Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2011, Az. I ZR 188/08

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 10502

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[X.] DES VOLKES URTEIL [X.]/08 Verkündet am: 13. Januar 2011 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 435 Der Umstand, dass es aufgrund von gleichzeitig beidseitig blockierenden [X.] zu einem Reifenbrand an einem Lkw-Anhänger kommt, deutet nicht ohne weiteres darauf hin, dass der für einen Straßentransport benutzte Anhänger leichtfertig ohne ausreichende Wartung eingesetzt wurde. Es gibt keinen Erfah-rungssatz, der besagt, dass ein solches Blockieren mit hoher Wahrscheinlich-keit auf eine unzureichende Wartung der Bremsanlage zurückzuführen ist. [X.], Urteil vom 13. Januar 2011 - [X.]/08 - [X.] [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 13. Januar 2011 durch [X.] [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 18. Zivilsenats des [X.] vom 22. Oktober 2008 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht das Urteil des [X.] über die gesetzliche [X.] gemäß § 431 Abs. 1 HGB hinaus bestätigt hat. Auf die Berufung der [X.] wird das Urteil der [X.] für Handelssachen des [X.] Duisburg vom 20. Februar 2008 im Kostenpunkt aufgehoben und insoweit abgeändert, als das [X.] über die gesetzliche [X.] gemäß § 431 Abs. 1 HGB hinaus zum Nachteil der [X.] erkannt hat. Das Urteil des [X.] wird wie folgt neu gefasst: Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von Schadensersatzansprüchen im Rahmen des Wertersatzes und der Schadensfeststellungskosten - begrenzt auf den [X.] von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des [X.] - freizuhalten, die aufgrund einer möglichen Be-schädigung von vier [X.] und zwei Bedienpulten während des [X.] nach [X.], abgeliefert am 13. Juli 2005, entstanden sind oder noch entstehen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Von den Kosten des landgerichtlichen Verfahrens und des [X.] trägt der Kläger 49/50 und die Beklagte 1/50. Die Kosten der [X.] des [X.] trägt die Beklagte zu 1/50; im Übrigen tragen die [X.] ihre außergerichtlichen Kos-ten selbst. Die Gerichtskosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens trägt die Beklagte, die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens trägt der Kläger. Die außergerichtlichen Kosten des [X.] und des Revisionsverfahrens tragen der Kläger zu 79/80, die Beklagte zu 1/80. Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand: 1 Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.] in E. (im Weiteren: Insolvenzschuldnerin). Er macht gegen das beklagte Speditionsunternehmen einen Freistellungsanspruch wegen Beschädigung von Transportgut geltend. 2 Die Insolvenzschuldnerin beauftragte die Beklagte im Juli 2005 zu festen Kosten mit dem Transport von vier [X.] und zwei Bedienpul-ten für ICT-2-Triebzüge, die sie im Auftrag von [X.](Streithelferin zu 1 des [X.]) hergestellt hatte, von ihrer Niederlassung in [X.] zu B. in [X.] (Streithelferin zu 2 des [X.]; im Weiteren: Empfängerin). Mit der Durchführung des Transports betraute die Beklagte die [X.] (im Weiteren: Unterfrachtführerin). Die Empfängerin nahm [X.] ohne Beanstandungen entgegen. Einen Tag nach der Anlieferung rügte sie Brandschäden am [X.]