Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.07.2019, Az. 1 StR 556/18

1. Strafsenat | REWIS RS 2019, 5078

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Gegenstand

Steuerhinterziehung: Konkurrenzverhältnis zwischen Umsatzsteuervoranmeldung und -jahreserklärung; Umsatzsteuernachschau als Sperrgrund für Selbstanzeigen


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. Juni 2018 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Steuerhinterziehung in zehn Fällen sowie der versuchten Steuerhinterziehung schuldig ist. Die Einzelstrafen für die Taten Ziffer [X.] 1 bis 3 der Urteilsgründe entfallen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

1. Das [X.] hat den Angeklagten unter Einbeziehung einer weiteren Verurteilung wegen Steuerhinterziehung in 13 Fällen sowie wegen versuchter Steuerhinterziehung in einem Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge geführten Revision.

2

Das Rechtsmittel hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO). Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Insoweit wird ebenfalls auf die Antragsschrift des [X.] Bezug genommen.

3

2. Ergänzend bemerkt der Senat:

4

Der Senat hat in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch geändert, weil die von der [X.] abgeurteilten Steuerhinterziehungen durch die pflichtwidrig für die Monate August bis Oktober 2012 (Taten Ziffer [X.] 1 bis 3) nicht abgegebenen Umsatzsteuervoranmeldungen für die [X.] gegenüber der Steuerhinterziehung wegen der unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung 2012 als mitbestrafte Vortaten zurücktreten.

5

a) Das Verhältnis zwischen Umsatzsteuervoranmeldung und Umsatzsteuerjahreserklärung ist auch für die Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) und die Abgabe einer unvollständigen und daher unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) eines der [X.] in Form der mitbestraften Vortat (vgl. zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärung des nämlichen Jahres jeweils durch [X.] im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1 [X.] BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2018 – 1 StR 7/18 Rn. 8; zur Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen und Nichtabgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung des nämlichen Jahres – jeweils Unterlassen im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 [X.] – Urteil vom 13. Juli 2017 – 1 StR 536/16 Rn. 50 ff.).

6

b) Die Strafbarkeit dieser Vortaten ist nicht bereits durch [X.] wieder entfallen. Zwar hat der Angeklagte die Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate August bis Oktober 2012 im Februar 2013 nachgeholt und die noch offene Umsatzsteuer nachentrichtet. Er hat allerdings lediglich für September 2012 eine vollständige Umsatzsteuervoranmeldung abgegeben, nicht aber für die Monate August und Oktober 2012, so dass für diese beiden Monate nur den [X.] reduzierende Teilselbstanzeigen vorliegen können.

7

Mit Wirkung vom 1. Januar 2015 hat der Gesetzgeber (BGBl. I S. 2415) die Zulässigkeit einer Teilselbstanzeige für Umsatzsteuervoranmeldungen eingeführt (§ 371 Abs. 2a [X.]), soweit die Steuerhinterziehung durch Verletzung der Pflicht zur rechtzeitigen Abgabe einer vollständigen und richtigen Umsatzsteuervoranmeldung begangen worden ist. Straffreiheit tritt dann bei [X.] in dem Umfang ein, in dem der Täter gegenüber der zuständigen Finanzbehörde die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt.

8

Der Angeklagte hat die Korrekturen seiner Umsatzsteuervoranmeldungen vor Inkrafttreten dieser Vorschrift abgegeben. Grundsätzlich ist für die Wirksamkeit einer Selbstanzeige das bei ihrer Einreichung geltende Recht maßgeblich. § 371 [X.] i.d.F. vom 28. April 2011 ([X.] – Schwarzgeldbekämpfungsgesetz) sah für solche ab Inkrafttreten dieses Gesetzes abgegebene Teilselbstanzeigen keine Straffreiheit vor. Jedoch wollte der Gesetzgeber auch vor Inkrafttreten des § 371 Abs. 2a [X.] eingereichte [X.] von der Sperrwirkung des § 371 [X.] i.d.F. vom 28. April 2011 wieder ausnehmen. Bereits vor dem 1. Januar 2015 für Taten abgegebene [X.], die noch nicht rechtskräftig abgeurteilt wurden, sind daher an dieser für den Betroffenen günstigeren Regelung zu messen (vgl. BT-Drucks. 18/3439 S. 7; [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 371 Rn. 39).

9

Nach den Feststellungen des Urteils wurde für die [X.] Ende 2012 eine [X.] durchgeführt ([X.], 26). Diese [X.] war nach § 371 Abs. 2 Nr. 1c [X.] aF und ist nach § 371 Abs. 2 Nr. 1e [X.] nF für die Wirksamkeit von [X.] ein [X.]. Der [X.] entfällt nur dann, wenn die Taten des Angeklagten bei dieser Nachschau nicht entdeckt wurden. Die [X.] stellt in Bezug auf die unterlassenen Umsatzsteuervoranmeldungen allerdings fest, dass im Rahmen der [X.] aufgefallen ist, dass der Angeklagte für die Monate August bis Oktober 2012 keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben hatte, obwohl die GmbH steuerpflichtige Umsätze getätigt hatte und deshalb die Voranmeldungen im Februar 2013 nachgeholt wurden ([X.]). Damit aber waren die Taten entdeckt.

c) Die Schuldsprüche und Einzelstrafen für die Taten Ziffer [X.] 1 bis 3 der Urteilsgründe entfallen daher nur deswegen, weil es sich bei den zugrundeliegenden Taten um zwar strafbare, aber mitbestrafte Vortaten handelt.

Raum     

      

Jäger     

      

Bellay

      

Cirener     

      

Fischer     

      

Meta

1 StR 556/18

25.07.2019

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Arnsberg, 6. Juni 2018, Az: II-6 KLs - 213 Js 82/16 - 2/17

§ 370 Abs 1 Nr 1 AO, § 370 Abs 1 Nr 2 AO, § 371 Abs 2 S 1 Nr 1 Buchst e AO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.07.2019, Az. 1 StR 556/18 (REWIS RS 2019, 5078)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 5078

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(Anforderungen an strafbefreiende (Teil-) Selbstanzeigen)


Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 480/21

Zitiert

1 StR 7/18

1 StR 536/16

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