Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2008, Az. VI ZR 53/07

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 6160

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.] Verkündet am: 15. Januar 2008 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 256 Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellungsklage besteht auch dann, wenn die Schädigung eines [X.] abgeschlossen ist und nur noch nicht geklärt werden kann, auf welche Weise und mit welchen Kosten sie behoben werden kann. [X.], Urteil vom 15. Januar 2008 - [X.]/07 - [X.] in [X.] LG Mühlhausen
- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2008 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.] und den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 18. Januar 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es zum Nachteil der Kläger ergangen ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Rechtsvorgänger der Kläger war Eigentümer des [X.] Der Beklagte hat Malerarbeiten an dem benachbarten [X.] aus-geführt. Mitarbeiter des [X.] schütteten eine unbekannte Menge der bei den Arbeiten verwendeten Farbe "Mixol Nr. 8 grün" in den auf dem [X.] gelegenen Brunnen, über den auch die [X.] der Kläger erfolgt. [X.] später trat aus dem 1 - 3 - Frischwasserleitungsnetz im Gebäude Nr. 41 eine grün gefärbte, schäumende Flüssigkeit aus. Der vom Rechtsvorgänger der Kläger beauftragte Sachver-ständige stellte fest, dass das Frischwasserleitungssystem des [X.] durch das mit der Farbe kontaminierte Wasser verunreinigt war und dass eine fachgerechte Spülung des Frischwassersystems nach gezieltem Austausch von Teilbereichen des [X.] die Funktionsfähigkeit des [X.] möglicherweise wiederherstellen könne; eine abschließende Beurteilung erfordere jedoch weitere Untersuchungen nach erfolgter Spülung. Nach dem Sicherheitsdatenblatt für die Farbe "Mixol Nr. 8 grün" sei diese in die [X.] eingestuft, wassergefährdend und bei oraler Ein-nahme von mehr als 2 g/kg Körpergewicht toxisch; die Farbe dürfe nicht ins Erdreich und nicht in offene Gewässer oder die Kanalisation gelangen. Der Rechtsvorgänger der Kläger hat deshalb vom [X.] Freistellung von den zur Ermittlung des Schadens aufgewendeten Kosten sowie die Fest-stellung der Verpflichtung des [X.] zum Ersatz des durch das Einbringen der Farbe in den Brunnen des Nachbargrundstücks bisher entstandenen und künftig noch entstehenden Schadens begehrt. Nach seinem Tod haben die Kläger als seine Alleinerben den Rechtsstreit aufgenommen. 2 Das [X.] hat einen Anspruch auf Ersatz der [X.] in Höhe von 82 • zuerkannt und die Verpflichtung des [X.] zum Ersatz des durch die Verunreinigung des Brunnens entstandenen und noch entstehenden Schadens festgestellt. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] die Feststellungsklage als unzulässig abgewiesen. Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihr Klageziel weiter. 3 - 4 - Entscheidungsgründe: [X.] 4 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt, soweit das [X.] dem Rechtsvorgänger der Kläger einen Anspruch auf Ersatz von Laborkosten zugesprochen habe, sei das Urteil nicht zu beanstanden. Insoweit fehle auch ein Berufungsangriff gegen das erst-instanzliche Urteil. Die Feststellungsklage sei dagegen mangels Feststellungs-interesses unzulässig. Bei Erhebung der Klage sei die Schadensentwicklung - abgesehen von der Anmietung von Ersatzwohnraum mit Wasserversorgung - abgeschlossen gewesen und die Verunreinigung des [X.] [X.] eingetreten. Die Frage, ob die Kläger Ersatz der Kosten eines kompletten Austauschs der Rohrleitungen und der angeschlossenen Bauteile verlangen könnten, betreffe lediglich die Höhe des bereits eingetretenen Schadens und sei im Rahmen einer Leistungsklage zu klären. Auch eine Bezifferung des durch die Anmietung einer Wohneinheit mit Wasserversorgung entstehenden Schadens sei zumutbar. I[X.] Das Berufungsurteil unterliegt schon deshalb der Aufhebung, weil es we-der die [X.] noch die tatsächlichen Feststellungen enthält, die das Berufungsgericht seiner rechtlichen Würdigung zugrunde gelegt hat. Zwar reicht für die Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes die [X.] auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil anstel-le des Tatbestands aus (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Daran fehlt es hier jedoch. Zudem könnte eine solche Verweisung sich nicht auf die in der zweiten 5 - 5 - Instanz gestellten [X.] der Parteien erstrecken und auch die [X.] in der Berufung nicht umfassen. Da das Berufungsurteil mithin eine der Vorschrift des § 540 ZPO entsprechende Darstellung nicht ent-hält, leidet es an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrens-mangel, wie die Revision zu Recht beanstandet (vgl. Senat, [X.] 156, 216, 217 ff.; [X.], [X.] 154, 99, 100 f.; Urteil vom 14. Januar 2005 - [X.]