. Während des Transports hatten am Anhänger des Lastkraftwagens beide vordere Bremsen blockiert und die Gummireifen in Brand gesetzt. Dabei fing die Plane des Anhängers Feuer, das von der [X.] Feuerwehr gelöscht wurde. Die Streithelferin zu 1 hat die Insolvenz-schuldnerin wegen Beschädigung des [X.] auf Schadensersatz in Höhe von 1.052.752,49 • in Anspruch genommen. Der Kläger hat behauptet, die von der Empfängerin festgestellten [X.] am [X.] seien durch den Brand während der Obhutszeit der Unterfrachtfüh-rerin entstanden. Auf gesetzliche Haftungsbeschränkungen könne sich die [X.] nicht mit Erfolg berufen, weil die Unterfrachtführerin als ihre Erfüllungs-gehilfin den Schaden durch qualifiziertes Verschulden herbeigeführt habe. Es sei davon auszugehen, dass die Unterfrachtführerin einen für den Transport ungeeigneten Lastkraftwagen eingesetzt habe. 3 - 4 - Der Kläger hat beantragt, 4 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von sämtlichen Kos-ten, Schadensersatzansprüchen und Gebühren freizuhalten bzw. von etwaigen Schäden freizuhalten, die aufgrund einer möglichen Beschädigung von vier [X.] und zwei Bedienpulten während eines [X.] nach [X.], abgeliefert am 13. Juli 2005, entstanden sind oder noch entstehen. 5 Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, eine leichtfertige Ver-ursachung des Schadens könne der Unterfrachtführerin nicht angelastet wer-den. Der Fahrer habe das Fahrzeug und den Anhänger vor Fahrtantritt auf ihre Verkehrstüchtigkeit überprüft. Es fehle schon an Anhaltspunkten, die mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf ein qualifiziertes Verschulden der Unterfracht-führerin hindeuteten und eine ihr obliegende weitere Aufklärungspflicht begrün-deten. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Be-rufung der [X.] ist erfolglos geblieben. 6 Der Senat hat die Revision zugelassen, soweit das Berufungsgericht ei-ne über die gesetzliche [X.] des § 431 Abs. 1 HGB hinaus-gehende Haftung der [X.] bestätigt hat. In diesem Umfang verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. 7 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem [X.] angenommen, dass die Beklagte gemäß § 425 Abs. 1, §§ 459, 435 HGB ver-pflichtet sei, den Kläger von sämtlichen Kosten, Schadensersatzansprüchen und Gebühren freizuhalten, die aufgrund der Beschädigung von vier [X.] - 5 - raumschränken und zwei Bedienpulten während des [X.] nach [X.] im Juli 2005 entstanden sind oder noch entstehen werden. Dazu hat es ausgeführt: 9 [X.] sei während der Obhutszeit der Unterfracht-führerin entstanden. Die Beklagte müsse hierfür gemäß § 428 Satz 2 HGB [X.]. Auf eine Beschränkung der Haftung nach § 431 Abs. 1 HGB könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, weil der Eintritt des Schadens auf einem qua-lifizierten Verschulden (§ 435 HGB) der [X.] selbst oder ihrer Unterfracht-führerin beruhe. Die vom Fahrer der Unterfrachtführerin bei seiner Zeugenver-nehmung geschilderte Ursache für den Schadenseintritt, ein durch beiderseitig blockierende Bremsen verursachter Reifenbrand am Anhänger, auf dem das [X.] transportiert worden sei, biete einen hinreichenden Anhaltspunkt für eine Schadensentstehung durch qualifiziertes Verschulden, weil daraus der Schluss auf den Einsatz eines für die Beförderung ungeeigneten Transportmittels gezo-gen werden könne. Die Beklagte müsse sich auf den Vortrag der Geschädigten einlassen und im Rahmen der ihr obliegenden Recherchepflicht mitteilen, [X.] Kenntnisse sie über den konkreten Schadensverlauf habe und welche Schadensursachen sie habe ermitteln können. Sie hätte auch nachforschen müssen, warum es zum Blockieren der Bremsen gekommen sei und in [X.]m Wartungszustand sich Lkw und Anhänger befunden hätten, und hätte das Ergebnis dieser Nachforschungen vortragen müssen. Da die Beklagte dies [X.] habe, sei ein qualifiziertes Verschulden im Sinne von § 435 HGB zu vermuten. I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Abweisung der Klage, soweit der Kläger die Freihaltung von Ansprüchen über die gesetzliche [X.] gemäß § 431 Abs. 1 HGB hinaus geltend macht. 