohol durch den Angeklagten beruht.
[X.] [X.]

Ri[X.] [X.]

befindet sich im Urlaub

und ist deshalb gehindert

zu unterschreiben.

[X.]

[X.] [X.]
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Meta

2 StR 516/17

28.03.2018

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.03.2018, Az. 2 StR 516/17 (REWIS RS 2018, 11465)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 11465

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Revision in Strafsachen: Prüfungsgrundlage für Verfahrensrüge bei schriftlicher Einlassung des Angeklagten


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