/04 - NJW-RR 2005, 716, 717). Das Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuver-weisen. II[X.] In der neuen Verhandlung wird das Berufungsgericht Gelegenheit haben, sich mit der ständigen Rechtsprechung des [X.] zur [X.] der Feststellungsklage bei einem sich entwickelnden Schaden (vgl. Senat, [X.] 163, 351, 361 f.; [X.], Urteil vom 21. Januar 2000 - [X.] - NJW 2000, 1256, 1257), wie er hier zumindest hinsichtlich der Anmietung von [X.] gegeben ist, im Einzelnen auseinanderzusetzen. Die [X.] war - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung und des [X.] - nicht deshalb unzulässig, weil die Schädigung mit der Kontami-nierung des [X.] abgeschlossen war. Zwar mag es sein, dass damit der Schaden am Rohrleitungssystem bereits eingetreten war und nur noch nicht geklärt war, auf welche Weise und mit welchen Kosten er behoben werden konnte. Das aber genügt ebenso wie die durch die unbekannte Dauer der Schadensbehebung verursachte Ungewissheit über die [X.], für welche eine Ersatzwohnung benötigt wird, um das Rechtsschutzbedürfnis für die Fest-stellungsklage zu begründen (vgl. [X.], Urteil vom 30. März 1983 - [X.]II ZR 6 - 6 - 3/82 - NJW 1984, 1552 1554; vom 7. Juni 1988 - [X.] - NJW 1988, 3268 f.; vom 21. Februar 1991 - [X.]/89 - [X.], 788 f.; vom 3. April 1996 - [X.]II ZR 3/95 - [X.], 848, 850). Maßgebend ist nach diesen Grundsätzen, dass der Rechtsvorgänger der Kläger den Schaden bei Klageer-hebung noch nicht insgesamt zu beziffern vermochte, weil ihm zunächst nicht bekannt war, für welche [X.] er eine Ersatzwohnung benötigen werde und [X.] Kosten für die Beseitigung der Kontaminierung des [X.] erforderlich sein würden, ob insbesondere eine Spülung ausreichend oder der Austausch der Rohrleitungen zuzüglich der Behebung von Folgeschäden erfor-derlich sein werde. Dass hinsichtlich eines positiv festzustellenden Anspruchs bereits die Leistungsklage zur Abdeckung des gesamten Schadens möglich gewesen wäre (vgl. [X.], [X.] 5, 314, 315), ist - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - nicht erkennbar. Es verstößt auch nicht gegen [X.] und Glauben (§ 242 BGB), wenn der Rechtsvorgänger der Kläger lediglich eine Feststellungsklage erhoben hat. [X.] der Ansicht des [X.] und seiner Haftpflichtversicherung hat sich der Rechtsvorgänger der Kläger nicht widersprüchlich verhalten. Der Beklagte verkennt, dass der Rechtsvorgänger der Kläger das Gutachten eines Sachver-ständigen eingeholt hatte und hiernach gerade offen geblieben war, ob zur Be-seitigung der Kontamination eine Spülung des Systems ausreichend ist. Es [X.] aus Rechtsgründen keinen Bedenken, wenn der Rechtsvorgänger der Kläger unter diesen Umständen lediglich die Feststellung der Ersatzverpflich-tung begehrt und damit zugleich in Kauf genommen hat, dass er seine [X.] später im Einzelnen beziffern und deren Ursachenzusammenhang mit der Kontaminierung im Einzelnen beweisen muss. Sein Ersatzbegehren war nicht von einer vorgängigen Besichtigung durch einen Sachverständigen der Haftpflichtversicherung des [X.] abhängig, auch wenn eine solche [X.] - 7 - sichtigung im Regelfall zu einer rascheren, einvernehmlichen Regulierung des Schadens dienlich sein mag. 8 Sollte das Berufungsgericht unter Berücksichtigung dieser Rechtslage nach erneuter Sachprüfung nunmehr zu dem Ergebnis gelangen, dass die Feststellungsklage zulässig war und ist, wird es sich - falls es nicht ohnehin von einer Verschuldenshaftung des [X.] ausgeht - mit einer Anwendung des Wasserhaushaltsgesetzes zu befassen haben (vgl. § 22 [X.]; [X.], [X.] 57, 170, 173 ff.; 62, 351 ff., 355 ff.; 103, 129 ff.; Urteil vom 27. April 1970 - [X.] - [X.], 625 ff.). [X.]Greiner [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 01.12.2005 - 6(5) O 112/04 - OLG [X.], Entscheidung vom 18.01.2007 - 1 U 17/06 -

Meta

VI ZR 53/07

15.01.2008

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2008, Az. VI ZR 53/07 (REWIS RS 2008, 6160)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 6160

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