10 - 6 - 1. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei die Voraussetzungen einer vertraglichen Haftung der [X.] nach § 425 Abs. 1 HGB für die an den [X.] und Bedienpulten entstandenen Schäden bejaht. Es ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte von der Insolvenz-schuldnerin als Fixkostenspediteurin im Sinne von § 459 HGB beauftragt [X.] ist und sich ihre Haftung demgemäß grundsätzlich nach den [X.] über die Haftung des Frachtführers (§§ 425 ff. HGB) richtet. 11 Aufgrund der beschränkten Zulassung der Revision ist im [X.] davon auszugehen, dass die hier in Rede stehenden Schäden am Transportgut während der Obhutszeit der von der [X.] eingesetzten Un-terfrachtführerin entstanden sind. Für diese Schäden muss die Beklagte gemäß § 428 Satz 2 HGB haften. 12 2. Der Umfang des von der [X.] gemäß § 425 Abs. 1, § 428 Satz 2 HGB zu leistenden Schadensersatzes bestimmt sich nach § 429 Abs. 2 Satz 1 HGB. Maßgeblich ist danach der Wert des zu transportierenden [X.]es am Ort und zur [X.] der Übernahme im unbeschädigten und im beschädigten Zustand. Der gemäß § 429 Abs. 2 Satz 1 HGB zu berechnende Schadensersatz wird al-lerdings - wenn kein qualifiziertes Verschulden nach § 435 HGB vorliegt (dazu nachfolgend unter [X.]) - durch die Regelungen in § 431 Abs. 1 und 2 HGB [X.]. Gemäß § 431 Abs. 1 HGB haftet der Frachtführer wegen Beschädigung der gesamten Sendung höchstens bis zu einem Betrag von 8,33 Rechnungs-einheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts der Sendung. Sind nur einzelne Frachtstücke der Sendung beschädigt worden, so ist die Haftung des [X.] nach § 431 Abs. 2 HGB auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts der gesamten Sendung begrenzt, wenn die gesamte Sendung entwertet ist (Fall 1). Ist nur ein Teil der Sendung entwertet, haftet der Frachtführer höchstens auf einen Betrag von 8,33 [X.] - 7 - ten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des entwerteten Teils der Sendung (Fall 2). 14 3. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Auffassung des [X.], der [X.] sei es im Streitfall nach § 435 HGB verwehrt, sich auf die Haftungsbegrenzungen gemäß § 431 Abs. 1 und 2 HGB zu berufen, weil der durch die Beschädigung des [X.] eingetretene Schaden auf ein qualifiziertes Verschulden der [X.] oder der von ihr eingesetzten Un-terfrachtführerin zurückzuführen sei. a) Gemäß § 435 HGB gelten die gesetzlichen und im [X.] vor-gesehenen Haftungsbefreiungen und Haftungsbegrenzungen nicht, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Frachtführer oder eine der in § 428 HGB genannten Personen leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit ein-treten wird. Nach der Rechtsprechung des Senats hat grundsätzlich der An-spruchsteller die Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des [X.] bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen ([X.], Urteil vom 22. November 2007 - [X.], [X.] 174, 244 Rn. 25; Urteil vom 10. Dezember 2009 - I ZR 154/07, [X.] 2010, 78 Rn. 16 = [X.], 648 mwN). Die dem An-spruchsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast kann jedoch - wovon auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgegangen ist - dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen [X.] der Vertragsparteien nach [X.] und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar zu den näheren Umständen des [X.] eingehend vorzutragen. Eine solche sekundäre Darlegungslast des [X.] setzt allerdings voraus, dass der Klagevortrag ein qualifiziertes Ver-schulden des [X.] mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt oder 15 - 8 - sich Anhaltspunkte für ein derartiges Verschulden aus dem unstreitigen Sach-verhalt ergeben ([X.], [X.] 2010, 78 Rn. 16). 16 Diese zum Verlust von Transportgut entwickelten [X.] gelten grundsätzlich auch bei einer während des Transports einge-tretenen Beschädigung des [X.] (vgl. [X.] 174, 244 Rn. 27). Liegt ein qualifiziertes Verschulden aufgrund des [X.] nahe, muss der [X.] Frachtführer Angaben zu den näheren Umständen der Schadensentste-hung machen. Er muss insbesondere mitteilen, welche Kenntnisse er über den konkreten Schadensverlauf hat und welche Schadensursachen er ermitteln konnte. Ihn trifft mithin eine Recherchepflicht ([X.], Urteil vom 29. Juni 2006 - [X.], [X.] 2006, 390, 393 = NJW-RR 2007, 32 Rn. 33; [X.] 174, 244 Rn. 27). b) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Vortrag des [X.] mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf ein qualifiziertes Ver-schulden der [X.] oder der von ihr eingesetzten Unterfrachtführerin schließen lässt. Es hat angenommen, dass die vom Fahrer der Unterfrachtfüh-rerin geschilderte Ursache für den Schadenseintritt - ein durch beidseitig blo-ckierende Bremsen verursachter Reifenbrand am Anhänger, auf dem das Frachtgut befördert wurde - einen hinreichenden Anhaltspunkt für den Einsatz eines für den Transport ungeeigneten [X.] biete. Die Tatsache, dass es durch gleichzeitig beidseitig blockierende Bremsen zu einem [X.] komme, sei derart ungewöhnlich, dass dieser Umstand darauf hindeute, dass der für den Transport eingesetzte Anhänger möglicherweise leichtfertig ohne ausreichende Wartung im Straßenverkehr benutzt worden sei. Darauf weise unter Umständen auch der vom Fahrer der Unterfrachtführerin bekundete Umstand hin, dass es sich um einen sehr alten Anhänger gehandelt habe. Die-ser Anschein werde nicht durch die Aussage des Fahrers ausgeräumt, er habe 17 - 9 - den Anhänger, die Bremsen und die Reifen vor Fahrtantritt überprüft und bei Antritt der Fahrt die Bremsen ohne Komplikationen betätigt, da ein solcher flüchtiger Sicht- und Funktionstest keinerlei Aussagekraft hinsichtlich des tat-sächlichen Wartungszustands eines Fahrzeugs habe. 18 c) Die Revision rügt mit Erfolg, dass der Vortrag des [X.] entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts für die Annahme eines bewusst leichtfertigen Handelns (§ 435 HGB) der [X.] oder ihrer Unterfrachtführerin nicht [X.]. [X.]) Das Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit erfordert einen beson-ders schweren Pflichtenverstoß, bei dem sich der Frachtführer oder seine Leute im Sinne von § 428 Satz 2 HGB in krasser Weise über die Sicherheitsinteres-sen des Vertragspartners hinwegsetzen. Das subjektive Erfordernis des Be-wusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist eine sich dem Handelnden aus seinem leichtfertigen Verhalten aufdrängende Erkenntnis, es werde wahrscheinlich ein Schaden entstehen. Dabei reicht die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Leichtfertigkeit für sich allein nicht aus, um auf das Bewusstsein von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen zu können. Eine solche Erkenntnis als innere Tatsache ist vielmehr erst dann an-zunehmen, wenn das leichtfertige Verhalten nach seinem Inhalt und nach den Umständen, unter denen es aufgetreten ist, diese Folgerung rechtfertigt ([X.], Urteil vom 25. März 2004 - [X.], [X.] 158, 322, 328 f.; Urteil vom 6. Juni 2007 - I ZR 121/04, [X.] 2007, 423 Rn. 17 = [X.], 1134). 19 [X.]) Der Kläger hat bislang keine konkreten Umstände dargelegt, die die Annahme begründen könnten, der von der Unterfrachtführerin eingesetzte [X.] sei wegen schwerwiegender technischer Mängel für den [X.] nicht geeignet gewesen. Eine derartige Annahme lässt sich 20 - 10 - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht darauf stützen, dass die beiden vorderen Bremsen des Anhängers während der Fahrt von [X.] nach [X.] gleichzeitig blockierten. Die Ursache der Blockade wurde nicht [X.]. Es gibt auch keinen Erfahrungssatz, dass ein solches Blockieren mit ho-her Wahrscheinlichkeit auf eine unzureichende Wartung der Bremsanlage zu-rückzuführen ist. Hier kommt hinzu, dass ein Funktionstest der Bremsen vor An-tritt der Fahrt komplikationslos verlief. Die Durchführung eines derartigen Tests vor Fahrtantritt war auch ausreichend. Es kann von einem Frachtführer nicht verlangt werden, dass er seine Transportfahrzeuge vor jedem Fahrtantritt von einem Kraftfahrzeugmechaniker auf ihre Betriebssicherheit hin überprüfen lässt. Das Berufungsgericht hat auch im Übrigen keine Umstände festgestellt, aufgrund deren sich der Unterfrachtführerin oder ihrem Fahrer vor Antritt der Fahrt der konkrete Verdacht aufdrängen musste, dass die Bremsen des [X.]s defekt waren und der Anhänger deswegen für den Transport nicht ein-gesetzt werden durfte. Auf der festgestellten Tatsachengrundlage kann daher nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass sich die Unterfrachtführerin bei der Durchführung des Transports in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Auftraggeberin der [X.] hinweggesetzt hat. 21 cc) Es besteht keine Veranlassung, den Rechtsstreit an das Berufungs-gericht zurückzuverweisen, um dem Kläger im wiedereröffneten Berufungsver-fahren Gelegenheit zu geben, seinen Vortrag zu einem bewusst leichtfertigen Handeln der [X.] oder ihrer Unterfrachtführerin zu ergänzen und unter Beweis zu stellen. 22 Die Parteien haben bereits in erster Instanz eingehend darüber gestrit-ten, ob die Beklagte den Schaden durch ein eigenes oder ein ihr gemäß § 428 Satz 2 HGB zurechenbares qualifiziertes Verschulden ihrer Unterfrachtführerin 23 - 11 - verursacht hat. Diese Frage war auch ein Hauptstreitpunkt im [X.]. Die Beklagte hat in ihrer Berufungsbegründung ausdrücklich geltend ge-macht, dass der Kläger keine Anhaltspunkte dargelegt habe, die auf ein qualifi-ziertes Verschulden ihrerseits oder der von ihr beauftragten Unterfrachtführerin schließen ließen. Einer solchen Annahme stehe - so die Beklagte - vor allem entgegen, dass der Fahrer die Verkehrstüchtigkeit von Fahrzeug und Anhänger vor Fahrtantritt kontrolliert und dabei keine Unregelmäßigkeiten festgestellt ha-be. Diesen Vortrag hätte der Kläger auch ohne einen richterlichen Hinweis nach § 139 Abs. 1 ZPO zum Anlass nehmen müssen, umfassend zu den tatsächli-chen Voraussetzungen einer bewussten Leichtfertigkeit der [X.] vorzutra-gen (vgl. [X.], Beschluss vom 20. Dezember 2007 - [X.], NJW-RR 2008, 581 Rn. 2). II[X.] Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der [X.] im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als das Berufungsgericht das erstin-stanzliche Urteil über die gesetzliche [X.] gemäß § 431 Abs. 1 HGB hinaus bestätigt hat. Im Umfang der Aufhebung ist die Klage [X.]. 24 - 12 - [X.] beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO. 25 Bornkamm Pokrant Schaffert
[X.] Löffler Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.02.2008 - 25 O 445/06 - [X.], Entscheidung vom 22.10.2008 - [X.]/08 -

Meta

I ZR 188/08

13.01.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2011, Az. I ZR 188/08 (REWIS RS 2011, 10502)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10502

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